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Veröffentlicht am 22.09.2021

Ein gelungener Reihenabschluss

Stolen 3: Verwoben in Vergessen
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Inhalt:

Abby hat es geschafft, sie hat den Herzring in ihren Besitz gebracht. Ihr Plan war es, diesen an ihren Vater zu übergeben, damit dieser den Ring einschmelzen und zurück in die Fassung bringen ...

Inhalt:

Abby hat es geschafft, sie hat den Herzring in ihren Besitz gebracht. Ihr Plan war es, diesen an ihren Vater zu übergeben, damit dieser den Ring einschmelzen und zurück in die Fassung bringen kann. Der Wendepunkt ihrer Reise, der schließlich auch zum Wendepunkt ihrer Geschichte werden sollte. Mittlerweile ist sich Abby aber nicht mehr so sicher, welcher Weg der richtige ist. Um alles in Ruhe weiter zu durchdenken, versteckt sie den Ring vor ihrem Vater und vor Bastian, dem Jungen, den sie bestohlen hat und dem ihre Liebe gehört.

Doch plötzlich ist der Ring verschwunden. Mit diesem Verlust bricht das Chaos aus. Ein Chaos, das Abby so nicht gewollt hat.


Meinung:

Nach dem Lesen des zweiten Bandes dieser Reihe hatte ich mir gewünscht, dass der Folgeband das Gefühlschaos zwischen den Tremblay-Brüdern und Abby in eine Ordnung lenken würde. Als Leser kam man sich vor wie in einer menage à trois, so nah ließ uns Emily Bold an ihre Figuren herankommen.

Meine Hoffnung wurde nach wenigen Seiten erfüllt. Abby hat sich mittlerweile entschieden. Sie weiß, dass sie Tristan mag, ihr Herz jedoch für Bastian schlägt. Auch die beiden Brüder haben begriffen, dass ihre Gefühle hinter einer höheren Sache, nämlich der Existenz der Ringhüter und der Rettung der Ringe, zurücktreten müssen.

Abbys Vater, aber auch einige andere wie z.B. die Schuldirektorin Magrid-Maud und ihr Verbündeter Konstantin, wollen die Ringe unbedingt in ihren Besitz bringen. Mit Hilfe aller drei Ringe und einer entsprechenden Fassung würde sich ein Amulett herstellen lassen, mit dessen Hilfe man das Tor des Lichts (das Totenreich) öffnen könnte. Geliebte Menschen könnte man so wieder zurück ins Leben holen. Für die Ringhüter bedeutet dies jedoch den Verlust ihrer Macht.

Emily Bold legt in ihrem dritten Band ihren Fokus auf die Geschichte rund um die Ringe, den Machtverlust der Ringhüter und die Pläne derjenigen, die die Schmuckstücke in ihren Besitz bringen wollen. Das führt dazu, dass der finale Band der Trilogie schnell stark an Fahrt aufnimmt.

Natürlich spielt auch die Liebesgeschichte zwischen Abby und den Tremblaybrüdern eine Rolle in diesem Buch. Jedoch überlagert sie die Haupthandlung nicht. Abby muss sich in diesem Teil nicht mehr nur damit auseinandersetzen, für wen ihr Herz schlägt, sondern ob der, den sie wirklich will, ihre Gefühle erwidern kann. Auch gerät sie ernsthaft in Gefahr und das nicht nur einmal. Sie muss schwerwiegende Entscheidungen treffen und deren Konsequenzen mit Würde ertragen.


Fazit:

Emily Bold macht mit ihrem Abschlussband der Stolen-Reihe alles richtig und rückt konsequent die Geschichte der Ringe in den Fokus. Das Gefühlschaos ihrer Figuren, die Geschichte von deren ungewöhnlichen Liebes- und Lebensbeziehung, tritt relativ dazu, in den Hintergrund.

Der dynamische Wechsel von Neben- und Hintergrundgeschichten erzeugt Spannung und Tempo beim Lesen. Für mich ein Abschlussband, der zu überzeugen wusste.

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Eine skurrile Geschichte

Pri und der unterirdische Garten
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Inhalt:


Pri Kholi ist ein ganz besonderer Junge. Er ist nämlich das erste Kind, das in Dunns Orchard geboren wurde und somit so etwas wie das Wahrzeichen seines Heimatortes. Der Bürgermeister von Dunns ...

Inhalt:


Pri Kholi ist ein ganz besonderer Junge. Er ist nämlich das erste Kind, das in Dunns Orchard geboren wurde und somit so etwas wie das Wahrzeichen seines Heimatortes. Der Bürgermeister von Dunns Orchards ist bemüht, der Stadt zu Wachstum zu verhelfen. Hierfür müssen Bäume gefällt, Land gerodet und Felder urbar gemacht werden. Zu jeder Teilabnahme eines Bauabschnitts gibt es ein Fest zu dessen Ehren. Pris Aufgabe ist es, an diesen Tagen neben dem Bürgermeister zu stehen und das alte, überholte Stück des Stadtmodells ins große Freudenfeuer zu werfen.

In einem stillen Moment trifft Pri auf Attica Stone. Attica war gerade dabei, einen Edding zu verstecken und reagiert auf Pris Frage, ob sie gerade das Modell bemalt hätte, relativ cool. Es folgt eine Gegenfrage, nämlich die, ob Pri Lust hätte, mit ihr in den Gruselwald zu gehen. Dorthin, wo der Knochenmann – a.k.a. der Kinderschreck – lebt. Genau dort müsse es einen sagenumwobenen Obstgarten geben. Pri ist verwirrt und ein wenig überfordert von der Initiativkraft des Mädchens.

Doch Attica lässt nicht locker. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, die Geheimnisse der Stadt zu lüften und bei diesem Abenteuer sieht sie ganz klar Pri an ihrer Seite.

Pri hingegen entwickelt Ideen zur Waldrettung, insbesondere die Rettung der letzten, der „einsamen Kiefer“, liegt ihm am Herzen.

Als der Bürgermeister den letzten Baum fällt und nun auch ankündigt, dass der Gruselwald als nächstes Opfer Stadtentwicklung werden wird, lässt sich Pri auf dieses gruselige Abenteuer ein.



Meinung:


Mat Larkin erschafft mit „Pri und der unterirdische Garten“ eine skurrile Geschichte voller Rätsel und unerwarteter Wendungen.

Gemeinsam mit der aufgeweckten Attica begibt sich Pri, der von den anderen Kindern der Stadt gehänselt und gemobbt wird, auf die Reise in den Gruselwald. Hier ist es richtig düster und man braucht eine Taschenlampe um überhaupt etwas sehen zu können. Doch was ist, wenn man nur ein Handy dabei hat, dessen Akkuleistung stetig schrumpft? Genau, man muss die Augen an die Dunkelheit gewöhnen und einen Schritt vor den anderen setzen. So ist zumindest Atticas Ansicht, die sich nur vor wenig zu fürchten scheint.

Ganz im Gegensatz zu Pri. Dieser neigt dazu, mäandernde Selbstgespräch zu führen. Attica hingegen zeigt sich hemdsärmelig burschikos, mutig und geradlinig. Hat aber auch eine gewaltaffine Natur.

Pri hingegen hat sich bislang immer dem gefügt, was die Eltern von ihm gefordert haben. Sein Vater kümmert sich viel um das neugeborene Geschwisterchen und bittet Pri des öfteren die Mutter nicht aufzuregen. Diese zieht sich dann in ihr Nähzimmer zurück und/oder beginnt Figuren aus Papier zu falten. Umso komplexer die Figur, umso schlechter der nervliche Zustand der Mutter. Das führt dazu, dass Pri die Dinge, die um ihn herum geschehen, nicht zu hinterfragen wagt. Attica mit ihrer lebhaften Art und ihren vielen Fragen motiviert Pri aus seiner Komfortzone auszubrechen.



Fazit:


Mat Larkin hält mit „Pri und der unterirdische Garten“ ein Plädoyer für den Umweltschutz. Nie wirkt das Buch dabei plump, sein Personal ist authentisch menschlich. Die Figuren sind gut besetzt, die antagonistischen Protagonisten stehen als pars pro toto.

Bleibt noch die Frage nach der Zielgruppe des Buches. Hier muss man eindeutig konstatieren, dass Attica offensichtlich ein Gewaltproblem hat. Attica ist dazu in der Lage, dem einen oder anderen Jungen aus einem Reflex heraus den Finger auszurenken und dann noch einmal nachzuschlagen.
Das Buch wendet sich dabei an Kinder ab 10 Jahren (?).

Das Buch bringt aber viel Neues, Überraschendes und Verrücktes, ist unterhaltsam und daher empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Ein Haus, in dem Geschichten lebendig werden

Lias und der Herr der Wellen
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Inhalt:

Als Lias mit seinen Eltern das erste Mal das ihnen überlassene Haus seiner Tante Hermine betritt, ist er leidlich begeistert. Für dieses Quartier hat er seine alte Schule und die wenigen Freunde, ...

Inhalt:

Als Lias mit seinen Eltern das erste Mal das ihnen überlassene Haus seiner Tante Hermine betritt, ist er leidlich begeistert. Für dieses Quartier hat er seine alte Schule und die wenigen Freunde, die er hatte, verlassen? War es das wert?

Beim Erkunden der Räumlichkeiten stellt sich heraus, dass einige der Räume verschlossen sind. Über ihnen hängen hölzerne Schilder und auf einem steht sogar etwas geschrieben: Der Herr der Wellen. Voller Neugierde durchwandert Lias kurz darauf ohne seine Eltern die Flure. Er findet eine Bibliothek und ein Buch, dass seine Großtante Hermine, der das Haus zuvor gehört hat und die schon seit einiger Zeit spurlos verschwunden ist, einst geschrieben hat, und es trägt genau den gleichen Titel wie das Schild über der Tür: Der Herr der Wellen.

Immer wieder bemerkt Lias, dass Fenster und Türen plötzlich wie von Geisterhand zuschlagen. Dielen quietschen und bald schon wird ihm bewusst, dass das Haus ihm etwas mitteilen möchte. Kann es wirklich sein, dass das Gebäude lebt? Es scheint sogar so, als hätte es ihm geholfen, einen Schlüssel zu finden, der in der Lage ist, die Tür mit dem hölzernen Schild zu öffnen.

Das, was Lias kurz darauf erlebt, scheint wie ein großes Abenteuer. Denn kaum hat er die Schwelle zum Raum überschritten, schließt sich die Tür auch schon wieder hinter ihm. Der Boden des Raumes bewegt sich und erst, als Lias flehend darum bittet, dass das Haus ihn freigibt, lässt sich die Klinke drücken. Doch hinter der Tür befindet sich nicht mehr der Flur. Stattdessen landet Lias mitten auf dem Deck eines großen Schiffes …


Meinung:

Akram El-Bahay erzählt in seinem neuen Roman die Geschichte eines dreizehnjährigen Jungen, der nach einem Umzug mit seinen Eltern in das Haus seiner Großtante Hermine plötzlich ein wahres Abenteuer erlebt. Nicht nur, dass das Haus zu leben scheint, es steckt auch voller Geschichten.

Nach dem Durchschreiten der Tür findet sich Lias auf Deck eines Schiffes wieder. Er begreift, dass er mitten in einer der Geschichten seiner Großtante gelandet ist. Das ist alles ganz schön aufregend. Bald schon erfährt er, dass Hermine nicht einfach nur die Gegend verlassen hat. Nein, sie ist in Wahrheit in einer ihrer Geschichten gefangen und nur Lias scheint in der Lage zu sein, sie zu retten. Während Lias also alles tut, um die Großtante zu finden, spitzt sich die Lage dramatisch zu, denn seine Eltern überlegen derweil das alte Haus zu verkaufen. Es zu renovieren scheint viel zu teuer. Ständig knarzt und quietscht etwas. Sogar die Rohre fallen auseinander. Und das gerade jetzt, wo Lias, das Haus lieben gelernt hat und mitten im größten Abenteuer seines Lebens steckt.

Akram El-Bahay beweist in seinen Büchern immer wieder ein großes Erzähltalent. Seine Geschichten wimmeln voller fantastischer Ideen, interessanten Wesen und großen Abenteuern.

In „Lias und der Herr der Wellen“ erschafft der Autor z.B. Perlentaucher, Sturmfresser, Meermönche und das geschwätzige Meer. Hier gibt es Klabauter, die eine große Kunstfertigkeit besitzen, aber auch sehr reizbar sind, wenn ihnen das Pfeifenkraut ausgeht und Wortsammler, die sich immer auf der Suche nach den schönsten Wörtern befinden, um sie einzufangen und damit zu handeln. An einer Stelle kostet Lias ein Glas Wasser. Er erhofft sich nicht viel und ist dennoch begeistert. Denn Wasser ist in der Welt des Herrn der Wellen ein Getränk, das genauso schmeckt, wie man es am liebsten mag. Z.B. nach Erdbeere und Orange.

Zentrales Thema in „Lias und der Herr der Wellen“ ist die Liebe und die Leidenschaft für Geschichten und Abenteuer. Worte können so viel stärker und mächtiger sein, als ein Schwert oder ein Degen. Sie können verzaubern.

Neben dieser wundervollen Botschaft zeigt der Autor aber auch anhand des alten Hauses, dass sich hinter einem ersten Eindruck oft mehr verbirgt als er offenbart. Zwischen dem Haus und Lias entsteht ziemlich schnell eine ungewöhnliche und schöne Freundschaft. Beide lernen sich mit Hilfe der gegebenen Mittel (Lias redet, das Haus antwortet, indem es Türen, Fenster und Gegenstände bewegt) zu verständigen. Gemeinsam kämpfen sie dafür, die Großtante zu retten. Doch wird das möglich sein? Auf seiner Reise lernt der Junge viele neue Freunde kennen. Er reist mit einer Karawane, begegnet einer skeptischen Wortfischerin.

Schon beim Lesen vorheriger Bücher des Autors ist mir aufgefallen, dass Akram El-Bahay nicht nur mit unglaublich vielen Ideen daherkommt, sondern es auch meisterlich versteht, den Leser auf eine falsche Fährte zu führen. Und glaubt mir, dass gelingt ihm auch hier.


Fazit:

Akram El-Bahay hat mit „Lias und der Herr der Wellen“ erneut bewiesen, dass ihm seine fantastischen Ideen nie ausgehen. Hier dient ein magisches Haus als Sprungbrett zum Eintauchen in fantastische Welten.

Das Parallelreich fantastischer Gestalten kommt bedeutungsschwanger daher und ist äußerst kunstfertig ausgestaltet. Der Autor kreiert eine mitreißende Handlung, die viele überraschende Wendungen bereithält. Akram El-Bahay versteht es einfach, sein Lesepublikum in den Bann zu ziehen.

„Lias und der Herr der Wellen ist ein Buch“ für junge und ältere Abenteurer die auf der Suche nach einer unglaublich fantasievollen Geschichte sind. Akram El-Bahay vermittelt in seinem Buch die Liebe zum Geschichtenerzählen; den Zauber und die Macht der Worte.

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Veröffentlicht am 13.01.2021

Eine digitale Dystopie

Der Zwillingscode
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Inhalt:


Vincent lebt in einer Gesellschaft, die einem Soziallabor gleicht. Durch Einführung eines Social-Credit-Systems gelang es, alle Bürger wechselseitig transparent zu machen. Es stellt ein Mittel ...

Inhalt:


Vincent lebt in einer Gesellschaft, die einem Soziallabor gleicht. Durch Einführung eines Social-Credit-Systems gelang es, alle Bürger wechselseitig transparent zu machen. Es stellt ein Mittel der totalen Kontrolle der Bevölkerung durch die Vergabe von „Punkten“ für wünschenswertes Verhalten, bzw. deren Entzug für negatives Verhalten, dar.

Aufgrund seines niedrigen Sozialpunktestandes muss sich Vincent etwas einfallen lassen. Für das Recht zum Schulbesuch reichen die Punkte nicht aus, überdies ist der Junge notorisch klamm. In seiner Wohnung bietet Vincent daher einen illegalen Reparaturdienst für mechanische Haustiere an.

Als eines Tages eine alte Frau vor seiner Tür steht und ihm ihre Katze entgegenhält, denkt sich Vincent also nicht viel dabei. Doch bald stellt sich heraus, dass das Tier nicht wie erwartet vom Monopolisten Copypet, sondern in einem kleinen Laden in der Sophienstraße verkauft wurde. Alles wird noch verworrener, als die Auftraggeberin ihm einen ungewöhnlich hohen Lohn verspricht, was aber auch ihrem Anliegen geschuldet ist. Vincent soll der Katze die Krallen ziehen, die sie eigentlich gar nicht haben dürfte. Eigentlich sollten die mechanischen Haustiere friedliche Begleiter der Menschen sein.

Kaum ist die alte Dame aus dem Haus, macht sich Vincent an die Recherche. Als erstes besucht er den kleinen Laden in der Sophienstraße. Nach und nach kommt er einem Geheimnis auf die Spur, das eng mit seiner eigenen Vergangenheit und dem Verschwinden seiner Mutter verbunden ist.



Meinung:


Margit Ruile zeigt in ihrem Buch „Der Zwillingscode“ auf, wie künstliche Intelligenz unser Leben verändern kann. Das Social Credit System ist eine Art übergreifendes, perverses Schufa-Programm für alle Bürger, das zu einem digitalen Kastensystem geführt hat.

Der Protagonist Vincent hat es mit Doppel D in der Gesellschaft nicht leicht. Bei einem Verkehrsunfall beispielsweise ist die Chance, dass er in einen Unfall verwickelt wird, gar nicht so gering. Ein selbständig fahrendes Auto würde im Extremfall eher einem Menschen mit Status A ausweichen und als Kollisionsziel z.B. eine Person mit Status D wählen.

Auch werden Menschen mit einem schlechteren Sozialkonto ghettoisiert. So beschäftigt Vincent neben der Sorge um einen vernünftigen Schulabschluss auch die Sorge, ob er seine Wohnung behalten kann.

Mit dem Auftritt einer ungewöhnlichen Auftraggeberin verändert sich Vincents Leben von einem Tag auf den anderen. Er kommt einem Geheimnis auf die Spur, dass ihn dazu bringt, die Welt, wie er sie bisher kannte, zu hinterfragen. Immer wieder stößt er auf Situationen, die ihn verwirren. So zeigt ihm die alte Dame z.B. den Nachbau eines Sonnensystems und fordert ihn auf, sich die Konstellation zu merken. Der Verkäufer in der Sophienstraße kommt Vincent irgendwie sehr bekannt vor und immer wieder stößt Vincent auf Hinweise, die mit seiner verstorbenen Mutter in Verbindung stehen.

Im weiteren Verlauf der Geschichte findet Vincent Zugang zu einer gefährlichen Parallelwelt. Hier entwickelt sich eine thrillerhafte Spannung, die das ganze Buch über andauert. All dies ist aber lediglich der Zündstoff der eigentlichen Erzählung über eine dystopische Gesellschaft und ihre Strukturen.



Fazit:


Fallen die Begriffe künstliche Intelligenz und datenbasierte Systeme, dann kommt sehr schnell "Dystopie“ als dritter dazu. Und hier ist „Der Zwillingscode“ auch angesiedelt.
Margit Ruile zeigt vielen Genre-Vertretern, wie man eine Dystopie packend und mitreißend erzählen kann.

Gemeinsam mit Vincent erkundet der Leser eine Welt, in der künstlichen Intelligenz den Ton angibt.

Nach der Einführung eines Social Credit Systems hängt der Zugang zu Schulen, Jobs und vielen weiteren Lebenschancen von der Big-Data-Bewertung ab. Das Buch ist damit die ultimative digitale Dystopie.

Das Werk berichtet mit großer Konsequenz und einer bemerkenswerten Wucht, über die uns die Konsequenzen dieser bedauerlicherweise nicht mehr allzu fiktiven Welt präsentiert werden. Schließlich will auch Chinas Regierung die eigenen Bürger künftig mit einem Social-Credit-System bewerten.

Eine Leseempfehlung aber auch für jeden, der sich dem Sog geschickt aufgebauter Spannung hingeben will.

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Veröffentlicht am 09.12.2020

Ein verrücktes Abenteuer

Das Eismonster
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Inhalt:

Haus Wurmig, das Heim für unerwünschte Kinder, trägt diesen Namen mit Recht. Hier leben sechsundzwanzig Kinder, zusammengepfercht in einem Raum. Sie bekommen kaum zu Essen, werden geschlagen und ...

Inhalt:

Haus Wurmig, das Heim für unerwünschte Kinder, trägt diesen Namen mit Recht. Hier leben sechsundzwanzig Kinder, zusammengepfercht in einem Raum. Sie bekommen kaum zu Essen, werden geschlagen und müssen Tag und Nacht arbeiten, wobei sie Taschenuhren zusammensetzen.

Die Heimleiterin, Mrs. Graus, ist besonders gemein. Sie lässt die Kinder Küchenschaben essen und steckt ihnen, wenn sie zur Schlafenszeit noch sprechen, dreckige Socken in den Mund.

Vor genau diesem Heim wird eines Nachts ein Baby ausgesetzt. Elsie, so ihr Name, wächst in der Traurig- und Bitterkeit dieses Hauses auf. Jenseits der Wirklichkeit, diesseits des Eskapismus, schöpft sie Geschichten über eine erfundene Mutter und schafft für die anderen Kinder eine Heldin, die es vielleicht nie gegeben hat.

Irgendwann merkt Elsie, dass das Leben im Waisenhaus so nicht weitergehen kann. Die Schickanen von Mrs. Graus werden so gemein, dass Elsie um ihr Leben fürchtet. Sie beschließt zu fliehen. Es folgt ein Leben als Straßenkind.

Eines Tages lauscht das Mädchen dem Vortrag der Zeitungsjungen. Im Eis wurde ein Monster gefunden! Und dieses Monster soll mitsamt des Eisklotzes, in dem es eingefroren wurde, ins Naturhistorische Museum gebracht werden. Elsie erkennt schnell in dem Monster eine Waise wie sie selbst eine ist. Sie muss das Monster sehen. Koste es, was es wolle.

Schon bei der ersten Begegnung weiß Elsie, dass dieses Ungeheuer nicht das ist, was andere in ihm sehen. Elsie verleiht dem Wesen einen Namen: Wolli. Sie weiß sofort, dass beide bald Freunde sein werden. Und Freunde müssen sich gegenseitig retten, ist es nicht so?


Meinung:

Bereits beim Aufklappen des Buchdeckels von „Das Eismonster“ offenbaren sich dem Leser niedliche, humorvolle schwarz-weiß Zeichnungen. Hier werden die Helden, Randfiguren und Antagonisten des Buches jeweils anhand einer Illustration und einer lustigen Kurzbeschreibung vorgestellt.

Die Zeichnungen selbst sind kleine künstlerischen Meisterwerke, auch beeindrucken sie durch ihre Kreativität und Originalität. Aber auch beim Lesen des Textes legt der Autor Wert auf optische Reize. So wird z.B. der Ausruf des Mammuts „TRÖÖ“ stets groß geschrieben und das Wort Nordpol „bibbert vor Kälte“, während das Wort Königin schön verziert aufs Papier gebracht wurde.

In der Geschichte geht es um das toughe und mutige Mädchen Elsie, die bereits früh lernen musste, mit schwierigen Situationen umzugehen. Elsie setzt es sich in den Kopf, das Mammut aus dem Museum zu befreien. Während dieser Rettungsaktion lernt sie einige interessante Figuren kennen. So trifft sie zum Beispiel auf die bauernschlaue Putzfrau Uschi, die in Notsituationen gerne zum Wischmop greift, die pensionierten Soldaten aus dem Royal Hospital, den Sandwichmann, der davon überzeugt ist, das das Ende immer naht und sogar auf die Königin Victoria, die auf den ersten Blick sehr respekteinflößend wirkt.

Das Abenteuer, das Elsie und Wolli erwartet, wird von David Walliams schwungvoll erzählt. Kaum eine Seite in diesem Buch vergeht, auf der die Freunde nicht von einem desaströsen Ereignis ins nächste stürzen. Aller inherenten Komik und tollen Dialogen zum Trotz, wirkt die Geschichte manchmal auch völlig überdreht.

So werden die Kinder im Waisenheim schon mal zum Trocknen an den Ohren an der Wäscheleine aufgehängt oder Elsie klettert auf den Zylinder eines Mannes und springt von da aus auf einen Baum.

Aber gerade dieser überdrehte, verrückte und sehr rasante Erzählstil macht diese Geschichte zu einem unvergesslichen Abenteuer, durch das man quasi nur so hindurchfliegt. Zurück bleibt das Gefühl eine Geschichte erlebt zu haben, die man so schnell nicht vergessen wird. Soviel sei an dieser Stelle versprochen.

Der Autor schließt sein Buch mit einigen wissenswerten Fakten zum Viktorianischen Zeitalter. Hier lernt man, was es mit dem Royal Hospital Chelsea auf sich hat, was genau die HMS Argonaut ist und dass die Königin tatsächlich, wie im Buch auch, einen indischen Helfer an ihrer Seite hatte, der sich um ihr Wohl kümmerte.


Fazit:

So abgedreht „Das Eismonster“ auf den ersten Blick auch wirkt, so bodenständig ist es tief im Inneren eigentlich. Hier werden Freundschaft und Zusammenhalt gefeiert.
Das in einer ausgefallenen Geschichte, die voll sprachlicher, inhaltlicher und visueller Überraschungen steckt.

Der Autor und der Zeichner, Tony Ross, verleihen der Geschichte Leichtigkeit, vor allem aber ordentlich Humor.

Eine literarische Nonsens-Achterbahnfahrt, die einfach nur Spaß macht.

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