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Fever

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.01.2023

Ein kniffliges Verbrechen und persönliche Verstrickungen

Die letzte Party
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„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist ein echtes Krimivergnügen: falsche Fährten, viele Verdächtige mit starken Motiven, zwielichtige Charaktere und dubiose Machenschaften … Wer gerne mitermittelt, ...

„Die letzte Party“ von Clare Mackintosh ist ein echtes Krimivergnügen: falsche Fährten, viele Verdächtige mit starken Motiven, zwielichtige Charaktere und dubiose Machenschaften … Wer gerne mitermittelt, sich auch mal aufs Glatteis führen lässt und Spaß an überraschenden Wendungen hat, wird diesen Roman lieben. Der einzige Wermutstropfen: die leider oft holprige deutsche Übersetzung.

In einem ruhigen kleinen Dorf an der walisisch-englischen Grenze wird ein Lokal-Promi auf einer Silvesterparty ermordet. Rhys Lloyd, so stellt sich bald heraus, wurde von niemandem so recht gemocht. Beinahe jeder im Dorf hätte einen Grund gehabt, ihn zu ermorden, ebenso wie seine direkten Nachbarn in der Ferienhaussiedlung The Shore auf der englischen Seite, die wiederum den walisischen Dorfbewohnern ein Dorn im Auge ist. Rhys ist im Dorf aufgewachsen und hatte ausreichend Zeit, sich überall Feinde zu machen. Die örtliche Polizistin Ffion muss mit ihrem englischen Amtskollegen Leo, mit dem sie unpassenderweise kurz zuvor einen One Night Stand verbracht hat, das Verbrechen aufklären und dabei auch ihre engsten Freunde und Verwandten genau unter die Lupe nehmen. Und am Ende ist doch nicht alles so, wie es scheint …

„Die letzte Party“ wartet an jeder Ecke mit einer neuen Wendung auf, aber nicht auf effekthascherische Weise, sondern indem das Buch geschickt erst nach und nach Informationen enthüllt, neue Perspektiven auftreten lässt oder kleine Teile der Vergangenheit preisgibt. Das Hin und Her der Zeitebenen wird dabei geschickt eingesetzt, um häppchenweise die zur Lösung des Rätsels notwendigen Informationen zu vermitteln, ohne dass diese Erzählweise ernsthafte Verwirrung stiften würde. So wird den Lesenden ausreichend Gelegenheit gegeben, eigene Theorien zu entwickeln, wieder zu verwerfen oder anzupassen. Quasi ein Krimi, wie er im Buche steht! Umso ärgerlicher ist da, dass die deutsche Übersetzung qualitativ nicht zu überzeugen weiß. Dafür gibt es in der Bewertung einen Stern Abzug, denn so manches Mal ist die Wortwahl regelrecht irreführend oder bringt den Lesefluss ins Stocken (erwähnt sei hier nur die Übersetzung des englischen „pathetic“ als „pathetisch“ …).

Ein absolut lohnenswerter Krimi mit leider schwacher deutscher Übersetzung, den man daher wohl besser im Original genießen sollte.

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Veröffentlicht am 18.12.2022

Eisige Spannung in ungewohntem Setting

Der Mondmann - Blutiges Eis
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Ein Thriller, der in Grönland spielt – das liest man nicht alle Tage! Die harsche Umgebung des ewigen Eises spielt eine tragende Rolle in Fynn Haskins Thriller „Der Mondmann – Blutiges Eis“ und bietet ...

Ein Thriller, der in Grönland spielt – das liest man nicht alle Tage! Die harsche Umgebung des ewigen Eises spielt eine tragende Rolle in Fynn Haskins Thriller „Der Mondmann – Blutiges Eis“ und bietet dadurch neben Spannung auch interessante und ungewohnte Einblicke in eine ganz andere Lebenswelt. Kleinere Schwächen kann man diesem spannenden Setting durchaus verzeihen.

Jens Lerby ist ein meist schlecht gelaunter alternder Polizist, der mit seinem Leben weder auf beruflicher noch auf professioneller Ebene so recht zufrieden ist. Dabei weiß er als Ermittler genau, was er tut. Als er vom heimischen Dänemark nach Grönland beordert wird, um einen blutigen Dreifachmord aufzuklären, ist er alles andere als begeistert. Vor Ort stellt er schnell fest, dass unter den Inuit einiges an Aberglauben kursiert und er mit seinen konventionellen Methoden und dem Kopf durch die Wand nicht weiterkommt. Er muss sich anpassen an eine Lebenswelt, in der Tradition auf Moderne prallt: Autoritäten wie der örtliche Schamane werden geschätzt, zugleich sind die Nachwirkungen des Kolonialismus in Form sozialer Probleme und Alkoholismus noch deutlich zu spüren. Lerby beginnt so etwas wie Verantwortung für sein eigenes Land zu übernehmen, als ihn die junge Pally, die ihm bei den Ermittlungen hilft, mit diesen Themen konfrontiert.

Die Aufklärung des Verbrechens erweist sich derweil als geradezu aussichtslos: Die Leichen türmen sich nur so, und die ungnädige Eiswüste rings um die Siedlung verwischt viele Spuren und macht Ausflüge zu Tatorten und das Folgen vielversprechender Hinweise zu einer Todesfalle. Lerby und Pally werden immer wieder mit der Möglichkeit konfrontiert, dass etwas Übernatürliches, ein Dämon der lokalen Legenden, seine Finger im Spiel haben könnte. Dadurch wird eine bedrohliche und teils klaustrophobische Atmosphäre erzeugt, die eine echte Stärke des Romans ist. Zugleich ist das Ermittlungsgeschehen kein echter Spannungsträger, denn es tritt hinter den ausführlichen Schilderungen der Umgebung, Gesprächen mit Einheimischen und manch gefahrvoller Situation im Schnee zurück: Es gibt kaum Verdächtige und wenig Hinweise, sodass die Auflösung zum Schluss eher mit den Schultern zucken lässt – Mitermitteln während dem Lesen ist kaum möglich.

Für Ermittlungswütige nicht ganz das richtige Buch, dafür aber ein unheimlich atmosphärischer Roman, der ordentlich Spannung mitbringt und Einblicke in eine ganz andere Welt bietet. Lesenswert, nicht nur für Winterbegeisterte.

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Veröffentlicht am 20.11.2022

Eine atmosphärische Zeitreise

Die Pestinsel
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Marie Hermanson lädt mit ihrem neuesten Kriminalroman auf eine spannende Zeitreise ins Schweden der 1920er-Jahre ein. Dabei gelingt ihr ein ausgesprochen atmosphärischer Roman mit viel Rätselhaftem und ...

Marie Hermanson lädt mit ihrem neuesten Kriminalroman auf eine spannende Zeitreise ins Schweden der 1920er-Jahre ein. Dabei gelingt ihr ein ausgesprochen atmosphärischer Roman mit viel Rätselhaftem und Spannenden, jedoch auch einigen kleinen Schwächen.

Ein bizarrer Mord mit starken Ähnlichkeiten zu den überaus erfolgreichen Kriminalromanen eines anonymen Autors setzt Kommissar Nils Gunnarsson auf die Spur von Arnold Hoffman, einem verurteilten Mörder, der seit Jahren auf der Quarantäneinsel Bronsholmen als einziger Gefangener festgehalten wird. Da Nils mit seinen Ermittlungen nicht weiterkommt, schleust sich seine Exfreundin Ellen, eine abenteuerlustige Journalistin, als Küchenhilfe auf der Insel ein und macht bald einige schockierende Entdeckungen …

Die eindrucksvollsten Passagen des Romans spielen sich auf Bronsholmen ab: Die sogenannte (fiktionale) „Pestinsel“ diente während Epidemien als Quarantänestation für Schiffe, bevor sie in den Hafen von Göteborg einlaufen durften. Das Krankenhaus und die Wohngebäude sind mittlerweile dem Verfall anheim gefallen und den Elementen ausgesetzt, und nur noch wenige, isoliert lebende Menschen arbeiten dort, um über Hoffman zu wachen. Ellens Exkursionen auf der Insel und ihren Kontakten zu den Bewohnern wohnt immer etwas Mysteriöses, Bedrohliches inne, sodass man die Passagen geradezu mit angehaltenem Atem liest. Demgegenüber sind Nils’ Ermittlungen auf dem Festland fast uninteressant und leider häufig auch von sehr informativen Passagen geprägt, die wohl die Rechercheergebnisse der Autorin zur Schau stellen sollen, etwa zur Verkehrsregelung der 1920er-Jahre. Das wahre Drama spielt sich jedoch auf Bronsholmen ab und beinhaltet letztlich auch die Lösung des Rätsels, sodass die Ausgangssituation in Gestalt von Nils’ Mordermittlungen vom Beginn des Romans zusehends ins Hintertreffen gerät. Ellen ist eindeutig der heimliche Star dieses Buchs.

Insgesamt ein atmosphärischer und spannender Kriminalroman, bei dem jedoch ein Handlungsstrang dem anderen deutlich überlegen ist.

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Veröffentlicht am 20.11.2022

Familiendrama und Krimi in einem

Das Verschwinden der Linnea Arvidsson
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Wer psychologisch tiefgründige und interessante Kriminalromane mit starkem Fokus auf dem Innenleben der Figuren mag, wird „Das Verschwinden der Linnea Arvidsson“ von Frida Skybäck sicher gerne lesen, denn ...

Wer psychologisch tiefgründige und interessante Kriminalromane mit starkem Fokus auf dem Innenleben der Figuren mag, wird „Das Verschwinden der Linnea Arvidsson“ von Frida Skybäck sicher gerne lesen, denn das Buch verbringt mehr Zeit in den Köpfen seiner Charaktere als mit ihren Handlungen.

Lydia sorgt sich um ihren Bruder Dani, der im Zusammenhang mit dem Verschwinden einer jungen Frau, Linnea, polizeilich gesucht wird. Beim Versuch, ihren Bruder und die Wahrheit zu finden und ihn vor der Polizei zu schützen, enthüllt sie eine tragische Kindheit, während der Dani schon früh auf die schiefe Bahn geriet. Seine eigene Perspektive ergänzt die seiner Schwester – er erinnert sich an die Zeit in der Pflegefamilie, das Abdriften in Gangs und Drogenhandel und seine verzweifelten Versuche, wieder ein normales Leben aufzubauen. Über all dem schwebt stets die Frage, was wirklich zwischen ihm und Linnea passiert ist, die erst im dritten Teil aus Linneas Perspektive aufgelöst wird.

Das Besondere an diesem Roman ist die schrittweise Struktur, die zunächst den Blick einer nahe-, aber außenstehenden Person (Lydia) auf die Handlung beschreibt, dann die Perspektive des mutmaßlichen Täters (Dani) und zuletzt die des mutmaßlichen Opfers (Linnea). So dringt man nach und nach durch die Schichten von Trauma und Erinnerungen vor zum Kern der Geschichte und lernt die Figuren und ihre tragischen Lebenswege dabei hautnah und sehr intim kennen. Sehr spannend, wenn man es psychologisch und tiefgehend mag, wer eher auf Action aus ist, ist hier nicht ganz richtig. Der einzige Wermutstropfen ist das Ende, das im Kontrast zum langsamen und intensiven Aufbau des Buchs sehr hastig abgewickelt wird und nicht ganz befriedigend ist.

Trotzdem insgesamt ein sehr intensiver und psychologisch interessanter Spannungsroman, der einen hautnah an die Figuren und ihr Innenleben heranlässt.

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Veröffentlicht am 20.11.2022

Kurz und knapp, mit interessanten Einblicken

Verbrechen sind mein Job
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Für Krimi-Fans ist Karlotta Stahls Erfahrungsbericht „Verbrechen sind mein Job. Eine junge Staatsanwältin ermittelt“ ein gefundenes Fressen, denn hier wird authentisch und hautnah, dabei aber gut verständlich ...

Für Krimi-Fans ist Karlotta Stahls Erfahrungsbericht „Verbrechen sind mein Job. Eine junge Staatsanwältin ermittelt“ ein gefundenes Fressen, denn hier wird authentisch und hautnah, dabei aber gut verständlich geschildert, wie Ermittlungen bei einer Straftat wirklich ablaufen – ein Geheimnis, das viele Krimis ja unter einer ordentlichen Portion Halbwissen verstecken. Das einzige Manko dieser hochinteressanten Darstellung ist die Kürze des Buchs.

Auf sehr persönliche und nahbare Weise schildert Staatsanwältin Karlotta Stahl ihren Weg in den Beruf, ihren Berufsalltag und die vielen Schwierigkeiten und Hürden, die es im Alltag zu überwinden gilt. Dabei gibt sie zugleich Einblicke in die polizeiliche Ermittlungsarbeit und den Ablauf im Justizapparat. Untermalt wird dies von ausführlich geschilderten Beispielfällen (natürlich verfremdet, aber authentisch nacherzählt) und Erläuterungen zur Rechtslage. Dabei wird der Tonfall nie dröge und die Erläuterungen nie allzu komplex, sodass man ihr gut folgen kann und am Ende wirklich das Gefühl hat, etwas gelernt zu haben.

„Verbrechen sind mein Job“ richtet sich sicher hauptsächlich an Krimi-Fans, die ihr literarisches Halbwissen überprüfen wollen. Und das schafft das Sachbuch wirklich ganz hervorragend! Auch die gewählten Fälle sind ganz gewiss aufgrund ihres Unterhaltungsfaktors ausgewählt, denn manch einer mutet geradezu absurd komisch an. Aufgrund seiner extremen Kürze (nur gut 200 Seiten bei großzügigem Druck) geht das Buch aber leider nirgends so richtig in die Tiefe. Wer also intensive Einblicke in das Berufsbild einer Staatsanwältin sucht, kommt hier nicht auf seine Kosten. Für einen unterhaltsamen kurzen Blick und die Möglichkeit, beim gemeinsamen Tatort-Gucken mit Insider-Wissen zu glänzen, eignet sich das Büchlein jedoch hervorragend.

Insgesamt ein Sachbuch, das sicher vor allem Krimi-Fans begeistern und unterhalten wird. Aufgrund seines lockeren und leichten Sprachstils mit vielen unterhaltsamen Fallbeispielen sowie der Kürze gut zum Schmökern zwischendurch geeignet.

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