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Veröffentlicht am 17.02.2019

Trügerische Ruhe

Das Gutshaus in der Toskana
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1833. Nachdem sie heimlich geheiratet haben, ist Marco und Antonella nur sehr knapp die Flucht aus Genua zu einem kleinen toskanischen Weingut gelungen. Dort wird ihre Hilfe dringend benötigt, was Marco ...

1833. Nachdem sie heimlich geheiratet haben, ist Marco und Antonella nur sehr knapp die Flucht aus Genua zu einem kleinen toskanischen Weingut gelungen. Dort wird ihre Hilfe dringend benötigt, was Marco ganz gelegen kommt, denn er träumte ja schon immer davon, auf einem Weingut zu arbeiten, wenn es nun auch nicht das seiner Familie ist. Auch Antonella ist glücklich, liebt sie es doch zu kochen und zu backen, aber auch der Weinanbau interessiert sie. Die Begegnung mit Tiziana beschert ihr eine Stelle in deren Osteria-Küche, wo sie ihren Talenten frönen kann, bis sie und Marco ihr ersten Kind in den Händen halten. Doch das gestohlene Glück ist nur von kurzer Dauer, als Paolo sie aufspürt und ihnen droht. Werden Marco und Antonella erneut gezwungen sein, die Flucht anzutreten?
Karin Seemayer hat mit ihrem Buch „Das Gutshaus in der Toskana“ den Nachfolger ihres Romans „Die Tochter der Toskana“ vorgelegt, eine unterhaltsame historische Geschichte, die leider nicht so ganz an den ersten Roman heranreicht in punkto Spannung, den man als Leser automatisch zum Vergleich heranzieht und die Erwartungen auf die Fortsetzung natürlich hoch waren nach dem fulminanten Auftakt. Der Erzählstil ist wieder wunderbar flüssig und bildgewaltig, die Beschreibungen der Örtlichkeiten lassen das inmitten der malerischen Toskana gelegene Weingut vor dem inneren Auge entstehen und man hat das Gefühl, selbst durch die Rebstöcke zu wandern oder mit Antonella in der Küche der Osteria zusammen Köstlichkeiten zu zaubern. Dabei kommt der Leser sowohl Marco als auch Antonella sehr nah, kann ihre Gedanken und Gefühle lesen sowie sich mit ihnen ihre Sorgen und Nöte teilen. Neben der ausführlichen Beschreibung über den Weinbau gibt es auch wieder einige historische Informationen über den Bund der Carbonari, die ja schon im ersten Teil eine große Rolle gespielt haben. Durch einige geschickte eingestreute Ereignisse wird der Leser bei der Stange gehalten, doch insgesamt fehlt ein wenig die Aufregung, die man im ersten Teil dauerhaft verspüren konnte.
Den Charakteren folgt der Leser wieder gern, sie sind lebendig und individuell in Szene gesetzt, haben sich weiterentwickelt und wirken noch präsenter. Da fällt es leicht, sich an ihre Fersen zu heften und Anteil an ihrem Schicksal zu nehmen. Antonella ist eine recht starke und mutige Frau, die alles mit Leidenschaft tut, ob es nun das Backen, Kochen oder Lieben ist. Sie hat das Herz am rechten Fleck und ihr freundliches Wesen erhält schnell Zugang zu anderen. Marcos Leidenschaften sind seine Frau und der Weinbau. Er ist ein genügsamer und offener Mann, der hart arbeiten kann und sich für nichts zu schade ist. Vor allem wacht er mit Argusaugen über das, was ihm wichtig ist. Auch die übrigen Protagonisten wie Tiziana oder Paolo machen die Handlung bunt und abwechslungsreich.
„Das Gutshaus in der Toskana“ ist eine unterhaltsame und eher ruhigere Fortsetzung mit einer schönen Gedankenreise in die malerische Toskana, was auf einen fulminanten Abschluss der Serie hoffen lässt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für kurzweilige Stunden!

Veröffentlicht am 17.02.2019

Linnas persönlicher Alptraum

Lazarus
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Seit Jahren ist Joonna Linna auf der Jagd nach Jurek Walter gewesen, bis er anscheinend vor Jahren bei einem Polizeieinsatz getötet wurde. Doch wie erklären sich die dann die vielen Morde, die in letzter ...

Seit Jahren ist Joonna Linna auf der Jagd nach Jurek Walter gewesen, bis er anscheinend vor Jahren bei einem Polizeieinsatz getötet wurde. Doch wie erklären sich die dann die vielen Morde, die in letzter Zeit eine grausame Linie durch Europa ziehen? Die Getöteten waren alles keine Unschuldslämmer, sondern haben mit ihren Taten selbst Angst und Schrecken verbreitet. Sieht sich da jemand als Gerechtigkeitsengel, der die Welt von „Unrat“ säubern will? Für Joonna Linna sieht es nach Taten aus, die nur Jurek Walter begangen haben kann, besonders ab dem Moment, als der Schädel seiner toten Ehefrau bei einem Grabschänder gefunden wird. Joonna versteckt seine Tochter, und obwohl niemand seine Gedanken teilt, macht er sich auf die Jagd nach Jurek, doch der hat sich gerade erst wieder warm gemacht, denn das Morden geht weiter. Kommt es endlich zum Showdown zwischen Joonna und der Bestie Jurek?
Das Autorenduo Lars Kepler legt mit dem Buch „Lazarus“ den 7. Fall ihres Ermittlers Joonna Linna vor, der die Hatz nach dem Serienmörder Jurek Walter fortführt und die gleichbleibend die Spannung der Vorgänger auf hohem Niveau hält. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd und rasant und erzeugt eine düstere Stimmung, die sich auf den Leser sofort überträgt. Die Autoren haben ein geschicktes Händchen dafür, den Leser schon von Beginn an wie eine Spinne einzufangen und die Gänsehaut zum Dauerzustand zu machen. Die besonders persönlichen Verbindungen von Linna zu Walter geben dabei zusätzlich Spannung, denn die Jagd geht bereits über Jahre und Jurek hat es vor allem auf die Aufmerksamkeit von Joonna abgesehen, die ihn immer wieder antreibt. Die Ermittlungen sind fast minutiös geschildert, der Leser ist hautnah dabei, wenn immer mehr Tote geborgen werden, die unter den grausamsten Methoden ihr Leben verloren haben. Durch geschickte Wendungen bleibt der Fall bis fast zum Ende wieder undurchsichtig: alles ist möglich, nichts scheint so, wie es sich darstellt.
Die Charaktere wurden im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt, und wer die Serie bereits kennt, der fühlt sich ihnen sofort wieder verbunden. Joonna Linna ist ein Mann, der sich von nichts ablenken lässt, seinen Gegner bereits lange studieren konnte und weiß, dass dieser ihn ganz persönlich treffen will. Er ist zäh und ausdauernd, aber er besitzt auch das nötige Einfühlungsvermögen für seine Kollegen und die Opfer. Jurek Walter ist wie ein unbesiegbarer Geist, immer eine nasenlänge voraus, ein Chamäleon, dass für andere wie der nette Nachbar wirkt, dafür umso gefährlicher ist aufgrund seiner dunklen und grausamen Seite.
„Lazarus“ ist wieder einmal ein psychologisch geschickt geschriebener Pageturner, an dessen Seiten man kleben bleibt und wie im Fieber mit Linna auf die Jagd geht. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 16.02.2019

Marlene - die rastlose Diva

Marlene und die Suche nach Liebe
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Die 1901 in Berlin geborene Marie Magdalene Dietrich gilt auch heute noch als eine der wenigen deutschsprachigen Künstlerinnen, die es zu internationalem Ruhm und Ansehen im Filmgeschäft gebracht haben. ...

Die 1901 in Berlin geborene Marie Magdalene Dietrich gilt auch heute noch als eine der wenigen deutschsprachigen Künstlerinnen, die es zu internationalem Ruhm und Ansehen im Filmgeschäft gebracht haben. Sie war nicht nur Leinwandgöttin in „Der blaue Engel“, sondern erlangte auch mit „Marokko“ und mit „Zeugin der Anklage“ weltweit Aufmerksamkeit und Anerkennung für ihre schauspielerischen Leistungen. Auch als Sängerin konnte sie die Menschen mit ihrer rauchigen Stimme faszinieren, ihre Lieder wie „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“, „Du, du liegst mir am Herzen“ oder „Ich bin die fesche Lola“ sind bis heute unvergessen. Aber wer versteckt sich eigentlich wirklich hinter dem Namen Marlene Dietrich, was war sie für ein Mensch?

Der amerikanische Autor Christopher W. Gortner hat in seinem neuen Buch „Marlene und die Suche nach Liebe“ versucht, dieser Frage nachzugehen und dem Wesen Marlene Dietrich auf die Spur zu kommen. Der Schreibstil ist flüssig und liest sich zum einen wie eine Autobiographie in Romanform, was vor allem der Ich-Perspektive zu verdanken ist und den Leser ziemlich schnell in die Geschichte hineinzieht, um das Phänomen Marlene kennenzulernen. Es ist wie ein Blick durchs Schlüsselloch, wobei man gleichzeitig eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert unternimmt und sich an Schauplätze des Lebens und Wirkens der Dietrich begibt. Marlene wächst mit ihrer Schwester Elisabeth im Berliner Stadtteil Schöneberg in einer gutsituierten Familie auf und wird durch ihre sehr ehrgeizige Mutter zum Geigen- und Klavierunterricht geschickt, was sie mit 18 Jahren an die Musikhochschule Weimar brachte, um dort ein Studium als Konzertgeigerin zu beginnen, welches sie nach einem Wechsel nach Berlin 1921 abbrach und sich ab da vollständig auf die Schauspielkarriere konzentrierte. Erst Erfahrungen beim Varieté und später Privatunterricht bei Mitgliedern des Reinhardt-Ensembles, wo sie nebenbei Fechten und Tanzen lernte und zugleich im Deutschen Theater kleine Rollen bekleidete. 1923 lernt sie bei einem Stummfilmengagement in Rudolf Sieber ihren Ehemann kennen, mit dem sie eine gemeinsame Tochter Maria Elisabeth hat. Das Paar trennt sich allerdings Mitte der 30er Jahre, denn Marlene ist kein Familienmensch, sondern strebt mehr nach Ruhm und Karriere. Auch während ihrer gesamten Karriere kam ihr niemand wirklich nach, die bisexuell orientiert Marlene perfektionierte ihre androgyne Fassade, war sowohl eine verunsicherte, von Selbstzweifeln geplagte, aber auch eitle und mutige Frau, die trotz vieler Freunde und einer großen Anzahl Liebhaber ein einsames Dasein fristete und sehr zurückgezogen 1992 in Paris verstarb. Unvergessen ihr Engagement für die US-Truppen während des Zweiten Weltkrieges und ihre antifaschistische Haltung, die sie dazu veranlassten, 1939 die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, was sie für viele Deutsche leider zur Landesverräterin werden ließ. Der französische Schauspieler Jean Gabin war ihre große Liebe, auch wenn die beiden nur wenige Jahre miteinander verbracht haben und im Zwist auseinandergingen.

Gortner gibt dem Leser einen sehr amerikanisch gefärbten Streifzug durch Marlenes Leben, lässt bekannte Namen wie Gary Grant, James Stewart oder auch Ernest Hemingway vorbeilaufen und doch fehlen die letzten 50 Jahre des Dietrich-Lebens, die ebenfalls die Diva ausgemacht haben. Mit keinem Wort wird die Freundschaft zwischen Marlene und Hildegard Knef erwähnt oder ihre Rückkehr nach Deutschland, die ebenfalls prägenden Einfluss auf die Person Dietrich gehabt haben.

„Marlene und die Suche nach Liebe“ ist ein schöner Streifzug der ersten 45 Jahre der Filmdiva in autobiografischer Romanform. Leider erschließt sich dadurch das Leben von Marlene nicht völlig, denn einige wichtige Lebenspunkte finden sich in diesem Buch nicht. Wer sich für das Leben der größten deutschen international anerkannten Filmdiva interessiert, wird diese sehr bildhaft gestaltete Lektüre zu schätzen wissen, die durchaus eine Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 16.02.2019

"Wo Gegensätze sich berühren, beginnt die Vorstellungskraft." (Kurt Haberstich)

Die unnahbare Miss Ellison
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Die Pfarrerstochter Lavinia Ellison lebt mit ihrem Vater und ihrer Tante Miss West auf dem Land in St. Hampton Heath. Lavinia kümmert sich rührend gerade um die ärmlichen Bewohner des Ortes und hat sich ...

Die Pfarrerstochter Lavinia Ellison lebt mit ihrem Vater und ihrer Tante Miss West auf dem Land in St. Hampton Heath. Lavinia kümmert sich rührend gerade um die ärmlichen Bewohner des Ortes und hat sich damit einen Platz im Herzen der Dorfgemeinschaft erobert. Als Lavinia bei einem Spaziergang Nicolas, den neunten Graf von Hawkesbury, der gerade erst sein Anwesen bezogen hat, auf seinem Pferd begegnet, wirbelt das alte und schmerzliche Erinnerungen in Lavinia auf, die sie sofort in Abwehrhaltung zu diesem Mann gehen lassen. Auch Nicolas geht Lavinias unbekümmertes und belehrendes Verhalten gegen den Strich. Die beiden sind wie Katz und Maus. Als Lavinia schwer krank wird und Nicolas sie zur Genesung auf sein Anwesen holt, lernen sich die beiden besser kennen und plötzlich ist alles anders…
Carolyn Miller hat mit ihrem Buch „Die unnahbare Miss Ellison“ einen wunderschönen und gefühlvollen Regency-Roman vorgelegt, der von der ersten Seite an zu begeistern weiß. Der Schreibstil ist flüssig und der damaligen Zeit mit ihren gestelzten Redewendungen angepasst, was die Geschichte sehr authentisch wirken und zu einem wahren Lesevergnügen werden lässt. Der Leser fühlt sich direkt in die Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts versetzt, hat Frauen in geschnürten langen Kleidern und mit Haube vor Augen sowie stattliche Herren in Uniform, engen Beinkleidern und Reitstiefeln. Das scheinbar idyllische Landleben wird so farbenfroh geschildert, dass man die Wälder und Felder sowie die Armenbarracken und das herrschaftliche Anwesen gut vor Augen hat. Bei der Lektüre hat man unweigerlich Miss Bennett und Mr. Darcy vor Augen, denn genau wie Jane Austens Meisterpaar aus „Stolz und Vorurteil“ schenken sich Lavinia und Nicolas nichts in punkto Nachgiebigkeit, Arroganz, Herablassung und Missverständnissen. Der unterschiedliche Gesellschaftsstand zwischen den beiden verwischt stark angesichts der Tatsache, dass beide Protagonisten sehr gebildet sind und sich auf Augenhöhe unterhalten. Auch die gesellschaftlichen Regeln zur damaligen Zeit werden von der Autorin sehr schön hervorgehoben. Mit überraschenden Wendungen kann die Autorin bis zum Ende wunderbar bei der Stange halten. Schön herausgearbeitet wurde auch Lavinias unerschütterlicher Glaube und dass sie ihr Leben nach der Bibel ausrichtet, während Nicolas erst einmal nicht weiß, wie man überhaupt betet, sich dann aber immer mehr in christliche Schriften vertieft und das Wort Vergebung für ihn eine neue Bedeutung bekommt.
Die Charaktere sind detailliert und liebevoll ausstaffiert, ihnen wurde regelrecht Leben eingehaucht. Sie wirken plastisch, individuell und vor allem sehr authentisch, der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern. Lavinia ist eine Frau der offenen Worte, hilfsbereit und aufopferungsvoll gegenüber den Armen und Schwachen. Sie setzt sich für sie ein und kann dabei ein wahrer Plagegeist sein. Nicolas ist von seinem Leben gelangweilt, der Krieg hat Schrecken auf seiner Seele hinterlassen und er leidet noch immer unter einem Vorkommnis in der Vergangenheit. Er ist oftmals zynisch, wirkt herablassend und wenig interessiert an seinen Mitmenschen. Doch er besitzt auch Einfühlungsvermögen und lässt oftmals seine Unsicherheit erkennen. Auch die weiteren Protagonisten wie Thornton, Lily oder Miss West geben dem Buch einen vollständigen Rahmen zur Handlung.
„Die unnahbare Miss Ellison“ ist ein wunderbarer historischer Roman gefüllt mit einem bunten Strauß voller Missverständnisse, Liebe, Freundschaft, Familie und den Problemen des Lebens auf dem Land zur Regency-Zeit. Herrlich in Szene gesetzt und ausdrucksstark erzählt. Eine mehr als verdiente Leseempfehlung für wirklich unterhaltsame Lesestunden!

Veröffentlicht am 16.02.2019

Ein Brief mit ungeahnten Folgen

Ein unerwarteter Brief
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Familie geht Franck über alles. Er steckt seine ganze Liebe und Energie in die Erziehung seiner drei Töchter, unterstützt seine Frau Gisèle, damit sie sich voll und ganz auf ihre Arbeit als Tierärztin ...

Familie geht Franck über alles. Er steckt seine ganze Liebe und Energie in die Erziehung seiner drei Töchter, unterstützt seine Frau Gisèle, damit sie sich voll und ganz auf ihre Arbeit als Tierärztin konzentrieren kann und liebt seine Gartenarbeit. Das Leben ist wundervoll! Der Brief eines anonymen Schreiberlings allerdings bringt Francks heile Welt völlig ins Wanken, und der genaue Blick auf seine Frau nach dem Lesen der Zeilen lässt in ihm Zweifel an ihr aufkommen. Ist ihr gemeinsames Leben eine Lüge, oder will jemand ihr Glück zerstören?
Nicolas Maleski hat mit seinem Buch „Ein unerwarteter Brief“ seinen Debütroman vorgelegt. Der Erzählstil ist flüssig und einfühlsam, lässt den Leser schnell zwischen die Seiten springen, wo er sich niederlässt und in Francks familiäre Welt eintaucht, um mitzuerleben, was dort so vor sich geht. Das Familienleben ist wie in Zuckerguss getaucht, wirkt wie Friede-Freude-Eierkuchen, und ist vom normalen Leben weit entfernt. Aber gerade diese heile Welt kommt einem wie das Paradies vor. Bis sich endlich doch Misstöne einschleichen in Form eines Briefes, der jeden normalen Menschen unruhig und nervös werden lässt. Spannend zu beobachten ist Francks Reaktion, denn er lässt sich erst einmal nichts anmerken, wobei seine Gefühle und Gedanken Achterbahn fahren. Wie schnell fremde Worte doch einen Menschen aus der Ruhe bringen und ihn Dinge denken und annehmen lassen und jemandem Glauben zu schenken , der zu feige ist, seinen Namen unter die Zeilen zu setzen. Die beste Reaktion wäre gewesen, das fiese Geschreibsel gleich zu schreddern. So aber hält Misstrauen und Unwohlsein Einzug in das vorher glückliche Familienleben und hat natürlich Auswirkungen auf alle Beteiligten, denn lange lassen sich solche Gefühle von Unsicherheit nicht verbergen.
Dir Charaktere sind lebendig ausgestaltet und überzeugen aufgrund ihrer individuellen Stärken und Schwächen den Leser mit ihrer Realtitätsnähe, denn man kann sich gut in sie hineinversetzen und ihre Zweifel und Gedankengänge nachvollziehen. Franck ist ein engagierter Familienvater, der seine Lieben auf Händen trägt und ihnen allen täglich das Leben erleichtert, woraus er selbst viel Befriedigung zieht. Doch er ist auch ein Mensch, der sich verunsichern und manipulieren lässt, was gleichzeitig ein Mangel an Selbstvertrauen und auch an Vertrauen gegenüber seiner Frau zeigt. Das macht ihn nicht unbedingt sympathisch. Allerdings muss man ihm zugutehalten, dass viele Menschen seinen Gedanken folgen würden, wenn sie in dieser Situation wären.
„Ein unerwarteter Brief“ ist ein beachtliches Debüt mit viel Sensibilität und Augenmerk, dem allerdings noch das gewisse Etwas fehlt, um perfekt zu sein. Unterhaltsame Lektüre.