Königliches Lesevergnügen
Die souveräne LeserinDie Queen verirrt sich auf der Suche nach ihren bellenden Corgis auf den Küchenhof des Palastes. Dort steht, wie jeden Mittwoch, der Wagen der fahrenden Bibliothek der City of Westminster. Aus Verlegenheit ...
Die Queen verirrt sich auf der Suche nach ihren bellenden Corgis auf den Küchenhof des Palastes. Dort steht, wie jeden Mittwoch, der Wagen der fahrenden Bibliothek der City of Westminster. Aus Verlegenheit entleiht die Queen ein Buch und setzt damit eine Leseleidenschaft in Gang, die nicht nur den Palast in Erstaunen versetzt, sondern auch Besorgnis auslöst. Unterstützt von ihrem Bücherbeauftragten Norman, einem ehemaligen Küchenangestellten, liest sich die Monarchin durch die Epochen und rund um die Welt. Sie, die eigentlich alles gesehen und miterlebt hat, ist fasziniert von den Möglichkeiten der Literatur.
Bennett stellt neben der Entwicklung von einer unerfahrenen zu einer souveränen Leserin (so der deutsche Titel) auch eine hoch sympathische Königin vor. Mit dem für Briten typisch trockenem Humor läßt er sie die neu entdeckte Leseleidenschaft gegenüber dem verschreckten Personal, internationalen Gästen und selbst dem Premierminister selbstsicher und ungefragt verbreiten.
Nimmt die Queen zu Beginn des schmalen Büchleins (120 Seiten) noch empfohlenen Lektüre an, geht sie bald dazu über, ihren Lesestoff selbst auszuwählen, um dann ihrerseits (nachdrücklich) Bücher zu empfehlen. Schließlich setzt sie sich intensiv mit den Werken auseinander und macht sich umfangreiche Notizen. Bei einem Bankett muss sie jedoch auch erkennen: "Authors, she decided, were probably best met with in the pages of their novels, and were as much creatures of the reader's imagination as the characters in their books." (S. 53) - Das Lesen verändert ihre Sicht auf die Dinge.
Ein vergnügliches und schlaues Buch hat Bennett hier geschrieben, das man problemlos in einem Rutsch lesen kann. Eine Hommage an die Kraft der Literatur, die selbst eine Queen aus der Bahn werfen kann. Fünf Sterne.