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Veröffentlicht am 15.10.2018

Raffinierter Plot!

Bösland
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Ben ist 13 Jahre alt, als er in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingeliefert wird. Er wird beschuldigt, ein gleichaltriges Mädchen auf dem Dachboden seines Elternhauses erschlagen zu haben. Auf ...

Ben ist 13 Jahre alt, als er in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingeliefert wird. Er wird beschuldigt, ein gleichaltriges Mädchen auf dem Dachboden seines Elternhauses erschlagen zu haben. Auf dem Dachboden, auf dem sich sein tyrannischer Vater 3 Jahre zuvor das Leben genommen hat. Ben verbringt seine Jugendzeit in der Psychiatrie, 30 Jahre später ist er wieder frei. Er versucht zusammen mit seiner Therapeutin Therese Vanek und seinem besten Freund aus Kindertagen, Felix Kux, das Erlebte zu verarbeiten. Als Therese Vanek erschlagen in ihrer Praxis aufgefunden wird, gerät Ben in Verdacht auch für diesen Mord verantwortlich zu sein.

Ich habe schon mehrere Bücher von Bernhard Aichner gelesen und "Bösland" finde ich eines der besten, die er geschrieben hat. Der Autor zeichnet sich auch hier durch einen ausgekügelten, einfallsreichen und neuen Plot, bei dem alles schlüssig aufgeht, aus. Dazu kommt, dass er sehr viel Gewicht auf psychologische Spielchen legt. Sehr schnell verführt Aichner zudem die Leser durch subtile Andeutungen, die man oft erst viel später als solche versteht, zu den wildesten Spekulationen. Betreffend der Tat an dem Mädchen und der Schuldfrage für diesen Mord ist man lange nicht auf der sicheren Seite. Hat Ben diesen Mord begangen? Wenn ja, weshalb? Dazu kommt der zweite Mord an Therese Vanek. Hat Ben seine Therapeutin umgebracht? Und aus welchem Grund, um nach 30 Jahren erneut zu morden? Doch auch als diese Fragen gegen Mitte Buch beantwortet werden, geht es spannend weiter. Die Handlung entwickelt sich in eine Richtung, die zu Beginn absolut unvorhersehbar und unvorstellbar erschien. Von Seite zu Seite habe ich gestaunt, auf was für spannende und überraschende Wendungen der Autor gekommen ist.
Immer wieder wurden Dialoge, zwischen Ben und seinem besten Freund, der Therapeutin, aber auch zwischen Ben und der Ehefrau von Kux eingeflochten. Die sind sehr aufschlussreich und spannend, obwohl sie sehr nüchtern und trocken geschrieben sind. Der Schreibstil von Bernhard Aichner ist speziell und anders. Eher sachlich gehalten, abgesehen von den Dialogen wird die direkte Rede sehr rar eingesetzt. Und trotzdem zaubert er das düstere und schockierende Bild eines misshandelten Jungen, der versucht sich zu wehren. Sehr eindringlich und teilweise an der Grenze des für mich Erträglichen habe ich nicht nur mit Ben als Kind, sondern auch mit Ben als erwachsenen Mann mitgelitten. Der Autor hat es sehr gut verstanden, meine Emotionen zu wecken und so hat diese Geschichte für mich einen regelrechten Sog entwickelt.
Ich denke, der Schreibstil von Bernhard Aichner polarisiert, entweder man mag ihn oder eben nicht. Mir gefällt er sehr und für mich ist Aichner zudem ein Meister der sehr gut ausgearbeiteten Handlung.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Ein Mord macht noch keinen Thriller!

Der Abgrund in dir
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Rachel wächst ohne Vater auf. Dieser verlässt die Familie, als Rachel drei Jahre alt ist. Als Jugendliche möchte sie ihn kennen lernen, die Mutter verweigert jede Auskunft. Nach einem Arbeitseinsatz in ...

Rachel wächst ohne Vater auf. Dieser verlässt die Familie, als Rachel drei Jahre alt ist. Als Jugendliche möchte sie ihn kennen lernen, die Mutter verweigert jede Auskunft. Nach einem Arbeitseinsatz in Haiti, der Rachel sehr geprägt hat, leidet sie unter Panikattacken und hat Probleme ihr Leben auf die Reihe zu kriegen. Erst als sie Brian kennenlernt, kehrt so was wie Stabilität und Ruhe ein. Eines Tages erschiesst Rachel ihren Mann.

Das Buch beginnt mit dem Schluss. Rachel erschiesst ihren Mann Brian. Und da war meine Neugier auch schon geweckt. Weshalb erschiesst eine scheinbar glückliche Ehefrau ihren Mann? Doch es brauchte eine grosse Portion Geduld um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Denn erst mal springt die Story zurück ins 1977. Rachels Vergangenheit, ihre Beziehung zu der gefühlskalten Mutter, die ihrer Tochter den Namen des Vaters vorenthält. Rachels Suche nach dem Vater und ihren Einsatz als Reporterin im mit Cholera, Erdbeben und Krisen geschüttelten Haiti. Dieser Teil enthält viele berührende Szenen. Da ist erst mal der Vater, den Rachel meint gefunden zu haben. Die Gefühle, die sie ihm entgegen bringt und die nur bedingt Anklang finden. Dann die Arbeit auf Haiti. Der Hurrikan, die Cholera, die wütet…sehr authentisch und bedrückend beschrieben.
Mich hat der Schreibstil begeistert. Zwar eher nüchtern, doch durch kurze und prägnante Sätze wunderbar zu lesen. Ohne viele und überflüssige Worte zu verlieren, kommt der Autor auf den Punkt. Perspektivwechsel gibt es keine. Daher ist die Geschichte, in der immer Rachel im Mittelpunkt steht, gradlinig und klar. Was dadurch langweilig sein könnte, hat der Autor durch viele Ereignisse in Rachels Leben wett gemacht. Zwar habe ich nicht so wirklich verstanden, weshalb, und das im Hinblick auf den Verlauf der Geschichte, Rachels Suche nach ihrem Vater, so viel Gewicht beigemessen wurde. Denn so wie es sich zum Schluss dargestellt hat, war das nur zwecks Verständnis für die Figur Rachel und ihre späteren Angststörungen. Und deshalb empfand ich, gerade diesen Aspekt, als zu viel Raum einnehmend.
Lange Zeit ist man ahnungslos, wie sich die Story entwickelt und in welche Richtung sie geht. Der "Einführungsteil" in die Figur Rachel und ihrer Vergangenheit war mir zu sehr in die Länge gezogen. Die Spannung, die nach dem Mord auf den ersten Seiten sehr schnell aufgebaut wurde, verpufft im Nichts…um dann Mitte Buch wieder in Fahrt zu kommen. Paranoia oder Misstrauen ziehen ein und man fühlt mit Rachel mit, deren Leben plötzlich komplett aus den Fugen gerät.
Im Grossen und Ganzen habe ich mich mit diesem Spannungsroman gut unterhalten. Ein Thriller ist es leider ganz und gar nicht, dafür enthielt die Geschichte zuviele Familien und/oder Eheprobleme und zu wenig psychologische Spielchen oder Gänsehaut. Oder anders gesagt : Ein Mord macht noch lange keinen Thriller!

Veröffentlicht am 10.10.2018

"Zuviel"

Der Nachtwandler
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Leon Nader erwacht eines Tages und seine Frau Natalie packt ihre Sachen und zieht aus. Sie sieht übel aus und in Leon keimt der Verdacht, dass er dafür verantwortlich ist. Seit seiner Kindheit leidet er ...

Leon Nader erwacht eines Tages und seine Frau Natalie packt ihre Sachen und zieht aus. Sie sieht übel aus und in Leon keimt der Verdacht, dass er dafür verantwortlich ist. Seit seiner Kindheit leidet er unter Somnambulie und hat nun Angst, dass er beim Nachtwandeln Natalie etwas angetan hat. Als Kind war er sogar in psychiatrischer Behandlung, da er seinen Pflegebruder während einer solchen Nacht fast erstochen hätte. Natalie ist und bleibt spurlos verschwunden und Leon hat das Gefühl, er sei dafür verantwortlich.

Wie oft in den Thrillern von Sebastian Fitzek muss man auch hier eine Auge zudrücken Punkto Glaubwürdigkeit. In "Der Nachtwandler" entdeckt Leon in der Wohnung, hinter einem Schrank einen Schacht der Unglaubliches verbirgt. Man darf einfach nicht realistisch denken und sich fragen, wie das sein kann, dass noch niemand ein Tunnel - Labyrinth unter einem ganz gewöhnlichen Wohnhaus entdeckt hat. Doch das ist eben auch typisch Fitzek, der in seinem Büchern oft mit unwirklichen Elementen spielt. Und typisch Fitzek ist auch, dass er immer wieder von Neuem mit überraschenden Wendungen aufwartet. Auch hier habe ich so manches mal gedacht, seinen Plot durchschaut zu haben. Und genau so oft, hat er mich eines besseren belehrt. Relativ schnell ist man mitten in der Geschichte um die verschwundene Natalie. Immer wieder hat der Autor Sequenzen eingeschoben, in denen man sich nicht sicher ist ob Leon das nun träumt, oder wirklich erlebt. Das geht jedoch nicht nur uns Lesern, sondern auch dem Protagonisten so. Plötzlich weiss er nicht mehr, was tatsächlich geschieht und was er geträumt hat und ist völlig verwirrt. Der psychologische Aspekt in dieser Story ist sehr gut ausgearbeitet. Auch etwas, was ich von Fitzek gewohnt bin.
Diese Geschichte hier hat Punkto Spannung trotzdem ein paar Hänger. Gerade die Passage, als der Protagonist in dem Labyrinth herumirrt, hätte gestrafft und weniger ausführlich beschrieben sein dürfen. Hier wurde buchstäblich jeder Handgriff beschrieben, das war mir zu sehr in die Länge gezogen. Ich konnte trotzdem das Buch kaum aus der Hand legen, denn ich wusste, die Auflösung wird überraschend sein. Und tatsächlich: damit (natürlich spoilere ich das) hätte ich nie gerechnet!
Die Thriller von Sebastian Fitzek sind einfach ein Garant für überraschende Wendungen und schlau ausgekügelte Plots. Wobei hier doch bei mir etwas das Gefühl aufkam, hier wurde überkonstruiert. So wirkte auch der Schreibstil auf mich etwas chaotisch und " zuviel "…weniger ist eben doch manchmal mehr. Und so gehört "der Nachtwandler" meiner Meinung nach nicht zu den besten Thrillern von Sebastian Fitzek.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Berührend!

Die wundersame Mission des Harry Crane
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Als Beth, die Ehefrau von Harry stirbt, ist er tief verzweifelt. Beth war sein Leben und sein Glück und ein Leben so sinnlos ohne sie. Harry fühlte sich als Mitarbeiter bei der Forstbehörde schon immer ...

Als Beth, die Ehefrau von Harry stirbt, ist er tief verzweifelt. Beth war sein Leben und sein Glück und ein Leben so sinnlos ohne sie. Harry fühlte sich als Mitarbeiter bei der Forstbehörde schon immer zu Wäldern hingezogen, und Bäume sind seine Passion. So flieht er nach Beths Beerdigung in die Wälder Pennsylvenias. In den Endless Mountains lernt er die zehnjährige Oriana und ihre Mutter Amanda kennen, die ein Jahr zuvor den Vater und Ehemann Dean verloren haben. Oriana flüchtet sich in die Welt der Märchen, glaubt, dass ihr Vater als märchenhaftes Wesen in den Wäldern schwebt. Harry und Oriana verstehen sich von Beginn weg, denn sie haben beide Ähnliches erlebt. So planen sie gemeinsam eine grosse Mission, bei der sie mit eine wenig Magie versuchen ihren Verlust zu verarbeiten.


Es fällt mir sehr schwer zu beschreiben was ich beim Lesen von diesem Buch gefühlt habe. Hauptsächlich hat mich das Schicksal von Harry und Oriana zutiefst berührt. Der Autor beschreibt die grosse Liebe zwischen Beth und Harry sehr eindrücklich und so ist der Schock gross, als Beth bei einem Unfall stirbt. Doch auch die kleine Oriana und der Verlust ihres Daddys ist sehr traurig. Ein Kind, das sich nach einem so grossen Verlust in eine Scheinwelt, hier bei Oriana in die Welt der Märchen, flüchtet ist absolut authentisch und nachvollziehbar. Das zentrale Thema ist Verlust, Verarbeitung dieses Verlustes und schliesslich die Hoffnung, die aus der Verarbeitung entsteht. Wichtige Themen, die wohl jedem, der schon einmal einen Nahestehenden loslassen musste, bekannt vorkommen dürften. Das zweite Thema hier sind Märchen. Offenheit gegenüber märchenhaften Symbolen ist Bedingung um sich ganz auf die Geschichte einlassen zu können.
Der Schreibstil ist grundsätzlich flüssig zu lesen. Die teilweise verschachtelten und langen Sätze haben es allerdings in sich. Und so habe ich mich immer wieder dabei ertappt, einen Satz mehrere Male zu lesen, um die Bedeutung ganz erfassen zu können. Und manchmal sind sie einfach auch zu schön und bedeutungsvoll, um sie nur einmal zu lesen. Etwas weniger gefallen haben mir Harrys ausschweifende Reden, Gedanken und Handlungen zum Thema Natur, Wald und Bäume. Hier merkt man zwar die hervorragenden Recherchen des Autors in Sachen biologische Vorgänge. Doch gerade diese Passagen empfand ich als etwas trocken und einem Biologiebuch entnommen.
Das Spezielle in "die wundersame Mission des Harry Crane" ist, wie Nebenfiguren immer wieder in den Mittelpunkt rücken. Und wie das die Hauptgeschichte aufwertet und keinesfalls verdrängt, wie es manchmal vorkommt in Büchern, mit detaillierten Nebenhandlungen. Ich weiss auch nicht , wie der Autor das hinkriegt, denn trotz vieler Nebenfiguren und ihren Geschichten, habe ich nie den Faden verloren.
Mir hat das Buch gefallen, wenn auch die biologische Komponente etwas gekürzt gehört hätten.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Guter Krimi!

Alles ist lebend tot
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Barbara Aubert zieht nach dem Verkauf ihrer Firma von Wien ins beschauliche Tulln. Dort erfüllt sie sich einen Traum und kauft sich in eine Gärtnerei mit Blumenladen ein. Die Inhaberin, Leonie, ist nach ...

Barbara Aubert zieht nach dem Verkauf ihrer Firma von Wien ins beschauliche Tulln. Dort erfüllt sie sich einen Traum und kauft sich in eine Gärtnerei mit Blumenladen ein. Die Inhaberin, Leonie, ist nach dem Tod ihres Mannes alleinerziehend und arbeitet von früh bis spät, um das Geschäft behalten zu können. Das idyllische Städtchen wird erschüttert, als der Kunstsammler Erich Hickel getötet wird. Er wird nachts in seinem Haus überfallen, getötet, und dabei wird ein bedeutendes Bild gestohlen.

Wunderbar! Schon auf den ersten Seiten startet mit der Beschreibung des Überfalls auf Erich Hickel dieses Buch genregerecht. Was spannend beginnt, flacht in der Beziehung leider danach erst mal ab. Nach Überfall und Mord, wird man als Leser nämlich zuerst in die Lebensumstände von Barbara eingeführt. Zwar sind die und die Einführung in Land und Leute nicht uninteressant beschrieben. Doch für meinen Geschmack doch etwas zu sehr in die Länge gezogen. Hier hat sich zwischen den Zeilen, und erst im Nachhinein für mich verständlich, schon sehr gut herauskristallisiert, wer es nicht so gut mit Barbara meint. Tulln ist ein kleines Städtchen, in dem ordentlich getratscht wird. Manchmal war mir das etwas unübersichtlich, wer denn nun genau wer ist und in welcher Beziehung zu den anderen steht. Das Personenglossar zu Beginn des Buches hat hier Abhilfe geschaffen. Immer wieder begegnen dem Leser österreichische Ausdrücke, die anhand von Fussnoten sehr gut übersetzt wurden. Nach dem ersten Drittel nimmt der Krimi wieder Fahrt auf. Ein zweiter Mord geschieht und plötzlich war buchstäblich jeder verdächtig. Von da an hat mich das Buch nicht mehr los gelassen. Zu spannend die Frage, wer denn nun wie genau in den Taten drin hängt und was das Motiv ist.
Der Schreibstil hat mir gefallen. Sehr gut hat die Autorin die Atmosphäre in dem Städtchen, sowie die Eigenheiten der Figuren beschrieben. Gerade in den Landschaftsbeschreibungen empfand ich den Schreibstil fast poetisch. Es geht zu grossen Teilen auch um Kunst. Nämlich um den Maler Egon Schiele, seine Werke, sein Leben und sein Schaffen. Ich kannte den Maler vorher nicht. Und durch die ganz und gar nicht trockene Einführung, die zudem hervorragend in den Krimi eingewoben wurde, habe ich nun auch eine Ahnung von diesem Maler und seinem Leben. Einige Male bin ich über Details, die aus den vorderen Bänden stammen, gestolpert. Da hat mir einfach das Vorwissen gefehlt. Ebenfalls empfand ich ein, zwei Handlungssprünge, als überraschend und bei denen ich das Gefühl hatte, ein " Handlungsloch " zu haben.
Ich habe mich gut unterhalten mit " Alles ist lebend tot ", meine "Krimi - Nase " war gefordert und ich empfand bis auf die etwas lange Einführung in die Figur Barbara und das Städtchen die Story als spannend.