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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.07.2019

Highlight: Faszinierend, beeindruckend, inspirierend, emotional, atmosphärisch

Die Kinder der Zeit
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Ein Werk, das für mich als Noch-SF-Neuling neue Welten erschließt, da es über Forschung und Kämpfe um Leben, Macht, Territorium usw. weit hinausgeht.
Durch den Erzählstil fühlte ich mich angesprochen und ...

Ein Werk, das für mich als Noch-SF-Neuling neue Welten erschließt, da es über Forschung und Kämpfe um Leben, Macht, Territorium usw. weit hinausgeht.
Durch den Erzählstil fühlte ich mich angesprochen und involviert. Es wird chronologisch erzählt und kapitelweise zwischen drei sehr unterschiedlichen Orten/Lebensrealitäten gewechselt, jede auf ihre eigene Weise faszinierend, wobei die Erlebnisse und Einschätzungen von Portia, Bianca und Fabian die größten Wow-Erlebnisse und Gefühle bei mir entfacht haben.
Autor Adrian Tchaikovsky widmet sich tiefgründig der Frage, wie Evolution funktionieren könnte und lässt teilhaben an der Entwicklung von sozialen Strukturen (inkl. Umgang mit anderen Spezies), Bildung, Wissenschaft und Kultur einer nicht-menschlichen Art auf einem fernen Planeten. Es ist spürbar, dass er in solchen Themenfeldern studiert hat und Leidenschaft dafür hegt. Die Namensfindung ist sehr gut gelöst. Sowohl erheitert als auch nachdenklich gestimmt haben mich die Geschlechterrollen. Auch zu Details wie z. B. Kommunikationsbarrieren hat der Autor viel Aufwand betrieben und ein insgesamt realistisches Szenario entwickelt. Das ist sogar faszinierender als die Frage, wie es den letzten Resten der Menschheit ergeht.
Unweigerlich entwickelte ich Sympathien für im Konflikt zueinander stehenden Figuren. Es war abenteuerlich, sehr spannend und ich möchte keine Seite missen.
Die Beschreibungen erzeugen Atmosphäre. Es bildeten sich lebhafte, teils epische Bilder vor meinem inneren Auge.
Das Ende überrascht und ist gleichzeitig stimmig, beantwortet offene Fragen und stellt absolut zufrieden.
Dies ist eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe.
Ich freue mich auf „Die Erben der Zeit“, eine optionale Fortsetzung, die im Dezember 2019 erscheint.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Band 1 von 2 - seichte Unterhaltung um kriminelle Machenschaften

Nimand ist perfeckt
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Die Autoren kenne ich als beheimatet in den Genres Fantasy, Nahe-Zukunft- und Science-Fiction-Thriller. Diesmal spielt sich alles ab im Düsseldorf der Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen die temperamentvolle ...

Die Autoren kenne ich als beheimatet in den Genres Fantasy, Nahe-Zukunft- und Science-Fiction-Thriller. Diesmal spielt sich alles ab im Düsseldorf der Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen die temperamentvolle Erzieherin Joe, der steinreiche Mordermittler Roman, kriminelle Familienclans und eigensinnige Omas.
Ein Mix aus Humor, Familiengeschichte, Krimi, Romanze und Spirituellem.
Das Cover ist auffällig, bunt, gewollt fehlerbehaftet und kann sinnbildlich verstanden werden für in der Geschichte vorkommende Figuren.
Der Klappentext hält durchaus was er verspricht. Es trifft bloß nicht meinen Geschmack, denn es handelt sich um seichte Unterhaltung in einfacher Sprache mit vielen Wiederholungen, ohne Denkanstöße. Die Gesellschaftskritik gerät nicht so unterschwellig-scharfzüngig wie ich es aus anderen Werken von Thariot und Sam Feuerbach kenne.
Abwechselnd schlüpft man in den Bewusstseinshorizont zweier Charaktere. Die Haupt- und Nebenfiguren sind skurril und überzeichnet. Interessant, aber wenig tiefgründig, wenig nachdenkend und reflektierend. Viele Handlungen wirken konstruiert. Auch die positiven Gefühlsregungen füreinander wirken sehr gewollt angesichts sonstiger Differenzen. Irgendwie nicht ernst zu nehmen. Mitfiebern konnte ich nicht.
Es gibt viele lustige Momente, die sich weniger aus schwarzem Humor und Wortwitz ergeben, sondern mehr aus Situationskomik und lockeren Sprüchen. Oft geht dies mit Klischees einher. Manchmal habe ich geschmunzelt oder gelacht, aber viele Gags wollten auch partout nicht zünden bei mir. Sehr schwer tue ich mich mit dem geschilderten rechtswidrigen Verhalten von Charakteren, die eigentlich sympathisch sein sollen. Während man vorsätzlich begangene Ordnungswidrigkeiten mit viel Wohlwollen noch als kreativen und der fiktiven Story zuträglichen Lösungsweg verstehen kann, hört der Spaß auf, wenn der Tod von Menschen mehrfach billigend in Kauf genommen wird.
Dass ein reales Verbrechen eingebettet ist, hat mir gefallen. Ansonsten gilt auch für den Krimi-Anteil, dass kein Thriller-Feeling aufkommen wollte, weil es zu oberflächlich und wenig glaubhaft abgehandelt ist.
Meine Lieblingsszenen sind solche mit Oma Eni und mit den Nashörnern.
Dies ist der erste Band einer Dilogie, der die allermeisten Fragen offen lässt.
Zwei meiner Lieblingsautoren haben es diesmal nicht geschafft, mich zu beeindrucken und mitzureißen.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Charakterzeichnung plakativ, Handlung grausam, magisch, berührend

Das Labyrinth des Fauns
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Eindrücke in Kürze: Der Film bleibt unerreicht. Das Buch erzählt die gleiche Geschichte, fügt gelungen zusätzliche magische Elemente hinzu und hat mich trotz Schwarz-Weiß-Charakteren emotional erreicht.

Meine ...

Eindrücke in Kürze: Der Film bleibt unerreicht. Das Buch erzählt die gleiche Geschichte, fügt gelungen zusätzliche magische Elemente hinzu und hat mich trotz Schwarz-Weiß-Charakteren emotional erreicht.

Meine ausführlichen Einschätzungen, ohne schlimme Spoiler:

Motivation:
Für mich war klar, dass ich das Buch lesen muss, da ich Fan des düsteren, grausamen und gleichzeitig magischen, tröstenden Films „Pans Labyrinth“ bin und ich mich als Kind von Cornelia Funkes Werken „Drachenreiter“ und „Herr der Diebe“ verzaubern und mitreißen ließ.

Genre, Adressatenkreis:
Die Handlung spielt sich ab vor der Kulisse des faschistischen Franco-Regimes in den spanischen Wäldern 1944, wo Unterdrückung, Menschenjagd, Hunger, Verhör, Mord an der Tagesordnung sind. Eingeschoben sind magische Wesen und Orte, welche die 13-jährige Ofelia kennenlernt. Es bleibt dem Leser überlassen, zu beurteilen, ob dies real ist oder einer lebhaften Vorstellungskraft entspringt bzw. Flucht in eine Traumwelt ist. Aber auch diese ist keinesfalls zuckerwatte-rosa. Es ist traurig, erschütternd, psychologisch hart und daher für sensible Menschen und solche unter 12 Jahren nicht geeignet.

Vergleich mit Film:
Die Buchadaption bewegt sich nah an der Filmvorlage.
Positiv hervorgestochen sind für mich die komplett neuen, eingeschobenen Kapitel mit magischen Geschichten. Diese verändern die Handlung nicht, bauen dafür Brücken, z. B. werden Baum, Kröte, Schlüssel, Kleid, Messer usw. in einen sowohl magischen als auch sinnstiftenden Kontext gestellt.
Die Revolutionsbewegung wird ausführlicher gezeigt, ohne Wow-Momente.
Ansonsten habe ich keine Differenzen bemerkt. Nicht besonders spannend. Ohne Vorkenntnisse wäre das anders gewesen.

Stil, Atmosphäre, Figuren, emotionales Empfinden:
Mir gefallen das Cover sowie die Illustrationen von Allen Williams.
Sprachlich stark finde ich diverse bildhafte, universelle und zum Nachdenken anregende Ausdrücke, z. B. „Frauen, die bei Männern nach Stärke suchten, statt sie in ihrem eigenen Herzen zu finden“, „Kinder bemerken solche Dinge, denn sie können bloß beobachten - und sich vor den Stürmen verstecken, die die Erwachsenen entfachen. Den Stürmen und den Wintern.“
Politik und Kirche werden leise kritisiert.
Die überwiegend düstere, punktuell hoffnungsvolle Atmosphäre wird zum Ausdruck gebracht, wegen überhastet dargestellter Geschehnisse und abrupter Perspektivwechsel aber nicht so gut spürbar wie erhofft.
Man schlüpft teils übergangslos in unterschiedlichste Gedanken- und Gefühlswelten. Es gibt eine eindeutige Schwarz-Weiß-Zuordnung von Anfang an. Gefühlt lässt der Film die Motive und Hintergründe länger offen, sodass es Raum gibt, sich hineinzuversetzen und zu spekulieren, was ich persönlich liebend gern tue. Beim Buch bleibt einem nichts anderes übrig, als vorgefertigte Charakterzüge und Meinungen hinzunehmen. Ich frage mich z. B. unweigerlich, wie sich Carmen jemals in Vidal verlieben konnte. An der Bevormundung des Lesers und dem Brechen mit der Regel „Show, don‘t tell“ wird deutlich, dass sich die Autorin ansonsten im Kinder-/Jugendbuch-Genre bewegt.
Nichtsdestotrotz: Meine dabei empfundenen Gefühle sind echt. Die Geschichte ist einfach dermaßen stark, dass ich berührt zurückbleibe. Ich möchte empfehlen, das Gelesene zwischendurch für einige Minuten sacken zu lassen. Für mich hat sich dadurch das Leseerlebnis intensiviert.

Veröffentlicht am 11.06.2019

Beziehungsebene schwer zu greifen; häufige Wechsel zwischen Erzählebenen störend

Hannah und ihre Brüder
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Ich kam zunächst schwer in die Geschichte hinein. Die Figuren in der Gegenwart (Detektiv Liam, Anwältin Catherine, 83-jähriger potentieller Mandant Ben) wirken erstmal unsympathisch, denn sie agieren oft ...

Ich kam zunächst schwer in die Geschichte hinein. Die Figuren in der Gegenwart (Detektiv Liam, Anwältin Catherine, 83-jähriger potentieller Mandant Ben) wirken erstmal unsympathisch, denn sie agieren oft egoistisch, stur, widersprüchlich, reden aneinander vorbei. Das wurde im Laufe der Geschichte zwar besser, aber irgendwie war für mich zu viel Schwarz-Weiß-Zeichnung, Klischee und Vorhersehbares mit im Spiel.
Erwartungsgemäß finde ich den zeitgenössischen Erzählteil (1930er und Anfang und Mitte der 1940er in Polen) am stärksten. Doch in meinen Versuchen, sich hineinzufühlen, fühlte ich mich ständig torpediert, weil entweder der Erzählabschnitt nach fünf Minuten endet oder jemand dazwischenquatscht. Das wäre noch erträglich, wenn wichtige Fragen aufgeworfen würden, aber in vielen Fällen geht es um’s Drängeln (man muss ja schließlich Geld verdienen), um Müdigkeit, Hunger und Durst, wohlgemerkt in den USA im Jahr 2004. Irgendwie zynisch, wenn vom Kampf um Existenz und Überleben berichtet wird. Durch eine Abgrenzung in der Formatierung (z. B. durch Absätze zwischen den zwei Erzählebenen oder durch zwei Schriftarten), könnte dieser Eindruck gemindert werden.
Mit weiterem Lesefortschritt gelang mir das Mitfiebern immer besser. Getragen durch die Handlung wird es spannend, teils auch berührend. Mit kleinen Überraschungen, aber ohne Wow-Erlebnis.
Glaubhaftigkeit und Identfikationsgefühl hätten aus meiner Sicht höher ausfallen können, wenn die Beziehungen zwischen Ben und Otto sowie Ben und Hannah individueller dargelegt worden wären. Ähnliches gilt für den Kontakt von Ben zu Liam und Catherine. Es wird viel suggeriert (nach dem Motto „Vertrauen/Liebe/tiefe Freundschaft sind einfach da“) und zu wenig erlebbar gemacht.
Ich schließe mich anderen Rezensierenden an, dass der Originaltitel „Once we were brothers“ passender und ausdrucksstärker ist.
Kenntniszuwachs ist vorhanden, aber geringer als erwartet.
In einem einfachen, flüssig lesbaren Stil gehalten. Für Anfänger in diesem Genre geeignet.
Trotz wertvoller Botschaften für mich kein Highlight. Drei Sterne mit Tendenz zu vier Sternen.
Auf ganz andere Art und Weise haben mich folgende Werke rund um den 1. oder 2. Weltkrieg angerührt und gebildet: Unter blutrotem Himmel (Sullivan), Sturz der Titanen (Follett), Was wir zu hoffen wagten (Saalfeld), Tage des Sturms (Zeiss).

Veröffentlicht am 13.05.2019

Junge Freiheitskämpfer im Jahr 2037, dystopisch, spannend, emotional, mit Denkanstößen

Das Signal 2
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Philipp und Joshua schlüpfen 7 Jahre nach „Das Signal 1“ abwechselnd in die miteinander verbundenen Perspektiven zweier junger Frauen.
Es zeugt von Wertschätzung gegenüber dem Leser, einen guten „Was-bisher-geschah“-Abschnitt ...

Philipp und Joshua schlüpfen 7 Jahre nach „Das Signal 1“ abwechselnd in die miteinander verbundenen Perspektiven zweier junger Frauen.
Es zeugt von Wertschätzung gegenüber dem Leser, einen guten „Was-bisher-geschah“-Abschnitt voranzustellen.

Im Herbst 2037 ist aus dem Mädchen, das durch ihren Vater in den einsamen Wäldern Montanas in Überlebensregeln unterwiesen wurde, eine Gallionsfigur des Widerstands geworden, der sich aus „befreiten“ Implantatsträgern rekrutiert. Ein dystopisches Szenario, von Kampf und Flucht in naturbelassener Umgebung und gedanklichen Monologen dominiert. Die 17-jährige Hauptfigur mit ihrer Naturverbundenheit, Kenntnissen im Überlebenskampf und Unerfahrenheit in Liebesdingen ließ mich an Katniss Everdeen (Die Tribute von Panem) denken, ohne eine schlechte Kopie zu sein, denn die Darstellungen zur Psyche finde ich gelungen und individualisiert dargestellt. Anspannung, Erschöpfung usw. werden greifbar. Ich habe bei ihrem Leidensweg, ihren inneren Kämpfen und ihrer Persönlichkeitsentwicklung kräftig mitgefiebert.

Bei Janika hat es länger gedauert bis mir dies gelang. Als Einzelgängerin, finanziell gut situiert und hoch angesehen (zu hoch?), ist sie keine Sympathiefigur. Dafür hat mich das futuristische Setting von Beginn an fasziniert. Körperlich gehandicapt, wurde Janika mit Unterstützung ihres großen Bruders Bill zur Mitschöpferin, Administratorin und Vorreiterin in der virtuellen Metawelt, wo sie große Teile ihres Lebens verbringt. Für Millionen Menschen mittlerweile mehr als ein Spielplatz, um sich kurzzeitig kreativ auszutoben. Auch künstliche Intelligenz wird thematisiert. Hiervon sind wir in der Realität nicht weit weg, weswegen ich solche Szenarien - auch wenn der Blick auf politische und gesellschaftliche Auswirkungen hier ausführlicher hätte ausfallen dürfen - besonders reizvoll finde, um weitergehende Gedankenspiele anzustellen.

Beeindruckend finde ich die Einblicke, welche Auswirkungen die erfahrene Sozialisierung auf Reflektionen, Vertrauen, Freundschaft, Liebe hat. Es kristallisieren sich Schlüsselsätze heraus, z. B. „vergiss niemals, dass es wchtig ist, nicht nur zu überleben, sondern eine Welt zu erschaffen, in der sich das Überleben auch lohnt“, die man beim Begleiten der Figuren im Hinterkopf behält.

Quervergleiche zu Ready Player One, Surrogates, Matrix, Terminator usw. werden wach.
Darüber hinaus finden sich in beiden Perspektiven viele Anekdoten zu Online-Spielen, Filmen und Serien. Es ist cool, sie zu entdecken. Ein sympathischer Zug, dass die beiden Autoren nicht verheimlichen, woher sie ihre Inspiration bezogen haben. Es ist spürbar, dass Philipp und Joshua Tree mit Freude und Leidenschaft an diesem Werk gearbeitet haben.

Das Ergebnis ist ein flüssig lesbarer, spannender, wendungsreicher, temporeicher und gleichzeitig mit Tiefgang versehener Science-Fiction-Thriller.

Händeringend könnte man jetzt nach Kritik suchen. Beispiele:
Überzogener Heroismus, viele Tote, viel Flucht, Kampf. Das bleibt bei Science Fiction regelmäßig nicht aus. Erträglich, indem eine emotionale Würdigung stattfindet.
Für Laien teilweise sehr technisch, Kapitel 3 voller unbekannter Begriffe, technische Abkürzungen. Aber: Der sog. Meta-Sprech lässt tief in die Atmosphäre eintauchen, verleiht Glaubwürdigkeit. Es gibt ein umfassendes, alphabetisch sortiertes Glossar. Insofern keine Verständnisschwierigkeiten. Man lernt stattdessen etwas dabei.
Viele zu beachtende Namen, besonders oft mit den Anfangsbuchstaben „J“ und „A“. Aber: Personenverzeichnis!

Also, mach’s wie ich und sag‘ „JA!“ zur Signal-Trilogie der Gebrüder Tree. Beim 8. Buch erstmals fünf Sterne.
Band 2 hat ein Ende und gleichzeitig einen Cliffhanger. Ich freue mich auf den Abschlussband.