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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2020

Zwei Fehlstellen.

Immer wieder Gerner
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Ja, ich bin eine. Eine dieser Leute, die "Jo Gerner" kennen, ohne GZSZ zu suchten. Ich habe ein paar Folgen gesehen, wusste aber auch aus mancher Reportage, dass sein "Alter Ego" Wolfgang Bahro irgendwo ...

Ja, ich bin eine. Eine dieser Leute, die "Jo Gerner" kennen, ohne GZSZ zu suchten. Ich habe ein paar Folgen gesehen, wusste aber auch aus mancher Reportage, dass sein "Alter Ego" Wolfgang Bahro irgendwo dahinter existiert. Vom Buch erhoffte ich mir spannende Erlebnisse aus dem Drehalltag und einen Blick auf den Schauspieler Wolfgang B. Letztlich pendelt das Buch stets zwischen beiden Schwerpunkten, verliert sich aber etwas.

**Worum geht es?*

Der Text zeichnet kapitelweise den Weg des Schauspielers und Aspekte der Figur.

*Wie hat es mir gefallen?*

Bahros Werdegang ist spannend und es ist erstaunlich, mit welchen bekannten Schauspielern er schon zusammen gearbeitet hat. Ich fand es erfrischend zu sehen, dass er aim klassichen Theater angefangen hat und später zum Kabarett kam. Ich mochte auch seine Reflexionen, sei es über Rollen, die er nicht angenommen hat oder Personen, bei denen er ins Fettnäpfchen getreten ist. Das macht ihn nahbar und sympatisch. Allerdings gerät besonders die erste Hälfte zu einem Feuerwerk der Namen - wer in Bahros Alter ist, kennt die meisten seiner Weggefährten, ich hatte nur zu wenigen einen Bezug und ich hatte Probleme, mich reinfallen zu lassen. Eine Sonderstellung nimmt Charles Rettinghaus ein, Bahros guter Freund und einer der bekanntesten Synchronsprecher Deutschlands. Rettinghaus' Kontaktfreudigkeit in Verbindung mit seinem Job öffnet Bahro manche Tür - was für mich als Leserin sehr spannend war.

Für mich nicht so interessant waren Bahros Figuren-Sammelleidenschaft und seine Tauch-Passion, aber manchem Leser wird das gefallen, weil es ihn menschlich macht.

Außerdem hätte ich gern mehr Infos zum Drehen und zu Bahros derzeitiger Arbeit gehabt.

Stilistisch ist das Buch ok. Bahro (bzw. das Duo) geben dem Buch einen Erzählstil, er mich an meine Oma erinnert - als würde man jemandem etwas sehr bewusst erklären. Auf mich wirkt das gewollt, es ist aber auch ne persönliche Präferenz.

*Fazit**

"Immer wieder Gerner" hat eine positive Energie und ich hatte Spaß beim Leben. Inhaltlich fehlte mir etwas und der Stil war nicht mein Fall. Im Gros der Celebrity-Biografien aber eher top.

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Veröffentlicht am 21.10.2020

Er kann es einfach.

Markus Kavka über Depeche Mode
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Als MTV groß wurde, war ich noch zu klein, um das hip zu finden. Und trotzdem gab es diesen "Markus Kavka", diese coole Socke mit den zu Spikes gestylten Haaren und dem bayrisch angehauchten "Herrschaften!", ...

Als MTV groß wurde, war ich noch zu klein, um das hip zu finden. Und trotzdem gab es diesen "Markus Kavka", diese coole Socke mit den zu Spikes gestylten Haaren und dem bayrisch angehauchten "Herrschaften!", der erst die Neuigkeiten moderierte und später neben Nora Tschirner zum Aushängeschild des Senders wurde. Als Depeche Mode groß wurden, war ich ebenfalls zu klein, um das cool zu finden. Und trotzdem verirrten sich die traurigen Synthie-Klänge in mein fünf-jähriges Hirn und weckten die Melancholikerin in mir, bevor ich wusste, wie man das Wort buchstabiert. Eine Fähigkeit, die später nur mancher Lebenspartner und der Anblick zerstörter DDR-Bauten in Perfektion beherrschten.

Und wenn man Markus Kavka fragt, ob er ein Buch über seine Lieblingsband schreibt, dann stochert er nicht, wie andere Autoren der Reihe, planlos herum, als würde er das Sternchen in der Buchstabensuppe suchen, sondern er liefert. Er plaudert aus dem Nähkästchen, als hätte er nie etwas anders gemacht und als Leser fragt man sich, warum das Buch so wenige Seiten hat, obwohl man Kavka auch einen Roman abkaufen würde. Ernsthaft: Sehr gern habe ich dem 17-Jährigen Markus über die Schulter geschaut, während er seine ersten Gehversuche gemacht hat, sei es im Musik-Hören oder Musik-Machen.

Als Rahmenhandlung dienen Songs und später Interviews, die er mit der Band, in verschiedenen Kostellationen, geführt hat. Während man Kavka im Großteil des Buches durch seine Jugend folgt, erzählt er im letzten Viertel von den Interviews - seiner Nervosität, aber vor allem seinem Eindruck von den Bandmitgliedern. Er hat zu jedem einen Bezug - während einer eher kumpelhaft ist, ist der andere intellektuell fordernd und man spürt, dass da mehr als als Anhimmeln. Kavka gibt dem Leser das Gefühl, einen von ihnen zu sein und dass auch die Band ganz normal sei.

Nur mit der Chronologie hatte ich Probleme - manchmal wusste ich nicht, in welchem Jahr wir uns befinden - mir kam die Reihenfolge nicht ganz eindeutig vor.

**Fazit**

Ein "ganz Großer" des deutschen Jugendfernsehens erzählt mit Witz und Respekt von den "ganz Großen" des Synthie-Pop. Eine Stunde Spaß zum Mitnehmen, bitte.

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Starke zweite Hälfte.

Antonia Baum über Eminem
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Obwohl mein erster Versuch mit der KiWi Musikbibliothek nicht so erfolgreich war, wagte ich einen neuen. Ich habe Eminem nicht exessiv gehört, aber ich finde ihn charismatisch. Ich hatte erwartet, spannende ...

Obwohl mein erster Versuch mit der KiWi Musikbibliothek nicht so erfolgreich war, wagte ich einen neuen. Ich habe Eminem nicht exessiv gehört, aber ich finde ihn charismatisch. Ich hatte erwartet, spannende Fakten über Eminem zu erfahren, was nicht der Fall war. Stattdessen glänzt das Buch im zweiten Teil mit einer Abhandlung über das Schreiben von Frauen und der Auseinandersetzung mit den frauen-feindlichen Texten Eminems. Als Rahmen dient die Frage, warum die Autorin Eminem als Teeanger gern gehört hat und wie es ihr heute, mit seinen neuen Texten, geht.

Bei mir nimmt der Text übrigens 69 von 81 Seiten ein - finde ich etwas kurz.

Meine Meinung

Die erste Hälfte beschreibt den Werdegang Eminems und warum seine Texte so wichtig für die Autorin waren. Später folgt der für mich interessante Teil: Warum ein weiblicher Teenager Eminem hört und in die (männliche bzw. gemischte Gruppe) integriert wird, obwohl seine Texte sich gegen Frauen wenden und oft den Heiligen-Hure-Dualismus bedienen. Die Antwort ist, u.a.: Gewohnheit. Mittlerweile setzen wir uns mit diesen Texte auseinander, wir nehmen sie nicht mehr hin. Vor einigen Jahren war das noch anders - es war normal, dass Eminem darüber rappte und es war normal, dass das nur Show war, die mit der Realität nichts zu tun hatte. Mittlerweile wissen wir es besser. Ein weitere Grund ist, dass Frauen den Eindruck erwecken, dass sie "über" den Texten stehen, dass sie die versteckte Botschaft dahinter erkennen, vielleicht auch, dass das Frauenfeindliche nur feindlich wirkt? Außerdem setzt sie sich mit dem Thema "Kunstfigur" auseinander. Warum vermuten wir, dass Eminem sich gegen Frauen und Homosexuelle stellt, nur, weil er darüber schreibt? Der Text erklärt, dass Eminem auf diese Frage keine klare Antwort gibt und das deswegen so schlimm ist. Ich fand das sehr interessant und vermute, dass er das selbst nicht weiß. Oder seine Glaubwürdigkeit verliert? Anerkennung scheint ein großes Thema zu sein. Das wird am Ende deutlich, als die Autorin feststellt, dass aus dem wütenden Mittzwanziger mit innovativer Energie ein wütendener Mittvierziger mit Klischeesätzen geworden ist. Dass er sich aus dem Trailerpark heraus gegen die Großen gestellt hat, von diesen bewundert wurde, dass er aber trotz seines Erfolges niemals so hoch gekommen ist.

Fazit

Für mich setzt dieses Buch wunderbar an die "Oral Historie" der deutschen Rap-Geschichte an, die ich vor einigen Monaten gelesen habe. Besonders die Beziehung zwischen Frau-Sein und Rap wird noch einmal vertieft. Trotzdem fand ich das Buch etwas kurz - denn die Gedanken sind interessant, für mich sogar stellenweise zu komplex. Ich hätte mich gefreut, wenn es mehr Zitate, mehr Quellen, mehr Ausführlichkeit gegeben hätte.

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Veröffentlicht am 11.10.2020

Autorin schafft ...

So sehen Siegerinnen aus
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Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde bei Bastei Lübbe lesen und stellte fest: Das Thema ist wichtig und hat zu aufregenden Diskussionen geführt. Für mich war die Darstellung im Buch jedoch nichts, ...

Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde bei Bastei Lübbe lesen und stellte fest: Das Thema ist wichtig und hat zu aufregenden Diskussionen geführt. Für mich war die Darstellung im Buch jedoch nichts, weil das Buch sich gern an Metaphern abarbeitet, an den entscheidenen Stellen aber ein bisschen zuwenig Praxisnähe zeigt. Und weil die Erzählerin zu glatt wirkt.

Worum geht es?

Wie man Kämpfe ausfechtet, welche Möglichkeiten man hat und wie man sie einsetzt - verbale Kämpfe, natürlich. Für mich teilt sich das Buch in zwei Hälften: In den Kapiteln 1 bis 3 zeigt das Buch, wie man sich körperlich und innerlich gut positioniert, wie man Abstand herstellt und ausnutzt, wie Provokationen funktionieren. Ab Kapitel 4 konzentriert sich der Text auf die Metaphern der Jägerin, Kriegerin usw.

Gestaltung

Trotz umfangreicher Inhaltsangabe sind die Kapitel kurz und gut konsumierbar. Leider gibt es nur wenige Grafiken, dafür aber Infokästchen, in denen verschiedene Möglichkeiten der Reaktion aufgezeigt werden. Die Infokästchen wurden gut im E-Book formatiert, die Gestaltung passt sich der Schriftgröße und -art an.

Was hat mir gefallen?

Praktische Tipps: Besonders in der ersten Hälfte gibt es viele praktische Tipps, die sich gliedern von "wenig" bis zu "sehr offensiv" - man hat als LeserIn die Möglichkeit, auch innerhalb der persönlichen Grenzen agieren zu können, es wird kein Ideal aufgebaut, das man erreichen muss.

Männer und Frauen: Es Buch macht selten Unterschiede zwischen den Geschlechtern und ich spürte selten, dass es sich an Frauen wendet.

Neuer Ansatz: Das Buch konzentriert sich auf seine Schwerpunkte und ist nicht zu ausschweifend. Die Metapher der Kriegerin usw. fand ich neu.

Eigen- und Fremdwahrnehmung: Neu war für mich der Punkt der "Provokation" - dass Angriffe manchmal nicht dazu dienen, den "Gegner" zu bekämpfen, sondern spielerisch Respekt zeigen. Ich fand das wichtig zu erkennen. Allerdings wird nicht erklärt, wie man damit umgeht, wenn man keine Lust hat. Und: Nicht jede "Provokation" wird vom Gegenüber auch als solche erkannt.

Was hat mir nicht gefallen?

Tipps für Alltag: Obwohl mir die Ratschläge gefallen haben, waren sie rückblickend nicht praxisnah genug; nicht konkret genug, eher allgemeiner Natur. Viele kleine Kämpfe, die Menschen im Alltag austragen, werden nicht notiert z.B. wenn man von einem Kollegen unsachlich kritisiert wird.

Keine Retorik: Viele Siege im Buch basieren nicht nur auf der körperlichen Präsenz, sondern auch auf Retorik - darauf geht das Buch aber kaum ein. Das macht es einerseits fokussiert auf das Körperliche, andererseits fehlt mir eine Analyse der Bausteine, die einen einen "Sieg" ausmachen.

Männer und Frauen: Anhand von Wilhelm Tell und Katniss Everden wird uns erklärt, dass Männer eher auf das Ziel konzentriert sind, Frauen auf das große Ganze blicken. Das wird aber nicht mit Quellen belegt. Und der Vergleich hinkt, weil Männer in Katniss' Situation eine ähnliche Motivation hätten, aber anders reagiert hätten.

Zu ausschweifend: Die Kriegerinnen usw. sind das Verkaufsargument des Buches, werden aber sehr, sehr ausführlich präsentiert. Mindestens eine halbe Seite lang widmet sich das Buch den Eigenschaften einer Kriegerin, inkl. Beispiel aus einem Film. Es gibt Menschen, die das brauchen, die damit gut arbeiten können. Ich habe an diesen Stellen aber den Schwerpunkt verloren, weil ich die Beispiele gut kenne und wissen wollte, was mir das in der Praxis sagt.

Anglizismen: Ich hatte große Probleme damit, dass englische Fach(?)-Begriffe verwendet werden, die nicht so gut übersetzt werden, angefangen mit dem "Standing", das ich nicht nur als Standpunkt, sondern auch als innerliche Erdung verstehe. Ich verstehe das, weil die Autorin ihre Ausbildung teilweise im englisch-sprachigen Raum absolviert hat und weil sie es im beruflichen Alltag oft anwendet. Und weil es für Methoden z.B. bei Kampfchoreografien keine deutschen Bezeichnungen gibt. Mich hat das aber herausgerissen, weil ich erstmal googlen musste, was die wörtliche Übersetzung ist. Die Erklärungen fand ich oft zu kurz. Ich hatte meist das Gefühl, dass die Sprache des Buches nicht die ist, die bei mir trifft,

Erzählfigur: Die Figur berichtet manchmal von Beispielen aus ihrem persönlichen Alltag - und trotz Selbstzweifeln klappt das ohne Probleme. Es wirkt auf mich zu glatt und irgendwie künstlich. Natürlich würde es nicht zum Buch passen, von Misserfolgen zu erzählen oder wie lange die Lösung eines Konflikts tatsächlich gedauert hat.

Motivation: Auch wenn mit dem Haltung-Einnehmen der wichtigste Punkt am Anfang besprochen wird, fehlte mir zwischendurch die Erinnerung, dass man kämpfen DARF. Dass man genausoviel Platz einnehmen kann wie der "Gegner". All die Techniken nützen nichts, wenn man nicht verkörpert, dass man sich gerade im Recht fühlt.

Kosten und Nutzen: Welche Reaktion ist einer Situation die "beste"? Welche Punkte sollte man bedenken? Wann nimmt man die "sanfte" Variante, wann weicht man aus, wann greift man an? Das Buch spricht das an, erklärt das aber kaum an Beispielen.

Fazit

Ich hatte mir vom Buch eine gute Stimmung und Selbstbewusstsein erhofft. Leider war die Erzählerin zu weit weg von meiner Realität, meinem Büroalltag, sodass ich nur wenig mitnehmen konnte. Es war nicht so fokussiert, wie ich mir das gewünscht habe. Ich glaube, aus einer Autobiografie hätte ich mehr mitnehmen können, denn Klewitz ist ein interessanter Mensch mit einer außergewöhnlichen Biografie. Heruntergebrochen auf ein Konzept, und das in schriftlicher Form, hat das für mich aber nicht funktioniert

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Den Kuss nicht wert.

Kissing Chloe Brown (Brown Sisters 1)
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Über chronische Krankheiten wird in der Literatur selten geschrieben, zumindest bei großen Verlagen, über Rassismus schon mehr. Da die Geschichte viel versprach, forderte ich es an. Letztlich ist es eine ...

Über chronische Krankheiten wird in der Literatur selten geschrieben, zumindest bei großen Verlagen, über Rassismus schon mehr. Da die Geschichte viel versprach, forderte ich es an. Letztlich ist es eine "normale" Liebesgeschichte, bei dem die Krankheit eine Rolle spielt, das Körperliche aber nochmehr. "Sie schreibt Sexy Diverse Romances, weil sie findet, dass auch Minderheiten und Randgruppen ehrlich und positiv dargestellt werden sollten.", notiert die Autorinnen-Beschreibung - "sexy" nimmt viel Raum im Buch ein.

Worum geht es?

Chloe Brown leidet unter Fibromyalgie, einer Störung des Schmerzverarbeitung, die sich u.a. in Schmerzen und Erschöpfung äußert. Nachdem sie fast von einem Auto überfahren wurde, beschließt sie ihr Leben zu ändern: Sie zieht von zuhause aus und erstellt eine Liste mit Dingen, die sie endlich erledigen will. Gut, dass Hausmeister Redford ebenfalls Probleme hat, die man gemeinsam lösen kann.

Charaktere

Chloe ist eine junge Frau, die als Webdesignerin arbeitet, aber infolge ihrer Krankheit kaum Freunde hat. Ihr wichtigster Halt sind ihre Schwester und ihre Großmutter. Chloe wird von Red als arrogant wahrgenommen, was ich nicht so empfand. Ganz im Gegenteil: Sie ist witzig, selbstironisch, manchmal etwas melodramatisch, aber auch jemand, der andere schwer an sich heranlässt. Sie hat eine deutliche Stimme als Figur. Ihre Hautfarbe spielt keine Rolle, ihre Kurven werden erwähnt, aber ohne das Cover hätte ich übersehen, dass sie vermutlich "schwarz" ist. Ich fand das gut!

Red ist Maler, traut sich aber infolge einer negativen Beziehung nicht weiter zu malen. Stattdessen jobbt er als Hausmeister in Chloes Haus. Red kam mir sehr blass vor, es gibt nur eine große Szene, in denen man ihn ein Bild malen sieht, ansonsten zeichnet er sich dadurch aus, dass er mürrisch durch die Geschichte läuft. Und dass er Chloes Körper mag. Sehr.

Die Dramaturgie

Unsere Helden müssen die typischen Hürden einer Liebesgeschichte überwinden: Sympathie zueinander aufbauen, die Probleme beider lösen - Chloes Angst vor dem Leben, Reds Angst vor einer erneuten schlechten Beziehung - und ins Happy End fahren.

Ich hatte erwartet, dass die Krankheit dem Buch Spannung gibt, aber das war nicht so. Ganz im Gegenteil: Man hätte das weglassen können. Einerseits ist das gut, weil es zeigt, dass auch Menschen mit Behinderungen "normal" leben können, "normal" fühlen und "normale" Liebesbeziehungen haben. Andererseits hatte ich gehofft, dass die Autoren abseits der Klischees schreibt.

Themen

Die Krankheit: Das Buch baut die Krankheit am Anfang stark, später weniger, aber noch spürbar ein. Vor allem geht es um die Symptome und die soziale Isolation, die aus einer solchen Krankheit entsteht. Ähnlich wie bei psychosomatischen Beschwerden wird Erkrankten vorgeworfen, sie würden nur simulieren. Ich finde es wichtig, dass wir solchen Krankheiten die Vorurteile nehmen. Allerdings scheint Chloes Krankheit wie weggeblasen, als sie mit Red schläft. Sie taucht am Ende wieder auf, aber in den Liebespassagen sehr wenig. Ich finde das realistisch, weil Liebe ablenkt und Glückshormone Symptome lindern können. Allerdings kann auch Liebe nicht alles retten. Nicht erwähnt wird, wie es (auf Dauer) ist, mit jemandem zusammen zu leben, der chronisch krank ist. Red kümmert sich gern um sie, vielleicht, weil er sie liebt und eine Aufgabe hat. Allerdings kann die Krankheit des Partners auch belastend sein, wenn man Veranstaltungen nicht gemeinsam besuchen kann, weil er/sie/es einen Schub hat. Oder Facharzttermine den Plan durcheinander werfen. Vor allem ist es die Angst, die man mit-trägt - die Angst, dass es schlimmer wird oder nie weggeht. Die Machtlosigkeit nichts tun zu können, außer der Fels in der Brandung zu sein. Dass der Roman darauf überhaupt nicht eingeht, das ärgert mich.

Ein großes Problem hatte ich mit Chloes Wunschliste, denn diese ist dank Red nur noch körperlich präsent: Chloe muss ihre Ängste nicht bewältigen, denn Red erledigt das. Prägnant war für mich, dass sie campen fahren wollte - aber da Red mitfährt und sie mit Sex ablenkt, gehen ihr all die Erlebnisse, die Erfolge verloren. Sie muss nicht ängstlich in einem Zelt liegen oder den Betreiber um Hilfe bitten, sie muss sich nicht der Tatsache stellen, dass sie weg von ihrem Zuhause ist und am fremden Ort mit ihrer Krankheit klarkommen muss. Sie kämpft nicht, sie hat ja Red. Und was sagt das über den Partner aus, wenn er einem nicht zutraut, dass man alleine loszieht, auch wenn man Angst hat?

Toxische Beziehungen: Red hatte vor Chloe eine Beziehung zu einem reichen It-Girl, das ihn als Schmuckstück betrachtet hat und förderte, bis er sich trennte. Aus Rache sabotierte sie seine Karriere und redete ihm ein, alles sei seine Schuld, er sie nicht gut genug. Sie hat ihn geschickt manipuliert, was ich nachvollziehen konnte. Ich habe mich aber immer wieder gefragt, warum Red das mitgemacht hat. Ich denke, dass liegt weniger daran, dass er ein Mann ist als daran, dass er als Figur nicht stimmig ist. Red sagt immer wieder, dass er gelitten hat und die Vorurteile und Verlustängste führen zum Konflikt mit Chloe. Aber es kommt nicht bei mir an, weil Red wenig Initiative zeigt.


Die Erotik

Der Roman kommt schnell auf den Punkt, schon nach ca. 20 Seiten gibt es erste erotische Andeutungen, auf S. 76 von 344 ergießt sich Red in seinen Arbeitsoverall - nach 25 % des Textes. Die restlichen Szenen sind explizit, aber nicht besonders, auch wenn die Orte wechseln. Die Figuren reduzieren sich auf ihre Äußerlichkeiten, immerhin erwähnt Red ihre Schlüsselbeine und er mag ihren Duft. An Klischeeworten wird ebenfalls nicht gespart. Letztlich sind die Szenen austauschbar.

Schreibstil

Die Figuren haben ihren eigenen Stil, Chloe aber mehr als Red. Beide Stile sind jedoch eher erzählend als fühlend und holpern für mich.

Fazit

Aus "Kissing Chloe Brown" hätte etwas Tolles werden können, aber letztlich haben wir einen klischeehaften Liebesroman mit dem Thema der Krankheit. Zuviele Dinge wurden zurechtgebogen, die Figuren sind nicht nahbar, vor allem Red. Für mich nicht rund.

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