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Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Geschichte über Menschlichkeit und Barbaren

Susi, die Enkelin von Haus Nummer 4
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Januar 1933. Die Weltwirtschaftskrise ist auf dem Höhepunkt angelangt, die Inflation schreitet schneller voran als Leute überhaupt Geld ausgeben können und die Menschen sind verzweifelt. Da gelangt ein ...

Januar 1933. Die Weltwirtschaftskrise ist auf dem Höhepunkt angelangt, die Inflation schreitet schneller voran als Leute überhaupt Geld ausgeben können und die Menschen sind verzweifelt. Da gelangt ein Mann in Deutschland an die Macht, der hinter einer nicht sehr beeindruckenden Gestalt und einem Oberlippenbart, einem harmlosen Aussehen eine Bestie versteckt. Adolf Hitler heißt dieser Mann, und er zieht sofort in den Krieg. Nicht gleich gegen Polen, die Sowjetunion oder die restliche Welt, nein, zuerst wendet er sich den Juden zu. Immer mehr und mehr Einschnitte müssen diese hinnehmen. Erst dürfen sie nicht mehr ins Kino, Theater, oder zu nichtjüdischen Ärzten, dann werden sie mit dem Judenstern gekennzeichnet, schließlich ermordet.
April 1936. Inmitten dieser grausamen Zeit wird ein kleines Mädchen geboren, Susi, Tochter zweier Juden. Schon von frühester Kindheit an bemerkt sie, welche Unterschiede zwischen ihr und anderen Kindern gemacht werden, doch obwohl ihre Eltern und ihre Großmutter so unter den neuen Gesetzen leiden, vermitteln sie ihrem Kind tiefe Menschlichkeit. Immer schlimmer wird es - schließlich muss ihre Großmutter die Wohnung verlassen, wird deponiert und dann im September 1942 ermordet. Bevor auch sie deponiert werden sollen, werden sie gewarnt, und die Familie flieht. Zu Freunden, Bekannten, Unbekannten - Menschen, die sie getrennt aufnehmen und immer ihr Leben riskieren, um das Leben der Familie zu retten.

Das ist eine wahre Geschichte, und allein das Wissen darum lässt alles viel gewaltiger und erschüttender vor einem entstehen, als es eine erdachte Story könnte. Die Zeichnungen wechseln zwischen Bildern, die fast Fotos gleichen und Bleistiftzeichnungen ab, erzählt wird nicht nur die Geschichte von Susi und ihrer Familie, sondern es gibt eine kurze Zusammenfassung von der Machtübernahme der Nazis bis zum Ende des Krieges. Das geschieht in einer Art, der sowohl kindlich angemessen als auch manchmal fast poetisch zu bezeichnen ist und zieht einen noch tiefer in dieses Buch hinein. Ich kann dieses Buch nur völlig empfehlen und würde sogar so weit gehen zu sagen, dass es als Schullektüre Pflicht sein sollte, weil man damit Kinder und Jugendliche wahrscheinlich besser erreicht als mit trockenem und sachlichem Stoff.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Dämonen und Geister

Sunshine Girl - Die Heimsuchung
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Sunshine ist ein unangepasstes, oft tollpatschiges Mädchen (Pluspunkte allein dafür, dass das auch so bleibt und sie nicht über Nacht zu einem Bella-Swan-Girl mutiert!). Mit ihrer (Adoptiv)-Mutter Kat ...

Sunshine ist ein unangepasstes, oft tollpatschiges Mädchen (Pluspunkte allein dafür, dass das auch so bleibt und sie nicht über Nacht zu einem Bella-Swan-Girl mutiert!). Mit ihrer (Adoptiv)-Mutter Kat zieht sie aus dem heißen Texas nach Washington (dem Staat, nicht der Stadt), in eine Gegend, in der es immer kalt und nass ist. Sobald sie ihr neues Haus betritt, wird ihr sogar noch kälter und nass ist es auch ständig. Als sie anfängt, Stimmen und Schritte zu hören, zweifelt sie erst an sich selbst, doch dann begegnet ihr in ihrer neuen Schule Nolan, ein Außenseiter, und gemeinsam finden sie heraus, warum Sunshine so anders ist und warum sich ihre Mutter nach und nach zum Negativen verändert. Zusammen geraten sie in Geschehnisse, die sie mit Geistern und Dämonen konfrontiert und nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihre Leben bedrohen.

Richtig, richtig gut gefallen hat mir, dass sich die Autorin verkniffen hat, die gängigen Klischees zu bedienen. Sunshine ist trotz ihres Namens kein wunderschönes Mädchen mit alabasterweißer Haut, nach der sich alle Jungs umdrehen und die stets und ständig Aufmerksamkeit erregt. Obwohl sie irgendwann weiß, dass sie besondere Fähigkeiten hat, gelingt es ihr kaum, sich darauf einzustellen oder sie gar mit Leichtigkeit abzurufen - eine typische Auserwählte ist sie schon mal nicht. Und auch Nolan ist nicht der Bad Boy der Schule, nicht der schönste Junge der Weltgeschichte und trotz seiner coolen Lederjacke eher ein Nerd als ein Superheld. Trotzdem ist er äußerst sympathisch, schon allein deshalb, weil er nicht einmal an Sunshine zweifelt, ihr immer zur Seite steht und selbst in Lebensgefahr nicht wankt und weicht. Abzug von meiner Seite aus gibt es eigentlich nur, weil es ein paar Wiederholungen zu viel waren (immer wieder "gruselig" zu erwähnen, macht eine Situation nicht gruseliger und dass Nolan "straßenköterblond" war, wusste ich auch nach den ersten drei Erwähnungen. Auch der Showdown war ein bisschen zu kurz angebunden, doch der Gesamteindruck der Geschichte passt hervorragend und ich habe das Buch gern gelesen. Empfehlung von mir.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Omnia vincit amor

Witch Hunter
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Elizabeth ist eine sechzehnjährige Waise, die an Anglias Hofe aufwuchs. Zu Beginn ist sie eine Dienstmagd, doch ihr einziger und bester Freund Caleb überredet sie, sich mit ihm zusammen den Hexenjägern ...

Elizabeth ist eine sechzehnjährige Waise, die an Anglias Hofe aufwuchs. Zu Beginn ist sie eine Dienstmagd, doch ihr einziger und bester Freund Caleb überredet sie, sich mit ihm zusammen den Hexenjägern von Blackwell anzuschließen. Eine gute Entscheidung, wie es aussieht, denn sie hat Talent und Nerven dafür. In Anglia ist Magie verboten und wer sie betreibt oder auch nur der Hexerei und Magie fähig ist, wird von den Hexenjägern gefangen und landet meistens auf dem Scheiterhaufen. Elizabeth stellt diese Regeln nicht in Frage, doch eines Tages wird sie selbst der Hexerei angeklagt und landet im Gefängnis, mit der einzigen Option, auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Ausgerechnet der größte Hexer, Nicholas Perevil, befreit sie, zerstört ihr Weltbild und bittet sie um eine geradezu unmögliche Aufgabe: die Zerstörung eines Fluchsteins, der sich im Besitz von Blackwell, dem obersten Inquisitors befindet.

Ich mag Fantasy, ich mag Jugendbücher, und ich mag den Beginn der Frühzeit, also eigentlich hätte das Buch für mich wie eine Kinderüberraschung sein müssen, alle drei Sachen auf einmal. Ich fand jedoch, dass viel Potenzial verschenkt wurde. Das fängt schon mal mit dem Zeitalter an. Wäre nicht manchmal das Jahr (1558) erwähnt worden, wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, wann das spielen sollte. Ja, es wurde geritten und ab und zu Dinge wie Festungen, Scheiterhaufen und Schwerter erwähnt. Aber ansonsten hätte es von der Sprache und dem Benehmen her durchaus in der heutigen Zeit spielen können. Da werden Partys geschmissen, Frauen tragen Hosen und Männersachen, und eigentlich habe ich nur noch darauf gewartet, dass jemand, "ey, krass, alda" sagt. Ich verlange ja nicht gerade Shakespearische Ausdrucksweisen und Umgangsformen, aber sich minimal einem Zeitalter anzupassen, wäre nicht schlecht. Manche Sachen ergaben gar keinen Sinn. George zum Beispiel soll ein Narr am Hofe sein, aber er hält sie nie am Hofe auf. Der kann sich jederzeit woanders herumtreiben. Und ein anderer Bursche kennt Elizabeth kaum und ist so verliebt, dass er ihr alles verzeiht. Die Personenbeschreibung bestand fast nur aus schwarz-weiß (passend zum Cover, das ich persönlich hässlich und nichtssagend finde). Am interessantesten waren noch Fifer und Skyler gestaltet, die als Nebenfiguren jedoch nicht sonderlich viel Platz einnahmen.

Alles in allem fand ich den Roman zwar unterhaltsam und werde wahrscheinlich auch den Nachfolger lesen, bin jedoch von der Umsetzung der vorhandenen Möglichkeiten eher enttäuscht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gemeinsam gegen Tod und Teufel

Die Schwarzen Musketiere - Das Buch der Nacht
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Die Pfalz, mitten im dreißigjährigen Krieg: Der gerade dreizehn Jahre alt gewordene Grafensohn Lukas muss mit ansehen, wie der Inquisitor Waldemar von Schönborn zuerst seinen Vater umbringen, seine Mutter ...

Die Pfalz, mitten im dreißigjährigen Krieg: Der gerade dreizehn Jahre alt gewordene Grafensohn Lukas muss mit ansehen, wie der Inquisitor Waldemar von Schönborn zuerst seinen Vater umbringen, seine Mutter erst verhaften, dann auf dem Scheiterhaufen verbrennen lässt und seine Schwester entführt. Nur knapp entkommt er den Schergen des Geistlichen und muss sich durch ein vom Krieg verwüstetes Land kämpfen. Nur wenige Landstriche wurden von den marodierenden Horden verschont, das Leben eines einzelnen gilt nicht viel. Auf der Suche nach seiner Schwester begegnet er verbrecherischen Jugendbanden, Leid und Tod. So ist es ein Glück, dass ihn eine umherziehende Gauklertruppe aufnimmt, denn dort begegnet er Jungen, die Freunde fürs Leben werden: Jerome, Paulus und Giovanni. Und einem Schwertmeister, der sein vorhandenes Talent schleift, dem Anführer der Truppe, der, wie es sich zeigt, einst zu den Schwarzen Musketieren gehörte, den besten Kämpfern aller Zeiten. Auch Lukas und seine neuen Freunde werden sich diesen Schwarzen Musketieren anschließen, denn die dienen unter Wallenstein, und genau bei Wallenstein befindet sich Lukas Erzfeind, Schönborn. Sein Ziel, seine Eltern zu retten und seine Schwester zu retten, liegt jedoch in weiter Ferne mit dem Krieg und all den Mächten, die gegen ihn sind ...

Lange schon habe ich kein Jugendbuch mehr gelesen, das mich so fesseln konnte. Pötzsch nimmt kein Blatt vor den Mund: Der dreißigjährige Krieg war grausam und langwierig, und das schreibt er auch. Selbst Kindern muss bewusst sein, dass Krieg und Tod dreckig ist und nie wie in einem Walt-Disney-Film abläuft. Er vermittelt neben einer spannenden und mysteriösen, mit Fantasy angehauchten Geschichte viele historische Fakten, verpackt in ein spannendes Abenteuer, das den Wert von Freundschaft schätzt und hochhält und klar macht, dass Kriege niemals gewonnen, immer nur verloren werden können, jedenfalls das einfache Volk betreffend. Oliver Pötzsch hat dieses Buch sich selbst gewidmet: "Für den Jungen, der ich einmal war. Ich glaube, diese Geschichte hätte ihm gefallen."
Nun bin ich nicht Oliver und auch kein Junge mehr. Aber es hat mir auch großartig gefallen, deshalb sage ich auch im Namen des Jungen, der Oliver einmal war: Danke, super gemacht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Teufel im Ebersberger Forst

Teufelstritt
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Nach fast dreißig Jahren kehrt Julia zurück in ihre Heimat Grafenried, die sie als kleines Kind nach dem Unfalltod ihrer Eltern verlassen hat. Sie ist jetzt die Försterin hier, wie es schon ihr Vater war, ...

Nach fast dreißig Jahren kehrt Julia zurück in ihre Heimat Grafenried, die sie als kleines Kind nach dem Unfalltod ihrer Eltern verlassen hat. Sie ist jetzt die Försterin hier, wie es schon ihr Vater war, und lebt mit ihrer Oma und als alleinerziehende Mutter eines kleinen Jungen in ihrem Elternhaus. Es könnte also perfekt sein, wenn ihr Chef, Ludwig Voss, nicht ein absoluter Mistkerl wäre, der ihr öfter zu nahe tritt. Doch dann schießt sie eines Tages einen Bock (wortwörtlich) und findet fast im selben Augenblick ihren toten Chef. Natürlich ist sie die Hauptverdächtige und das ändert sich auch nicht, als ihr Handy gestohlen wird, sie Drohungen erhält und herausfindet, dass der Unfall ihrer Eltern Mord war. Und dann ist da noch der Pfarrer des Dorfes, der so viel mehr weiß, sich aber weigert, ihr etwas zu erzählen - und plötzlich ist auch er tot. Julia gerät immer mehr in Bedrängnis.

Manchmal ist es gar nicht so gut, eine Gegend, die beschrieben wird, zu kennen. In meinem Fall hat mich das am Glauben gehindert. Im Laufe des Buches werden so viele Straftaten begangen bzw. aufgedeckt, die alle vertuscht und unter den Teppich gekehrt wurden, dass sich das für mich nur noch unlogisch anfühlte. Genauso wenig mochte ich manchmal glauben, was Julia selbst für einen Mist anstellt. Sie ist sowieso die Hauptverdächtige in den Mordfällen, doch anstatt alles dafür zu tun, dass ihre Unschuld bewiesen und die Morde aufgeklärt werden, hält sie ständig wichtige Informationen zurück und macht sich dadurch noch verdächtiger. Das war mir zu konstruiert, ein Kniff, um ihr noch mehr Stress zu machen. Überhaupt kam es einfach immer zu dicke für Julia, sei es das gestohlene Handy, die Bedrohungen durch Feuerwehler und Burschenschaften, die Verdächtigungen, ihre herzkranke Oma, der Ex, der ihr droht, ihren gemeinsamen Sohn wegzunehmen ... und all das wurde nicht wirklich ausgeschöpft, der Schluss war zu harmlos, diese Dinge betreffend. Schlussendlich bin ich ein wenig unschlüssig. Es war schon ein interessanter Fall, aber so richtig vom Hocker reißen konnte er mich nicht. Was Logik und Konstruktion betrifft, müsste sich der nächste Band steigern.