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Veröffentlicht am 11.10.2020

Kinder sollten nicht vor den Eltern sterben

Ich lass dich nicht los
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„Ich hab Dich lieb, jeden und jeden Tag“ ist der letzte Satz, den der 5jährige Charlie an seine Mutter Carrie gerichtet hat, bevor er am Strand seinem Vater entgegengelaufen ist. Er wollte mit ihm gemeinsam ...

„Ich hab Dich lieb, jeden und jeden Tag“ ist der letzte Satz, den der 5jährige Charlie an seine Mutter Carrie gerichtet hat, bevor er am Strand seinem Vater entgegengelaufen ist. Er wollte mit ihm gemeinsam noch einmal zum Wasser gehen. Kurze Zeit später kommt Damian zu Carrie zurück – ohne seinen Sohn. Er war zur Toilette und habe noch eine kleine Joggingrunde gedreht, Charlie sei ihm unterwegs jedoch nicht begegnet. Die anschließende stunden- nein tagelange Suche nach Charlie bleibt erfolglos; der Junge ist und bleibt verschwunden. Wäre Carrie doch nur nicht eingeschlafen ….

„Ich lass Dich nicht los“ ist der Debütroman der englischen Schriftstellerin Madeleine Reiss. Mit dieser Geschichte gewann sie den Buchwettbewerb der bekannten englischen Talk-Show „The Alan Titchman Show“. Der Originaltitel lautet „Someone to Watch Over Me“. Übersetzt wurde das Buch von Karin Diemerling.

Die Geschichte beginnt 3 Jahre nach dem Verschwinden von Charlie. Neben der Trauer um ihren verschwundenen Sohn und ihre immerwährenden Selbstvorwürfe, ist ihre Ehe mit Damian an der Sache zerbrochen. Am Abend vor der Eröffnung ihres eigenen Ladens, der „Schatzkiste“, den sie in Zukunft gemeinsam mit ihrer Freundin Jen führen wird, erfährt der Leser in einem Rückblick durch Carries Gedanken, was an diesem unsagbaren Tag vor 3 Jahren am Strand passiert ist.

Der zweite Erzählstrang handelt von Molly, ihrem Ehemann Rupert und ihrem gemeinsamen Sohn Max. Obwohl die beiden Familien auf den 1. Blick nichts gemeinsam haben, sind ihre Schicksale doch irgendwie miteinander verknüpft. Ich weiß auch nicht, ob ich das Schicksal von Molly und Max schlimmer finde oder das von Charrie und Charlie.

Dieses Buch liegt schon eine ganze Weile auf meinem SuB (Stapel ungelesener Bücher) und tatsächlich frage ich mich, warum ich das Buch dort so lange habe liegen lassen. Einmal angefangen, konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen.

Es ist schlimm zu lesen, wie Carries Leben sich nach Charlies Verschwinden verändert hat. Ihre Ehe ist in die Brüche gegangen und sie vermisst ihren Sohn jeden einzelnen Tag. Auch wenn sie ausreichend zu tun hat in ihrem neuen Laden, wird die Lücke, die Charlies Verschwinden aufgerissen hat, sich niemals wieder schließen. Carrie ist zerfressen von Vorwürfen, sie hätte das Unglück verhindern können (hätte sie auch, aber das ändert nichts mehr an der Situation).

Genau so schlimm finde ich aber auch den Erzählstrang von Molly, die auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Rupert ist. Verhaltensweisen von Rupert, die Molly am Anfang ihrer Ehe als Aufmerksamkeit und Fürsorge interpretiert hat, wandelten sich im Laufe der Zeit in Kontrollsucht, die vor Körperverletzung und Freiheitsberaubung nicht halt macht.

Obwohl die beiden Frauen überhaupt nichts miteinander zu tun haben, sich noch nicht einmal kennen, gibt es einen Tag in ihrem Leben, an dem sich ihre Schicksale überschneiden.

Wie schon erwähnt, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als ich einmal in die Geschichte eingetaucht war. Ob der Schreibstil der Autorin im Original auch so gut ist, vermag ich nicht zu beurteilen, die Übersetzerin hat jedoch ihren Job sehr gut gemacht. Das Buch lässt sich flüssig lesen.

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Carrie und Molly geschrieben, zum Schluss kommt auch noch Max als Erzähler hinzu. Die Charaktere sind realistisch und mit Tiefgang angelegt und ihren Weg mit zu verfolgen, berührt mich emotional sehr. Das ein oder andere Mal fließen auch Tränen.

Die beiden Handlungsstränge laufen erst kurz vor Ende des Buches zusammen und die Geschichte wird dann auch noch richtig spannend. Der Schluss ist vielleicht ein wenig zu dramatisch, dann aber eigentlich genau passend für diese eine Person.

Bücher, die mich so in ihrer Geschichte gefangen halten, auch nachdem ich die letzte Seite schon lange zugeklappt habe, sind sehr selten geworden. Sicherlich werde ich „Ich lass Dich nicht los“ noch einmal lesen, zu einem späteren Zeitpunkt.

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Veröffentlicht am 08.10.2020

Müsingen / Westfront 1914 - 1919

Die Fotografin - Die Stunde der Sehnsucht
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Der Brand hat die Druckerei nicht gänzlich vernichtet, sondern es war nur das Warenausgangslager betroffen. Anton kümmert sich als Außendienstmitarbeiter um die Akquise und Betreuung von Neu- und Altkunden, ...

Der Brand hat die Druckerei nicht gänzlich vernichtet, sondern es war nur das Warenausgangslager betroffen. Anton kümmert sich als Außendienstmitarbeiter um die Akquise und Betreuung von Neu- und Altkunden, Mimi behält in der Druckerei in Münsingen den Überblick. Die Beiden haben sehr viele neue Ideen, die sie in ihrer Druckerei umsetzen möchten – das größte Projekt im Jahr 1914 soll ein Adventskalender werden. Anton bringt schon im Juni Bestellungen für über 20.000 Kalender mit und die Zukunft der Druckerei scheint gesichert.

Am 28. Juni 1914 werden in Sarajevo der Thronfolger Österreich-Ungarns Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek ermordet. Was danach passierte, steht in allen Geschichtsbüchern; das Deutsche Reich sichert Österreich-Ungarn seine uneingeschränkte Bündnistreue zu, am 28.07. erklärt Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, Russland macht teilmobil und am 01.08. erklärt das Deutsche Reich dem russischen Zarenreich den Krieg. Am 02. und 03.08. marschieren die deutschen Truppen in Luxemburg und Belgien ein und damit begann für die Deutschen der 1. Weltkrieg.

Die Mobilmachung macht auch vor Münsingen nicht Halt und so ziehen die Männer von der Alb in den Krieg. Wer nicht eingezogen wird, der meldet sich freiwillig, wie Wolfram und Anton, und die Frauen sind auf einmal auf sich gestellt.

In diesen Zeiten zeigt sich nun, dass persönliche Befindlichkeiten überhaupt keinen Platz im täglichen Leben haben, denn Mimi, Bernadette und Corinne müssen nun zusammenhalten um ihr Überleben zu sichern.

Bei „Die Fotografin – Die Stunde der Sehnsucht“ handelt es sich um den 4. Teil der Fotografinnen-Saga aus der Feder der Autorin Petra Durst-Benning. Für mich zeugt es von großer handwerklicher Kunst, wenn eine Autorin nach 1.440 bereits geschriebenen Seiten (Band 1 – 3) den Leser noch immer bei der Geschichte zu halten vermag. Und am Ende des Buches fange ich schon an, mich auf den 5. und letzten Teil zu freuen.

In diesem Band steht der 1. Weltkrieg im Vordergrund und seine Auswirkungen auf die Menschen. Sowohl auf die Menschen, die zu Hause geblieben sind, als auch auf die, die direkt im Kriegsgeschehen involviert sind.

Es ist ja nicht nur so, dass auf einmal in der Druckerei keine Männer mehr sind, die die Arbeit machen können, es gibt nach einiger Zeit auch keine Verbrauchsmaterialien mehr. Druckerfarbe und Papier bekommt Mimi nur noch dann geliefert, wenn sie Propagandamaterial druckt oder Lebensmittelbezugskarten. Auch wenn ihr dieser Job nicht gefällt, so ist es allemal besser, als gar nichts zu tun zu haben.

Bernadette und Corinne, die sich beide auf den Tod nicht ausstehen können, stehen auf einmal mit tausenden von Schafen alleine da. Wolfram hat sich freiwillig an die Front gemeldet, die anderen Schäfer und Hirten wurden eingezogen. Der Winter naht und die Schafe müssen auf die weit entfernten Winterweiden. Für diesen Job ist niemand anderer als die hochschwangere Corinne geeignet.

Bernadette wird vom Münzinger Bürgermeister als seine Stellvertreterin ernannt und sie ist fortan für die Belange der Bürger zuständig. Kein einfacher Job, schon gar nicht in Kriegszeiten.

Recht schnell stellen die 3 Frauen fest, dass es niemandem hilft, wenn sie sich nicht gegenseitig unterstützen und so wachsen sie immer mehr zu einer festen Einheit zusammen.

„Uns alle werden die Gräuel des Krieges ein Leben lang begleiten. Ich sage dir – nur wenn wir tot sind, werden wir das Ende des Krieges gesehen haben.“ (Seite 442)

Die Geschichte wird in mehreren Handlungssträngen erzählt. Zum einen ist der Leser natürlich tief in die Geschehnissen um die 3 Frauen in Münsingen involviert, zum anderen erzählt Anton von seiner Zeit als Sanitäter an der Westfront (sehr bewegend !!) und natürlich gibt es auch wieder den Handlungsstrang von Paon, Alexander, der als Maler gerade in Kriegszeiten richtig Geld verdient. In diesem Band wird nun auch endlich die Herkunft von Mylo aufgedeckt, der vom 1. Tag in der Kunstschule seine schützende Hand über Alexander gehalten hat.

Wer sich noch an den Gewerkschafter Johann Merkle erinnert, in den Mimi einmal über beide Ohren verliebt war. Oder Christel, Antons Freundin, die mit Antons Ersparnissen aus Laichingen verschwunden ist …. in diesem Band gibt es ein Wiedersehen mit ihnen.

Petra Durst-Benning erschafft mit ihren Frauenfiguren immer starke aber authentische Persönlichkeiten. Es handelt sich nicht um Übermenschen, sondern um Frauen, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen und sich auch schon mal gegen die herrschenden Konventionen auflehnen. In einem Krieg nutzt einem Auflehnung nicht sehr viel, denn es gibt keine Alternativen. Aber Mimi, Bernadette und Corinne schaffen es immer wieder, für sich selbst und für einige andere Frauen aus dem Dorf Lösungen zu finden, die die härteste Zeit ihres Lebens erträglicher machen.

Nun gilt es auf den 5. und letzten Teil der Fotografinnen-Saga zu warten. „Die Fotografin – Das Ende der Stille“ erscheint im Frühjahr 2021.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Im Krieg hat am Ende nur einer Recht – der Gewinner

Dschihad Online
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Von 1992 bis 1995 befanden sich die Bewohner der damaligen Jugoslawischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina im Krieg. Während der serbische Teil der Bevölkerung für einen Verbleib in der jugoslawischen ...

Von 1992 bis 1995 befanden sich die Bewohner der damaligen Jugoslawischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowina im Krieg. Während der serbische Teil der Bevölkerung für einen Verbleib in der jugoslawischen Föderation kämpfte, wollten die Bosniaken einen unabhängigen Staat bilden.

Dieser Krieg eskalierte zwischen dem 11. und 19. Juli 1995 und diese schrecklichen Kriegstage gingen als „Massaker von Srebrenica“ in die Geschichte ein. Rund um die Stadt Srebrenica wurden circa 8.000 Bosniaken getötet (wohl eher abgemetzelt), in der Regel handelte es sich um männliche Personen im Alter zwischen 14 bis 78 Jahren.

Viele Menschen flüchteten damals vor Folter, Krieg und Zerstörung aus ihrem Heimatland.

Auch die Eltern von Amir und Khalil sind vor diesem Krieg geflüchtet und haben in Amerika eine neue Heimat gefunden. Während Amir in Bosnien geboren ist und – genau wie seine Eltern – nur eine Aufenthaltsgenehmigung hat, wurde Khalil in den USA geboren und hat somit die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Die Eltern entschließen sich, wieder zurück nach Bosnien zu gehen, um dem Rest der Familie zu helfen und lassen ihre beiden Söhne zurück. Khalil ist 16 Jahre alt, Amir ist älter, aber sein genaues Alter hat sich mir irgendwie nicht erschlossen (oder ich habe es überlesen). Amir ist gläubiger Moslem, Khalil nimmt es mit der Religion nicht ganz so genau.

Bevor die Eltern ihre Söhne verlassen, zahlen sie die Miete für 6 Monate im Voraus. Weil Amir aber wegen Ladendiebstahls verurteilt wurde, soll er ausgewiesen werden und so verlassen beide die Wohnung und ziehen in die Souterrainwohnung von Bekannten.

Khalil ist der beste Schüler seiner Klasse, er schwärmt für ein Mädchen und hat einen soliden Freundeskreis. Nach und nach verschlechtert sich ihre Lage, sie haben kein Geld mehr für die Miete, sie haben kein Geld zum Leben. Sie wohnen in einem kalten und klammen Keller (Wohnung kann man das nicht nennen) und halten sich mit Diebstählen über Wasser. Der letzte große Coup war der Diebstahl eines kompletten Geldautomates.

Khalil schwänzt immer öfter die Schule und lügt immer öfter seine Freundin an. Amir schaut sich auf YouTube Videos von Dschihadisten an, die dafür Werbung machen, sich ihnen anzuschließen und dafür im Paradies die Belohnung zu erhalten. Da Amir innerlich sehr zerrissen ist, fallen die Worte dieser Islamisten aus den Videos auf fruchtbaren Boden. Auf Facebook folgt er einigen radikalislamistischen Seiten.

„Ich schwöre bei Allah, ich fühle mich verloren. Ich würde so gern in einem muslimischen Land leben. Immer wieder sage ich mir, wenn ich in einem muslimischen Land leben würde, wäre ich strenggläubig. Hier in den USA bin ich mit so vielen Haram-Dingen (verbotenen Dingen) in Berührung gekommen. Alles, was ich brauche, sind ein guter Rat und ein paar schöne Worte, die meinem Herzen helfen.“ (Seite 67)

Amir zieht seinen Bruder immer mehr hinein in diesen Strudel und irgendwann fährt Khalil zu einer Mission … im Kofferraum seines Autos befindet sich eine Bombe.

Drückt Khalil tatsächlich auf den Auslöser?

Morton Rhue hat auch mit diesem Buch ein aktuelles Thema aufgegriffen, genau wie in seinem Buch „Die Welle“. Es handelt sich hier um ein Jugendbuch mit welchem der Autor seine Leser dazu bringen möchte, die Dinge zu hinterfragen. Es gibt immer 2 Seiten der Medaille, aber man sieht immer nur das, was andere einen sehen lassen.

Bei Amir und Khalil handelt es sich um 2 Jugendliche, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden haben. Sie fragen sich – zu Recht – warum es im Nahen Osten Dutzende von US-Militärstützpunkten gibt oder warum US-Kriegsschiffe im Persischen Golf liegen, die sofort Raketen und Kampfflugzeuge losschicken könnten. An keiner Stelle im Atlantik oder Pazifik liegen jedoch islamische Flotten. Es gibt auch keine muslimischen Drohnen, mit deren Hilfe amerikanische Bürger getötet werden. Wohl gibt es aber amerikanische Drohnen (Predator / Reaper), die zum Zweck der gezielten Tötung von Menschen in Afghanistan, Pakistan, Bosnien, Serbien, Irak, Lybien, im Jemen und in Syrien eingesetzt werden/wurden. Wenn bei solchen Aktionen unbeteiligte Zivilisten ums Leben kommen, so wird das als eine schreckliche Tragödie dargestellt.

Warum bezeichnet man einen amerikanischen Soldaten, der bereit ist, sein Leben für sein Volk zu opfern, als Patrioten und Helden, und einen Moslem, der dasselbe tut, als Extremisten und Terroristen? Warum wird der Tod von unschuldigen muslimischen Frauen und Kindern durch eine amerikanische Drohne als Unfall abgetan, als Versehen, als „Kollateralschaden“? Aber wenn ein Moslem amerikanische Frauen und Kinder tötet, ist das eine Gräueltat, „ein barbarisches Massaker an unschuldigen Zivilisten“? (Seite 149)

Die Geschichte von Amir und Khalil soll zum Nachdenken anregen. Der Schreibstil des Autors ist – meiner Meinung nach sehr kühl, auf Abstand. Tatsächlich lese ich die Seiten des Buches einfach so runter, emotionslos. Ich fühle nicht die Zerrissenheit der beiden Jungs, ich kann sie aber trotzdem verstehen. Jugendliche brauchen Führung, die sie normalerweise von ihren Eltern bekommen sollten. Die Eltern der Beiden sind in Bosnien und sie haben ihre Kinder sich selbst überlassen. Es ist meiner Meinung nach nicht verwunderlich, dass sie sich von den Versprechungen der Islamisten einwickeln lassen. Jeder Jugendliche, egal welcher Nationalität, driftet ab, wenn er nicht von zu Hause entsprechende Führung und Rückhalt bekommt in seinem Leben.

Mit 250 Seiten ist dieses Buch schnell gelesen und auch wenn es vom Schreibstil her eher nüchtern ist, kann man sich gedanklich mit dem Thema auch weit über das Lesen hinaus befassen.

Genau wie „Die Welle“, könnte ich mir „Dschihad online“ als Schul-Lektüre vorstellen, über die man im Anschluss diskutiert und sich austauscht. Mit solchen Themen sollen Kinder/Jugendliche nicht alleine gelassen werden. Das Buch ist empfohlen ab 14 Jahren.

Veröffentlicht am 25.09.2020

Smart Home – Cozy Home ?

Die App – Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
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Seit knapp 1 Jahr wohnen Lisa und Hendrik zusammen, in wenigen Tagen wird ihre Hochzeit stattfinden.

Das Haus in dem sie wohnen, lässt keine Wünsche offen. Versehen mit einem Smart Home-System dessen ...

Seit knapp 1 Jahr wohnen Lisa und Hendrik zusammen, in wenigen Tagen wird ihre Hochzeit stattfinden.

Das Haus in dem sie wohnen, lässt keine Wünsche offen. Versehen mit einem Smart Home-System dessen Name „Adam“ ist, können sie ihre komplette Haustechnik über eine App auf dem Smartphone steuern. „Adam“ schaltet das Licht ein, sobald jemand ein Zimmer betritt – und schaltet es ebenfalls wieder aus, sobald dieser Jemand das Zimmer verlässt. Für die Haustüre benötigt man keinen Schlüssel, der Fingerabdruck und/oder ein Iris-Scan reichen aus. In jedem Raum wird zur eigenen Sicherheit eine Überwachungskamera gestartet, sobald jemand das Zimmer betritt. Die Heizung, der Kühlschrank, der Fernseher, die Rollos, die Treppenbeleuchtung, alles wird zuverlässig digital gesteuert oder … ups, hat da gerade während des Abendessens das Licht geflackert?

Hendrik ist Chirurg und Spezialist für Gelenks- und Knochenoperationen und muss nochmal zu einer Not-OP ins Krankenhaus, Linda bleibt alleine zu Hause, es ist spät am Abend, sie möchte gleich schlafen gehen. Als Hendrik nach der OP müde nach Hause kommt, ist das Bett leer und Linda verschwunden. Wenn es ein Einbrecher war, warum hat „Adam“ keinen Alarm ausgelöst?

Obwohl Hendrik sich sicher ist, dass Linda das Haus nicht freiwillig verlassen hat, geht die Polizei davon aus, dass sie die Chance genutzt hat, ihren zukünftigen Mann zu verlassen. Es gibt einige Indizien, die darauf hinweisen.

Innerhalb der letzten Tage sind in Hamburg jedoch mehrere Menschen spurlos aus ihrem Zuhause verschwunden. In allen Häusern ist das Smart Home-System „Adam“ installiert……..

„Die App“ ist der neue Psycho-Thriller des Autors Arno Strobel und auch in diesem Buch hat er erneut ein brandaktuelles Thema aufbereitet, denn viele Dinge des täglichen Lebens steuern wir heute überwiegend über unsere Smartphones. Fitness-Tracker, Ernährungs-Apps, Musik-Streaming über internetbasierte persönliche Assistenten, warum nicht auch die Haushaltsgeräte über eine App steuern? Das Leben kann so einfach sein. Was aber, wenn ein solches System anfängt (s)ein Eigenleben zu führen?

Mit Linda und Hendrik hat Arno Strobel zwei sehr sympathische Charaktere erschaffen. Die Beiden sitzen gemeinsam bei Abendessen und reden über ihre bevorstehende Hochzeit und ihre Hochzeitsreise und beide erwecken den Anschein, als ob sie sich auf ihre gemeinsame Zukunft freuen. Dann verschwindet Linda und für Hendrik bricht eine Welt zusammen, als die Polizei – anhand der Indizien – davon ausgeht, dass Linda ihn verlassen haben soll. Für Hendrik ist dieser Gedanke unerträglich.

Die beiden Kommissare Sprang und Kantstein, die in diesem Fall ermitteln, sind sich anfangs einig, dass Linda Henrik verlassen hat. Nachdem Hendrik jedoch einige überzeugende Gegenargumente vorgelegt hat, lässt sich zumindest einer der beiden Polizisten davon überzeugen, dass ihre Theorie genau so gut auch falsch sein könnte.

Hendrik de-installiert die „Adam“-App auf seinem Smartphone – kurze Zeit später ist sie wieder installiert und aktiv. Hendrik fährt das Smart Home-System an der hauseigenen Steuerung herunter – kurze Zeit später leuchten wieder die grünen Lampen, dass das System arbeitet.
Unerwartet erhält Hendrik Unterstützung von einer jungen Psychologiestudentin namens Alexandra, die bis vor wenigen Tagen beim Hamburger LKA ein Praktikum gemacht hat und im Rahmen ihrer Arbeit auf die Vermisstenfälle aufmerksam geworden ist. Können Alexandras Kontakte ins Darknet helfen?

Gemeinsam decken Alexandra und Hendrik nach und nach die grausame Wahrheit auf.

Parallel zum Handlungsstrang von Hendrik, gibt es noch den Strang einer unbekannten Person. Die Vorkommnisse sind in kursiver Schrift gehalten, damit sich die Handlungsstränge voneinander abheben. Diese unbekannte Person befindet sich wahrscheinlich in einem alten Operationssaal, auf einem Metalltisch liegend und nicht fähig, außer den Augen, ein Körperteil zu bewegen. Um ihn/sie herum hantiert ein Mensch mit einer blutigen Schlachter-Schürze.

Beide Handlungsstränge werden aus der Sicht einer unbeteiligten dritten Person erzählt.

Der Schreibstil des Autors ist, wie auch in den beiden anderen Büchern, die ich von Arno Strobel kenne, fließend und schnell zu lesen. Die Spannung baut sich schon gleich zu Anfang der Geschichte auf und kann auch weitestgehend das ganze Buch über gehalten werden. Tatsächlich finde ich dieses Buch in großen Teilen besser als „Offline“ oder „Schlusstakt“ ….. wenn denn da dieser Schluss nicht wäre.

Der Moment, in dem sich offenbart, welche Personen wie und warum in die Geschichte verstrickt sind, lässt meine Begeisterung für dieses Buch wieder abflachen. Dieses Ende ist für meinen Geschmack zu sehr konstruiert und hat mich dann doch etwas enttäuscht zurück gelassen. Da wäre viel mehr möglich gewesen.

Veröffentlicht am 18.09.2020

Der 1. Fall für Personenschützer Stefan Trapp

Im Auge des Mörders
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In Köln treibt ein Serientäter sein Unwesen. Er tötet seine Opfer aber nicht gleich – nein, er vergewaltigt sie zuerst und kehrt erst einige Wochen später zu ihnen zurück, um sie dann zu töten. Kurioserweise ...

In Köln treibt ein Serientäter sein Unwesen. Er tötet seine Opfer aber nicht gleich – nein, er vergewaltigt sie zuerst und kehrt erst einige Wochen später zu ihnen zurück, um sie dann zu töten. Kurioserweise kommt er immer an seine Opfer ran; auch wenn sie unter Polizeischutz stehen oder sich sogar in einer von der Polizei angemieteten Schutzwohnung befinden. Auf sein Konto gehen bis jetzt 5 Vergewaltigungen und folglich ebenso 5 Morde. Auffallend ist, dass der Täter seinen Opfern die Zunge herausschneidet.

Eva Haller ist freiberuflichen Journalistin. Aus einem Experiment, welches sie an ihrem 30. Geburtstag in leicht alkoholisiertem Zustand ins Leben gerufen hatte, entstand der Eva-Haller-Blog auf welchem sie sich seit 5 Jahren hauptsächlich Themen widmet, die sich mit der Benachteiligung der Frau in der modernen Gesellschaft beschäftigen. In Zusammenhang mit den unaufgeklärten Morden veröffentlicht sie einen Blogeintrag, in welchem sie sich über die Unfähigkeit der Polizei auslässt, diese Frauen ausreichend zu schützen.

Scheinbar liest auch der Serienmörder den Eva Haller-Blog, denn er kommentiert genau diesen Beitrag und endet mit dem Satz: „Am besten legst Du Dich jetzt schlafen, damit Du für unser Rendezvous ausgeruht bist“.

Kurz darauf dringt ein Unbekannter in Evas Wohnung ein und bedroht sie. Glücklicherweise ist Eva eine hervorragende Bogenschützin und sie kann sich den vermeintlichen Serienmörder mit Hilfe von Pfeil und Bogen vom Leib halten. Wenig später findet Eva erneut einen Kommentar auf ihrem Blog, der mit den Worten endet „Wir sehen uns bald. Ziemlich bald.“

Da Eva kein Vertrauen in die Polizei hat, engagiert sie einen Bodyguard, den sie aufgrund einer erst kurz zurückliegenden Reportage über Personenschützer kennengelernt hat. Stefan Trapp ist ehemaliger Bundeswehroffizier und hat sich nach seiner Soldatenkarriere als freiberuflicher Leibwächter selbständig gemacht.

Kann Trapp Eva schützen? Oder versagt er, ebenso wie die Polizei?

„Im Auge des Mörders“ ist der 1. Teil einer Dilogie, die den Beinamen „Der Leibwächter“ trägt und in welcher der Personenschützer Stefan Trapp als Ermittler im Vordergrund steht. Für mich ist es das erste Buch überhaupt, welches ich von Marcus Hünnebeck gelesen habe.

Die Tatsache, dass eben Stefan Trapp als Ermittler/Leibwächter im Vordergrund stehen soll, habe ich als Leserin leider so nicht wahrgenommen. Für mich steht hier eindeutig Eva Haller im Vordergrund, denn es werden ausreichend Informationen über ihre Person, ihr Hobby (Bogenschießen) und ihren Blog aufgeführt, auf die Vita von Stefan Trapp wird eher nebensächlich eingegangen.

Der Schreibstil des Autors ist sehr angenehm und ich habe das Buch tatsächlich innerhalb weniger Stunden gelesen, die Spannung, die mich das Buch nicht aus der Hand legen lässt, ist vorhanden. Meiner Meinung nach handelt es sich hier aber eher um einen wirklich guten Krimi als um einen Thriller, denn das was passierte, ist mir für einen Thriller zu wenig.

Stefan Trapp ist gut in seinem Job, jedoch ist auch er nur ein Mensch und macht Fehler. Selbst mit Hilfe modernster Technik kann Trapp es nicht verhindern, dass Eva ein zweites Mal in die Hände dieses Mörders gerät.

An dieser Stelle bin ich mir dann nicht so ganz sicher, ob ein Vergewaltiger und Mörder sich ernsthaft darüber Gedanken macht, ob sein Opfer gerade eine frische Intimrasur hinter sich hat oder nicht. Da ich kein Serienmörder bin, kann ich diese Frage für mich nicht abschließend behandeln, es schien mir jedoch irgendwie surreal in einer Situation, in der der Mörder sein Opfer endlich in den Fängen hat. Vergewaltigern ist es doch üblicherweise egal, ob man frisch gewaschen oder rasiert ist, es geht doch um Machtausübung und Gewalt und nicht um hygienische Aspekte.

Im richtigen Leben mag ich weder Gewalt, noch kann ich Blut sehen. Für einen Thriller war es mir jedoch deutlich zu sanft, was der Täter mit Eva angestellt hat.

Alle Charaktere sind gut und bildhaft beschrieben und der Autor versteht es, verschiedene Personen so in den Fokus zu rücken, so dass man denkt der Täter ist entlarvt. Wenige Seiten weiter sieht das alles dann wieder ganz anders aus.

Auch wenn die Polizei eher im Hintergrund die Ermittlungen betreibt, weil Haller und Trapp mehr im Vordergrund agieren, gibt es auch hier diesen einen Polizisten, der sein seine ganz persönlichen Dämonen bekämpfen muss und vielleicht genau deswegen unfähig ist, diesen Fall zu lösen. Ist Polizeirat Ferdinand Grohl sogar der Serienmörder?

Der Unterschied zwischen einem Krimi und einem Thriller ist für mich, dass man bei einem Krimi den Täter nicht kennt, bei einem Thriller die Geschichte aber oftmals aus Sicht des Täters mitverfolgt. Hier wurde erst zum Schluss der Story der Mörder sowie sein Motiv enttarnt.

Das Buch hat mich einige Stunden gut unterhalten, es hat mich aber nicht – wie ich es bei einem Thriller erwarte – in die Handlung eingesogen.