Im Reich des Winters
Die EiskinderBiancas kleiner Bruder wird als Eisstatue im Park aufgefunden. Sein Herz schlägt noch, doch man kann ihn nicht aufwecken, noch zeigte er irgendeine Reaktion. Bianca fühlt sich schuldig, immerhin sind ...
Biancas kleiner Bruder wird als Eisstatue im Park aufgefunden. Sein Herz schlägt noch, doch man kann ihn nicht aufwecken, noch zeigte er irgendeine Reaktion. Bianca fühlt sich schuldig, immerhin sind Finn und sie im Streit am Abend vor seinem Verschwinden auseinander gegangen. Nun will sie herausfinden, wie sie ihm helfen und heilen kann. Und dabei kommt sie vier eigenartigen Kindern auf die Spur ...
Das Buch wird angepriesen als eine Mischung aus Disney's "Frozen" und Hans Christian Andersons "Die Schneekönigin". Wobei, Frozen habe ich eigentlich kaum etwas anderes gefunden, als dass eine der Figuren es schneien lassen kann. Die Schneekönigin ist sogar höchstselbst vertreten, wenn auch nicht so herzlos, wie sie in Andersons Märchen rüberkommt.
Aber zurück zum Roman selbst. Der Band ist ein wunderschönes Hardcover mit sprayed Edges, also im Moment der letzte Schrei auf dem Büchermarkt) und wunderschönen Illustrationen von Penny Nevel-Lee, die die Geschichte bildlich unterstreichen. Da hat man sich beim Verlag wirklich was gedacht, so wie das ganze Buch aussieht ist es bereits ein Schmuckstück. Dafür schon einmal ein riesengroßes Lob.
Die Geschichte selbst erinnert, wie gesagt, mehr an Die Schneekönigin, was die Autorin auch selbst zugibt, als eine ihrer Inspirationen. Sie geht allerdings darüber hinaus und erfindet etwas eigenes aus dem doch recht düsteren Märchen - als Kind verband mich eine Haßliebe gerade mit diesem Märchen. Ich liebte die Geschichte, doch Teile davon hasste ich einfach nur.
In diesem Fall ist es Bianca, die auszieht, um das Rätsel zu lösen. Sie ist auch clever genug, um zumindest einen Teil des Geheimnisses sehr schnell aufzuklären: es muss mit dem Buch zusammenhängen, dass ihr Bruder am Tag vor seinem Verschwinden aus der Bibliothek mitgebracht hat. Doch auf Nachfrage dort erfährt Bianca, dass Finn gar kein Buch ausgeliehen hatte. Sie erinnert sich aber daran, denn dieses Buch war der Grund des Streits, dessentwegen sie so ein schlechtes Gewissen hat.
Leonard erzählt diesen Teil der Geschichte aus Biancas Sicht, was natürlich auch die Eltern einschließt und wie die plötzlich nur noch wie Roboter erscheinen und sie kaum wahrzunehmen scheinen. Die beiden sind vollkommen in ihrer Trauer und Sorge versunken, und da ist wenig Platz für ihre elfjährige Tochter, die gerade wüste Geschichten zusammenzuspinnen scheint. Für mich ist dieses Verhalten durchaus nachvollziehbar. Nicht weil Bianca nicht geliebt wird, sondern weil Finns Schicksal und sein geringeres Alter eine Rolle spielen. Wie gesagt, Bainca ist elf, Finn dagegen fünf.
Die Winterwelt, in der Bianca schließlich erwacht auf der Suche nach Finn, ist wunderschön geschildert und die Winterseelentiere ... ehrlich, wer wünscht sich kein Winterseelentier? Alle Tiere, die wir mit den Polen und Frost verbinden, sind dort vertreten, was ein bisschen verwirrend ist, wenn Eisbären plötzlich auf Pinguine treffen. Aber es ist eine Art Märchenwelt, also ist dort alles möglich.
Am Ende bleibt ein wunderschönes Buch mit einer märchenhaften Geschichte und sehr klar definierten Figuren, einer kleinen Heldin, die über sich hinauswächst und einer Phantasiewelt, in der jeder gern noch einmal Kind sein möchte. Der erhobene Zeigefinger ist mir persönlich ein bisschen zu hoch, aber die Geschichte ist in sich schlüssig geschrieben und auch mitreißend erzählt.