Profilbild von Hyndara

Hyndara

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Hyndara ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyndara über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2025

Das Geheimnis der Alchemie

Ein Pakt aus Asche und Blut
0

Cat ist freie Photografin und träumt davon, durch China zu reisen. Ihr Leben geht eigentlich in geordneten Bahnen bis zu jenem Tag, als ihr Nachbar ihr den Auftrag gibt, die HInterlassenschaften eines ...

Cat ist freie Photografin und träumt davon, durch China zu reisen. Ihr Leben geht eigentlich in geordneten Bahnen bis zu jenem Tag, als ihr Nachbar ihr den Auftrag gibt, die HInterlassenschaften eines Waldbrandes zu fotografieren. Dort findet sie nicht nur einen nicht verbrannten Baum, sondern auch Mark, einen Feuerwehrmann, der während des Waldbrandes verletzt wurde.

Währenddessen müht Melanie sich ab damit, die Hinterlassenschaften ihrer plötzlich verstorbenen Mutter aus dem geerbten Haus zu werfen. Es gab kein enges Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, und Melanie trauert noch immer um ihre Großmutter, die, ebenfalls in diesem Haus lebend, sie aufgezogen hat. Und dann sieht sie das Gesicht am Fenster, das eigentlich gar kein Gesicht ist ...

Im Jahre 1460 ist Helene verzweifelt, denn ihre Schwester Anna ist der Hexerei angeklagt. Ihr droht der Feuertod. Doch wie kann sie deren Unschuld beweisen?

Solche, Jahrhunderte übergreifende Thriller sind zumindest mir noch nicht allzu oft über den Weg gelaufen. Und von der Handvoll, die ich über die Jahre gelesen habe, kann ich ohne Zweifel "Ein Pakt aus Asche und Blut" als den besten bezeichnen. Die Recherche des mittelalterlichen Teils des Buches ist hervorragend, die Charaktere sind lebhaft (sowohl in Gegenwart wie auch in Vergangenheit) und die Handlung spannend geschildert mit einem dramatischen Höhepunkt am Ende. Was will ein Thriller-Leser mehr?

Riedel gelingt hier ein wahres Meisterstück. Zu Beginn ist der Leser verwirrt über die drei Handlungsorte. Was zum Kuckuck haben Ratingen in NRW, ein entlegenes Haus in der Lübecker Bucht und eine mittelalterliche Hexenjagd miteinander zu tun? Nun, das ergibt sich im Verlauf des Romans.

Die Charaktere sind, wie ich bereits geschrieben habe, sehr gut angelegt und springen geradezu aus den Seiten heraus dem Leser in den Kopf. Man sieht sie förmlich vor sich, und zwar alle. Sie wachsen, lernen und leiden, ausnahmslos alle. Selbst die Nebencharaktere, auch wenn sie blasser sind aus die Protagonisten, sind lebhaft geschildert und bereichern den Roman um vieles.

Die Handlungsorte, überwiegend Ratingen, dann noch die Bucht in der Nähe von Lübeck, sind klar skizziert, auch sie kann der Leser sich gut vorstellen, selbst wenn er noch nie dort gewesen ist. Mir ist zwar nicht ganz klar, wo genau das Haus von Melanies Familie sein soll, aber so gut kenne ich mich zugegebenermaßen auch nicht in der Umgebung von Lübeck aus. Bin immer noch zu neu hier oben im Norden. Ratingen ist mir dagegen noch ein Begriff, und ich weiß von zumindest einem Gesuch dort, aber das nur nebenbei.

Die Handlungen sind spannend geschildert. Als Leser hat man hier und da das Gefühl, entweder im Trüben zu fischen oder alles bereits zu wissen, nur um dann festzustellen, dass man doch nicht alles weiß und man sich sogar geirrt hat die eine oder andere Sache betreffend. Die angewandten Zauber sind der Epoche entsprechend und ebenfalls nachvollziehbar. Dass Helene an einer Stelle Flugsalbe herstellt war mir von dem Moment an klar, als sie das Fett erwähnte. Dass sie sie dann selbst benutzte aus Neugier und wie es geschildert wurde, das war ein weiterer Glanz dieses Romans.

Kommen wir zur Action, denn davon gibts genug in diesem Buch. Und sie ist ebenfalls gut geschildert. Hier und da ein wenig chaotisch, ja, aber das muss so sein und ist richtig. Niemand denkt klar und löst Matheaufgaben, während er oder sie um sein oder ihr Leben kämpft. Ein wenig war ich an einer Stelle überrascht, wie schnell Knochen brechen können, aber gut. Stellte sich dann ohnehin als Schwindel heraus.

Alles in allem kann ich nur sagen, ich bin begeistert von diesem Roman. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und mein Kopfkino lief die ganze Zeit auf Hochtouren. Dass ich am Ende falsch lag mit meiner Theorie stört mich nicht, im Gegenteil. Es ist so selten geworden, dass mir das passiert, dass ich es genieße, einmal daneben gelegen zu haben. Es zeigt, wie umsichtig die Autorin gewesen ist, falsche Fährten zu legen. Ein verdammt gutes Buch, das eine breite Leserschaft verdient!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2025

Im Reich des Winters

Die Eiskinder
0

Biancas kleiner Bruder wird als Eisstatue im Park aufgefunden. Sein Herz schlägt noch, doch man kann ihn nicht aufwecken, noch zeigte er irgendeine Reaktion. Bianca fühlt sich schuldig, immerhin sind ...

Biancas kleiner Bruder wird als Eisstatue im Park aufgefunden. Sein Herz schlägt noch, doch man kann ihn nicht aufwecken, noch zeigte er irgendeine Reaktion. Bianca fühlt sich schuldig, immerhin sind Finn und sie im Streit am Abend vor seinem Verschwinden auseinander gegangen. Nun will sie herausfinden, wie sie ihm helfen und heilen kann. Und dabei kommt sie vier eigenartigen Kindern auf die Spur ...

Das Buch wird angepriesen als eine Mischung aus Disney's "Frozen" und Hans Christian Andersons "Die Schneekönigin". Wobei, Frozen habe ich eigentlich kaum etwas anderes gefunden, als dass eine der Figuren es schneien lassen kann. Die Schneekönigin ist sogar höchstselbst vertreten, wenn auch nicht so herzlos, wie sie in Andersons Märchen rüberkommt.

Aber zurück zum Roman selbst. Der Band ist ein wunderschönes Hardcover mit sprayed Edges, also im Moment der letzte Schrei auf dem Büchermarkt) und wunderschönen Illustrationen von Penny Nevel-Lee, die die Geschichte bildlich unterstreichen. Da hat man sich beim Verlag wirklich was gedacht, so wie das ganze Buch aussieht ist es bereits ein Schmuckstück. Dafür schon einmal ein riesengroßes Lob.

Die Geschichte selbst erinnert, wie gesagt, mehr an Die Schneekönigin, was die Autorin auch selbst zugibt, als eine ihrer Inspirationen. Sie geht allerdings darüber hinaus und erfindet etwas eigenes aus dem doch recht düsteren Märchen - als Kind verband mich eine Haßliebe gerade mit diesem Märchen. Ich liebte die Geschichte, doch Teile davon hasste ich einfach nur.

In diesem Fall ist es Bianca, die auszieht, um das Rätsel zu lösen. Sie ist auch clever genug, um zumindest einen Teil des Geheimnisses sehr schnell aufzuklären: es muss mit dem Buch zusammenhängen, dass ihr Bruder am Tag vor seinem Verschwinden aus der Bibliothek mitgebracht hat. Doch auf Nachfrage dort erfährt Bianca, dass Finn gar kein Buch ausgeliehen hatte. Sie erinnert sich aber daran, denn dieses Buch war der Grund des Streits, dessentwegen sie so ein schlechtes Gewissen hat.

Leonard erzählt diesen Teil der Geschichte aus Biancas Sicht, was natürlich auch die Eltern einschließt und wie die plötzlich nur noch wie Roboter erscheinen und sie kaum wahrzunehmen scheinen. Die beiden sind vollkommen in ihrer Trauer und Sorge versunken, und da ist wenig Platz für ihre elfjährige Tochter, die gerade wüste Geschichten zusammenzuspinnen scheint. Für mich ist dieses Verhalten durchaus nachvollziehbar. Nicht weil Bianca nicht geliebt wird, sondern weil Finns Schicksal und sein geringeres Alter eine Rolle spielen. Wie gesagt, Bainca ist elf, Finn dagegen fünf.

Die Winterwelt, in der Bianca schließlich erwacht auf der Suche nach Finn, ist wunderschön geschildert und die Winterseelentiere ... ehrlich, wer wünscht sich kein Winterseelentier? Alle Tiere, die wir mit den Polen und Frost verbinden, sind dort vertreten, was ein bisschen verwirrend ist, wenn Eisbären plötzlich auf Pinguine treffen. Aber es ist eine Art Märchenwelt, also ist dort alles möglich.

Am Ende bleibt ein wunderschönes Buch mit einer märchenhaften Geschichte und sehr klar definierten Figuren, einer kleinen Heldin, die über sich hinauswächst und einer Phantasiewelt, in der jeder gern noch einmal Kind sein möchte. Der erhobene Zeigefinger ist mir persönlich ein bisschen zu hoch, aber die Geschichte ist in sich schlüssig geschrieben und auch mitreißend erzählt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.11.2025

Nicht alles ist Gold was glänzt

Miez Marple und die Tatze der Verdammnis
0

Urlaub hätte Miez Marple sich so ganz anders vorgestellt, als von ihrer Zweibeinerin entführt zu werden an einen unbekannten Ort. Doch die schnurrige Ermittlerin hat zumindest hier das große Los gezogen: ...

Urlaub hätte Miez Marple sich so ganz anders vorgestellt, als von ihrer Zweibeinerin entführt zu werden an einen unbekannten Ort. Doch die schnurrige Ermittlerin hat zumindest hier das große Los gezogen: sie darf im Bellagio einige Tage verbringen, während ihre Dösenöffnerin auf Wanderschaft geht. Doch dann passiert ausgerechnet in diesem Luxushotel der reichen und schönen Haustiere ein Mord. Und Miez Marple steckt mitten in den Ermittlungen ...

Katzenkrimis sind seit "Feldidae" aus der Krimiliteratur nicht mehr wegzudenken. Und irgendetwas hat gerade dieses Untergenre an sich, was sich von anderen Tierrassen abhebt. Katzen haben etwas an sich, was sie für einen Autor zu einem sehr interessanten Charakter macht, gerade wenn es um das Kriminalistische geht. Sie sind ohnehin natürliche Ermittler, und wenn sie auf einer Spur sind, dann lassen sie sich höchstens vom Rascheln der Leckerlitüte ablenken, aber von sonst nichts.

Die Welt, in die Navarro seine Leser hier entführt, ist die der Haus- und Stadttiere, sprich alles, was Mensch sich als tierischen Begleiter hält und auch das, was Mensch nicht unbedingt in seiner Umgebung, vor allem einer städtischen, sehen will. Die Tiere können miteinander sprechen, dabei gibt es offensichtlich kaum eine Grenze, von Ratte über Taube bis Hund und Katze, alles kann sich untereinander verständigen.

Das Bellagio als Ort der Handlung ist interessant und beinahe ist es schade, dass dem Gebäude und dem ganzen Anwesen nicht noch mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde. Als Leser wird man entführt in ein Haustierhotel der Sonderklasse, in dem alles was Rang und Namen hat in der Haustierszene, sich versammelt. Miez Marple ist darin ein ... kleiner Farbtupfer, der nicht so ganz ins Bild passen will. Das erfährt sie auch recht schnell.

Navarro hält dem Promileben den Spiegel vor, und das auf sehr humorige Weise. Showkatzen, häsische Spitzensportler, kätzische Schlagersänger - alles, was der Yellow-Press Herz begehrt, sogar der Adel ist vertreten, wenn auch nur durch Aussagen der Anwesenden. Die Gesellschaft der Tiere in diesem Roman verhält sich wie die menschliche Gesellschaft, oder wie man es sich vorstellt, wie es in einem solchen Etablissement wohl zugeht. Intrigen und Lügen und Show, alles gehabt, aber alles neu auf seine eigene tierische Weise.

Der Kriminalfall, den Miez Marple untersucht, ist verwirrend. Navarro ist hier wirklich ein Meisterstück gelungen, denn als Leser ist man wirklich bis zum großen Finale verwirrt darüber, wer denn nun eigentlich hinter all dem steckt, was im Bellagio vor sich geht. Und das ist nicht allein Mord, sondern es werden auch noch mehrere Anschläge verübt. Miez springt von einer Theorie zur nächsten und scheint ebenso ratlos wie der Leser. Und am Ende ... da ist es dann doch plötzlich ganz anders.

Ein humorvoller Kriminalroman, der zur Kurzweil und zum Rätseln einlädt. Sehr gut geschrieben mit viel Wortwitz, der zum Schmunzeln einlädt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.11.2025

Ein kleines Buch mit großer Wirkung

Neun Leben
0

Ginger verbraucht ihr achtes Leben, als sie von einem Auto angefahren wird. Doch sie ist nicht das einzige Opfer dieses Unfalls. Da gibt es noch das Mädchen Julia, das danach im Koma liegt und vielleicht ...

Ginger verbraucht ihr achtes Leben, als sie von einem Auto angefahren wird. Doch sie ist nicht das einzige Opfer dieses Unfalls. Da gibt es noch das Mädchen Julia, das danach im Koma liegt und vielleicht sterben wird. Kann Ginger Julia helfen?

Als ich dieses Buch bei Lovelybooks sah war es keine Frage für mich, mich auf die Leserunde zu bewerben. Und käme Hölle und Feuer, ich WOLLTE dieses Buch lesen! Ich wurde nicht enttäuscht.

Was den Leser erwartet ist kein normales Buch, es ist ein Bilderbuch mit einer kurzen Geschichte darin. Kein Kinder-Bilderbuch, sondern eher für Heranwachsende und Erwachsene gedacht. Etwas ungewöhnlich, gewiss, aber warum nicht etwas ungewöhnlichem eine Chance einräumen? Enttäuscht wird man bei diesem kleinen Buch sicher nicht.

Das Märchen wird aus Gingers Sicht berichtet. Es ist herzzerreißend, wie die Sanitäter sich um die schwer verletzte Julia kümmern, aber die Katze am Straßenrand liegenlassen. Tiere sind nach der deutschen Rechtssprechung noch immer "Dinge", etwas worüber ich mich schon seit Jahrzehnten aufrege. Tiere sind mehr als Dinge, es sind Lebewesen, und als solche haben sie etwas besseres verdient, als am Straßenrand elendig zu verrecken. Sicher, in der realen Welt hätte die Polizei sich vielleicht gekümmert und Ginger entweder zu einem Tierarzt gebracht oder es beendet. So ist es hier aber nicht. Ginger bleibt zurück, unfähig sich zu regen und muss zusehen, wie Autowrack und Verletzte abtransportiert werden, ehe sie allein in ihrem Schmerz zurückbleibt.

Die Rettung kommt in Form einer Frau, die Ginger mit zu sich nach Hause nimmt und ihr hilft. Die Frau ist mehr als nur eine Frau, sie ist magisch und sie weiß Dinge. Dinge wie, dass Ginger nun ihr letztes, ihr neuntes Leben lebt. Dinge wie, dass das Mädchen am Straßenrand Julia heißt und im Krankenhaus um ihr Leben kämpft. Und sie weiß, dass Ginger und Julia miteinander verbunden sind. Ginger wird vor eine Wahl gestellt. Für einen Menschen eine schreckliche Wahl.

Wie weit würden wir gehen für einen Wildfremden, dessen Leben zu retten. Für Familienmitglieder ist es leicht(er). Es ist einerseits eine Pflicht zu helfen, andererseits wird man vielleicht vom Rest der Familie für den Rest seines Lebens schief angesehen, weil man eben nicht das entscheidene getan hat, um jenem Angehörigen zu helfen. Aber darum geht es nicht. Es geht um jemanden, den man nicht kennt, es geht um zwei Leben. Wer wäre wirklich bereit, sein Leben zu geben, um jemanden, den man einmal gesehen, nie ein Wort gesprochen hat? Wer würde dieses Opfer bringen? Und ich meine es hier ehrlich. Sehe in dein Herz, Leser, sehe tief hinein und stelle dir diese Frage: Würdest du dein Leben beenden, damit ein Wildfremder leben kann?

Es ist eine tiefgehende Frage, die sich hier stellt. So tiefgehend und ergreifend, dass es mir beim Lesen die Kehle zusammengeschnürt hat. Nein, nicht für jemanden, den ich nicht kenne. Nicht solange ich lebe. Ich habe einen Organspendeausweis, mit Ausnahme meiner rechten Augenhaut (weil erkrankt seit Kindertagen) können sich die Mediziner nach meinem Tod bedienen. Danach. Und dann ist es mir herzlich gleich, an wen meine Organe gehen. Ich werde dann hoffentlich auf dem Weg in ein besseres Leben sein. Aber vor die Frage gestellt zu werden, ob man geht, um einen anderen zu retten? Nein, diese Frage beantworte ich klar mit Nein. Und das von jemanden, der immer noch mit Suizidgedanken kämpft, wenn auch nicht mehr täglich.

Um von diesem schweren Thema wegzukommen noch einige Worte über die Bilder in diesem Bilderbuch: Sie wurden gemalt von einer 15 Jährigen. Jawohl, 15 Jahre ist die Künstlerin jung, und sie hat ihre Arbeit herausragend getan. Die Bilder sind wunderschön gestaltet, die Farben brillant, die Figuren erkennt man eindeutig. Sie machen einen guten Teil des Reizes und des Zaubers des Bandes aus und ich drücke der jugendlichen Künstlerin beide Daumen für ihren Lebensweg. Schon allein für die Bilder lohnt es sich, das Buch zu kaufen.

Ein wunderschöner kleiner Band, der aber harte Fragen in einer kleinen magischen Geschichte aufwirft. Das Buch ist für Kinder nicht oder nur bedingt geeignet, aber für Heranwachsende und Erwachsene sicherlich eine wunderschöne Erweiterung ihrer Bibliothek - und ein Band, zu dem man sicher immer einmal wieder greifen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2025

Am Ende des Krieges

Opalus
0

Eigentlich sollte doch alles im reinen sein, jetzt, da Georg seinen Titel und sein Land zurück hat. Eigentlich. Doch da ist die Ungewißheit über seine Halbschwester Pascale. Georg hätte sie gern an seiner ...

Eigentlich sollte doch alles im reinen sein, jetzt, da Georg seinen Titel und sein Land zurück hat. Eigentlich. Doch da ist die Ungewißheit über seine Halbschwester Pascale. Georg hätte sie gern an seiner Seite, wäre wieder eine Familie, doch Pascale ist verschwunden und niemand weiß, wo sie steckt.

Dabei müsste man gar nicht so weit weg nachsehen, nämlich im Lager der Kaiserlichen ...

Dies ist der dritte Teil einer Saga. Die Autorin war so nett und hat mir eine Zusammenfassung der ersten beiden Bände zukommen lassen, sodass ich auf dem Laufenden war. Zunächst war es doch ein klein wenig verwirrend, zugegeben, aber ich kam gut ins Buch hinein und die Verwirrung war spätestens auf Seite 20 Geschichte.

Bernhardi schreibt sehr gut, die Figuren sind lebendig und man bibbert die ganze Zeit mit ihnen mit. Gerade Pascale, die den Großteil des Romans im Mittelpunkt steht, ist gut herausgearbeitet und eine interessante Frau, und das nicht nur, weil sie einen guten Teil ihrer Geschichte in Männerkleidern verbringt. Pascale wurde von den Kaiserlichen Soldaten als möglicher Spion gefangen genommen, so spielt also ein nicht unwesentlicher Teil der Handlung in eben diesem Lager und der Leser erlebt dort ihr Leben mit. Gerettet von einem alten Bekannten, dem Soldaten Reisinger, wird sie von ihm unter seine Fittiche genommen. Er bringt ihr das Fechten bei und befiehlt ihr, sich selbst zu verteidigen. Nicht dass er nicht hilft, oh nein. Und so kommt es mit der Zeit, wie es kommen muss.

Die Fechtszenen sind sehr gut erzählt und meist authentisch. So wurde gekämpft, mit Rapier und Dolch, nicht wie heute mit nur einer Waffe. Man nannte es das "dreckige" Fechten und es wurde überwiegend eben von Soldaten und Söldnern angewandt, aber auch von den meisten, die am Leben bleiben wollten. Man setzte eine Reihe schmutziger Tricks ein, damit man den Gegner besiegen konnte. Also ja, hier stimmt alles.

Was ein bisschen hochgegriffen ist, ist die eine Folterszene im Roman. 50 Peitschenhiebe. Eigentlich hätte Pascale bewusstlos sein müssen, da die wenigsten mehr als 20 bei Bewusstsein überstehen können, wenn überhaupt. 50 ist sehr hoch gegriffen und mir ist kein Fall bekannt, in dem so viele Peitschenschläge "verordnet" wurden. Aber das nur am Rande.

Was ich ebenfalls erwähnen sollte an dieser Stelle: Der Roman ist bebildert an verschiedenen Stellen. Sehr schöne Zeichnungen der Autorin selbst. Man erlebt es selten, dass Erwachsenen-Bücher so geschmückt werden, es ist also mehr als erwähnenswert und um einiges Mehrarbeit, die Bernhardi sich hier gemacht hat. Mein Kompliment dafür!

Die Zeit, gegen Ende des 30 Jährigen Krieges, wird gerade im Bereich des Heerlagers ein wenig ausführlicher geschildert, während die Handlung in und um Nirnberg dagegen vom Krieg nicht zuviel mitbekommen zu haben scheint. Es finden dort keine Plünderungen und Raubmorde statt, oder zumindest werden sie im Roman nicht erwähnt. Der eine Graf, der sich den Kaiserlichen Verbänden anschließen möchte, ist Wochen unterwegs, was darauf schließen lässt, dass die Kriegshandlungen tatsächlich weiter entfernt statt finden. Gerade hier hätte ich mir ein wenig mehr erwartet über den Schrecken des Krieges und die Entvölkerung der Landstriche. Aber der Schrecken des Lagerlebens wird anschaulich und nachvollziehbar dargestellt.

Ein solider Roman, flüssig zu lesen, mit nachvollziehbaren Figuren. Wer historische Romane mag, der wird mit Opalus auf seine Kosten kommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere