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Veröffentlicht am 03.05.2025

Urlaubsstimmung meets Spannung – toll umgesetzt!

Bad Tourists
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Ich glaube, so langsam werde ich zu einem Fan der sogenannten „Destination Thriller“. Spannende Plots treffen auf Settings mit viel Urlaubsflair und garantieren beste Unterhaltung. Ein gelungenes Beispiel ...

Ich glaube, so langsam werde ich zu einem Fan der sogenannten „Destination Thriller“. Spannende Plots treffen auf Settings mit viel Urlaubsflair und garantieren beste Unterhaltung. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist nach meinem Empfinden dieses Buch.

 

Caro Carver lässt in diesem Roman drei Freundinnen eine Reise auf die Malediven antreten. Grund der Reise ist die Scheidung einer der Protagonistinnen – denn nicht nur bei einer Hochzeit gibt es etwas zu feiern, sondern auch, wenn man den mittlerweile verhassten Ehemann wieder losgeworden ist 😉

 

Und das tun Kate, Darcy und Camilla. In einem Luxusresort auf den Malediven wollen sie eine Woche lang die Korken knallen lassen. Doch dann werden sie von der Vergangenheit eingeholt – denn ein unschönes Jubiläum steht an. In die Zeit ihres Urlaubs fällt der 22. Jahrestag eines Verbrechens. Und das ist der Grund, weshalb sie sich überhaupt kennen. 22 Jahre vorher war Kate die einzige Überlebende eines Massakers in einem Gästehaus an der englischen Küste. Und Darcy und Camilla haben dabei jeweils nahestehende Menschen verloren. Das Verbrechen verbindet sie und scheint auch auf der Urlaubsinsel immer noch präsent zu sein…

Caro Carver strickt hier eine undurchsichtige Geschichte, die schon einen mysteriösen Ausgangspunkt hat. Denn die Beweisführung im damaligen Prozess gegen den mutmaßlichen „Gästehaus-Mörder“ war lückenhaft und man kann sich nicht richtig sicher sein, was damals wirklich passiert ist. Als Leser vermutet man schnell, dass alles anders gewesen sein muss, als es im Gerichtsprozess letztlich dargestellt wurde.

 

Doch die Autorin versteht es geschickt, (falsche) Fährten zu legen und immer wieder neue Ansätze ins Spiel zu bringen. Dadurch werden auch die Protagonistinnen zu unzuverlässigen Figuren und man kann auch gegen jede der drei ein gewisses Misstrauen hegen…

 

Aus unterschiedlichen Erzählperspektiven, einschließlich einer weiteren Frau, die gerade ihre Flitterwochen auf den Malediven verbringt, lernt man immer wieder neue Details die es zu bewerten und zusammenzufügen gilt. So entsteht ein spannender Thriller zum Miträtseln.

 

Die Auflösung hat für mich zwar nicht zu 100 %, sondern nur zu 90 % alle Fragen beantwortet. Aber das Gesamtpaket war einfach so gut, so stimmungsvoll und so unterhaltsam, dass ich hier gern 5 Sterne vergebe. Von solchen Thrillern würde ich definitiv gern mehr lesen!

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Veröffentlicht am 29.04.2025

Unter jedem Dach ein Ach…

Ms Darling und ihre Nachbarn
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Ich kenne Freya Sampsons Romane als wunderbar warmherzige Bücher, die die Gemeinschaft und die Hilfsbereitschaft zwischen (zunächst fremden) Menschen in den Mittelpunkt stellen. Und diesem Rezept bleibt ...

Ich kenne Freya Sampsons Romane als wunderbar warmherzige Bücher, die die Gemeinschaft und die Hilfsbereitschaft zwischen (zunächst fremden) Menschen in den Mittelpunkt stellen. Und diesem Rezept bleibt die Autorin auch in diesem Buch treu.

 

Diesmal geht es um die 77jährige Dorothy Darling, die seit Jahrzehnten die Geschicke des Shelley House lenkt, indem sie tatkräftig Parksünder, Müll-Schweinchen und Lärmverursacher meldet und alle Vorfälle akribisch in ihrem Notizbuch vermerkt. Als bei ihrem langjährigen Nachbarn Joseph die junge Kat als Untermieterin einzieht, ist Dorothys Argwohn geweckt. Und als merkwürdige Briefe des Vermieters bei allen Hausbewohnern eintrudeln, vermutet Dorothy das Schlimmste. Und sie hat recht. Die Räumungsaufforderung steht im Raum. Und dann wird ihr Nachbar Joseph mit einer schlimmen Kopfwunde in seiner Wohnung aufgefunden. Dorothy vermutet eine Verschwörung…

 

Es sind sicherlich keine neuen Zutaten, aus denen Freya Sampson diesen Roman erschaffen hat. Doch wie immer erzählt sie mit einer Herzenswärme, die ihresgleichen sucht und erschafft Charaktere, die einem im Gedächtnis bleiben. Allen voran die schroffe und resolute Dorothy. Bei ihren Szenen weiß man oftmals nicht ob man entsetzt Luft holen oder in lautes Lachen ausbrechen soll. Doch wie immer hat die Autorin ihrer Figur eine Geschichte gegeben und nach und nach versteht man, warum Dorothy genau so ist wie sie ist. Und auch die Nebenfiguren sind wieder liebevoll gezeichnet. Von der sanftmütigen und hilfsbereiten Teenagerin Ayesha bis zum hyperaktiven Hund Reggie bekommen alle einen eigenen Charakter und man fühlt sich schnell, als wären es die eigenen Nachbarn, von denen man hier liest. Und hinter jeder geschlossenen Wohnungstür verbirgt sich eine ganz eigene Geschichte, die die Autorin Stück für Stück ans Licht holt.

 

Ich habe mich mit diesem Buch wieder wunderbar unterhalten gefühlt und finde, es steht dem Vorgänger „Menschen, die wir noch nicht kennen“ in Nichts nach. Auch jetzt freue ich mich schon darauf, wenn (hoffentlich!) das nächste Buch der Autorin erscheint und ich wieder abtauchen kann in eine Schicksalsgemeinschaft, in der ich neue Figuren mit interessanten Geschichten kennenlerne und mit ihnen durch Höhen und Tiefen gehen kann. Ein tolles Buch für mehr Mitmenschlichkeit.

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Veröffentlicht am 01.04.2025

Vom Kulturschock zur neuen Heimat

Abroad in Japan
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Mittlerweile lebt der gebürtige Brite Chris Broad seit 13 Jahren in Japan und das Land ist zu seiner neuen Heimat geworden. Wie sich sein Leben in diesem Land entwickelte, kann man auf seinem YouTube-Kanal ...

Mittlerweile lebt der gebürtige Brite Chris Broad seit 13 Jahren in Japan und das Land ist zu seiner neuen Heimat geworden. Wie sich sein Leben in diesem Land entwickelte, kann man auf seinem YouTube-Kanal „Abroad in Japan“ verfolgen, wo er regelmäßig Videos postet. Jetzt hat er die Anfänge seiner verrückten Japan-Reise in Worte gefasst und zu einem Buch verarbeitet.

 

Denn der Beginn war gänzlich unspektakulär – er kam im Zuge eines Austauschprogramms für junge Lehrer nach Japan und hatte sich akribisch hierauf vorbereitet. Akribisch hieß in dem Fall, er hatte schon mal gehört, dass es die Städte Tokio, Kyoto oder Osaka gab. Und Sushi. Viel mehr wusste er nicht über Japan.

 

Als es dann tatsächlich klappte, dass er für den Job als Englischlehrer an einer japanischen Schule angenommen wurde, hatte er keine Ahnung worauf er sich einließ. Und so kam es wie es kommen musste – die Ankunft in Japan war begleitet von einem riesigen Kulturschock. Doch Chris-Sensei (wie ihn seine neuen Kollegen nannten („Lehrer Chris“) boxte sich durch und lernte dieses völlig fremdartige Land mit den merkwürdigen Traditionen und Gebräuchen lieben. Er blieb. Auch nachdem sein Lehrer-Programm endete und er auf sich allein gestellt war. Nicht alle Vorhaben waren erfolgreich, an vielen Punkten in seinem Leben zweifelte er. Doch immer wieder blieb er standhaft und kam wieder auf die Füße – auch dank weniger, aber sehr guter Freunde, die ihn in Japan auf seinem Weg begleiteten.

 

Für mich als Leser war es faszinierend, einzutauchen in diese fremde Kultur mit ihren für Mitteleuropäer zuweilen sehr merkwürdig anmutenden Sitten. Schon die klimatischen Bedingungen mit heißen Sommern und kalten, schneereichen Wintern waren mir so nicht bekannt und die Vielfalt der japanischen Küche war auch ein Thema für sich...

 

Am spannendsten waren aber die kulturellen Unterschiede, die es ja zuhauf gibt. Positiv beeindruckt war ich von dem Respekt vor Älteren, der sehr streng gelebt wird. Abgefahren fand ich die Love Hotels, die Kapsel-Hotels oder den Raketenalarm, der Chris eines Nachts aus dem Schlaf riss.

 

Man bekommt einen Einblick ins japanische Leben – natürlich aus der Sicht eines Menschen, der dies ebenfalls alles zum ersten Mal erlebt und das macht es so nachvollziehbar. Ich war gern mit Chris unterwegs und kann das Buch allen, die Japan ohne einen 12-Stunden-Flug kennenlernen wollen, nur empfehlen!

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Veröffentlicht am 22.03.2025

Wieviel Vivaldi steckt in den „Vier Jahreszeiten“?

Die Melodie der Lagune
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Die Geschichte der Anna Maria della Pieta ist wahrscheinlich exemplarisch für das männlich bestimmte Erzählbild der Historie. Anna Maria war eine Ausnahme-Violinistin und während heute die Namen Anne-Sophie ...

Die Geschichte der Anna Maria della Pieta ist wahrscheinlich exemplarisch für das männlich bestimmte Erzählbild der Historie. Anna Maria war eine Ausnahme-Violinistin und während heute die Namen Anne-Sophie Mutter oder Vanessa Mae vielen Musikfreunden ein Begriff sind, wurden die großen Musikerinnen der Geschichte oft einfach vergessen… es gibt kaum Aufzeichnungen über sie und mit ihrer Generation starb üblicherweise auch die Erinnerung an sie.

 

In diesem Roman erzählt Harriet Constable anhand weniger, aber akribisch recherchierter Belege von einer außergewöhnlich begabten Frau. Anna Maria della Pieta war ein Waisenkind aus Venedig, das im dortigen Ospediale della Pieta aufwuchs. Ihr Glück: das Haus war gleichzeitig eine Musikschule und so erhielten begabte Mädchen eine besondere Förderung und hatten die Möglichkeit, Instrumente zu erlernen.

 

Anfang des 18. Jahrhunderts trafen hier zwei Menschen aufeinander und diese Begegnung hatte Folgen für die Musikwelt… ein junger Mann begann im Pieta seinen Lehrauftrag für Violine und eine junge Frau stellte sich als besonders talentierte Schülerin heraus. Ihre Namen: Antonio Vivaldi und Anna Maria della Pieta.

 

Vivaldi förderte Anna Maria und bezog sie und ihre Kolleginnen des Musikschul-Orchesters sogar immer wieder ein, wenn er an neuen Stücken oder Auftragswerken komponierte. Doch die fertigen Stücke trugen immer (nur) seinen Namen… Niemand kann sagen, wie viele Ideen oder Passagen seiner Werke tatsächlich von Vivaldi selbst stammen – auch bei seinem bekanntesten Werk muss man mittlerweile wohl zumindest für möglich erachten, dass es von den Kompositionen seiner Schülerinnen beeinflusst oder mit diesen angereichert wurde.

 

Nachdem Anna Maria im Erwachsenenalter mitbekommt, wie schamlos ihre Ideen ausgenutzt werden, entfernt sie sich von ihrem Mentor und wird selbst zur Musiklehrerin.

 

Die Autorin muss Anna Marias Geschichte an vielen Stellen ausschmücken oder fiktional gestalten, da nur sehr wenig über sie schriftlich festgehalten ist (wie das Nachwort verrät). Sicher ist jedoch, dass sie eine außergewöhnlich gute Musikerin und Komponistin war – und mit diesem Buch erfährt sie endlich die Aufmerksamkeit, die ihr seit Jahrhunderten gebühren würde.

 

Ich bin froh dieses Buch gelesen und Anna Maria „kennengelernt“ zu haben. Ich finde es sehr wichtig, dass zumindest in der jetzigen Zeit versucht wird, den „vergessenen“ Frauen der Geschichte eine Stimme zu geben. Daher kann ich nur jedem mit historischem Interesse empfehlen: lest dieses Buch.

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Veröffentlicht am 16.03.2025

Toller Historienschmöker

Die Brücke von London
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Wer das Abenteuer zwischen den Buchdeckeln sucht und abtauchen will in eine farbenprächtige historische Welt, der sollte unbedingt „Die Brücke von London“ zur Hand nehmen.


Die Zeile „London Bridge is ...

Wer das Abenteuer zwischen den Buchdeckeln sucht und abtauchen will in eine farbenprächtige historische Welt, der sollte unbedingt „Die Brücke von London“ zur Hand nehmen.


Die Zeile „London Bridge is falling down“ kennt man irgendwie, aber die wenigsten wissen wo dieses alte Lied herrührt. Die historische London Bridge muss in der damaligen Zeit ein gigantisches Bauwerk gewesen sein, eine riesige Brücke, die mit Häusern überbaut war. Sogar eine Art Kirche gab es mitten auf der Brücke – das sogenannte Kapellhaus. Es war ein Handelszentrum mit teuren Geschäften in den Brückenhäusern und gleichzeitig ein Nadelöhr, weil so ziemlich jeder, der trockenen Fußes über die Themse wollte, diese Verbindung nutzen musste. Die Verwaltung der Brückenhäuser war ein lukratives Geschäft und so könnte man sich gut vorstellen, dass hier – wie auch heute mit lukrativen Immobilien – der eine oder andere unsaubere Trick den Umsatz noch steigerte…

 

In diesem Spannungsfeld setzt Julius Arth mit seiner Geschichte an und erzählt eine Geschichte, die sich durchaus so oder ähnlich zugetragen haben könnte. Im Mittelpunkt: ein Angestellter der Brückenverwaltung, eine junge Witwe, die das Tuchgeschäft ihres verstorbenen Mannes weiterführt und eine Bande von Kindern und Jugendlichen, die sich als Taschendiebe in den Gassen von London über Wasser halten. Gute Zutaten für einen dichten und opulenten historischen Roman.

 

Ein zweiter, aber nicht so ausführlicher Zeitstrang setzt im Jahr 1202 an und erzählt von der Zeit, in der die London Bridge erbaut wurde.

 

Mich hat die Story sofort in ihren Bann gezogen, ich war mittendrin in der Geschichte und folgte Oliver, Juliana, Alder & seinen Freunden mit Vergnügen durch die engen Gassen, über die Brücke und ins aufstrebende Westminster, wo bereits an einer zweiten Brücke gebaut wurde. Die Hauptfiguren schließt man schnell ins Herz, besonders der gewitzte 14jährige Alder ist eine Figur, die man absolut lieb gewinnt.

 

Dem zweiten Zeitstrang konnte ich zunächst nicht so viel abgewinnen und fragte mich lange Zeit, welche Aussagekraft er für das Buch haben sollte. Ich dachte mir, das Buch wäre auch wunderbar ohne diesen zweiten Erzählstrang ausgekommen – erst ganz zum Schluss erschloss sich, warum es dem Autor wichtig war, dort anzusetzen und auch die Geschichte der esoterisch begabten Schwestern Estrid und Sibilla zu erzählen. Nur soviel: ganz am Ende macht alles wirklich Sinn.

 

Mich hat dieser Roman in eine Zeit entführt, die wir uns kaum noch vorstellen können und zu einem Bauwerk, das leider so nicht mehr existiert (es ist ein Jammer). Vor dem inneren Auge wird die historische London Bridge lebendig und ich konnte mein Wissen auf unterhaltsame Weise erweitern. So muss ein historischer Roman sein!

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