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Veröffentlicht am 03.10.2025

Leise Zwischentöne!

Schwanentage
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Der siebenjährige Kuan Kuan liebt sein Kindermädchen Yu Ling abgöttisch. Seine Eltern, Mutter Qin Wen und Vater Hu Yafei, sind wohlhabend und gehören zu Pekings Elite.

Als Yu Ling einen Frühlingsausflug ...

Der siebenjährige Kuan Kuan liebt sein Kindermädchen Yu Ling abgöttisch. Seine Eltern, Mutter Qin Wen und Vater Hu Yafei, sind wohlhabend und gehören zu Pekings Elite.

Als Yu Ling einen Frühlingsausflug mit dem Jungen plant, ahnen die Eltern nicht, dass das Kindermädchen ihren Sohn entführen will. Denn Yu Ling möchte nicht mehr als Kindermädchen arbeiten, sondern ihre Träume verwirklichen.

Die Ereignisse überrollen sich als Kuan Kuans Vater wegen Korruption festgenommen wird und seine Mutter abtaucht. Plötzlich ist Yu Ling ganz alleine, mit dem Jungen und seiner Gans, in dem Haus der Golden Lake Villen.


Die Autorin gilt, laut Information auf dem Buch, als eine der einflussreichsten Autorinnen Chinas. Zhang Yueran schreibt in einer klaren und eher sachlichen Sprache. Ihr Protagonistin YuLing ist eine tiefgründige Figur. Sie arbeitet als Kindermädchen bei einer wohlhabenden Familie in Peking und sie träumt von so viel mehr. Sie möchte weg. Denn sie fühlt sich gefangen durch das gute Gehalt und die Trägheit des Lebens. Dadurch ist sie empfänglich für den verhängnisvollen Plan von ihrem neuen Freund Chen Donghu: die Entführung ihres Schützlings. Man spürt ihr Zaudern gut, denn eigentlich ist sie nicht die, die kriminell wird. Eigentlich geht Kriminalität über ihr Naturell, ihre Erziehung, ihre Weltanschauung.

Die Autorin hebt deutlich die Unterschiede der Macht in der Bevölkerung hervor. Die Eltern von Kuan Kuan sind reich, leicht arrogant, gewohnt zu befehlen und alles zu bekommen, was sie sich wünschen. Ihr siebenjähriger Sohn Kuan Kuan ist mit kleinen Abstrichen ein Ebenbild der Eltern und ebenfalls gewohnt zu bekommen, was er will. Ein verwöhnter Bengel, wie wohl viele in China, die in der Ein-Kind-Politik aufwachsen. Die schöne Ueberraschung ist, dass er eine Gans kauft. Da diese, eingepfercht in einem Käfig, ihm leidtut. Die Gans, von der der Junge denkt, sie sei ein Schwan. Damit haben wir die Erklärung für die Illustration des Covers!

Immer wieder finden sich leise Zwischentöne, die mich haben nachdenken lassen. Oft musste ich innehalten beim Lesen und über einen gelesenen Satz nachdenken. Leider verflüchtigen sich diese Zwischentöne gegen Schluss und die Geschichte driftet in eine mühsame Angelegenheit ab. Plötzlich dreht sich vieles um die Beziehungsgeschichte zwischen Kuan Kuans Eltern. Ich empfand den Schluss oberflächlich und hektisch. Die Handlung überrollt, das Tiefsinnige verliert sich.

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Veröffentlicht am 01.10.2025

Wie ein Lehrbuch der Rechtsmedizin!

Mit kalter Hand
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Die rechtsmedizinische Abteilung des BKA Berlin bekommt einen noch nie dagewesenen Auftrag auf den Tisch. Die Einheit für Extremdelikte muss einen Fall aufklären, in dem der Täter Pferde tötet.

Der Leiter ...

Die rechtsmedizinische Abteilung des BKA Berlin bekommt einen noch nie dagewesenen Auftrag auf den Tisch. Die Einheit für Extremdelikte muss einen Fall aufklären, in dem der Täter Pferde tötet.

Der Leiter des rechtsmedizinischen Institutes, Paul Herzfeld, und seine Stellvertreterin Doktor Sabine Yao unterstützen Profiler Milan Hasanovic.

Gleichzeitig wird von einer Spaziergängerin und ihrem Hund ein menschlicher Fuss in einem Wald entdeckt. Zudem wird in Charlottenburg ein Mann aufgehängt in seiner Wohnung aufgefunden.


Dieser Band beginnt kurz nach den Ereignissen des vorderen Bandes "Mit kaltem Kalkül" und ist in Sachen Spannung leider eher mau. Schon den vorderen Band fand ich wenig fesselnd und spannend. Bedauerlicherweise kann ich auch hier nicht von spannenden Lesestunden sprechen.

Die Geschichte startet zwar relativ Thriller gerecht mit dem Fund eines toten Mannes in seinem Wohnzimmer. Dabei wird aber der Tatort so akribisch beschrieben, dass ich zwischenzeitlich den Faden verloren habe. Es wimmelt nur so von Beschreibungen von Seilwinden, Knoten, Handschellen und Schlaufen und das über mehrere Seiten. Langatmiger geht nimmer, habe ich mir gedacht.

Da habe ich mich getäuscht.

Es wird noch schleppender. Viele Fallberichte der Rechtsmedizin mit Ausdrücken wie " positioneller Asphyxie" oder Zuckerstoffwechselentgleisung" muten einem Lehrbuch der Rechtsmedizin an. Der Autor, der selbst Rechtsmediziner ist, vergisst komplett seine Leser, die nicht auf jeder Seite mehrere Ausdrücke per Google erfragen wollen. Es wird sehr spezifisch und ich habe oft die beschriebenen Autopsien grob überlesen.

Irgendwann geht es nach dem Einstieg nur noch um die Pferdemorde. Wenig glaubhaft war für mich, dass fundierte und best ausgebildete Leute vom BKA, hoch dotierte Rechtsmediziner und Profiler in der sogenannten Soko Ross die Taten an Pferden ermitteln. Zumal Doktor Sabine Yao offenherzig darauf hinweist, dass sie von der rechtsmedizinischen Untersuchung an Tieren keine Ahnung hat.

Nebenbei läuft zwar noch ein Fund eines menschlichen Fusses, der untersucht und ermittelt werden muss. Das brachte dann doch noch ein wenig Krimigefühle ins Spiel. Leider zu wenig, damit ich hier eine positive Sternenvergabe machen kann.

Einen allfälligen nächsten Band aus dem Autopsie-Saal mit Sabine Yao in der Hauptrolle werde ich mir sparen.

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Veröffentlicht am 29.09.2025

Guter Auftakt!

Der Trailer
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Ein paar Nächte auf dem Campingplatz Donkerbloem in Melmedy scheinen Lisa Martin ein guter Plan zu sein. Die 21-Jährige ist auf der Durchreise in den Ardennen und checkt an einem Freitagabend ein. Das ...

Ein paar Nächte auf dem Campingplatz Donkerbloem in Melmedy scheinen Lisa Martin ein guter Plan zu sein. Die 21-Jährige ist auf der Durchreise in den Ardennen und checkt an einem Freitagabend ein. Das war 2011! Heute gilt die Touristin als ungelöster Vermisstenfall, denn sie verschwand spurlos von dem Campingplatz.
Nun, 15 Jahre später, stellt Kommissarin Frieda Stahnke den ungelösten Fall in den Mittelpunkt ihres True-Crime-Podcasts. Friedas Plan geht auf, denn ein damaliger Zeuge, der sich bisher nicht geäussert hat, ruft sie an. Wout Meertens hat keinerlei Interesse, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, denn schliesslich nimmt er es mit dem Gesetz nicht immer sehr genau. Er willigt jedoch ein, zu erzählen, was er weiss.


Der Start in die Geschichte ist geheimnisvoll und verstörend. Lisa Martin, die spätere Vermisste, erlebt die erste Nacht in dem Trailer auf diesem Campingplatz in den Ardennen und hat Todesangst. Wovor, bleibt noch offen und wird häppchenweise durch die Geschichte offenbart.
Damit hatte mich der Autor am Wickel und ich wollte unbedingt wissen, was die junge Frau so in Angst und Schrecken versetzt hat. Das benötigt allerdings einen breiten Blick, denn die Struktur der Geschichte ist breit gefächert. Ich empfand es als eine Herausforderung den Fokus auf die Entführungssache nicht zu verlieren. Es gibt mehrere Erzählstränge mit etlichen Figuren, die zuerst nicht viel miteinander zu tun haben.

Da ist natürlich Kommissarin Frieda Stahnke, die gerade von der Kripo Hamburg suspendiert wurde. Diese Freistellung ist ein fester Bestandteil ihrer Einführung und spielt im weiteren Geschehen ab und zu eine untergeordnete Rolle. Sicher ist, dass die Kommissarin damit Zeit hat, ohne Druck zu ermitteln.

Eine weitere Hauptrolle hat der Kleinkriminelle Wout Meertens inne. Er ist arrogant und hat ein Frauenbild, das mich oft rasend gemacht hat. Ihm zur Seite steht Tayfun, der als Boxer auch gleich die Beschützerrolle einnimmt. Die Dialoge zwischen den beiden Buddys fand ich witzig.

Kathinka, Freelancerin und Wouts Untermieterin, macht das Trio komplett. Bei Kathinkas Figur bin ich einmal gestolpert, denn eine Nebenfigur heisst Katharina. So viele Frauennamen gibt es, aber der Autor wählt zwei ähnliche: Katharina und Kathinka.

Dieser Band ist der Auftakt einer Trilogie. Da die Sache rund um Lisa Martin abgeschlossen wurde, frage ich mich, was denn da noch alles kommt von diesem Horror-Campingplatz. Gespannt bin ich allemal!

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Veröffentlicht am 27.09.2025

Hat mich berührt!

Eden
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Nach dem Konzert, das Sängerin Ariana La Vaga vor ausverkauftem Haus gibt, explodiert im Eingangsbereich der Stuttgart Arena ein Sprengsatz. Unter den Toten ist auch Sofie Stenger, die das Konzertticket ...

Nach dem Konzert, das Sängerin Ariana La Vaga vor ausverkauftem Haus gibt, explodiert im Eingangsbereich der Stuttgart Arena ein Sprengsatz. Unter den Toten ist auch Sofie Stenger, die das Konzertticket von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte.

Am 22 Mai um 22.47 Uhr geht die Welt für Kerstin und Markus unter, denn ihr einziges Kind, die 12-jährige Sofie stirbt. Unter die Traurigkeit mischt sich auch Entsetzen. Denn ihr Unglück, der Verlust der geliebten Tochter, wird politisch ausgeschlachtet. Markus nimmt Kontakt mit der Familie des Täters auf, da die positive Lebenseinstellung ein grosses Merkmal von Sofie war.


Jan Costin Wagner hat mich mit seinem Roman "Eden" berührt.

Bis ins Innerste!

Der Verlust ihrer Tochter und die Tragödie erschüttern Markus und Kerstin, Sofies Eltern. Ihnen wird auch die Zukunft mit ihrem einzigen Kind geraubt. Auf einen Schlag ist da nichts mehr, nur noch Leere. Erinnerungen an den lebenslustigen Teenager ist alles, was zurückbleibt. Sofie ist 12 Jahre alt, als sie getötet wird.

Aus der Sicht der verschiedensten Figuren liest man, wie sich das Leben weiterentwickelt nach dem Anschlag. Vater Markus kommt zu Wort, Mutter Kerstin, Sofies Tante Isabel und ihre Cousine Lotte, die auch am Konzert waren und Tobias, ein Freund von Sofie. Und auch der Selbstmordattentäter bekommt seine Kapitel. Seine Gedanken mit krudem Stolz erzählt, konnte ich fast nicht ertragen.

Obwohl der Unglücksabend nur vage angedeutet wird, kann man sich ausmalen, was geschehen ist. Ich hatte Gänsehaut und es hat mich betroffen gemacht. Natürlich auch mit dem Wissen im Hinterkopf, dass genau solche Anschläge in der realen Welt geschehen. Immer wieder!

Der Schreibstil empfand ich als stakkatoartig, jedoch ausdrucksstark. Kurz und bündig erzählt der Autor, was geschieht. Gefühle werden eher nüchtern beschrieben. Und trotzdem liest man zwischen den Zeilen, wie gross die Trauer und Verzweiflung ist.

Sehr gut ausgearbeitet hat der Autor die unterschiedlichen Arten und Ebenen des Trauerprozesses. Markus zum Beispiel geht an die Öffentlichkeit. Er nimmt Kontakt zu der Familie des Attentäters auf und versucht mit seiner ganz eigenen Auffassung den Tod der geliebten Tochter zu verarbeiten. Für Kerstin hingegen ist die Wut ein Ventil. Wut, die sich gegen ihren Mann richtet, der die Überraschung, den Konzertbesuch für Sofie organisiert hat. Die Geschichte zeigt deutlich, wie unterschiedlich Trauerprozesse verlaufen und wie jeder Mensch anders trauert.

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Veröffentlicht am 26.09.2025

Nachvollziehbare Ermittlungen!

Eines jungen Mannes Reise in die Nacht
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Allan Fremling ist Sportlehrer an der Kvarnbo-Schule in Kymlinge und hält sich als ehemaliger Mehrkämpfer an einen strengen Ernährungsplan. Die Pizzabestellung, die er spätnachts tätigt, ist gegen seine ...

Allan Fremling ist Sportlehrer an der Kvarnbo-Schule in Kymlinge und hält sich als ehemaliger Mehrkämpfer an einen strengen Ernährungsplan. Die Pizzabestellung, die er spätnachts tätigt, ist gegen seine Gewohnheiten. Noch bevor Allen Fremling die bestellte Pizza essen kann, ist er tot.

Kommissar Lars Borgsen, der als Erster am Tatort ist, übernimmt die Leitung in dem Fall, der sich als Mord herausstellt.

Eine zweite Tat ruft aber dann Kommissar Gunnar Barbarotti und seine Partnerin Eva Backmann auf den Plan. Wo ist die Verbindung der Morde?


Dieses Buch ist ja schon der neunte Band der Barbarotti Reihe von Hakan Nesser. Ich bin der lebende Beweis, dass man nicht alle Bände kennen muss, um folgen zu können. Vorwissen ist meiner Meinung nach nicht nötig.

Wieder, wie auch schon bei Band acht, steht auf dem Cover "Roman". Erneut finde ich, dieses Buch sollte als Krimi deklariert werden. Denn wir bekommen es nicht nur mit Mord und Totschlag zu tun, sondern ein Ermittlungsteam macht das, was in Krimis getan wird: es ermittelt.

Hakan Nesser präsentiert seinen Lesern detailliert den Täter. Tatsächlich wird auf etlichen Seiten eine Art Charakterstudie betrieben, die psychologisch greift und ausgereift ist. Kapitel 8 bis 11 sind ausschliesslich dem Täter gewidmet.

Ist ein Krimi, in dem den Lesern der Täter von Beginn weg bekannt ist, weniger spannend? Ich finde nicht, denn so kann man die Ermittlungen noch besser nachvollziehen und es macht einfach Spass den Ermittlern zuzulesen. Oft entwickelt sich durch das Wissen, das man Barbarotti und Co voraus hat, einen ganz besonderen Reiz. Vor allem, wenn die Polizei dem Täter sehr nahe kommt ...ohne es zu ahnen.

Mich hat der Autor einmal mehr abholen können. Er versteht es hervorragend die Spannung zu halten. Auch wenn die Handlung sich oft etliche Seiten lang nur einer Figur widmet und die Ermittlungen dadurch hinten anstehen müssen. Hakan Nesser entführt zum Beispiel seine Leser in eine ausführliche Einführung des Kriminalbeamten Lars Borgsen, der jedoch in der folgenden Handlung eher zur Nebenfigur wird.

Die Protagonisten bekommen sehr viele Buchseiten, das ergibt oft Geschichten in der Geschichte. Stets schafft Nesser einen Bezug zur Haupthandlung, manchmal mit einer verblüffenden Verbindung. Die Geschichte wird chronologisch geführt, zeitlich von Mitte Mai bis Ende August, was wohltuend ist neben den etlichen Nebengeschichten.

Nesser lässt ab und zu seine persönliche Meinung zu den Herrschern unserer (realen) Welt einfliessen. Da bekommt so mancher Politiker sein Fett weg. Sehr ironisch und mit Recht sehr kritisch geht Nesser auf diese mächtigen Männer der heutigen Welt ein.

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