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Veröffentlicht am 02.04.2024

Wunderschöne Geschichte für alle, die Bücher lieben

Die Vermesserin der Worte
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Ida, von Beruf Autorin, bringt seit Monaten kein Wort mehr zu Papier. Als langsam aber sicher das Geld knapp wird und die Schreibblockade anhält, nimmt sie einen Job als Haushälterin bei der alten Ottilie ...

Ida, von Beruf Autorin, bringt seit Monaten kein Wort mehr zu Papier. Als langsam aber sicher das Geld knapp wird und die Schreibblockade anhält, nimmt sie einen Job als Haushälterin bei der alten Ottilie Selig an. Während Ottilie anfangs sehr eigenbrötlerisch und verschlossen daherkommt, entwickelt sich zwischen den beiden Frauen eine Freundschaft. Denn eines verbindet sie beide: die Liebe zu den Worten.

Dieser kleine Einblick kann in kleinster Weise das widerspiegeln, was diese Geschichte ausmacht. Es ist die Hingabe und Liebe zur Welt der Bücher und der Geschichten.
— „Denn ein Mensch, der zu einer ersten Begegnung ein Buch mitbrachte, dem würde sie zu Beginn immer einen Vertrauensvorschuss gewähren. Das war ein ungeschriebenes Gesetz unter Lesenden.“ (Seite 33) —
Ida beginnt der an Demenz erkrankten Ottilie eine Geschichte zu erzählen, um sie vor dem Vergessen zu bewahren und sich gleichzeitig auch selbst die Frage zu beantworten, warum sie nicht mehr schreiben kann. Alles dreht dabei um die Frage, ob man Fantasie und Worte messen kann, weil Ida sich leichter fühlt, seit ihr ebendiese Worte fehlen. Hier möchte man, ohne in die Geschichte eingetaucht zu sein, sofort NEIN !brüllen. Selbstverständlich ist das nicht messbar! Doch die Autorin stellt diese Frage immer wieder so geschickt, dass ich am Ende denke, ja, vielleicht kann man es messen, nur nicht so wie wir es kennen, mit Zahlen und Gewichten, sondern mit Geschichten, Gefühlen, Emotionen und Erinnerungen.

Für mich lebt das Buch von seiner unfassbar sanften und liebevollen Erzählweise, die davon ablenkt, dass der Plot an sich und das Ende nicht überraschen. Du weißt, welche Charakterentwicklung dich erwartet und wie es ausgehen wird, wenn du die ersten Seiten gelesen hast, aber was mich überrascht und in den Bann gezogen hat, war, wie berührend und einfach nur schön geschrieben es ist.
Diese Buch ist für alle, die es genießen, dass das Geschichtenerzählen im Vordergrund steht, Worte ein Leben ausmachen und Bücher alles verändern können. Eine große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.03.2024

Toller Ausflug in den Wald

Waldgeheimnisse
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Das Leben des Ökosystems Wald gepackt in ein interessantes, kurzweiliges, lehrreiches und obendrein optisch ansprechendes Buch.
Präzise und auf den Punkt kommt hier ein Fakt nach dem anderen auf den Tisch, ...

Das Leben des Ökosystems Wald gepackt in ein interessantes, kurzweiliges, lehrreiches und obendrein optisch ansprechendes Buch.
Präzise und auf den Punkt kommt hier ein Fakt nach dem anderen auf den Tisch, sodass keine Langeweile aufkommt. Am Anfang geht es viel darum wie der Wald funktioniert und wie Bäume aufgebaut sind. Das sollte der ein oder andere vielleicht noch aus dem Biologieunterricht kennen, aber wusstet ihr zum Beispiel, dass ein ausgewachsener Baum an einem Sommertag etwa 500 Liter Wasser braucht? Wenn ich da so an diese Bewässerungssäcke an Bäumen denke, die man mittlerweile im Sommer hin und wieder sieht, sind die wohl eher ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Interessant auch das Zusammenspiel von Mensch und Wald und die Zukunftsaussichten, die gegeben werden. Toll ist, dass man sich bei der Lektüre keinesfalls durch lange Texte ackern muss. Immer wieder gibt es kleine Info Boxen, „Probier‘s aus“ - Challenges und, was ich besonders gelungen fand, Mythos Facts, die den Text auflockern.
Das Buch lädt wirklich in den Wald ein, man möchte sofort raus und Spitzwegerich und Brombeeren sammeln (nein, du wirst nicht am Fuchsbandwurm sterben, wenn du etwas aus dem Wald isst!) und Barfuß über das Laub gehen.
Wir wohnen ca 500m vom Wald entfernt und wir sind wirklich gerne dort zum Spazieren, Schnecken beobachten, Laub rascheln und Moos streicheln. Nach diesem Buch sehe ich den Wald noch einmal mit anderen Augen und werde meine Adleraugen nach dem nächsten Elsternest offen halten, ob ich es jetzt wirklich von dem eines Eichhörnchens unterscheiden kann…

Kurz und knapp: für alle Waldfans und die, die es werden wollen eine riesengroße Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.03.2024

Toller feministischer Roman

Endling
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Zoe, promovierte Biologin, muss über die Sommerferien, als ihre Mutter in den Alkoholentzug geht, auf ihre Teenie-Schwester Hanna und ihre phobische Tante Auguste aufpassen. Auguste traut sich aus Angst ...

Zoe, promovierte Biologin, muss über die Sommerferien, als ihre Mutter in den Alkoholentzug geht, auf ihre Teenie-Schwester Hanna und ihre phobische Tante Auguste aufpassen. Auguste traut sich aus Angst vor Infektionen seit Jahren nicht mehr aus dem Haus und Hanna scheint suchttechnisch ihrer Mutter nachzueifern. Nun begibt sich Zoe mit diesen beiden auf einen Roadtrip um Augustes alte Freundin Sophie aufzuspüren, die plötzlich spurlos verschwunden ist.

In diesem Buch werden eine Fülle von Problemen thematisiert. Wenn man es zusammenfassen wollte, kann man es vielleicht am ehesten als einen feministischen Roadtrip in einer dystopischen Welt mit Science Fiction Anteilen beschreiben. Es ist das Jahr 2041, die Klimakatastrophe hat zu horrenden Lebensmittelkosten geführt, Frauen wurden von der extremen rechten Regierung in ihren Rechten beschnitten, das Artensterben hat zur Auslöschung vieler Tiere und Pflanzen geführt und eine Pandemie folgt auf die nächste. Es ist kein Wohlfühlbuch, aber trotzdem reißt es einen nicht vollends runter. Es gibt immer einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont, seien es die Lösungen, die die Menschheit als Antwort auf den Klimawandel gefunden haben oder der Zusammenhalt zwischen den Frauen.

Für mich ist es allen voran ein feministisches Buch. Die Welt, in die die drei auf der Suche nach Sophie eintauchen, scheint eine Lösung für die aktuellen Probleme zu bieten: eine reine Frauen-geführte Gesellschaft.
Die Idee ist super. Was mich allerdings etwas gestört hat, ist der Sci-Fi Anteil an dieser Geschichte. Es werden Umweltphänomene beschrieben, die mich an Schätzings Der Schwarm erinnert haben. Nur dass mich die Erklärung dieser hier nicht überzeugt hat. Das lag vielleicht auch daran, dass ich eine andere Auflösung erwartet habe und nicht alles zufriedenstellend aufgeklärt wird (zumindest für mich).

Nichtsdestotrotz ist es ein gutes Buch mit einer wichtigen Botschaft, weshalb es von mir auch eine Leseempfehlung für Freunde feministischer Literatur gibt.

PS. Namensgebender Endling ist übrigens die Weinbergschnecke HP 14, die letzte ihrer Art. Seit dem sehe ich Schnecken auf jeden Fall mit anderen Augen und jetzt ratet mal, wer sich seit der Lektüre mit der Haltung von Weinbergschnecken beschäftigt…

Veröffentlicht am 25.03.2024

Wenn Frauen zusammenhalten…

Der Pakt der Frauen
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1976: Katharina ist Historikerin an der Universität Wien und schreibt an ihrer Habilitation. Nicht nur die männlichen Kollegen, Post Docs und Professoren, auch die Studenten halten nicht viel von einer ...

1976: Katharina ist Historikerin an der Universität Wien und schreibt an ihrer Habilitation. Nicht nur die männlichen Kollegen, Post Docs und Professoren, auch die Studenten halten nicht viel von einer Frau auf ihrem Posten. Als sie in ihrem Kurs, aus der Not heraus geboren, historische Rezeptbücher als Thema behandelt, ahnt sie nicht, dass ausgerechnet eines dieser Bücher sie direkt in die Vergangenheit ihrer Mutter katapultiert.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen Katharina (70er Jahre) und ihrer Mutter Jule (40er Jahre), sodass sich langsam aber sicher die Erzählfäden zu einem Gesamtbild schließen. Interessant ist, dass die Autorin im Nachwort berichtet, dass diese Geschichte mehr oder weniger die ihrer eigenen Familie ist. Dabei ist vor allem erschreckend, dass sich die Missgunst gegenüber einer Frau im Universitätsbetrieb bis in die Gegenwart zieht und man die Geschichte gar nicht in den 70ern hätte ansiedeln müssen, da die Autorin diesen Teil der Erzählung ihren eigenen Erfahrungen angelehnt hat (was ich mir leider tatsächlich sehr gut vorstellen kann, auch wenn ich persönlich glücklicherweise diese Erfahrung nicht machen musste).

Der titelgebende Pakt der Frauen findet sich in beiden Teilen der Geschichte wieder. Die Idee der „Verschwesterung“ hat mir sehr gut gefallen, weil ich mich bei historischen Romanen schon häufiger gefragt habe, warum die weiblichen Figuren nicht auf die Idee kommen, sich an andere Frauen zu halten, wenn die Männer ihnen Unterstützung und Hilfe verweigern. Meine Erklärung bis jetzt: die Realität hat gezeigt, dass die Frauen, auch gemeinsam, nichts ausrichten konnten. Deshalb finde ich es toll, dass genau dieser Aspekt hier in den Mittelpunkt gerückt wird. Wie anders würde die Welt vielleicht aussehen, wenn mehr Frauen paktierten? Ein Punkt, der zum Nachdenken anregt und auch heute noch brandaktuell ist. Auf jeden Fall lesen!

Veröffentlicht am 18.03.2024

Zurück in Bökersbrück

Grausames Garn
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Ein von Edda designtes Cape wird quasi über Nacht zum Verkaufsschlager. Besonders kuschelig wird es, wenn man Wolle der Skuddenschafe zum Häkeln hernimmt. Passenderweise hat die regionale Firma Seemannsgarn ...

Ein von Edda designtes Cape wird quasi über Nacht zum Verkaufsschlager. Besonders kuschelig wird es, wenn man Wolle der Skuddenschafe zum Häkeln hernimmt. Passenderweise hat die regionale Firma Seemannsgarn eine große Skuddenherde und stellt genau diese Wolle her. Eigentlich doch eine klassische Win-Win-Situation… wäre da nur nicht der Umstand, dass es auf dem Firmengelände zu einem tödlichen Unfall kommt.

Wir haben es hier mit dem zweiten Teil der Häkelclub-Krimis zu tun. Henri ist endgültig im „Nähschiff & Nadelflotte“ angekommen und der Handarbeitszirkel erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Ach, was wäre es schön, wenn es so einen Häkel- oder Stricktreff auch bei mir in der Nähe auch geben würde! Die Atmosphäre ist so heimelig, der Likör fließt in Strömen und die Granny Squares leuchten in allen möglichen Farben. Da bekommt man glatt Lust auch mal wieder etwas anzunadeln. Wenn du bei Granny Squares und Annadeln ausgestiegen bist, dann ist dieses Buch vielleicht nicht das Richtige für dich. Wenn dir Lauflänge, Mohair und halbe Stäbchen aber etwas sagen, dann bist du in Bökersbrück und bei Henri genau richtig.

Wie im ersten Teil steht auch hier der Krimianteil etwas hinten an, während der Häkelclub, seine Mitglieder und die Handarbeiten an sich die Hauptrolle spielen. Mir hat es viel Spaß gemacht und ich empfehle das Buch gerne weiter. Wer „Mörderische Masche“ oder auch „Maschenmord“ mochte, der wird hier auch seine Freude haben.