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Veröffentlicht am 15.08.2023

Walisische Geheimnisse

Die letzte Party
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Rhys Lloyd kehrt als erfolgreicher Star in das kleine walisische Dorf seiner Kindheit zurück. Direkt am See gegenüber seinem Heimatdorf baut er eine riesige, exklusive Ferienhausanlage, die den Dorfbewohnern ...

Rhys Lloyd kehrt als erfolgreicher Star in das kleine walisische Dorf seiner Kindheit zurück. Direkt am See gegenüber seinem Heimatdorf baut er eine riesige, exklusive Ferienhausanlage, die den Dorfbewohnern ein Dorn im Auge ist. Zur Deeskalation gibt Rhys zu Silvester die Party aller Partys, zu der auch alle Dorfbewohner eingeladen sind.
Am Morgen danach treibt Rhys Leiche auf dem See.
Gezwungenermaßen beginnt Ffion Morgan die Ermittlungen gegen ihre Nachbarn, Freunde und Familie, denn jeder ist verdächtig, jeder hat ein Motiv und jeder hatte die Möglichkeit.



Ich bin nur schwer in diesen Krimi reingekommen. Es waren gleich zu Beginn zu viele Akteure, zu viele ungewohnte walisische Namen und Ausdrücke und zu viele Zeitsprünge und Perspektivenwechsel. Aber es hat sich gelohnt dranzubleiben.
Urige Charaktere und tiefe walisische Denkweisen wurde mir in diesem Krimi präsentiert.
Die Tatsache, dass Clare Mackintosh selbst 12 Jahre bei der britischen Kriminalpolizei gearbeitet hat und heute in Nordwales in der Nähe einen Sees lebt, spiegelt sich in diesem Krimi. Einerseits kennt sie die internen Abläufe und Animositäten innerhalb der Kripo. Andererseits ist sie in ihrer Nordwalisischen Heimat sicherlich von einigen urigen Typen umgeben.
Die beiden Ermittler, Ffion Morgan, Waliserin, und Leo Brady, Engländer und farbig, hätten unterschiedlicher nicht sein können. Sie haben gute Arbeit geleistet und sind mehr und mehr ihren Instinkten gefolgt. Ich hätte mir wohl weniger private Problematik bei den Beiden
gewünscht. Für den ersten Fall einer neuen Reihe war mir dieser ein wenig überfrachtet.
Alles in Allem ist der Krimi lesenswert. Ich bin gespannt, wie sich die weitere Zusammenarbeit der Waliserin mit dem Engländer gestaltet.

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Veröffentlicht am 21.06.2023

Der heiße Sommer 1994 in Schweden

Sommersonnenwende
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Von einem traumatisierenden UN-Einsatz zurückgekehrt, versucht der Kriminalkommissar Tomas Wolf seinen Alltag als Polizist und Familienvater zu meistern. Was ihm aber nicht gelingt. Nicht nur die dramatischen ...

Von einem traumatisierenden UN-Einsatz zurückgekehrt, versucht der Kriminalkommissar Tomas Wolf seinen Alltag als Polizist und Familienvater zu meistern. Was ihm aber nicht gelingt. Nicht nur die dramatischen Kriegserlebnisse, auch seine familiäre Vergangenheit holen ihn immer wieder ein.
Die Journalistin Vera Berg flieht vor ihrem Alkohol und drogensüchtigen Partner Jonny von Malmö nach Stockholm. Sie kann sich aber trotz ihres neuen anspruchsvollen Jobs nicht vom 6-jährige Sigge, Jonnys Sohn, trennen.
Beide, Tomas und Vera, ermitteln im selben Fall, manchmal miteinander, manchmal gegeneinander.

Dieser 586 Seiten lange Kriminalroman ist der Auftakt zu einer neuen schwedischen Krimireihe und der erste Fall für Tomas Wolf und Vera Berg. Dieser Hinweis gleich zu Beginn des Buches hat mich im Nachhinein etwas beruhigt, was dem Ende des Buches geschuldet ist.
Der eine Protagonist, Tomas Wolf, ein traumatisierter Polizist, der dem Nazi-Milieu entwachsen oder auch entkommen ist, versucht sein Leben nach einem UN-Einsatz wieder in den Griff zu bekommen. Schwieriges Thema, die beiden Journalisten, Engman und Selaker, versuchen meiner Meinung nach zu viel in diesen ersten Krimi zu packen. Bei Tomas stürzt seine Welt zusammen, als er in Bosnien erlebt, was Menschen mit seiner früheren Gesinnung in einem Krieg anstellen. Ja, dass sogar sein älterer Bruder Kristian nach Bosnien fährt um Frauen, Musliminnen, zu töten. In seiner Verzweiflung klammert er sich an Azra, eine Bosnierin, und scheitert daran seine Familie zu verlassen. Trotz diesem Gefühlschaos überblickt er als Einziger die schlecht organisierte Polizeistruktur und erkennt ein Muster in verschiedenen Vergewaltigungs-und Tötungsdelikten. Das ist ein wenig überzogen und für mich „too much“. Zumal er ständig von seinen beiden rechtsextremistischen Brüdern in Situationen gebracht wird, die seiner Arbeit nicht förderlich sind.
Ähnlich erging es mir mit der zweiten Protagonistin Vera Berg. Sie flieht vor ihrem gewalttätigen, Trunk und drogensüchtigen Freund und nimmt dessen 6-jährigen Sohn unerlaubterweise mit. Muss dieses Kind nicht auch in Schweden zur Schule? Außerdem kann sie sich gar nicht um den Jungen kümmern. Von der netten Nachbarin wusste sie vorher nichts. Anschließend begibt sie sich mit oder ohne Kind in gefährliche Situationen, die sie auch als solche erkennt, aber trotzdem begibt sie sich in die Höhle des Löwen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Wenn das immer wieder geschieht, nervt es mich beim Lesen.
Der Verlauf der Fußballweltmeisterschaft 1994 im Hintergrund oder neben der eigentlichen Handlung einzubauen, hat mir gut gefallen. Es zeigt in welchem Jahr wir uns befinden und dass die Schweden trotz der enormen für sie ungewohnten Hitze begeisterte Fußballanhänger sind. Ein anderes Zeitzeichen hat mich allerdings genervt. Zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit wurde geraucht. Wahrscheinlich haben 1994 mehr Menschen als heute geraucht, aber auch das war mir „too much“.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass das Buch mit seinem orangefarbigen Cover und dem sich durchziehende Farbschnitt an den Seiten ein absoluter Hingucker ist. Es ist unterhaltsam und teilweise sehr spannend geschrieben, auch wenn es meiner Meinung nach zu viele Themen und Informationen abbildet, aber lesenswert ist es sicher und ich denke, dass ich in den zweiten Fall reinschauen werde.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Spannend und mal etwas anderes

Kalt und still
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Hanna Ahlander, 34 Jahre alt, vom Polizeidienst suspendiert, vom langjährigen Freund verlassen und somit obdachlos, verzweifelt an ihrer jetzige Situation. Ihre perfekte Schwester gewährt ihr in ihrem ...

Hanna Ahlander, 34 Jahre alt, vom Polizeidienst suspendiert, vom langjährigen Freund verlassen und somit obdachlos, verzweifelt an ihrer jetzige Situation. Ihre perfekte Schwester gewährt ihr in ihrem Ferienhaus in Are einen Zufluchtsort und bucht ihr gleich einen Flug dorthin.
Auch dort vergräbt sie sich voller Selbstzweifel. Erst die Vermisstenmeldung, der jungen Amanda, reißt sie aus ihrem Selbstmitleid. Hanna beteiligt sich an der Suchaktion und bietet ihre Mithilfe auch der örtlichen Polizei an.


Die neue Polarkreis-Krimireihe hat gut angefangen und macht Lust auf mehr.
Die Idee einer jungen, korrekten Polizistin der Stockholmer Polizei, die auch Kollegen gegenüber offenen Auges ermittelt und dafür von den Kollegen gemobbt und vom Vorgesetzten versetzt wird, ist mal ein anderer Ansatz. Voller Selbstzweifel zieht sie sich aber selbst wieder aus ihrer misslichen Lage, als sie sich gebraucht fühlt. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie in einem der nächsten Fälle vielleicht doch noch ihren kriminellen Kollegen zur Strecke bringen wird.
Viveca Sten hat uns in diesem ersten Fall schon tief in die Seele ihrer neuen Protagonistin blicken lassen. Auch die anderen Protagonisten sind gut beschrieben worden, mit ihren Hintergründen und all ihren privaten Sorgen. Der Fall war sehr undurchsichtig, bis zum Schluss spannend und nachvollziehbar.
Die Bezeichnung Polarkreis-Krimi hat während der über 500 Seiten nie seine Bedeutung verleugnet. Es gab minus 20°C, viel Eis und Schnee.

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Veröffentlicht am 07.06.2023

Erstaunliche Beobachtungsgabe

Wenn Worte töten
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Anthony Horowitz‘ neuer True-Crime-Krimi über den Ex-Polizisten Daniel Hawthorne ist noch nicht veröffentlicht, aber die beiden sollen ihn auf einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney vorstellen.
Ihr ...

Anthony Horowitz‘ neuer True-Crime-Krimi über den Ex-Polizisten Daniel Hawthorne ist noch nicht veröffentlicht, aber die beiden sollen ihn auf einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney vorstellen.
Ihr Aufenthalt gestaltet sich anders als erwartet. Zwei Morde gilt es aufzuklären und jeder Teilnehmer am Literaturfestival und fast alle Inselbewohner sind verdächtig.


Uwe Teschner als Sprecher dieses Krimis passt hervorragend. Er beherrscht die blasierte, versnobte Sprechweise Hawthornes genauso gut wie die etwas verhuschte Art der Kinderbuchautorin und alle dazwischen gelagerten Charaktere. Es war ein spannendes Vergnügen Uwe Teschner zuzuhören.
Obwohl es in diesem Krimi um zwei brutale Morde und mehrere Verbrechen in der Vergangenheit geht, würde ich diesen Krimi doch zu den Cosi-Krimis zählen. Er ist von leichter Hand geschrieben, enthält wenig Dramatik und Grausamkeit und zaubert während der Dialoge manches Schmunzeln zu Tage.
Auffallend ist die Beobachtungsgabe von Daniel Hawthorne. Abgesehen davon, dass ich seine Beobachtung im Nachhinein nachvollziehen konnte, obwohl das meiste mir selbst gar nicht aufgefallen war, haben mich seine Schlussfolgerungen verblüfft. Auch wenn die Protagonisten stark an Sherlock Holmes und Dr. Watson erinnern, habe ich mir diesen Krimi gerne von Uwe Teschner erzählen lassen.

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Herrlich schrullig

Liebe oder Eierlikör
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Ernst Mannsen versteht die Welt nicht mehr.
Seine Vereinsvorstands-und Festkomitee-Partnerin Hilke Petersen, die viele Jahre als unscheinbare graue Maus eine stetige Hilfe auf jedem Basar darstellte, blüht ...

Ernst Mannsen versteht die Welt nicht mehr.
Seine Vereinsvorstands-und Festkomitee-Partnerin Hilke Petersen, die viele Jahre als unscheinbare graue Maus eine stetige Hilfe auf jedem Basar darstellte, blüht auf, schminkt sich und kleidet sich in fröhlichen Farben.
Hella und Gudrun reden von Frühlingsgefühlen und einer eventuellen Liebesbeziehung.
Ernst kann sich das nicht vorstellen, aber als plötzlich das Gerücht über einer neuen Dating-App die Runde macht, sieht er nur noch Gefahren für Hilke und den anderen Dating willigen Frauen von der Insel.
Da muss er etwas unternehmen.

Mir hat das Hörbuch, gesprochen von Katja Danowski, gut gefallen.
Anfänglich hatte ich einige Schwierigkeiten mich auf die Geschichte einzulassen. Man muss das eigene Tempo erst runterfahren und sich der Ruhe der Norddeutschen bzw. den Syltern anpassen. Dann ist dieses Hörbuch ein leises und unterhaltsames Vergnügen.
So kam mit Frau Danowskis Sprachmelodie und Sprechweise anfänglich monoton und nahezu langweilig vor. Mit zunehmender Hördauer empfand ich Frau Danowski als ideale Erzählerin der Sylter Krimiposse und habe es genossen.
Ich fürchte, ich habe bisher noch kein Buch von Dora Heldt gelesen, obwohl mir ihr Name von Interviews und Podcasts geläufig ist. So war ich auf die Dialoge und Verhaltensweisen von Ernst, Hella, Gudrun ect. nicht vorbereitet.
Nach Beendigung des Hörbuchs bin ich aber der Überzeugung, dass man diese Geschichten von niemand anderen als der auf Sylt geborenen Dora Heldt so lebensecht und authentisch geschrieben bekommt. Jede einzelne Figur wurde von Frau Heldt liebevoll mit ihren Schrullen, ihrer Unkenntnis und Skepsis neuer Technik gegenüber und ihrem gesunden Menschenverstand, gezeichnet.
Zum Beispiel hatte ich immer das von Frau Heldt gezeichnete kauzige Bild von Ernst vor Augen, dem Frau Danowski dann noch die für ihn passende Stimmfarbe gegeben hat.
Seine diversen Aktionen ließen mich immer wieder schmunzeln.
Für „Liebe oder Eierlikör“ kann ich eine absolute Hörempfehlung geben.

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