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Veröffentlicht am 03.11.2021

Ein Thriller, der die Lesenden auf den Klimawandel und seine Konsequenzen hinweist

Der Zorn des Oktopus
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Das Buch „Der Zorn des Oktopus“ von Dirk Rossmann und Ralf Hoppe ist ein Thriller, der in einer dystopischen nahen Zukunft spielt. Der Titel ist angelehnt an das vorige Buch „Der neunte Arm des Oktopus“ ...

Das Buch „Der Zorn des Oktopus“ von Dirk Rossmann und Ralf Hoppe ist ein Thriller, der in einer dystopischen nahen Zukunft spielt. Der Titel ist angelehnt an das vorige Buch „Der neunte Arm des Oktopus“ von Dirk Rossmann. Die Handlung spielt auch vor dem gleichen Hintergrund mit der Annahme, dass unsere Umwelt sich durch bestimmte Faktoren immer lebensunwerter gestaltet und es zur Klimakatastrophe kommt. Jedoch sind die fiktiven Protagonisten neu und es wird für das Lesen keine Vorkenntnis der Handlung des ersten Thrillers benötigt. Ein Oktopus spielt im vorliegenden Buch nur eine nebensächliche Rolle. Sind es im realen Leben die beeindruckenden Millionen Nervenzellen, die eine Krake zu einem feinfühligen Lebewesen machen, steht im Fokus der Erzählung ein Quantencomputer, der eine extrem hohe Dichte, teils sehr sensibler Zahlen auswertet und dem Menschen unglaubliche Ergebnis für die Zukunft vorhersagen kann.

In einführenden Kapiteln beschreiben die Autoren unsere Welt wie wir sie in den Jahren 2026 bis 2028 erleben könnten. Die Vereinigten Staaten von Amerika, China und Russland haben eine Klima-Allianz gebildet, zu der sich weitere Länder hinzugesellen, nur Indien sträubt sich noch. Es wurde eine Einheit gegründet, die sicherstellen soll, dass genügend Nahrung vorhanden ist. Eine erste Technologie, die dabei helfen soll wurde vorgestellt, endete aber in einem Fiasko. Die Haupthandlung spielt ab Juli 2029. In einem neu gegründeten Meta-Ministerium in Island arbeiten Wissenschaftler an einem Supercomputer, der bereits vielversprechende Daten liefert. Er enthält eine Ressource, die auf dem Mars gewonnen wurde und momentan einmalig auf der Welt ist. Desto größer ist das Begehren, sie und den Quantencomputer zu besitzen und die dazu führt, dass manche für den Besitz über Leichen gehen. Nur zwei Personen, in ihrer beruflichen Stellung eher unbedeutend sind und früher einmal ein Paar waren können den Gau für die Welt eventuell verhindern.

Dirk Rossmann und Ralf Hoppe bauen die Handlung ihres Thrillers mit Handlungsorten rund um die Welt auf den heutigen Gegebenheiten auf. Ihre Vorstellung unserer Welt von morgen ist beeindruckend und durchaus vorstellbar, vor allem in den Details rund um das Klima. Immer wieder weisen sie auf verschiedene bereits heute sich ankündigende Bedrohungen aufgrund der von uns verursachten Störungen der Umwelt hin. Interessant fand ich die Vorstellung eines Computers, der problemlos das exakte Wetter vorhersagen kann. Es ist klar, dass er ein Ding des Habenwollens darstellt, aber welche Macht er besitzen könnte, wenn er in falsche Hände gerät, erfährt der Lesende im Laufe der Geschichte.

Die Autoren beschreiben Hintergründe zum Klimawandel genauso verständlich für die Lesenden wie die Arbeitsweise des Quantencomputers und das Leben eines indigenen Volks. Um etwas zu verdeutlichen greifen sie gelegentlich zu Metaphern. Sie zeigen Fakten auf, die mich manchmal zum Nachdenken brachten. Die eigene Neugierde und der Spaß am Neuen lassen sich aus dem Schreibstil herauslesen, der geprägt ist von kurzen Sätzen, die auf den Punkt geschrieben sind.

Die Figuren sind abwechslungsreich gestaltet, jede von ihnen wird anschaulich beschrieben, so dass ich sie mir gut vorstellen konnte. In der Regel erweisen sie sich als wandelbar, was für eine gewisse Unberechenbarkeit und Spannung in der Handlung sorgt. Die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten entwickelt einige Höhen und Tiefen und sorgte bei mir für Sympathiepunkte, so dass ich darauf hoffte, dass die zwei Figuren einen glücklichen Stand am Ende des Buchs haben werden.

Man spürt das innere Brennen der Autoren Dirk Rossmann und Ralf Hoppe im Thriller „Der Zorn des Oktopus“ dafür, dem Lesenden den Klimawandel mit seinen für unsere Welt bevorstehenden fürchterlichen Konsequenzen nahezubringen und aufzuzeigen, dass es fünf vor zwölf in der Krise ist. In einem Schreibstil, der auch die technischen Elemente der Handlung leicht nachvollziehbar macht, haben sie Spannung bis zum Ende verpackt. Sehr gerne empfehle ich den Thriller daher uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 03.11.2021

Eine Geschichte vom Kommen und Gehen im Leben

Der Zug der Nonnengänse
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Weißwangengänse, auch Nonnengänse genannt, kehren im Herbst von der russischen Eismeerküste aus in ihr Winterquartier nach Langeoog zurück. Die 60-jährige Amelie, die schon lange auf der Insel lebt und ...

Weißwangengänse, auch Nonnengänse genannt, kehren im Herbst von der russischen Eismeerküste aus in ihr Winterquartier nach Langeoog zurück. Die 60-jährige Amelie, die schon lange auf der Insel lebt und früher Nationalpark-Gästeführerin war, erwartet ungeduldig ihre Ankunft. Sie vermutet, dass sie aufgrund ihrer schweren Erkrankung nicht mehr den Rückflug der Gänse zu Beginn des nächsten Jahres sehen wird. Amelie ist eine der beiden Protagonistinnen des Romans „Der Zug der Nonnengänse“ von Franka Michels, einem offenen Pseudonym der Autorin Regine Kölpin.

Die Journalistin Bente aus Hannover, 40 Jahre alt, ist die zweite Hauptfigur der Geschichte. Spontan lässt sie ihren Ehemann Daniel und ihre 14-jährige Tochter Zuhause zurück, um sich eine Auszeit auf Langeoog zu nehmen. Zwischen ihr und Daniel stehen Themen zur Diskussion, zu denen sie eine gegenteilige Meinung haben. Bente fühlt sich unverstanden und in eine Nebenrolle gedrängt, während Daniels Beruf im Vordergrund zu stehen scheint und er auf einen Kollegen seiner Ehefrau eifersüchtig ist. Auf Langeoog begegnen sich Amelie und Bente, woraus sich sehr bald eine tiefe Freundschaft entwickelt. Verbunden sind sie durch gemeinsame Erfahrungen. Doch der Älteren von ihnen bleibt wenig Zeit dazu, ihre Erkenntnisse aus dem Erlebten der Jüngeren mitzuteilen.

Bereits das Cover vermittelte mir die Ruhe der Natur, die die beiden Protagonistinnen auf der Insel finden. Die Autorin lebt selbst an der Nordseeküste und sehr schön hat sie ihre eigenen Eindrücke in den Roman einfließen lassen und für mich als Lesende vorstellbar gemacht. Da ich vor einigen Jahren auch auf Langeoog zu Gast war, kehrten meine Erinnerungen schnell wieder. Dank guter Recherche bindet Franka Michels in der Geschichte ebenfalls Wissenswertes rund um die Lebensweise von Gänsen auf der Insel und ganz speziell zu Nonnengänsen ein.

Zunächst ist noch nicht ersichtlich, was die beiden Hauptfiguren schließlich verbindet, denn zu verschieden sind ihre Sorgen. Ganz behutsam nähert sich die Autorin dem Thema des bevorstehenden Sterbens Amelies, die bewusst Abschied nimmt von all den vertrauten Dingen ihres Alltags. Gleichzeitig sorgt sie mit den Zwistigkeiten in der Ehe von Bente, die bisher bestimmt war von einem starren, eher konservativen Rollenkonzept, für einen starken Kontrast, denn die Hannoveranerin kämpft mit ihrer Wut und ihrer anhaltenden Liebe zu ihrem Ehemann. Sie bemerkt, dass die Beziehung zu ihm sich zum Nachteil verändert hat. Diese beiden Erzählstränge sind bereits bewegend, doch der Roman erlebt noch einmal ein emotionales Highlight als Amelie und Bente sich befreunden und sich gemeinsam dem stellen, was sie verbindet und bedrückt. Die Figuren und ihre Handlungen sind authentisch und manche hat ihre eigenen Ecken und Kanten.

Der berührende Roman „Der Zug der Nonnengänse“ von Franka Michels ist eine Geschichte vom Kommen und Gehen im Leben. Im Fokus stehen zwei Frauen unterschiedlichen Alters mit ganz verschiedenen Problemen, die sich bald freundschaftlich verbunden fühlen und sich gegenseitig stützen. Die Autorin zeigt, wie wunderbar und tröstlich es sein kann, sich mit der Natur zu verbinden. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung zum Buch.

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Die 1920er und 1930er Jahre in Berlin zwischen Glamour und Gosse

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm
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Der Roman „Berlin Friedrichstraße – Novembersturm“ von Ulrike Schweikert ist der erste Teil eine Dilogie. Bezeichnenderweise spielt die Geschichte zu einem gewissen Teil in der Friedrichstraße in Berlin, ...

Der Roman „Berlin Friedrichstraße – Novembersturm“ von Ulrike Schweikert ist der erste Teil eine Dilogie. Bezeichnenderweise spielt die Geschichte zu einem gewissen Teil in der Friedrichstraße in Berlin, denn hier besitzt ab einem gewissen Zeitpunkt einer der Protagonisten ein kleines Geschäft an einer Ecke des Bahnhofs. Die Bahnstation, die am Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, erfuhr später einige Aus- und Umbauten. Im Laufe der Jahre entwickelte sie sich zu einem Dreh- und Angelpunkt für die West- und Ostberliner. Aber der erste Band spielt zunächst in der Zeit von 1882 bis 1933.

Die Autorin schildert im Buch die ungewöhnliche Liebe der Kinder der Familien Rosenstein, Wagenbach und Richter, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Beletage und dem zweiten Stock in einem Vorderhaus in Charlottenburg leben. Aber auch Ella Weber, die im Hinterhaus aufwächst, spielt in der Liebesbeziehung eine wichtige Rolle.

Nach einem einführenden Prolog springt die Geschichte zeitlich in das Jahr 1920. Der 31 Jahre alte Robert Wagenbach erhält in diesem Jahr als Architekt einen bedeutenden Auftrag und hält um die Hand der ein Jahr jüngeren Luise Richter an. Über der Freundschaft der beiden liegt die Trauer um den im Ersten Weltkrieg vermissten Freund Johannes Rosenstein, mit dem Luise heimlich verlobt war. Johannes ältere Schwester Ilse ist eine gute Freundin von Luise und ist genauso positiv erschrocken wie das Ehepaar als Johannes eines Tages wieder in ihr Leben tritt.

In ihrem Roman beschreibt die Autorin bewusst sowohl die glänzende Seite Berlins wie auch die Schattenwelt. Sie bringt einen Teil ihrer Figuren mit der Welt des Kinos, des Theaters, der Kleinkunst und der Literatur in Berührung. Neue Musikstile erobern die Bühnen, nach den langen Kriegsjahren freuen sich die Berliner über kurzweilige Unterhaltung, obwohl ihnen sicher aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung nicht immer zum Lachen ist. Viele kämpfen noch lange Zeit mit den psychischen und physischen Folgen des Kriegseinsatzes. Die Inflation bedrohte Reiche wie Arme. Ulrike Schweikert zeigt, wie Ringvereine kriminell organisiert vorgingen und ihren Einfluss gelten ließen.

Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund der dramatischen politischen Entwicklungen in Deutschland und deren Auswirkungen auf Berlin. Dadurch gelingt der Autorin die Gestaltung einer viele Aspekte umfassenden Erzählung, die sich leicht und gewandt lesen lässt. Allerdings treten neben den Fakten die fiktiven Anteile der Geschichte etwas zurück. Leider konnten mich persönlich die Gefühle der handelnden Personen nicht wirklich erreichen. Es gab kaum Entwicklung in den Ansichten und Meinungen der einzelnen Protagonisten über die Reihe von Jahren hinweg. Von einem Unglücksfall zum Ende des Romans hin war ich überrascht, er sorgte dafür, dass die Figuren neu gesetzt wurden.

Insgesamt gesehen, hat Ulrike Schweikert mit ihrem Roman „Berlin Friedrichstraße – Novembersturm“ ihr Ziel erreicht, die 1920er Jahre bis hinein in die 1930er Jahre in Berlin aus mehreren Blickwinkeln abzubilden. Wer sich gerne in diese Welt zwischen Glamour und Gosse mitnehmen lassen möchte, sollte zu dem Roman greifen.

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Veröffentlicht am 24.10.2021

Ein Muss für jeden Jane Austen Fan

Von ganzem Herzen ...
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Das Buch „Von ganzem Herzen …“ enthält eine Briefauswahl die Jane Austen an ihr vertraute Personen, vor allem aber an ihre Schwester Cassandra geschrieben und verschickt hat. Zusammengestellt wurde die ...

Das Buch „Von ganzem Herzen …“ enthält eine Briefauswahl die Jane Austen an ihr vertraute Personen, vor allem aber an ihre Schwester Cassandra geschrieben und verschickt hat. Zusammengestellt wurde die Sammlung von Penelope Hughes-Hallett, einer Tutorin und Dozentin der Open University. Sie verbrachte ihre Kindheit wie Jane Austen in Steventon im englischen Hampshire. Gisella M. Vorderobermeier hat das Buch ins Deutsche übertragen.

Nach einer Stellungnahme von Penelope Hughes-Hallet zu der Veröffentlichung von Briefen von Jane Austen im Allgemeinen, leitet sie in die nun folgende Zusammenstellung der Schreiben über, die in sechs Kapitel unterteilt ist. Jane Austen verstarb mit 41 Jahren. Die ersten 25 Jahre ihres Lebens verbrachte sie in Steventon, wo Erstfassungen von zwei ihrer bedeutenden Werke entstanden. Anschließend lebte sie in Bath und Southampton ohne offensichtliche schriftstellerische Tätigkeit. Nachdem sie 1809 in Chawton ihr Zuhause gefunden hatte, entstanden die Endfassungen von „Verstand und Gefühl“ und „Stolz und Vorurteil“ und später weitere Romane. Ein letztes Kapitel widmet sich ihren Briefen in der Phase ihrer Krankheit bis zu ihrem Tod.

Illustrationen, teils farbig, manchmal ganzseitig, immer zum Kontext der damaligen Zeit sind durchgehend zu finden und unterstreichen den hochwertigen Charakter des Buchs. Sie vermitteln dem Lesenden ebenso wie die in die Kapitel einführenden Texte das Umfeld, in dem Jane Austen gelebt hat. Zu finden sind Zeichnungen, Porträts, Landschaftsbilder, Kleidung und vieles andere welches das Leben am Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausmachte. Die Briefe werden auch von Zitaten aus den Romanen der Schriftstellerin begleitet.

Insgesamt ergibt sich ein umfassendes Bild vom Leben der Schriftstellerin, soweit Fakten dazu vorliegen. Vor allem in der Korrespondenz mit ihrer Schwester nimmt man das gute Verhältnis zueinander auch durch kleine Scherze wahr. Durch das Lesen der Briefe lassen sich Rückschlüsse auf viele Szenen in Jane Austens Romanen ziehen, die dadurch mehr Hintergrund zu der Figurengestaltung, der Wohnorte und der Umgebung erhalten.

„Von ganzem Herzen …“ mit ausgewählten Briefen von Jane Austen ist ein Muss für jeden Fan von ihr, deshalb empfehle ich das Buch gerne weiter.

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Veröffentlicht am 24.10.2021

Teils traurig stimmend, teils amüsant und immer bewegend

Drei Frauen, vier Leben
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Der Roman „Drei Frauen, vier Leben“ von Dora Heldt ist die Fortsetzung des Buchs „Drei Frauen am See“, kann aber Dank von Erläuterungen an passenden Stellen ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Der Titel ...

Der Roman „Drei Frauen, vier Leben“ von Dora Heldt ist die Fortsetzung des Buchs „Drei Frauen am See“, kann aber Dank von Erläuterungen an passenden Stellen ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Der Titel bezieht sich darauf, dass wie im ersten Teil die drei Freundinnen Friederike, Jule und Alexandra, alle etwa Mitte 50 Jahre alt, im Fokus der Geschichte stehen. Aber immer noch ist ihre Erinnerung an Marie lebendig, die vor etwa einem Jahr verstorben ist und das Kleeblatt komplett machte. Marie hat in ihrem Testament den Freundinnen ihr Haus am See vererbt, in dem sie viele Jahre lang immer wieder schöne gemeinsame Tage verbrachten bis es zum großen Streit kam.

Nachdem die Freundinnen sich entsprechend dem Herzenswunsch von Marie wieder versöhnt haben, nähern sie sich vorsichtig weiter einander an. Als Alexandra ihre Stelle als Verlagsleiterin verliert freut sie sich darüber, dass ihre Freundinnen ihr zur Seite stehen. Inzwischen hat Friederikes alleinstehende Mutter einen häuslichen Unfall, außerdem diagnostizieren die Ärzte eine fortgeschrittene Demenz. Ihr Vater spielte in Friederikes Leben nie eine Rolle. Beim Aufräumen im Haushalt ihrer Mutter findet sie Hinweise auf ihn und begibt sich auf die Suche. Jule ist eine neue Beziehung eingegangen, ihre Tochter Pia ist aufgrund ihres Studiums in Hamburg ausgezogen. Pia macht ein Praktikum in dem Hotel, das Friederike leitet. Eines Tages hat sie eine Neuigkeit, die auch das Leben der Freundinnen verändert.

Jule, Alexandra und Friederike sind vom Charakter her verschieden. Doch die langen Jahre ihrer Freundschaft haben sie zusammengeschweißt und jede respektiert die Eigenheiten der anderen. Inzwischen gehen sie wieder offen und ehrlich miteinander um. Die Meinung der jeweils anderen ist ihnen wichtig, auch wenn sie nicht immer der eigenen entspricht. Jede der Hauptfiguren geht einer Angelegenheit nach, mit der sie sich auseinanderzusetzen hat, weil sie eine Entscheidung von ihr verlangt, was den Roman abwechslungsreich gestaltet. Die Suche nach Friederikes Vater, der Start an einem neuen Arbeitsplatz und das Zurechtkommen in einer neuen Beziehung führen zu einer hintergründigen Spannung, die sich durch die Frage ergibt, ob die Freundinnen ihre Ziele erreichen werden.

Die Nachdenklichkeit der Frauen über ihre momentane Lebenssituation führt zu Längen, manchmal überschneiden sich Informationen, die von Freundin zu Freundin weitergegeben werden. Die Gefühle der Protagonistinnen sind nachvollziehbar dargestellt, ihre Begeisterung, ihre Zuneigung, ihre Wut und ihr Hass sind deutlich zwischen den Zeilen zu spüren. Das Andenken an Marie halten sie aufrecht, sie ist unvergessen, auch aufgrund ihrer Wünsche für das Miteinander der Freundinnen.

Der Roman „Drei Frauen, vier Leben“ von Dora Heldt ist teils traurig stimmend, teils amüsant und immer bewegend. Die Handlungen der Freundinnen sind realistisch gestaltet und verständlich begründet. Mit Mitte 50 finden die Hauptfiguren den Mut zu neuen Anfängen, Blicken mit Akzeptanz zurück auf ihr Leben und freuen sich auf die Zukunft. Daher vergebe ich gerne eine Leseempfehlung.

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