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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.10.2021

Kreislauf der Gewalt

Wut
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Frank wird als Kind von seiner Mutter geschlagen. Wie es dazu kam und was danach geschah, lesen wir in „Wut“. „Wut ist mächtig. Wut sucht sich ihren Weg, wie Wasser. Bestimmte Reize lösen sie aus. Wenn ...

Frank wird als Kind von seiner Mutter geschlagen. Wie es dazu kam und was danach geschah, lesen wir in „Wut“. „Wut ist mächtig. Wut sucht sich ihren Weg, wie Wasser. Bestimmte Reize lösen sie aus. Wenn die Wut erst mal da ist, bist du ihr ausgeliefert.“
Der Anfang des Romans ist heftig, weil die Brutalität einer Mutter gegenüber ihrem Kind schwer vorstellbar ist und authentisch aus Sicht des Jungen geschildert wird. Und doch folgen, liest man nach Überwindung des ersten Schocks weiter, menschliche Schicksale, beginnend mit dem der Mutter als elternloses Kind während des Kriegs, endend mit dem ihres erwachsen werdenden Sohns.
Dem Autor ist ein eindringlicher Blick hinter die Kulissen einer Familie gelungen mit ihren Alltäglichkeiten und eben auch den Überschreitungen von Grenzen. Mir ging dieses Buch sehr nahe, und ich empfehle es ausdrücklich weiter.

Veröffentlicht am 03.10.2021

Talfahrt

2001
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Julia und ihre Crew befinden sich im Jahr 2001 in der Abschlussklasse einer Hauptschule. Das Schuljahr wird geprägt durch ein Experiment, bei dem jeder Schüler in die Rolle einer politischen Figur schlüpft.
Wir ...

Julia und ihre Crew befinden sich im Jahr 2001 in der Abschlussklasse einer Hauptschule. Das Schuljahr wird geprägt durch ein Experiment, bei dem jeder Schüler in die Rolle einer politischen Figur schlüpft.
Wir begleiten die Jugendlichen in der Perspektivlosigkeit, die ihr Leben in einem österreichischen Bergdorf bietet. „Machen wir uns nichts vor: Wir alle haben genau ein Paar Schuhe, und das tragen wir bis zum bitteren Ende.“ Eltern oder Lehrer sind ihnen keine große Hilfe, bleiben abwesend oder haben eigennützige Ziele. Noch nicht einmal das Rollenspiel, das eigentlich originelle Element der Handlung, ändert daran irgendetwas.
In diesem Roman steckt eine ganze Playlist der Musik der Zeit, ein Streifen der Weltpolitik und österreichische Umgangssprache. All das ist gut herausgearbeitet und sprachlich passend umgesetzt worden. Ich habe das Buch gern gelesen, aber mir fehlte der Knall… dass das Experiment etwas mit den Schülern macht.

Veröffentlicht am 02.10.2021

Action mit Antiheldin

Fiona - Beginn ver. 1.0
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Die 23-jährige Fiona, Tochter aus gutem Hause, ermittelt im Todesfall ihres jüngeren Bruders und gerät dadurch ins Visier einer Verbrecherbande.
Die Grundidee, den unerwarteten Tod eines Familienmitglieds ...

Die 23-jährige Fiona, Tochter aus gutem Hause, ermittelt im Todesfall ihres jüngeren Bruders und gerät dadurch ins Visier einer Verbrecherbande.
Die Grundidee, den unerwarteten Tod eines Familienmitglieds nicht auf sich beruhen zu lassen, ist gut. Doch der Roman bietet neben reichlich Action auch jede Menge Unglaubwürdiges. Das geht schon damit los, dass die Protagonistin als Hilfspolizistin anheuert, und weiter damit, dass sie scheinbar selbst den härtesten Kerlen überlegen ist.
Am meisten aber stören ihre vulgäre und selbstgefällige Art, die sie zu einer echten Antiheldin machen, und unsinnige Dialoge, wie: „‚Wo gehst du hin?‘, erkundigte sich mein Vater. ‚Den Mörder finden.‘ ‚Wirst du es schaffen?‘ ‚Vielleicht.‘“ Auch wenn es inzwischen eine Neuauflage gibt, habe ich nach diesem ersten Teil (Ausgabe von 2014) kein Bedürfnis, die Reihe fortzusetzen.

Veröffentlicht am 26.09.2021

Fluch oder Segen

Die verflixte Erfindung
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Rüdiger erfindet einen Roboter, der ihm und seinem Bruder Walter die Hausarbeit abnehmen soll. Das „Dingsda“ übernimmt bald eine noch viel größere Rolle in ihrem Leben als geplant.
„Die verflixte Erfindung“ ...

Rüdiger erfindet einen Roboter, der ihm und seinem Bruder Walter die Hausarbeit abnehmen soll. Das „Dingsda“ übernimmt bald eine noch viel größere Rolle in ihrem Leben als geplant.
„Die verflixte Erfindung“ ist nicht das erste Gemeinschaftswerk von Martin Widmark und Emilia Dziubak, das ich lese. Doch meine Begeisterung war nicht so groß wie bei den vorigen Bilderbüchern.
Natürlich glänzt es durch einen nett anzuschauenden Zeichenstil und eine originelle Idee. Allerdings konnte mich die Geschichte weniger in ihren Bann ziehen, und das Ende würde die junge Zielgruppe womöglich verstört zurücklassen.

Veröffentlicht am 12.09.2021

Eine Mücke in Bernstein

Fast hell
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Alexander Osang erzählt die Geschichte von Uwe, den er für ein Interview auf eine Schiffsreise nach Sankt Petersburg begleitet hat, und streift dabei immer wieder seine eigenen Erinnerungen.
Einiges davon ...

Alexander Osang erzählt die Geschichte von Uwe, den er für ein Interview auf eine Schiffsreise nach Sankt Petersburg begleitet hat, und streift dabei immer wieder seine eigenen Erinnerungen.
Einiges davon kam mir sehr bekannt vor, hatte er doch die Suche nach einer angeblichen Stasivergangenheit bereits im Roman „Die Nachrichten“ verarbeitet. Anderes wirkte diffus im Wirrwarr der Anekdoten.
Gut gefallen hat mir die Auseinandersetzung mit der ostdeutschen Identität, die an vielen Stellen ihre speziellen Spuren hinterlassen hat und ihn einer aussterbenden Art zuordnet. „Eine Mücke in Bernstein, ein Mauerstückchen in einer Vitrine, von dem irgendwann niemand mehr wusste, was es eigentlich war und warum er es solange aufgehoben hatte.“
Osang kann schreiben, klare Sache. Hätte er weniger Abzweigungen vom Haupthandlungsstrang eingebaut, hätte ich das Buch wohl noch etwas mehr genossen.