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Veröffentlicht am 19.08.2020

Statt das Besondere im Alltäglichen nun das Alltägliche im Besonderen

Der letzte Satz
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Gustav Mahler tritt die letzte große Reise seines Lebens an. Über den Atlantik. Er ist krank und schwach und schaut aufs Meer und reflektiert sein Leben. Die Zeit an der Wiener Hofoper. Die Erfolge ...

Gustav Mahler tritt die letzte große Reise seines Lebens an. Über den Atlantik. Er ist krank und schwach und schaut aufs Meer und reflektiert sein Leben. Die Zeit an der Wiener Hofoper. Die Erfolge in New York. Seine immer schon schwache Gesundheit. Seine Liebe zu seiner Frau Alma. Die Trauer um seine älteste, früh verstorbene Tochter. Die Liebe zu seiner jüngsten Tochter, die mit auf der Reise ist. Genauso, wie seine Frau. Die wunderschöne und umschwärmte Alma, die wohl nur noch bei ihm ist, weil sie weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat.

Sehr komprimiert, in weniger als 150 Seiten, erzählt Robert Seethaler von den menschlichen Aspekten im Leben eines berühmten Komponisten und Dirigenten. Mich hat das Buch immerhin dazu gebracht, viel über Mahler nachzulesen. Und ich habe gemerkt, dass ich die Biografie von Alma Mahler-Werfel im Regal stehen habe, die ich bisher noch nicht gelesen hatte. So ganz gelesen habe ich sie noch immer nicht - dazu ist mein Verhältnis zu dieser Frau zu ambivalent. Als typische Frau meiner Generation denke ich: Warum hat sie sich immer an berühmte Männer angehängt, statt selbst etwas aus ihrem Leben zu machen? Allerdings wird im Buch schon deutlich, dass es für eine Frau zu dieser Zeit keine eigene Karriere gab. Alma Mahler-Werfel war zwar formal wohl nicht sonderlich gebildet - aber eine begabte Komponistin - aber sie musste zurückstecken - auch bei Gustav Mahler.

Dieses Buch von Robert Seethaler ist sehr schön geschrieben. Seethaler kann schreiben. Aber emotional hat mich dieses Buch kaum berührt. Ich mag wohl lieber die Bücher des Autors, die das Besondere im Leben von vermeintlich "einfachen" Menschen zeigen. Wie bei "Ein ganzes Leben" oder "Der Trafikant". Bei einem berühmten Menschen, der immer sich selbst in den Mittelpunkt gestellt hat und nun dahinsiecht hat sich dieses emotionale Gefühl der Nähe bei mir nicht eingestellt.

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Veröffentlicht am 11.08.2020

Schöne Krimi-Reihe - mir persönlich diesmal aber fast zu überfrachtet

Hinter den drei Kiefern
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Vorab: Ich liebe die Krimiserie über Inspektor Gamache, der der Provinz Quebec in Kanada ermittelt, sehr. Das war nun schon der 5. Band, den ich gelesen habe. Allerdings waren nur die ersten vier Bände ...

Vorab: Ich liebe die Krimiserie über Inspektor Gamache, der der Provinz Quebec in Kanada ermittelt, sehr. Das war nun schon der 5. Band, den ich gelesen habe. Allerdings waren nur die ersten vier Bände chronologisch, dann folgte eine lange Pause von (leider) noch nicht übersetzten Büchern und dann kommt "Hinter den drei Kiefern". Inzwischen scheint eine Menge passiert zu sein. Beauvoir, schon ewig der Stellvertreter von Gamache, ist jetzt auch sein Schwiegersohn. Und Gamache hat jetzt ein Haus in Three Pines, dem kleinen malerischen Dorf in den kanadischen Wäldern, ganz nah an der Grenze zu Vermont. Und um diese Grenze geht es auch in diesem Buch. Denn über diese Grenzen werden (was sonst) Drogen geschmuggelt. Und genau dieses Thema war mir etwas "too much" in diesem Fall. Drogen sind schlimm, klar. Aber diese Idee von Gamache, dass man dadurch, dass man ein Drogenkartell zerschlägt, viele Menschen vor Drogen rettet - nun - das glaube ich persönlich nicht so ganz.

Zusätzlich (und natürlich in Zusammenhang mit allem) gibt es wieder einen Mord. Und natürlich spielen die Pension und das Bistro im Dorf wieder eine entscheidende Rolle für die Ermittlungen - alleine deshalb, weil dort alle essen, trinken, sich treffen und viele Geheimnisse zu Tage treten.

Eigentlich sind die Gamache-Krimis fast schon Wohlfühl-Krimis, die ich sicherlich weiter lesen werde. Ich würde ich jedoch erst einmal freuen, wenn die Bände zwischen Band 4 und diesem Band vom Kampa-Verlag bald geschlossen würde. Ich muss doch erfahren, in welchem Haus Gamache jetzt lebt, wie er es kaufen konnte und wie Beauvoir sein Stellvertreter wurde und was mit Peter passiert ist und....

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Enttäuschend - Wilder Mix aus Krimi, Liebe und Politik

Sommer auf den Inseln
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Die Scilly Inseln vor der Küste von Cornwall sind landschaftlich wohl wunderschön. Wer lesend dahin reisen möchte, sollte dies allerdings nicht mit diesem Buch tun. Titel, Cover und Klappentext weisen ...

Die Scilly Inseln vor der Küste von Cornwall sind landschaftlich wohl wunderschön. Wer lesend dahin reisen möchte, sollte dies allerdings nicht mit diesem Buch tun. Titel, Cover und Klappentext weisen auf einen heiter-sommerlichen-leichten Unterhaltungsroman hin. Aber das ist irreführend. Es handelt sich um eine krude und unausgegorene Mischung von etwas Krimi, etwas Spionage, etwas tragische Liebesgeschichte, etwas Brexit und etwas lokalem Flair. Nichts davon wird wirklich gut gemacht und am Ende wird noch nicht einmal alles so richtig zufriedenstellend aufgelöst. Und die Charakterzeichnungen sollten wohl tiefsinnig und kompliziert sein - bleiben aber flach und kommen dem Leser daher nicht nahe.

Ich war enttäuscht - habe das Buch dann doch zu Ende gelesen. Aber nur, weil ich es vom Verlag für eine Leserunde bekommen hatte. In der Leserunde waren die Meinungen auch sehr geteilt.

Mein Tipp: Wer lesend zu den Scilly - Inseln reisen möchte, sollte die Krimis von Kate Penrose wählen. Die sind ganz gut geschrieben, spannend und vermitteln auch mehr Flair von den Inseln als dieses Buch hier.

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Veröffentlicht am 08.07.2020

Unsentimental und doch so wunderschön poetisch

Kostbare Tage
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Es sind die leisen Bücher, die sich in mein Herz schleichen. Die mich noch lange innerlich begleiten und die mich noch lange über das Leben nachdenken lassen. So ging es mir mit "Stoner" von John Williams ...

Es sind die leisen Bücher, die sich in mein Herz schleichen. Die mich noch lange innerlich begleiten und die mich noch lange über das Leben nachdenken lassen. So ging es mir mit "Stoner" von John Williams oder mit "Ein ganzes Leben" von Robert Seethaler oder mit den Büchern von Norbert Scheuer. Und auch Kent Haruf schreibt solche Bücher. "Kostbare Tage" ist das dritte Buch von Kent Haruf, das ich lese. Und ich bin wieder begeistert und berührt.

Oberflächlich betrachtet geschieht nicht viel in diesen Büchern. Aber eigentlich geschieht alles - das gesamte Leben in all seiner Tragik, Einsamkeit, Rauheit und Warmherzigkeit. Alle Bücher von Haruf spielen in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Gelegen mitten in den Plains. Kein besonderer Ort, sondern tiefste Provinz. Es gibt die üblichen Geschäfte und einen Diner. Das Highlight der Menschen dort ist ein Burger-Essen im Diner. Ansonsten lebt man sein Leben. Meist nimmt man es einfach so hin, man arrangiert sich. Zwischendurch ist man auch mal glücklich. Aber wenn nicht - dann eben nicht. So geht es auch Dad Lewis, dessen Geschichte sich als eine Art Hauptstrang durch das Buch zieht. Dad hat Krebs, unheilbar. Er hat nur noch einen Sommer zu leben. Er nimmt es hin, seine Frau leidet, seine Tochter kommt, um die Mutter bei der Pflege zu unterstützen.

So kommt die Schwester vom Hospiz und sagt zur Appetitlosigkeit von Dad: "Ich weiß. Das ist normal. So geht es uns allen eines Tages".

Dieser Satz sagt so viel aus. Das Leben akzeptieren, den Tod akzeptieren. Ich finde es so schön, wie der Autor dies in kurzen, knappen Sätzen ausdrücken kann.

Die Nachbarn von Dad nehmen Anteil. Und auch deren Geschichten werden erzählt. Manchmal traurige Geschichten, viel Wehmut, viel Einsamkeit. Manchmal trifft man alte Bekannte aus den anderen Romanen wieder, was sehr schön ist. Ich mag es, wenn Autoren ihre eigene Welt errichten.

Das hört sich jetzt eher nach einem traurigen und langweiligem Buch an. Ist es aber nicht. Denn der Schreibstil ist in wunderbar. Sehr einfach, fast karg. Wie das Leben in Holt. Aber mit ein paar wenigen Sätzen kann Kent Haruf wunderschön poetische Dinge über das Leben erzählen. Über das Glück von Liebe und Zusammenhalt. Über schöne gemeinsame Momente. Über kleine aufkeimende Pflänzchen der Liebe und Zuneigung. Es ist schwer zu beschreiben, wie schön es ist, das zu lesen.

Drei Bände des nur sechs Bücher umfassenden Werkes von Kent Haruf fehlen mir noch. Einer, "Unsere Seelen bei Nacht" ist schon übersetzt und wurde bereits mit Jane Fonda und Robert Redford verfilmt. Dieses Buch werde ich als nächstes lesen.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Sehr spannend, sehr geheimnisvoll - sehr gute Unterhaltung

Letzte Spur: Ostsee
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Schon ziemlich lange habe ich meine Nachtruhe nicht mehr einem Buch geopfert. Bei diesem Buch war es soweit. Ich war ungefähr bei der Hälfte - und dann musste ich den Rest in einem durch lesen. Am Ende ...

Schon ziemlich lange habe ich meine Nachtruhe nicht mehr einem Buch geopfert. Bei diesem Buch war es soweit. Ich war ungefähr bei der Hälfte - und dann musste ich den Rest in einem durch lesen. Am Ende war es 4.30 Uhr - und ich war geflasht.

Es gibt sehr viele Verwicklungen, sehr viele Fährten - und sehr viele falsche Fährten. Letzteres ist (im Nachhinein betrachtet) vielleicht ein bisschen zu viel - aber während des Lesens stört es nicht. Und alles löst sich folgerichtig aus.



Gekauft habe ich das Ebook eher zufällig: Ich bin an den Worten "Ostsee" und an der Kurzbeschreibung hängen geblieben. Da ich letztes Jahr an der Ostsee war, hatte ich Lust, zumindest lesend dorthin zurück zu reisen. Die Geschichte spielt in Rerik, zwischen Wismar und Rostock, direkt an der Küste. Und es fängt mit einem spannenden Prolog an. Danach geht es eine Weile lang etwas gemächlich weiter - aber dann gibt es die erste Tote. Kurz danach die nächste Tote. Und dann beginnen die Ermittlungen. Ansatzweise. Allerdings sieht kaum jemand die Zusammenhänge - der Leser ist also klar im Vorteil. Was frustrierend sein kann. Insgesamt geht es um eine verschwundene Schwedin, die seit 12 Jahren verschwunden ist und um eine Frau, die quasi wie ihr Zwilling aussieht. Und um den Sommer, in dem die Frau verschwand. Und um den Sommer jetzt, in dem die Menschen, die damals die junge Frau kannten, immer oder wieder in Rerik sind.

Hauptperson ist Johanna Arnold, genannt Ann, eine 26jährige Studentin, die Journalistin werden möchte. Bisher geht sie allerdings noch nicht so sehr professionell vor. Aber da es wohl eine Reihe werden soll, wird sich Ann sicher noch entwickeln.

Wer einen spannenden Krimi mit Ostsee-Flair lesen möchten - der sollte sich dieses Buch möglichst schnell besorgen. Passt auch zum Urlaub an der Ostsee.

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