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Veröffentlicht am 17.09.2023

Kleinstadtcharme, gewollt weihnachtlich, starke Sidekicks, Friends to Lovers with perfect man – Sinnbild

Lovelight Farms – Lichterglanz
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Ich muss wirklich sagen, dass mir das Buch nicht wegen dem Weihnachtsfeeling oder der passend verlaufenden Lovestory im Kopf bleiben wird. Denn das war meine Vorstellung, bevor ich mit Lesen anfing. Das ...

Ich muss wirklich sagen, dass mir das Buch nicht wegen dem Weihnachtsfeeling oder der passend verlaufenden Lovestory im Kopf bleiben wird. Denn das war meine Vorstellung, bevor ich mit Lesen anfing. Das süße Cover verleitet einen ja förmlich dazu. Nein, mir bleibt das Buch im Kopf aufgrund der markanten Sidekicks, dem Setting und der Atmosphäre, weil beides mehr die Charaktere untermalt als für sich selbst steht, den diversen Dialogen zwischen Stella und Luka, in denen immer mitschwingt, wie gut sie sich kennen und der Kleinstadt, die nur oberflächlich betrachtet klischeehaft ist. Das sei nur schon einmal gesagt.

Ich verfolgte Stella als alleinige Erzählerin in ihrer Ich-perspektive durch den Alltag auf der Farm. Der Herbst neigt sich dem Ende zu, es gibt einige unvorhersehbare Probleme, die ans Licht kommen und das kurz bevor die Influencerin Evelyn selbst vorbeischauen wird, um sich ein Bild zu machen. Sie neigt dazu ellenlang ein Problem zu zerdenken, um sie abschließend in einem metaphorischen Satz zusammenfassen. Das amüsierte mich teilweise, da ihre Vergleiche auf den Punkt sind. Beispielsweise, wenn das magische Winterland eher einer eisigen Hölle gleicht, aus der es kein Entrinnen gibt. Sie ist eine von den Personen, die sich für andere aufopfert und niemanden eine Last auferlegen will. Zudem wirkt sie wesentlich jünger als gedacht. Ganz ehrlich, ich habe mehrfach nachgeschaut bzw. gerechnet, ob sie wirklich Ende 20 oder um die 30 Jahre alt ist. Im Nachgang denke ich mir, dass die Autorin das vermutlich genutzt hat, um eine Entwicklung zu zeigen. Doch die Entwicklung des naiven Mädchens zur gestandenen Frau passte für mich nicht zum Gesamtkonzept einer Farminhaberin. Reife und erwachsenes Verhalten setze ich da einfach voraus, mir hat für Stella dahingehend das Verständnis gefehlt.

Dafür mochte ich die Leichtigkeit und Wärme in der Freundschaft mit Luka, auch wenn Stellas Gefühle sie oft ablenkten, sehr ablenkten (ich kenne sämtliche Facetten von Lukas Augenfarbe). Ich mag es sehr gern, wenn beide Protagonisten dieses in- und auswendig kennen so ausleben, dass es sich selbst für mich richtig anfühlt. Ja, ich möchte einen Luka als Freund, nur ist er so perfekt, dass Stella echt nicht ran kommt. Er hält für sie Ordnung, er kocht für sie, er löst ihre Probleme und Gedanken auf, er interpretiert jede Gefühlsregung richtig, reagiert richtig. Könnte fast schon langweilig sein, wenn ich nicht damit zu tun gehabt hätte, Stella innerlich zuzuschreien, dass sie nicht so blind sein soll, denn es ist so offensichtlich, für alle (!), außer für sie, warum Luka sich so verhält. Ach ja, trotzdem sind die beiden definitiv Puzzleteile, die zusammengehören. Erst recht, als körperliche Nähe eine Rolle spielt und das nicht nur für sich allein steht, sondern für die Zweisamkeit. Das ist schön.

Es gibt neben dem Wettbewerbsthema um die Farm und der Lovestory noch kleinere Nebenhandlungen, die die Protagonisten selbst oder die Nebencharaktere betreffen. Ich gestehe offen, dass ich die familiären Stories von Stella und Luka nicht gebraucht hätte, um irgendetwas zu erklären oder toxische Elemente, die einen prägen, einzuarbeiten. Dagegen gefielen mir die Handlungen der Nebencharaktere sehr. Das hat sicherlich den Grund, dass noch weitere Bücher folgen werden. Überhaupt, ich liebe Beckett, wie so gut alle Frauen in der Stadt. Wer den eigenbrötlerischen Luke aus Gilmore Girls kennt: Stellt euch dessen Eigenschaften in gutaussehender, tätowierter Form und mit kleinem Kätzchen auf der Schulter vor. Genau das, meine Freunde, genau das!

Der Autorin ist es gelungen, alle Personen wunderbar miteinander agieren zu lassen, sie in das Setting zu integrieren, dass das Setting die Person ummalt bzw. hervorhebt wie ein kleiner Heiligenschein. Dazu spielt B. K. Borison auch mit Stereotypen, die ich mit einer Kleinstadt oder dem Influencermarketing verband, so dass ich über mein Schubladendenken selbst lachen musste. Dabei ist der weihnachtliche Hintergrund glatt egal. Natürlich sind Weihnachtsfeelings nett, aber die vielen zuckerwattigen, rot gestreiften, wärmenden, schokoladigen, baumigen Aspekte lullten mich nicht so ein wie es andere weihnachtliche Lektüre tut. Zeitweise wirkte es für mich aufgesetzt, leider. Mein bester running Gag kam übrigens in der Übersetzung vor: „Butternusskürbis“. Täusche ich mich oder übersetzt man dieses Wort nicht komplett, sondern als „Butternutkürbis“?

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Veröffentlicht am 30.05.2023

RomCom? Da steckt mehr drin!

Happy Place
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Ein fröhliches, pinkes Cover mit angesagten Illustrationen, die Lust auf den Sommerurlaub machen. Dazu schreien mich Titel und Klappentext mit "Second Chance" förmlich an. Ich muss zugeben, dass ich nach ...

Ein fröhliches, pinkes Cover mit angesagten Illustrationen, die Lust auf den Sommerurlaub machen. Dazu schreien mich Titel und Klappentext mit "Second Chance" förmlich an. Ich muss zugeben, dass ich nach "Kein Horizont zu weit" ein kleine Vorliebe für die zweiten Chancen entwickle. Allerdings fand ich hier den Kontext einen Zacken schärfer. Denn das Ex-Pärchen Harriet und Wyn haben niemanden etwas von ihrer Trennung erzählt und sehen sich 5 Monate später überraschender Weise beim traditionellen Cottageurlaub ihres Freundeskreises in Maine wieder. Die Idee, die Bombe platzen zu lassen, um das Gewissen und Herz zu erleichtern, scheitert mit der Nachricht, dass ein anderes Pärchen in diesem Urlaub heiraten möchte. Und nicht nur das, denn das geliebte Cottage - ihr Happy Place - soll verkauft werden, es wird also ihre letzte gemeinsame Woche dort werden. Es versteht sich dann natürlich von selbst, dass Harriet und Wyn niemanden diese Zeit vermiesen wollen.

Klingt, als könnte das eine Story mit vielen Fettnäpfchen, lustigen Anekdoten, Blicken, die töten können und einem Happy End werden. Jedoch zieht sich der rote Faden durch den Titel "Happy Place". Emily Henry stellt die Frage, was ist ein Happy Place? Ein Ort, wie das Cottage, Harriets bisheriger Happy Place? Doch dieser Ort wird bald nur noch Erinnerung sein. Kann ein Happy Place auch eine Person sein? Oder eine Tätigkeit? Eine Stimmung? Genau das gilt es herauszufinden. Für mich als Lesende, die sich durch die Geschichte ebenso fragt, was ein Happy Place für mich ist. Wie auch für Harriet, deren Leben so anders verläuft als sie es sich je gewünscht hat.

Ich begleitete Harriet in ihrer Ich-Perspektive und konnte tief in ihre Persönlichkeit blicken. Sie ist ein durchgeplanter Typ, ehrgeizig, versucht es allen recht zu machen, damit diese glücklich sind und zweifelt innerlich, ob sie wirklich genug für sich und für andere sein kann. Diese Zerbrechlichkeit versucht sie nach außen hin nicht zu zeigen, so dass nicht immer klar war, ob ihre Freunde sie so lesen konnten, wie ich es tat. Erst im Dialog zeigte sich, wie gut Harriets Clique sie kannten.

Die Autorin spielte mit verschiedenen Zeitebenen pro Kapitel. Mal abgesehen von der illustren Situation im Cottage, zeigte sich mir Harriets Vergangenheit mit dem Beginn der Freundschaft zu ihren besten Freundinnen, dem Kennenlernen mit Wyn, der gemeinsamen Studienzeit, der Beziehung zu ihren Eltern und noch viel mehr. Ich fand das sehr abwechslungsreich und ich lernte Harriets Lieblingsmenschen und Einflüsse indirekt mit all ihren Ecken und Kanten sehr gut kennen. Eine gute Idee, denn weitere Perspektiven gibt es in dieser Geschichte nicht. So wechselten sich die Kapitel mit "Der Wirklichkeit" und der Vergangenheit an unterschiedlichen Orten ab.

Das Mädelstrio schloss ich sofort ins Herz. Jung, frisch, kreativ und ein wenig verrückt - ich war gern mit Harriet, Sabrina und Cleo zusammen. Auch als ihre Freundschaft um die jeweiligen Partner Parth, Kimmy und Wyn sich erweiterte, wirkte die Gruppe wie ein inner Circle, der sich in- und auswendig kennt. Der schönste Aspekt an einer Clique als Happy Place, die viele Jahre ihrer Jugend bzw. jungen Erwachsenenzeit miteinander erlebte. Ich glaube, gerade in den Momenten der Freundschaft lebte der locker-flockige Schreibstil richtig auf. Ich grinste vor mich hin, obwohl so manche Schnapsidee ein wenig niveaulos daher kommt. Inneres Kind hin oder her, manches muss als Erwachsener nicht mehr sein. Trotz der gemeinsamen Zeit mit ihren Freunden merkte Harriet in diesem letzten Urlaub, dass Menschen sich im Laufe der Jahre verändern können. Das kann weh tun, sich fremd zu werden, mehr Vergangenheit als Gegenwart zu teilen. Die Aufarbeitung dessen ging mir genauso nah wie den Charakteren.

Die Liebesgeschichte zwischen Harriet und Wyn überraschte mich wiederum. Emily Henry erzählt von der Anziehung beim Kennenlernen, doch bei den Beiden ist es nicht dieses typische "Auf den ersten Blick und zack ein Paar" - Ding. Das würde auch nicht zu der Vielschichtigkeit der Charaktere passen. Die Autorin gab beiden die Chance, eine Entwicklung und eine Tiefe hinzulegen, die selbst gegenwärtig noch vorhanden ist. Die Beschreibung ihrer Verbundenheit als Happy Place ließ mich seufzen und fragen, wie zwei füreinander bestimmte Menschen einfach auseinander gehen konnten. Das beschäftigte Harriet genauso und ihr innerer Monolog war wirklich nicht einfach. Ein Hin und Her, ein Widerspruch, ein Gefühlsausbruch, dann die Vernunft, die doch noch spricht. Vermutlich brauchten wir beide Zeit, ihre Gefühle und Gedanken komplett zu verstehen. Das war gut so, denn so ist das, wenn die Liebe ungewollt bricht, dann bricht Chaos aus.

Mal abgesehen von der Beziehung zu Wyn ist ein weiterer wichtiger Punkt die Beziehung zur eigenen Persönlichkeit als Happy Place. Harriet, als eine Person, die hart für ihre Ziele arbeitet und für mich offensichtlich nun an einem Punkt steht, an dem sie einfach nicht glücklich ist. Was macht das mit ihr? Warum ist das so? Ich glaube, dieser Lebensabschnitt, in dem der Weg geebnet und sicher ist, doch nicht glücklich macht, musste in dieses Buch. Damit kann ich mich auch identifizieren.

Über das Ende bin ich glücklich, obwohl eine Alternative angeteasert wurde! Man könnte sich tatsächlich darüber streiten, welches Ende besser ist. Doch die Hauptsache ist, das Gesamtpaket stimmt mit ganz wenig Kritik und der Titel hat im Unterton der Geschichte immer wieder eine Bewandtnis. Also, was ist denn dein Happy Place?

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Die Message kommt rüber und die Perspektiven sind besonders

Radio Silent - Melde dich, wenn du das hörst
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Klingt Spannend? War es auch. Nur nicht durchgehend. Dafür zeigten sich andere Facetten der Geschichte. Der Autor scheint Fan von wechselnden Perspektiven zu sein. Nicht die klassische Variante mit unterschiedlichen ...

Klingt Spannend? War es auch. Nur nicht durchgehend. Dafür zeigten sich andere Facetten der Geschichte. Der Autor scheint Fan von wechselnden Perspektiven zu sein. Nicht die klassische Variante mit unterschiedlichen Charakteren. Nein. Zuerst wurde mir über den Prolog der Podcast vorgestellt. Was echt cool war, weil sich das so liest, wie der Podcast sich anhören würde - ein bisschen wie ein Drehbuch. Ich kann mir das übrigens wirklich gut als Hörbuch vorstellen. Die Idee ist gelungen, der Slogan des Podcasts einprägsam und so lernte ich Dees Vorgehensweise bei verschiedenen Fällen in den gesamten USA kennen. Danach entführte mich Dees kindliche personale Perspektive in ihre Vergangenheit, die mir mit der Zeit Schritt für Schritt Sibbys Entführung zeigen wird. Tja, und dann Perspektive 3: Dees gegenwärtige Ich-Perspektive. Dieser Mix war ein Grund, warum es mir beim Lesen nie langweilig wurde.

Ich lernte die Protagonistin Dee aus dem beschaulichen Örtchen Redfield also über verschiedenen Wege kennen. Was die "Sucherin" mir nicht zeigte, sah ich über die private Dee. Eine Einzelgängerin, die ein großes Sicherheitsbedürfnis hat, eher introvertiert, aber nicht auf den Mund gefallen ist. Sie lebt mit den Schuldgefühlen, dass sie ihre Freundin damals nicht retten konnte, obwohl sie doch selbst ein Kind war. Das tat mir leid. Sie erklärte vieles bildlich und nachvollziehbar. Ich versank aber nicht in ihren Emotionen. Das war merkwürdig, weil sie dadurch immer ein wenig Abstand zu mir als Leserin wahrte, obwohl ich doch ihre Gedanken lesen konnte. Das lag sicherlich an dem situativen Schreibstil, der sich auf die Entwicklung der Handlung konzentrierte. Es baute alles aufeinander auf. Ob es der Besuch bei der Nachbarin war oder die Fälle der Sucherin. Das gefiel mir gut.

Was mir beim Lesen ziemlich auf die Nase gedrückt wurde, ist die offene, freundliche, diverse, moderne Gesellschaft, wie sie doch sein sollte. Insbesondere die Lösung klassischen Rollenverteilungen zu entschlüpfen. Versteht mich nicht falsch. Das Leben in all seinen Farben gehört dazu, doch bitte rückt es nicht in den Vordergrund. Es soll dazugehören, mittendrin sein, nicht herausstechen. Zumindest nicht als Thema in diesem Buch. Mir muss niemand den Vater als übertriebenen Hausmann und Vater vorstellen, der sich im Café mit anderen hippen Vätern trifft, während die Mutter ihr voll wichtiges Business schmeißt. Interessanterweise wurden Feminismus und queere Liebesdinge sensibler behandelt - warum ging das nicht überall so?

Die Nebencharaktere machten es oftmals wieder gut. Dialoge mit diesen Personen begrüßte ich in jeden Augenblick. Offene Kommunikation ist eben etwas Tolles. Burke, Dees bester Freund, den sie als Welpen beschreibt und das Herz am richtigen Platz hat. Er weist Dee auch mal in die Schranken oder weitet ihren Blickwinkel. Was mir nicht gefiel, war seine offensichtliche "Kifferei". Ich weiß auch nicht, wieso der Autor das eingebaut hat. Jugendklischee? Weiterhin gefiel mir Sarah, dass neue Nachbarsmädchen mit dem Oldtimer. Tatsächlich dachte ich am Anfang, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmen kann, weil sie Dee sooo unterstützt. Das schien mir zu schnell zu gehen. Genauso wie die Entwicklung der Richtung, in die die Protagonistin geht. Erst baut sich Seite für Seite ihr ganzer emotionaler Ballast auf, um ihn dann nach ein bis zwei Geschehnissen fallen zu lassen? Der Aktionismus passte meines Erachtens gar nicht zu ihr. Zumindest nicht in dieser kurzen Zeit. Ich denke, das Vorantreiben der Handlung stand damit eher im Hintergrund.

Neben Traumabewältigung und Aktionismus zogen sich noch mehr Themen, die mit einer Kindesentführung einhergehen, durch das Buch. Das Finden von Verdächtigen, der Bezug zu älteren Fällen, der Medienrummel und die Verunsicherung der Menschen im Ort. Für mich ist das ein vorhersehbares Schema, das höchstens durch eine abweichende Auflösung für Überraschung gesorgt hätte. Nun kramte der Autor trotzdem in der Klischeekiste für Thriller. Sowohl in Sibbys Entführung als auch in der des gegenwärtig entführten Nachbarsmädchen. Mein Gedanke war "Den Film kenn ich und den anderen auch". Das war schon schräg, ließ sich dennoch super lesen. Die Spannung baute sich aus der Frage heraus auf, ob ich mit dieser und jener Vermutung recht hatte.
Ich musste mich weder vor Nervenkitzel unter meiner Decke verstecken, noch groß rätseln. Das Buch empfehle ich dennoch, weil es unterhält, Facetten mit True-Crime-Touch aufzeigt, keine Langeweile mit den Menschen aus Redfield aufkommt und die Message mitbringt, dass jeder auf seine Weise helfen kann. "Silent Radio - Melde dich, wenn du kannst" ist einfach ein Jugendthriller und dementsprechend passend für das Genre gestaltet.

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Veröffentlicht am 28.03.2022

Die Trilogie könnte als Gesamtpaket episch werden - Zumindest, wenn es nach Band 1 geht

ASH PRINCESS
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Ich bin schon vor 2 Jahren um diese Reihe rumschlawenzelt. Damals ist sie noch in einem anderen Jugendbuchverlag erschienen. Der Klappentext sagte mir als Fantasyfan absolut zu: Ein Kind, das einmal den ...


Ich bin schon vor 2 Jahren um diese Reihe rumschlawenzelt. Damals ist sie noch in einem anderen Jugendbuchverlag erschienen. Der Klappentext sagte mir als Fantasyfan absolut zu: Ein Kind, das einmal den Thron seines Landes besteigen sollte, wird von einem Tag auf den anderen zur Siegestrophäe eines Mannes, der ihr Land eingenommen und all ihre Lieben getötet hat. 10 Jahre später ist sie als "Ascheprinzessin" bekannt, wird gefoltert, überwacht und gedemütigt. Es scheint keine Hoffnung mehr zu geben bis sich ein Schimmer offenbart und die Ascheprinzessin nicht nur ihrer Rettung, sondern auch der ihres Landes in die Augen blicken kann. Dafür muss der Sohn des Kaisers sterben, der jedoch so andere Seiten zeigt als sein Vater.

Warum habe ich also nicht zugeschlagen? 3 Dinge: Mein SUB, das Cover hat mich nicht umgehauen und ein klein wenig hatte ich Angst, dass mir die Story einen Touch zu viel Romantasy mitbringt. Inzwischen ignoriere ich den SUB. Das Cover ist ein absoluter Traum im Klappenbroschur - der Blanvaletverlag hat sich viel Mühe gegeben, der Trilogie das passende Outfit zu geben. Der 2. Band "Lady Smoke" steht inzwischen auch im Bücherregal und beide Buchrücken nebeneinander bilden einen hübschen Übergang. Ich mag solche Details. Zum Punkt, ob es einen Touch zu viel Romantasy mit sich bringt, da bin ich zwiegespalten. Es kommt zu einer Dreiecksgeschichte, die sich schon relativ früh entwickelt, deswegen sehe ich das nicht als Spoiler an. Es erinnerte mich ein wenig an "Kuss der Lüge" von Mary E. Pearson. Auf der einen Seite der Freund bzw. Verbündete, auf der anderen Seite der Feind bzw. das voraussichtliche Mordopfer. Wie die zwei Seiten einer Medaille. Die amerikanische Autorin Laura Sebastian griff in die Romantikkiste, weil es sich in diesem Part der Story nun mal um die jugendlichen Gefühle der ersten Liebe dreht. Dahingehend passieren einfach ein paar vorhersehbare Dinge, bei denen ich entweder schmunzeln musste oder ein wenig mit den Augen rollte. Darüber kann ich wegsehen, weil die Figuren einfach um die 16 Jahre alt sind.

Zu den Figuren selbst. Wow! Wirklich. Ich bin beeindruckt bezüglich der Charakterausarbeitung, der Details, der Historie, der Erziehung, Erfahrungen, dem Glauben, jede Kleinigkeit, die einfließen kann, ist eingeflossen und authentisch dargestellt. Mir tat es fast schon leid, dass nur aus der Ich-Perspektive der Ascheprinzessin gesprochen wird. Allerdings weist sie eine gute Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis auf. Sie musste über Jahre lernen eine Rolle zu perfektionieren, um mit dem Leben davon zu kommen. Im Verlauf entwickelt sie sich mit ihren verschiedenen Rufnamen: Thora für die gefangene Ascheprinzessin, Theo für diejenigen, die zu ihr gehören, Theodosia als Name der künftigen Königin. Viele Facetten in einer Person. So spannend in der Entwicklung. Ich habe mir zig Zitate aufgeschrieben, die sie weiser dastehen lassen als ihr Alter es zulassen sollte. Tapferkeit und Angst liegen hier nahe beieinander. An dieser Stelle möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen und damit zur Vorsicht aufrufen! Es werden im Detail Folterszenen, Morde und sexuelle Belästigung beschrieben. Der Verlag empfiehlt das Buch ab 14 Jahren - vielleicht ist das für einige Lesende noch zu früh.

Nicht nur Thoras/Theos/Theodosias Figur blieb mir im Gedächtnis. Ebenso Blaise, ein Freund aus Kindheitstagen, der seine Gefühle mehr schlecht als recht verstecken kann. Dennoch bin ich mir sicher, konnte ich ihm noch nicht alles entlocken. Crescentia, die irgendwie ihre beste Freundin ist, aber eine Kalovaxianerin und damit der Feind. Sie machte es richtig spannend. Nicht zu unterschätzen, aber zu Beginn ein typisch reiches Mädchen. Artemisa und Heron sind Sidekicks, die so kantige Eigenschaften zeigen, dass ich sie nur lieben konnte. Natürlich nicht zu vergessen der Prinz. Ich bin mir immer noch unsicher mit ihm und das soll was heißen. Er wirkt, als wäre er zu gut für die Welt, allerdings hege ich genauso meine Zweifel wie unsere Protagonistin - der nächste Band wird hoffentlich noch mehr Antworten geben. Und es gibt weitere Figuren, inklusive merkwürdiger Namen.

Ach ja, die Namen oder die Benennung von Völkern verknoten beim lauten Aussprechen die Zunge. Ich habe keine Ahnung, warum die Autorin es so kompliziert gemacht hat. Aber gerade über das Volk der Kalovaxianer, die das Land der Astreaner eingenommen haben, bin ich so oft beim Lesen gestolpert, dass ich es bald überlesen habe um im Flow zu bleiben. Denn ansonsten ist die deutsche Übersetzung von Dagmar Schmitz gelungen. Die Worte drangen in die Tiefe ohne, dass ich ertrank, sondern ich flog hindurch und nahm alles mit. Der Plot bietet zudem einfach genug Abwechslung, die sich um Ränke schmieden, Auseinandersetzungen, sogar Briefen oder "Alltagssituationen" (sofern man das Leben der Ascheprinzessin so bezeichnen möchte) drehen. Ich lernte zudem die magischen Fähigkeiten von Thoras/Theos/Theodosias Volk kennen, die sich ganz simpel über die Elemente definieren. Götter, Glaube, Märchen, Mythen und Feste begleiten das eingenommene Astrea in alter Tradition wie auch im Geheimen. Das Worldbuilding gefiel mir definitiv, schon allein weil bekannte Kulturen eingeflossen sind. Wer Karten liebt, kommt ebenso auf seine Kosten: Das Buch beinhaltet gleich 2 davon.

Ich war bis zum Schluss hin- und hergerissen, wie der 1. Band nun enden würde. Ich habe der Autorin nach den fast 500 gelesenen Seiten fast alles zugetraut. Es fühlte sich ein bisschen an wie bei Game of Thrones. In einem Moment denkst du "Puuh, Glück gehabt", im nächsten "Das kann jetzt nicht wirklich noch passieren". Gegen Ende schlossen sich einige Türen direkt vor meinen Augen, Handlungsstränge, die eine Runde Sache wurden, andere Türen öffneten sich gerade ein Stück, um einen Blick hineinzuwerfen. Wenn ich jetzt daran denke, kann ich es kaum erwarten, weiterzulesen.

Also, trotz komplizierter Namen und Dreiecksbeziehung tritt ein komplexes Gesamtbild an Worldbuildiung und Charakteren auf den Plan. Der Plot besticht durch Abwechslung und Emotionsreichtum, die Twists überraschen zum Großteil, wobei der ein oder andere einführende Satz den Lesenden bereits Ideen in den Kopf pflanzen.

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Veröffentlicht am 28.03.2022

Zwerge, Riesen, Sirenenelfen, Kobolde, Wassermänner, Einhörner, kopflose Reiter... Alles in einer Geschichte? Unmöglich? Nicht hier!

Fabula - Das Portal der dreizehn Reiche
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Stell dir vor, du besuchst einen dir allzu bekannten Park an einem warmen Sommertag. Es ist fast alles wie immer. Fast. Bis auf dieser Baum, der so einzigartig wirkt, dass er keinem dir bekannten gleicht. ...

Stell dir vor, du besuchst einen dir allzu bekannten Park an einem warmen Sommertag. Es ist fast alles wie immer. Fast. Bis auf dieser Baum, der so einzigartig wirkt, dass er keinem dir bekannten gleicht. Dessen Schatten so dunkel ist, dass man nichts erkennen kann. Und ist das etwa eine Elfe? Du schüttelst den Kopf. Das kann nicht sein! So ähnlich geht es dem 13-jährigen Will bei einem Schulausflug, der ihn genauso wenig interessiert wie die Zeitung von gestern. Bis ihm mitten im belebten New Yorker Central Park ein kleines Wesen mit durchsichtigen Flügeln begegnet. Seine neunmalkluge Zwillingsschwester Charlotte hält ihn für übergeschnappt. Doch als sie zuhause ankommen und eine waschechte Furie in ihrer Küche steht, wissen sie, dass irgendetwas überhaupt nicht stimmt. Vor allem, weil ihre geliebte Mutter spurlos verschwunden ist. Der Trip in eine andere Welt beginnt, die Suche ihrer Mutter, die sie kaum atmen lässt und der Fingerzeig ihres persönlichen Ursprungs, der sich offenbart.

Zunächst einmal große Hardcoverliebe. Auffallend bunt, verschnirkelt mit den beiden Hauptcharakteren auf den beiden Seiten des ominösen Baumes. Dazu noch die Feenzeichen für die Reiche Fabulas, die ebenso die Kapitelüberschriften zieren. Kleiner Fehler dabei: Auf dem Cover zeigen sich nur 12 der 13. Das könnte bei dem ein oder anderen Lesenden Fragen aufwerfen. Für euch zur Beruhigung, das klärt sich ganz bestimmt. Die Innenklappe zeigt zusätzlich noch "Aufzeichnungen" von Figuren Fabulas und weitere kleine Details, die die Fantasie befeuern und den Inhalt ergänzen. Das ist schon cool. Der Verlag empfiehlt die knapp 350 Seiten für Lesende ab 10 Jahre. Das unterschreibe ich so. Komplex, aber farbenfroh und mit genau dem richtigen Maß an Spannung. Für Erwachsene allerdings ist es doch vorhersehbar. Dazu komme ich gleich. Ach, und bevor ich es vergesse. Zum Schluss gibt es ein kleines Quiz, dass den Lesenden einem Charakter zuordnet. Ich finds witzig eine Sirenenelfe zu sein.

Akram El-Bahay beginnt seine Geschichte mit einem magisch-mystischen Prolog wie ein Geschichtenerzähler. Es fühlt sich an, wie ein Stück Vergangenheit, das Jahre später den Faden wieder aufnimmt. Das ist wichtig, so dass sich niemals jemand fragen muss, wieso dieses oder jenes passiert ist. Jede einzelne Frage wird beantwortet, kein Detail bleibt offen und das innerhalb der kompletten Story. Ihr könnt euch wohl vorstellen, wie viele Fragen ich mir gestellt habe als ich mit Will und Charlotte nach Fabula gereist bin - einer völlig neuen Welt. Ok, manche Antwort ließ mich bewusst warten, um genau in den richtigen Augenblick zu erscheinen. Andere Antworten lagen so glasklar auf den Servierteller, dass ich mich gefragt habe, wie Will und Charlotte so auf dem Schlauch stehen konnten. Beispielsweise, in welchen Zusammenhang die Eltern der beiden mit Fabula stehen und wie langsam sie ihrem eigenen Ursprung auf die Schliche kommen. Allerdings stießen die beiden auf einige wundersame Ereignisse und Probleme.

Fabula könnt ihr euch vorstellen als eine Mischung aus Phantasien (unendliche Geschichte), Mittelerde (Herr der Ringe/Hobbit), die Harry Potter Welt, dem letzten Einhorn und Endor (den Waldmond der Ewoks aus Star Wars). Klingt irre? Ja, nur ist es so cool. Will und Charlotte erkundeten diese Welt zudem auf simple Art und Weise. Zum einen durch Hilfsmittel, die bestimmte Tätigkeiten effizienter gestalten (magisch, versteht sich), zum anderen, weil in Fabula fußläufig Orte aufgrund eines Stadtviertelschemas schnell erreicht sind. Eine Karte wäre wunderbar gewesen. Ich glaube, das fehlt mir in der Gestaltung. Ich mochte das Dorf der Jäger hoch in den Bäumen, ging gern durch das Viertel der kleinen Wesen, hatte Höhenangst auf dem Turm des Erzählers und möchte niemals im Schlund gefangen sein.

Passend dazu hat sich Akram El-Bahay bekannte wie auch, für mich, neue Fabelwesen als BewohnerInnen zunutze gemacht. Es werden viele Mythen vermischt. Gute wie böse Gestalten begegneten mir. An mancher Stelle war mir das zu viel in die schwarze oder weiße Richtung gedacht. Es gibt schließlich genauso grau. Niemand vereint nur einen Schwerpunkt in sich. Dafür gibts einen großen Punkt für die Gleichberechtigung und die Rolle der Frau, insbesondere bei der Herrschaft über Fabula.

Besonders ans Herz gewachsen ist mir übrigens Orion, ein Vertreter des Volkes der Jäger - ein sehr hochgewachsenes Völkchen. Seine Eigenschaften werden auf humorvolle Weise hervorgehoben und wiederholt. Ich hab so oft gelesen, dass er dieses oder jenes nicht empfiehlt, weil er es selbst aus eigener Erfahrung weiß - die Schmunzler sind hier vorprogrammiert. Trotzdem hegt er ein Grundvertrauen in die Dinge des Lebens, sodass ich mir denke, davon könnte ich mir eine Scheibe abschneiden. Er bevormundet Will und Charlotte nicht, beschützt sie dennoch mit all seinen Mitteln - ein toller Freund. Die Jäger sind eines von vielen Völkern in Fabula. Einige Vertreter*innen lernte ich detailliert kennen und das nicht nur durch die Beschreibungen der einzelnen Perspektive, sondern verschriftlichte Informationen - quasi ein Guide (mehr verrate ich an dieser Stelle nicht). Natürlich gibt es typische Eigenschaften bei bekannten Figuren wie zum Beispiel den Zwergen. Trotz der Fülle fühlte ich mich nie überfordert, sondern sah die Bilder vor meinem geistigen Auge entstehen. Lasst eurer Fantasie also freien Lauf.

Will und Charlotte verkörperten ein gewisses Geschwisterklischee. Er, der "Lausbub", der sich aus allem rausredet und super Geschichten erfindet und den Tag gern so verbringt, wie er kommt, jedoch nie von der Frage los lassen kann, was mit seinem Vater passiert ist. Sie, die "Vorzeigeschülerin", verantwortungsbewusst, klug, beliebt und in ständiger Sorge um ihren Bruder. Glücklicherweise streiten sie nicht ernsthaft, stattdessen gibt es eine Zwillingen oft nachgesagte Kommunikation ohne Worte. Hilfreich und weniger zickig. Beide Perspektiven besaßen ihren eigenen Reiz, wobei ich Will öfter begleitete. Ich denke, der Grund dafür ist, dass er furchtbar neugierig ist und die Augenblicke anders aufsaugt als seine Schwester. Lockerer, finde ich. Im Laufe der Handlung legen beide eine Entwicklung hin, die sie in neue Richtungen gehen ließen. Die Motivation, verborgene Talente zu fördern bzw. sich zu nutze zu machen, sehe ich als wichtige Botschaft an.

Eine weitere wichtige Botschaft, die innerhalb der Handlung verwoben wurde ist, dass ohne Fantasie und ohne, dass sie jemand nutzt bzw. davon erzählt, keine Geschichten existieren würden und damit ein wichtiges Fundament, ja, ganze Welten ausgelöscht wären. Das erinnert wieder an die unendliche Geschichte, ich weiß. Ich kann jedoch nie genug davon bekommen, wenn eine Geschichte in einer Geschichte erzählt wird. Diese Abenteuerreise ist nicht nur märchenhaft erzählt, besitzt nicht nur spaßige Momente, sondern es ruht ein gewisser Ernst darin. Kein Tag geht spurlos an jemanden vorbei. Nicht jede Entscheidung wird mit Freuden ausgesprochen. Es werden Kämpfe ausgefochten, Rätsel gelöst und Ängste überwunden. Ich langweilte mich nie, mochte die gewitzten Dialoge und den Mix dieser Welt.

Willkommen in Fabula - Ihre werdet euch wie zuhause fühlen und trotzdem Neues entdecken! Daher klare Leseempfehlung.

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