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Veröffentlicht am 15.08.2018

Juri und der Mann aus Stahl

Guten Morgen, Genosse Elefant
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Russland, 1954. Juri ist zwölf Jahre alt, na gut, eigentlich schon zwölfeinhalb und er ist ein Idiotnik, sagen die Erwachsenen. Dafür kann er aber nichts, weiß er, denn er ist als Kind - also als kleines ...

Russland, 1954. Juri ist zwölf Jahre alt, na gut, eigentlich schon zwölfeinhalb und er ist ein Idiotnik, sagen die Erwachsenen. Dafür kann er aber nichts, weiß er, denn er ist als Kind - also als kleines Kind - von einem Lastwagen überfahren worden und weil sein Papa im Moskauer Zoo arbeitet und Ahnung von Gehirnen hat, ist ihm bewusst, dass es in seinem Gehirn nicht so richtig funktioniert. Eines Nachts werden er und sein Papa abgeholt und in eine Datscha gebracht, und dort lernt Juri den Mann aus Stahl kennen, Stalin, den Großen Vater, den Führer seines Volkes. Eigentlich sogar gleich vierfach, denn der Stählerne hat drei Doppelgänger. Außerdem hat er viele Feinde, die meisten davon in seiner unmittelbaren Umgebung, weshalb er Juri zu seinem Vorkoster macht. Juri, das Kind, sieht und hört alles, und er begreift mehr, als mancher zu träumen wagt. Ein gefährliches Leben, das jederzeit schnell vorbei sein kann ...

Dadurch, dass der Hauptprotagonist jemand ist, der einerseits voller Naivität steckt, andererseits so unauffällig ist, dass ihn kaum jemand ernst nimmt, kommt er in eine einzigartige Lage, welche es ihm gestattet, uns ein Bild von den letzten Tagen Stalins zu zeichnen, das in seiner unfassbaren und doch kindlich unwertenden Sicht umso mehr Eindruck hinterlässt. Die sozialistischen Führer saufen, rauchen, foltern, töten so en passant, als wäre es nichts weiter als eine Fliege zu erschlagen. Jeder belauert den anderen und Stalin sitzt wie eine Spinne in der Mitte, lässt seine nächsten Mitarbeiter wie ein römischer Kaiser im Kreis tanzen, erniedrigt sie, macht sich über sie lustig, und wenn ihm danach ist, löscht er sie aus. Gleichzeitig macht er den Idiotnik Juri zu seinem einzigen Vertrauten, und wie könnte er auch nicht, bewahrt sich dieser doch bis zum Schluss eine rührende Unschuld, die einen fast in die Knie zwingt. Ein trauriges Buch, ein kluges, ein grausames, ein interessantes und auf gewisse Art einzigartiges Buch.

Veröffentlicht am 12.08.2018

Intergalaktische Friedensverhandlungen

Dina - Macht des Zaubers
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Dina Demilles nicht ganz normales Wirtshaus könnte geringfügig besser laufen. Geringfügig in dem Sinne, dass bald Gäste auftauchen sollten, sonst ist kein Geld mehr da, und Magie kann nun mal nicht alles. ...

Dina Demilles nicht ganz normales Wirtshaus könnte geringfügig besser laufen. Geringfügig in dem Sinne, dass bald Gäste auftauchen sollten, sonst ist kein Geld mehr da, und Magie kann nun mal nicht alles. Da taucht plötzlich der galaktische Schiedsmann George auf, der ausgerechnet bei ihr Friedensverhandlungen zwischen zwei völlig außer Rand und Band verhassten Völkern halten will. Dinas Haus ist das einzige, das sich eine Absage nicht leisten kann, und deshalb sagt sie zu - mit dem Ergebnis, dass sie lernen muss, Flöhe zu hüten. Wenn man kriegerische Vampire aus dem Weltraum und ebensolche kriegerischen Gegner sowie Kaufleute, die in deren Auseinandersetzungen geraten sind, als Flöhe bezeichnen möchte. Bald sieht es nicht nur so aus, als würden die Verhandlungen scheitern, sondern Dina beinahe ihr Leben und das verlieren, was ihr am teuersten ist.

Oh, Mann. Echt, so bekloppt sich das anhört, so genial ist es. Mittlerweile greife ich blind zu Ilona Andrews Büchern, weil ich genau weiß, was ich bekomme: toughe Frauen, coole Männer, viel Wortwitz, verbale Schlagabtäusche und eine Handlung, die so absurd wie amüsant und unterhaltsam ist. Das Autorenehepaar schafft Wesen, mit denen man selbst gern am Tisch säße, auch wenn das manchmal äußerst böse enden könnte. Selbst die obersten Oberschurken haben meistens einen coolen Grund, warum sie tun, was sie tun, weshalb ich die Bücher einfach nur mag. Es ist keine hohe Literatur, aber so wendungs- und einfallsreich, dass ich sie nur empfehlen kann. Gut gefallen hat mir in diesem Teil, dass sich das Liebesgedöns trotz allem in Grenzen hielt und genau so muss es sein. Her mit dem dritten Teil!

Veröffentlicht am 11.08.2018

Blumen und Briefe

Der Blumensammler
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1983: Peter Manyweathers ist der Inhaber einer kleinen Putzfirma und in seiner Freizeit gern in der Bibliothek. Eines Tages fällt ihm in einem Buch ein alter Brief in die Hände, in welchem ein junger Student ...

1983: Peter Manyweathers ist der Inhaber einer kleinen Putzfirma und in seiner Freizeit gern in der Bibliothek. Eines Tages fällt ihm in einem Buch ein alter Brief in die Hände, in welchem ein junger Student seiner Angebeteten von sechs außergewöhnlichen Blumen erzählt. Peter ist wie elektrisiert - er, der keine Hobbys besitzt, macht sich anhand des Briefes auf den Weg, weltweit die seltensten und ungewöhnlichsten Blumen zu suchen.
Gegenwart, 30 Jahre später: Professor Cole, ein Meeresbiologe, stirbt beinahe in seinem Einmannunterwassertauchboot. Der Wal, dem er sein Leben verdankt, trägt in seinem Magen ein Geheimnis herum: Die Blackbox des verschollenen Fluges M570.
Ebenfalls Gegenwart: Dove hat sein ganzes Leben lang darunter gelitten, ein Waise zu sein - und unter seinem Namen natürlich. In letzter Zeit quälen ihn dazu schreckliche Kopfschmerzen, aus denen Erinnerungen eines anderen Lebens steigen ...

Drei Handlungsstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben, und doch verwebt sie Whitehouse zum Schluss zu einem gekonnten Ganzen. Ich mochte die Geschichte, auch wenn mich ein paar Dinge gestört haben. Das Foreshadowing zum Beispiel, das immer eingeblendet wurde, sobald Doves Kopfschmerzen begannen. Auch, dass nie geklärt wurde, was mit Peters Assistentin passierte oder wie diese Gedankenübertragung möglich war. Irgendwo in der Mitte gab es ein paar Längen, doch der Schluss konnte wieder sehr punkten, wobei ich mir über diese Schließung des Kreises mit Professor Coles Involvierung nicht ganz im Klaren bin - soll ich begeistert sein oder es als den endgültigen Abschuss ins zu sehr Unwahrscheinliche verbuchen? Trotzdem ein interessantes, unterhaltsames Buch.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Die Magie der Düfte

Die Duftapotheke (1).
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Luzie ist not amused über den Umzug ihrer Eltern in irgendein Kaff, ausgerechnet von einer modernen Wohnung in Berlin in eine alte Villa, in der es ständig seltsam riecht. Außerdem wohnt in der Villa noch ...

Luzie ist not amused über den Umzug ihrer Eltern in irgendein Kaff, ausgerechnet von einer modernen Wohnung in Berlin in eine alte Villa, in der es ständig seltsam riecht. Außerdem wohnt in der Villa noch die alte Besitzerin und hinter dem Haus ist ein riesiges Gewächshaus, von dem aus sie der mürrische Gärtner dauernd verjagt. Dazu kommt, dass Briefe an den ursprünglichen Besitzer der Villa kommen, der vor zweihundert Jahren gelebt hat, und seltsame Besucher tauchen manchmal auf. Als wäre das alles nicht genug, entdeckt Luzie mit ihrem kleinen Bruder Benno und dem Nachbarsjungen Mats unterhalb des Hauses eine riesige Apotheke mit Düften und plötzlich bricht Chaos in der Stadt aus - wie sie auf die harte Tour feststellen müssen, sind die Düfte magisch und lassen auf einmal viele Leute alles vergessen ...

Eigentlich ist es eine nette Geschichte mit einer interessanten Idee. Trotzdem konnte sie mich nicht so begeistern wie es Mount Caravan und der Reise zum Sprudelschlund gelungen war, weil vieles einfach nicht mehr so originell war wie diese von mir erwähnten Vorgänger der Autorin. Irgendwie konnte ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ich eher eine Geschichte von Kerstin Gier höre als von Anna Ruhe, und das ist ausnahmsweise nicht als Kompliment gemeint. Mir fehlte einfach das typische Feeling, der ganz eigene Zauber, den die anderen Bücher ausstrahlten. Dazu kam, dass die Leute dazu neigten, mitten im Hochsommer dauernd heißen Kakao zu kochen oder mit der Kinnlade den Boden zu berühren. Die Sprecherin war gut, wobei sie witzigerweise am besten den Fünfjährigen hinbekommen hat, der für sein Alter schon verdammt weit und vernünftig war. Mal sehen, ob im zweiten Teil die Genialität der anderen Bücher wieder aufgenommen werden kann.

Veröffentlicht am 08.08.2018

Werwölfe im Weltraum

Dina - Hüterin der Tore
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Auf den ersten Blick ist Dina eine gewöhnliche, junge Frau. Auf den zweiten Blick ebenfalls, nur dass gewöhnliche, junge Frauen nicht in einem semibewussten, magischen Gasthaus leben und Wesen von anderen ...

Auf den ersten Blick ist Dina eine gewöhnliche, junge Frau. Auf den zweiten Blick ebenfalls, nur dass gewöhnliche, junge Frauen nicht in einem semibewussten, magischen Gasthaus leben und Wesen von anderen Planeten versorgen. Doch genau das tut sie, denn Dina ist Wirtin, wie es schon ihre Eltern waren, die spurlos verschwunden sind. Als eines Tages in der Gegend Hunde getötet werden, muss sie ihre Tarnung aufgeben und sich an den markierenden Werwolf wenden, der hier lebt. Zusammen mit ihm findet sie heraus, dass ein Dämon sein Unwesen treibt, und wenn sie nicht aufpassen, wird es bald von Toten in ihrer Kleinstadt wimmeln. Als dann noch ein Vampir auftaucht, ist das Chaos perfekt.

Ich finde dieses Autorenehepaar so geil. Ganz ehrlich, egal was sie schreiben, und selbst wenn sie mir so völlig absurdes Zeug wie hier andrehen, Werwölfe und Vampire aus dem Weltraum, Dämonen, Klischees über sexy Biester und was noch - ich lese es. Ich lese es und amüsiere mich prächtig dabei, denn Ilona Andrews hat es einfach drauf. Ihre Helden sind immer tough, schlagfertig und rechtschaffend, und sie nicht zu mögen, ist eigentlich unmöglich. Ein paar zeitliche Angaben hier waren etwas vage, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass es sich hier bei dem Buch um etwas handelt, das sie ursprünglich von Kapitel zu Kapitel ins Netz gestellt hatten und es auch dann so veröffentlichten. Was soll's. Ich mag's.