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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.05.2018

Sehr bewegend und tiefgründig

Das Haus am Sunset Lake
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Jim Johnson ist mit knapp 40 Jahren auf dem besten Weg neuer CEO der Omari-Hotelkette zu werden. Doch zwischen ihm und dieser Beförderung liegt die Casa D´Or, jenes Haus in Savannah, Georgia, in dem er ...

Jim Johnson ist mit knapp 40 Jahren auf dem besten Weg neuer CEO der Omari-Hotelkette zu werden. Doch zwischen ihm und dieser Beförderung liegt die Casa D´Or, jenes Haus in Savannah, Georgia, in dem er vor zwanzig Jahren auf Jennifer Wyatt traf. Jennifer hatte gerade das College abgeschlossen und war in das Haus ihrer Eltern zurückgekehrt, als die Familie Johnson für einige Monate in ein Haus auf der gegenüberliegende Seite des Sunset Lake zog.

Lange Zeit verband Jennifer und Jim damals nur eine tiefe Freundschaft, weil sie sich ihre Gefühle füreinander nicht eingestehen wollten. Nachdem sie endlich zueinander gefunden hatten, war ihr Glück aber nur von kurzer Dauer, denn in der Casa D´Or ereignete sich eine Tragödie, die Jennifer dazu veranlasste, Jim wegzuschicken – die beiden haben sich nie wieder gesehen.

Jetzt, zwanzig Jahre später, will Jims Chef unbedingt die Casa D´Or kaufen, um dort ein weiteres Hotel zu eröffnen. Obwohl Jim sich im Klaren darüber ist, dass ein Besuch am Sunset Lake alte Wunden aufreißen wird, nimmt er Kontakt zu den Wyatts auf.

Tasmina Perry startet ihr Erzählung im Jahr 1995 in Savannah. Von dort springt die Geschichte 20 Jahre weiter und der Leser lernt zunächst Jim Johnson und später auch Jennifer Wyatt kennen und erfährt, was in ihrer beider Leben gerade passiert. In der Folge erzählt die Autorin in mehreren Rückblenden, was sich Mitte der 1990er Jahre in Savannah zugetragen hat. Lange Zeit deutet die sie nur an, was damals passiert ist und was zur Trennung des jungen Paares geführt hat. Bis zur Hälfte des Buches empfand ich die Geschichte zwar als völlig unaufgeregt aber überaus spannend.

So bedächtig dieser Teil des Buches auch ist, im weiteren Verlauf überschlagen sich die Ereignisse und stürzen die Protagonisten gleich mehrfach in ein Gefühlschaos von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Die Wendungen, die die Geschichte nimmt, haben mich stellenweise völlig überrumpelt und immer, wenn ich dachte, Jennifer und Jim finden endlich zueinander, ereignete sich etwas, womit ich niemals gerechnet hätte. Dies hatte auch zur Folge, dass ich mir bis zum Ende des Buches nicht sicher war, ob es ein Happy End für die beiden Protagonisten geben wird.

„Das Haus am Sunset Lake“ ist ein sehr bewegender und tiefgründiger Roman, den ich, einmal angefangen, nicht mehr aus der Hand legen konnte, bis ich jedes schonungslose Detail kannte und wusste, ob es eine zweite Chance für Jennifer und Jim gibt.

Veröffentlicht am 31.05.2018

Die Liebe zum geschriebenen Wort

Der Zauber zwischen den Seiten
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Die Protagonisten und ihre Geschichte
Sofia Bauer hat ihr Leben während ihrer Beziehung zu Alberto vollständig nach ihm ausgerichtet und ihren Beruf aufgegeben. Sie bemerkt, dass ihr etwas in ihrem Leben ...

Die Protagonisten und ihre Geschichte
Sofia Bauer hat ihr Leben während ihrer Beziehung zu Alberto vollständig nach ihm ausgerichtet und ihren Beruf aufgegeben. Sie bemerkt, dass ihr etwas in ihrem Leben fehlt. Als sie bei einem alten Buchhändler ein abgenutztes Buch von Carl Philipp Fohr entdeckt, den sie sehr verehrt, beschließt sie, das Buch zu restaurieren. Bei dieser Arbeit entdeckt sie einen versteckten Brief einer gewissen Clarice Marianne von Harmel, die im 19. Jahrhundert gelebt hat.

Wie für Sofia selbst waren Bücher auch für Clarice die Möglichkeit, der Realität zu entfliehen und in andere Welten einzutauchen. Die junge Adelige erzählt in der Aufzeichnung aus ihrer Kindheit und Jugend und dass sie heimlich in der Kunst des Buchbindens ausgebildet wurde, was zu jener Zeit Männern vorbehalten war.

Sofia ist fasziniert von Clarice, sie findet ein Stück weit wieder zurück zu sich selbst und sie hofft, in zwei anderen Bänden weitere Briefe von Clarice zu finden, da deren Geschichte noch nicht abgeschlossen zu sein schien. Unterstützung findet sie dabei in dem Graphologen Tomaso Leoni. Bei ihrer Suche nach den Büchern, die sie quer durch Europa führt, stoßen die beiden auf eine unglaubliche Geschichte.

Meine Gedanken zum Buch
Cristina Caboni erzählt im Wechsel die Geschichten von Sofia und Clarice, wobei jedes Kapitel mit einem Zitat bedeutender Persönlichkeiten wie beispielsweise Johann Wolfgang von Goethe, Oscar Wilde, Charles Dickens, Victor Hugo und anderen überschrieben ist.

Wenngleich wir es nicht schaffen, die Dinge unseren Wünschen anzupassen, passen sich mit der Zeit unsere Wünsche an.

(Marcel Proust, Zitat aus Kapitel 13)

Die Autorin zeigt auf, wie sich das Leben von Frauen in den vergangenen Jahrhunderten verändert hat. Dabei hat sie wunderbar herausgearbeitet wie Clarice mit vielen Widrigkeiten ihrer Zeit zu kämpfen und sich den Männern unterzuordnen hatte. Im Gegensatz zu ihr hätte Sofia in der Gegenwart so viel mehr Möglichkeiten, die sie aber freiwillig aufgegeben hat, um sich den Wünschen ihres Mannes zu beugen. Was die beiden Frauen vereint ist ihre Liebe zu Büchern und der Buchbinderei, durch die sie sich verwirklichen können und die ihnen Sicherheit in ihrer jeweiligen Situation bietet, so dass sie sich beide weiterentwickeln können.

Das Buch hat mich nicht sofort eingenommen, aber es hat mich von Seite zu Seite mehr fasziniert. Obwohl ich kein Fan historischer Romane bin, hat mich die Geschichte um Clarice sogar mehr in den Bann ziehen können, als die Geschichte um Sofia. Die teilweise tiefgründige Thematik hat Cristina Caboni in einem wunderbar leichten Schreibstil verarbeitet. Leider ergibt sich dadurch auch ein Kritikpunkt, nämlich der, dass die Szenen, in denen Clarice mit Gewalt konfrontiert wird, durch den lockeren Schreibstil ein wenig verharmlost wurden.

Doch der Roman ist seinem Titel absolut gerecht geworden. Der Zauber von Büchern war zwischen den Seiten spürbar und es war herrlich, zu erleben, wie die beiden Frauen sich durch ihre Liebe zu geschriebenen Worten verändert und ihren Weg gefunden haben.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Hab mich mit dem Buch sehr wohl gefühlt

Barfuß im Sommerregen
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Die Protagonistin und ihre Geschichte
Die Singlemama Romy braucht dringend einen Job und eine neue Wohnung und das am besten außerhalb von München, weil die Stadt schlichtweg zu teuer für sie geworden ...

Die Protagonistin und ihre Geschichte
Die Singlemama Romy braucht dringend einen Job und eine neue Wohnung und das am besten außerhalb von München, weil die Stadt schlichtweg zu teuer für sie geworden ist. Nach einen gescheiterten Bewerbungsgespräch entdeckt sie eine Annonce. Es wird eine Haushälterin für den Rentner Alfred gesucht, gegen kostenlose Unterbringung auf seinem Hof. Das wäre ideal für Romy und den vierjährigen Tommi.

Nach einigen Startschwierigkeiten entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen Alfred und Romy und die junge Frau hat auch schon einige Ideen, wie die beiden ihre Kasse aufbessern können. Als dann auch noch Hannes in ihr Leben tritt, fühlt Romy sich angekommen. Doch dann wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt.

Meine Gedanken zum Buch
Während Romy anfangs eine übervorsichtige Mutter ist, kommt Alfred etwas rauhbeinig daher, doch Romy und Tommi können Alfreds Herz gewinnen und Alfred macht Romy seinerseits klar, dass Tommi seine Freiheiten braucht, um seine eigenen Erfahrungen machen zu können. Zwischen den beiden entwickelt sich eine wunderbare Freundschaft. Nach und nach offenbaren sie sich und erzählen aus ihrer Vergangenheit. So erfährt der Leser, dass Romy aus einer schweren Enttäuschung heraus ihren Beruf und Alfred seinen Traum, zur See zu fahren, aufgegeben hat.

Angelika Schwarzhuber hat es erneut geschafft, mir Bilder von Landschaften in den Kopf zu zaubern. Die Geschichte ist bis hin zu Kleinigkeiten wie den Schwierigkeiten einer allein erziehende Mutter bei der Jobsuche, den Mietpreisen in München und dem Zusammenhalt auf dem Dorf authentisch. Ich habe mich mit dem Roman, bei dem es um Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe geht, sehr wohl gefühlt.

Veröffentlicht am 07.05.2018

Solider Krimi mit Längen

Ich weiß, wann du stirbst
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Die Protagonistin und ihre Geschichte
Marian Dahle stammt ursprünglich aus Korea, wurde aber mit drei Jahren adoptiert und ist dann in Norwegen aufgewachsen. Mittlerweile ist sie 33 Jahre alt und war bis ...

Die Protagonistin und ihre Geschichte
Marian Dahle stammt ursprünglich aus Korea, wurde aber mit drei Jahren adoptiert und ist dann in Norwegen aufgewachsen. Mittlerweile ist sie 33 Jahre alt und war bis vor einem Jahr eine vielversprechende Ermittlerin. Doch ein Verdächtiger hat sie gezwungen, in einen Krematoriumsofen zu steigen, dabei hat sie sich Brandverletzungen zugezogen, deren Narben über eine Seite ihres Gesichtes bis zum Oberkörper reichen. Sie hat sich zurückgezogen und vermeidet den Kontakt zu anderen Menschen.

Als ihr alter Chef, Cato Isaksen, ihr einen Cold Case anbietet, sieht sie eine Möglichkeit, ein Stück weit in ihr altes Leben zurückzukehren. Sie rollt den Fall der vor 15 Jahren verschwundenen Thorna neu auf.

Meine Gedanken zum Buch
Dieser Krimi lebt von der Protagonistin Marian Dahle, die versucht, einen Weg zurück ins Leben zu finden, sich dabei aber mit einigen Widrigkeiten auseinandersetzen muss.

Leider bin ich mit ihr nicht ganz warm geworden. Marian Dahle ist eigentlich eine gebrochene Frau und stellt selbst fest, dass sie dem Wiedereinstieg in ihren Job nicht gewachsen ist. Sie betäubt sich mit Schmerztabletten und Alkohol, was soweit nicht ungewöhnlich ist, denn viele Autoren haben Hauptfiguren geschaffen, die Probleme haben. Doch die Ermittlerin agiert chaotisch, macht Fehler und versucht auch noch, diese zu vertuschen. Das war mir zu unrealistisch.

Außerdem führt der Klappentext den interessierten Leser in die Irre. An dessen Ende wird nämlich nur kurz erwähnt, dass jemand in Marians Wohnung eindringt. Tatsächlich ist es so, dass jemand sie immer und immer wieder in ihren eigenen vier Wänden beobachtet und sich dieser Handlungsstrang durch das ganze Buch zieht. Wenn man nun weiß, dass der Titel im Original „Jeg vet hvor du bor“ heißt, was übersetzt „Ich weiß, wo du wohnst“ bedeutet, erweckt das bei mir den Eindruck, dass die Autorin sehr bewusst ein großes Augenmerk auf diesen Beobachter gelegt hat. Das geht im deutschen Titel und im Klappentext jedoch fast unter.

Der Cold Case, an dem die Protagonistin arbeitet, ist durchaus spannend gestaltet, hat interessante Wendungen, aber auch einige Längen. Außerdem verwendet die Autorin Szenen um ein selbstgebautes Folterinstrument, deren grausige Details sogar mir als hart gesottenen Thriller-Leser zu schaffen gemacht haben und bei denen sich beim Lesen alles in mir zusammengezogen hat.

Im Übrigen wird durch einen Absatz auf der Rückseite des Buches suggeriert, dass es sich um eine „neue“ Protagonistin handelt. Tatsächlich hat die Autorin aber eine Cato-Isaksen-Reihe mit bislang zehn Bände geschrieben und Marian Dahle ist seit Band 6 die Partnerin von Cato Isaksen.

Fazit
Wer bis zur Mitte des Buches durchhält und darüber hinwegsehen kann, dass der Protagonistin schwere Schnitzer unterlaufen, die sie normalerweise ihren Job kosten würden, der darf sich auf teils mehr, teils weniger überraschende Wendungen einstellen, die das Buch in der zweiten Hälfte zu einem soliden Krimi machen

Veröffentlicht am 01.05.2018

Bezaubernd und beeindruckend

Versuchen wir das Glück
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Die Protagonisten und ihre Geschichte
Helene "Lene" Thomas ist Ende 40, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Ihr Mann, ein Unternehmensberater, betrügt sie mit seiner wesentlich jüngeren Assistentin.

Ludwig ...

Die Protagonisten und ihre Geschichte
Helene "Lene" Thomas ist Ende 40, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Ihr Mann, ein Unternehmensberater, betrügt sie mit seiner wesentlich jüngeren Assistentin.

Ludwig Breuer ist ein Jahr älter als Helene. Er hat seinen Traum, Journalist zu werden und aus den Krisengebieten der Welt zu berichten, verwirklicht.

Als Helene auf dem Münchner Hauptbahnhof auf ihre Jugendliebe Ludwig trifft, ist die Magie zwischen ihnen sofort wieder spürbar, zaghaft zwar noch, aber ausreichend genug, um sich nicht direkt wieder zu trennen sondern zusammen einen Kaffee trinken zu gehen. Sie erzählen sich, was in den letzten 25 Jahren passiert ist, erinnern sich daran, wie unzertrennlich sie waren und wie es trotzdem zum Scheitern ihrer Beziehung kam. Sie blicken sich in die Augen, sie berühren sich - zunächst schüchtern  - und am Ende des Nachmittags steht die Frage "Versuchen wir das Glück".

Meine Gedanken zur Geschichte
Als ich mit diesem Buch begonnen hatte, hatte ich keine Vorstellung davon, wie sehr es mich berühren würde, zwischendurch habe ich mich gefragt, wie Barbara Leciejewski es schafft, mich so in den Bann der Geschichte zu ziehen, obwohl die beiden Protagonisten einen größeren Teil des Buches nur an einem Tisch in einer Bahnhofsgaststätte sitzen und reden und am Ende war ich einfach sprachlos und absolut begeistert.

Diese Kapitel, die in der Gegenwart in einer Bahnhofsgaststätte spielen, sind so unspektakulär und ruhig und dennoch konnte ich nicht erwarten, zu erfahren, wie es mit Helene und Ludwig weiter geht. Im Wechsel dazu erzählt die Autorin von der gemeinsamen Vergangenheit der beiden, von ihrem Kennenlernen, ihrer tiefen Freundschaft, ihrer Beziehung und dem jähen Ende der großen Liebe. Diese Kapitel sind sehr abwechslungsreich und Barbara Leciejewski nimmt oft Bezug auf reale Ereignisse wie den Fall der Mauer oder das Geiseldrama von Gladbeck, aber auch hier hat sie die eher nachdenklichen und leisen Töne gewählt. Es gibt meiner Meinung nach einen einzigen Paukenschlag und selbst der ist in wenigen ruhigen Worten abgehandelt.

Die beiden Protagonisten stehen in der Mitte ihres Lebens und so geht die Autorin in dieser Geschichte auch ganz gezielt auf die zwischenmenschlichen Sorgen und Nöte dieser Altersgruppe, wie zum Beispiel das Bedürfnis, nach einer Trennung nicht allein sein zu wollen, ein. Darüber hinaus haben sowohl Helene als auch Ludwig mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen und auch diesen Themen nähert sich Barbara Leciejewski behutsam an.

"Versuchen wir das Glück" ist kein Liebesroman, den man einfach zwischendurch weglesen kann. Es ist die Geschichte einer Frau und eines Mannes, die noch einmal dort beginnen könnten, wo sie vor 25 Jahren aufgehört haben, mit den gleichen Unwegsamkeiten wie damals, aber mit 25 Jahren mehr Lebenserfahrung.

Barbara Leciejewski hat es geschafft, mit einem völlig unaufgeregten Schreibstil ein wunderbares Buch zu schaffen, das mich bezaubert und tief beeindruckt hat.