Profilbild von Charlea

Charlea

Lesejury Profi
offline

Charlea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Charlea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2025

Unerwartet emotional

Beeren pflücken
0

"Beeren pflücken" war für mich in mehrfacher Hinsicht etwas ganz Besonderes - es war das erste Buch, das ich von Amanda Peters gelesen habe, das erste Buch, das sich mit dem Raub an einem Kind beschäftigt, ...

"Beeren pflücken" war für mich in mehrfacher Hinsicht etwas ganz Besonderes - es war das erste Buch, das ich von Amanda Peters gelesen habe, das erste Buch, das sich mit dem Raub an einem Kind beschäftigt, das der kanadischen indigenen Bevölkerung angehört und tatsächlich musste ich feststellen, dass ich so gut wie keine Bücher von kanadischen Autorinnen und Autoren generell kenne - und das Cover in Verbindung mit dem Titel hatten schnell meine Aufmerksamkeit erregt.
Es ist aus der Sicht verschiedener Charaktere geschrieben, in erster Linie jedoch erzählt Norma, die als Ruthie bei ihrer Familie aufwächst. Sie ist zum Beeren pflücken in Maine und von einem Moment zum nächsten löst sie sich in Luft auf. Das Ehepaar, bei dem Norma aufwächst, liebt sie offensichtlich, auch wenn ich stellenweise meine Zähne in die Tischkante hätte schlagen können, gerade wenn es um die "Mutter" geht.
Ihre leibliche Familie hat nicht aufgehört, an sie zu denken, hat sie nicht als tot erklären lassen und so erleben wir, wie sie, vor allem Normas leiblicher Bruder Joe, mit ihrem Verlust umgeht.
Es fällt mir sehr schwer, den Inhalt so in Worte zu fassen, ohne zu spoilern und ohne es zu kühl wirken zu lassen - für mich war das Buch wirklich etwas ganz Besonderes und besonders die letzten fünfzig Seiten haben mir einiges abverlangt, denn trotz der Thematik hätte ich nicht erwartet, dass mich das Buch emotional so fordert.
Amanda Peters hat eine herrlich leichte und flüssige Art, die Geschichte und vor allem die Charaktere zum Leben zu erwecken. Gerade Norma/Ruthie hat mir wahnsinnig gut gefallen. Ich hatte nie das Gefühl, dass die Klischees ihre Charaktere übermannen, ganz im Gegenteil habe ich immer wirkliche und authentische Menschen vor mir gesehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2025

Ungewöhnliche Perspektive

Cinema Love
0

"Cinema Love" ist der Debutroman des Autors Jiaming Tang. Da die deutsche Ausgabe de Klett-Cotta-Verlags ungefähr 300 Seiten umfasst, hatte ich das Buch nach kurzer Zeit ausgelesen und grübele jetzt seit ...

"Cinema Love" ist der Debutroman des Autors Jiaming Tang. Da die deutsche Ausgabe de Klett-Cotta-Verlags ungefähr 300 Seiten umfasst, hatte ich das Buch nach kurzer Zeit ausgelesen und grübele jetzt seit Stunden, wie ich das, was ich beim Lesen empfunden habe, am besten in Worte hülle.
Die Grundgeschichte ist schnell erzählt - und so beginnt auch die Handlung im Buch. Wir befinden uns in der Provinz Fuzhou/China und erleben, wie sich Männer in einem auf Kriegsfilme ausgelegten alten Kino mit anderen Männern treffen können, einer Umgebung, die sich zumindest im Ansatz nach einem safe space anfühlt. Old Second und Shun-Er lernen sich hier kennen und stellen schnell fest, dass mehr als der Wunsch nach körperlicher Nähe sie verbindet.

"Das Kino ist ein Ort, an dem eine bestimmte Art von Realität aussetzt" (S. 29)

Seltsamerweise trifft der Klappentext auf dem Einband exakt das, was das Buch im Inhalt ausmacht, dennoch hatte ich vor allem beim Lesen des zweiten und dritten Viertels oft das Gefühl, dass der Fokus des Buches allzu sehr auf die Ehefrauen der Männer und nicht auf die Männer selbst liegt. Jetzt nach Auslesen des Buches muss ich diesen Kritikpunkt revidieren, mich beim Autor und dem Buch entschuldigen, denn im Grunde genommen macht der Autor einfach alles genau richtig. Er zeigt uns nicht nur die Hürden der Männer, sondern eben auch die der Ehefrauen, sich mit Themen auseinandersetzen, die einzig und allein nur deshalb aufkommen, da die Gesellschaft eine bestimmte Vorstellung hat, was einen Mann oder eine Frau / einen Ehemann oder eine Ehefrau ausmacht.
Der Wunsch, sich in Gesellschaft zu begeben, sich auszutauschen, öffentlich zu einander zu finden, mit Angst, Scham, sozialen Druck, einer komplett anderen Welt (China - Amerika) und dem damit verbundenen Kulturschock, der Erinnerung an vergangene Zeiten, der Desillusionierung der Gegenwart, einer Erwartungshaltung, die irgendwann schlicht nicht mehr vorhanden ist, da einzig das Überleben wichtig wird - all diese Themen umfasst das Buch.
Und gerade in vielen Aussagen der Ehefrauen über ihre homosexuellen Männer lernen wir das Verhältnis der Ehepartner besser kennen und sehen, dass Freundschaft, tiefe Verbundenheit und auch ein tieferes Verständnis vom eigenen Sein durch dieses Verhältnis möglich ist. Yan Hua lebt in der Erinnerung an Shun-Er, hat Träume. Sie sagt:
"Meine Theorie ist, dass meine Träume gar keine Träume sind. Sondern ein Fenster in die Vergangenheit. Nicht meine Vergangenheit, die meines Mannes."
Die Stärke des Buches und damit die des Autors Jiaming Tang liegt vor allem im letzten Viertel des Buches und macht es für mich dadurch zu einem Highlight des Jahres. Ich habe hier Fragen nach der Wirklichkeit und der Idee, dass es mehrere Versionen von Wirklichkeit gibt, Sehnsucht, dem unbändigen Wunsch, sich auszutauschen über ein Thema, von dem man genau weiß, dass allein es auszusprechen, die Beziehung zwischen zwei Menschen ändern wird - all dies ist komprimiert auf 300 Seiten und ich muss sagen, dass es ein Meisterwerk geworden ist.

Ich vermute, dass die Geschichte die Geister spalten wird - aber für mich ist es genau das, ein Meisterwerk.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.02.2025

Ein Jahreshighlight - Rufi Thorpe hat alles richtig gemacht

Only Margo
0

Das Buch hat für mich alles, was ein gutes Buch haben muss - von der guten Covergestaltung, dem Titel, dem Klappentext hin zum guten Schriftbild, einem sehr guten Plot, der auch noch flüssig und ansprechend ...

Das Buch hat für mich alles, was ein gutes Buch haben muss - von der guten Covergestaltung, dem Titel, dem Klappentext hin zum guten Schriftbild, einem sehr guten Plot, der auch noch flüssig und ansprechend erzählt wird und einem guten Ende.
Die Geschichte ist fast zu einfach in wenigen Worten wiedergegeben: Margo ist 19, als sie während einer Affäre mit ihrem Professor von diesem schwanger wird. Marc, ihr Professor, macht ihr unmissverständlich klar, dass er sie nicht in der Rolle der Mutter sieht - genauso wenig, wie ihre Mutter das tut, im Grunde wie es keiner in ihrem Umfeld tut. Doch mehr einer Eingebung folgend kann Margo es nicht über sich bringen und bringt ihren Sohn (Bodhi) zur Welt.
Schnell merkt sie nach dessen Geburt, was bedeutet, allein erziehende Mutter in einer Welt zu sein, in der ganz klar festgelegt zu sein scheint, wie und wann eine Frau Mutter werden darf und was dabei gesellschaftlich akzeptiert wird und was nicht.

Im Krankenhaus stellt sie bei der Geburt fest, dass die Schwester bei ihr nach einem Ring sucht. "Jedenfalls bekam ich plötzlich Angst, weil ich dieses Etikett nicht hatte, an dem man erkennen konnte, dass mich jemand liebte, dass ich wertvoll war und dass es jemanden gab, der wütend werden und das Krankenhaus verklagen würde, falls ich nicht lebend dort herauskam."(s. 127)

Margo stößt auf mehr Widerstand als sie denkt und ihre Grenzen werden ihr schnell klar.

Rufi Thorpe nimmt spielerisch so viele Vorurteile und Klischees in ihrem Buch auf, ohne dass es mir beim Lesen wirklich aufgefallen ist. Erst jetzt beim Schreiben der Rezension merke ich, was mich alles bewegt hat, dieses Buch zu einem Jahreshighlight zu küren.
Wann bin ich ein guter Mensch? Wann ist die Grenze zwischen künstlerischer Erotik und Sexarbeit überschritten? Was ist Kunst? Wann wird aus dem biologischen Erzeuger eines Babys sein Vater?

Aber nicht nur die flüssige Erzählweise hat mich sehr beeindruckt, auch das Wechsel der Perspektiven gelingt Rufi Thorpe ebenso spielerisch und dabei wechselt sie diese Perspektiven nicht nur unkommentiert, es gibt eine Stelle (S. 217), an der sie diesen Perspektivwechsel sogar anspricht. Hier sagt sie "Nun kommt einer der Abschnitte, die ich in der dritten Person erzählen muss." und erzielt damit bei mir als Leserin eine so große Spannung und Anteilnahme, dass es mir noch immer den Atem verschlägt - was für eine gute Schriftstellerin, was für ein unglaubliches Erzähltalent ist hier nur am Werk!

Ich werde dieses Buch definitiv nicht so schnell vergessen und die Autorin ebensowenig.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.12.2024

Tolles neues Gewand der Geschichte aus dem 19. Jahrhundert

Carmilla
0

„Carmilla“ ist eine der ältesten Vampirgeschichten und ich habe es sehr genossen, die wunderschöne Ausgabe des Hobbit Press Verlags zu lesen. Irgendwie hat der Einband auch sehr gut zu Weihnachten gepasst ...

„Carmilla“ ist eine der ältesten Vampirgeschichten und ich habe es sehr genossen, die wunderschöne Ausgabe des Hobbit Press Verlags zu lesen. Irgendwie hat der Einband auch sehr gut zu Weihnachten gepasst und auch die Geschichte aus dem 19. Jahrhundert hat gut an meinem gemütlichen Sonntag-Nachmittag zu heißem Tee und Gebäck geschmeckt.
In der Geschichte lässt die Mutter Carmilla in einem Herrenhaus bei seinem Besitzer und dessen Tochter Laura. Sie selbst, so sagt sie, muss einen lebenswichtigen Auftrag erfüllen, doch ihre Tochter könne sie nicht begleiten, da diese sehr schwach ist.
Aso wird sie aufgenommen und wird schnell eine Freundin für Laura. In der Nachbarschaft häufen sich plötzliche Tode von jungen Frauen und Lauras Vater wird skeptisch.
Wie schon eingangs erwähnt hat mir hier nicht nur die Geschichte, sondern auch der Einband sehr gut gefallen. Das Buch wird definitiv mein Haus nicht mehr verlassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.10.2024

Spannender Jugendthriller

Villa Obscura
0

Bei diesem Buch war ich aus mehreren Gründen sehr gespannt - zum Einen spielt die Geschichte im Harz und für mich als Harzerin war das tatsächlich ein Grund, das Buch unbedingt lesen zu wollen. Zum Anderen ...

Bei diesem Buch war ich aus mehreren Gründen sehr gespannt - zum Einen spielt die Geschichte im Harz und für mich als Harzerin war das tatsächlich ein Grund, das Buch unbedingt lesen zu wollen. Zum Anderen hatte ich Bedenken, ob ich mit der Zeitform klarkommen würde - die Geschichte ist in der Gegenwartsform geschrieben.

Schnell konnte ich feststellen, dass ich mich an die Erzählform gut einfinden konnte, was in meinen Augen am Erzählstil des Autorinnenduos liegt. Auch der Spannungsbogen ist gut gespannt worden, so dass die Geschichte auch bis zum Ende spannend geblieben ist. Doch worum geht es - wie schon eingangs erwähnt spielt die Geschichte im Harz. Passend zur derzeitigen Jahreszeit müssen sich eine Handvoll Teeager zur Halloweenzeit mit einer realen Bedrohung auseinandersetzen. An dieser Stelle kann ich jedoch sagen, dass es nicht so gruselig ist, dass es ein wirklicher Horrorroman ist, die Bezeichnung "Thriller" hat schon gut gepasst.

Sechs Jugendliche hatten eigentlich vor, eine kleine Party zu Halloween zu feiern - natürlich stilecht in Verkleidung. Schön fand ich hier den schwarzen Pudel, der mich doch sehr an Goethes Faust erinnert hat . Aus der anfänglichen Partyatmosphäre wird schnell die nackte Angst, da die Jugendlichen Opfer eines finsteren Plans werden. Sollen sie nur festgehalten werden, um Geld zu erpressen? Was sind die Motive? Haben die Sechs überhaupt eine Chance und kann eine gute Zusammenarbeite der Sechs, Vertrauen und eine gemeinsame Strategie ihnen helfen?



Mir hat das Buch wirklich gut gefallen und ich bleibe gespannt auf weitere Bücher aus dem Hause Hill/Stapor.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere