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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2018

Tragik & Humor perfekt vereint

Für immer ist die längste Zeit
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Das Buch behandelt ein sehr trauriges Thema - den Verlust einer Mutter und Ehefrau durch Selbstmord - und obwohl die Familienmitglieder, die hier zu Worte kommen (Ehemann und 16jährige Tochter) durchaus ...

Das Buch behandelt ein sehr trauriges Thema - den Verlust einer Mutter und Ehefrau durch Selbstmord - und obwohl die Familienmitglieder, die hier zu Worte kommen (Ehemann und 16jährige Tochter) durchaus sehr traurig sind, wirkt das ganze Buch ganz und gar nicht wie ein Tränendrüsendrücker. Dabei hilft sicherlich der Schreibstil der Autorin, der eher frisch als bedrückend wirkt. Und sie tut den Tod als Maddy auch nicht als Lappalie ab, ganz und gar nicht, und trotzdem streut sie immer wieder bissigen, sarkastischen Humor ein. Meist kommt dieser Humor aus den Mündern von Brady und Eve selbst.
Zum anderen glaube ich hilft es, dass auch Maddy aus dem Jenseits eine Stimme kriegt im Buch. So ist sie zumindest den Lesern immer präsent und das macht glaube ich auch ihren Verlust für den Leser weniger traurig. Außerdem hadert Maddy an keiner Stelle mit dem, was passiert ist, sondern sorgt sich allein um das weitere Wohlergehen ihrer Familienmitglieder - wie sie es auch zu Lebzeiten jeden Tag getan hat.

Denn das hier ist nicht nur ein Buch über den Tod und wie die Familie mit so einem Verlust umgeht, sondern es ist genauso auch ein Buch über die Ehe, über das Familienleben einer (Haus-)frau und Mutter. Und ich wette es geht tausenden von Frauen genau so wie Maddy. Sie tun alles für die Familie, und bekommen niemals auch nur ein Dankeschön. Und dabei sind die anderen Familienmitglieder noch nicht einmal besonders böse, oder arrogant, oder verwöhnt. Sie sehen nur leider einfach keine Notwendigkeit, sich zB besonders dafür zu bedanken, dass die Mama - wie sonst auch immer - dieses oder jenes erledigt hat. Und sie merken viel zu spät - in dem Falle hier wenn Brady und Eve Maddys Tagebuch lesen - wie sie selbst sich aufgeführt haben.

Immerhin durchlaufen Eve und Brady nach Maddys Tod einen Lernprozess. Zwei wichtige Kenntnisse möchte ich hier heraus streichen, weil ich sie sehr essentiell fand (und von der Autorin gut herausgearbeitet).
1. Eve erkennt, dass sie und ihr Vater die vielen Probleme nicht deshalb hatten, weil sie so verschieden sind, sondern weil sie sich so stark ähneln. Früher fungierte Maddy als Puffer zwischen ihnen. Dann, als sie nicht mehr da war, trafen 2 Plus-Pole aufeinander und stießen sich ab.
2. Brady erkennt, das wirklich alles im Leben aus einem bestimmten Grund geschieht.

ACHTUNG SPOILER:
Selbst die Tatsache, dass sie monatelang glaubten Maddy hätte Selbstmord begangen, hatte seinen berechtigten Grund. Ansonsten, so gesteht er sich selbst ein, wäre er eine zeitlang traurig gewesen, hätte aber ansonsten einfach sein altes Leben fortsetzt und niemals die Art und Weise, wie er mit seinen Mitmenschen (besonders denen in seiner eigenen Familie) umgegangen ist, in Frage gestellt. Und dann wäre er wohl als verbitterter Witwer geendet, der bis auf eine Karte zu Weihnachten keinen Kontakt mehr zu seiner einzigen Tochter gehabt hätte. Nur weil er sich wirklich angestrengt hat - und Eve ebenso - ist ihre Beziehung zueinander nicht den Bach runter gegangen.
Trotzdem ist er am Ende froh, die Wahrheit erfahren zu haben. Es ist wichtig für seinen Seelenfrieden, dass er doch kein so schlechter Ehemann gewesen war, dass man den Tod allem anderen, selbst einer Scheidung, vorgezogen hat. Mehr noch aber ist es glaube ich für Eves Seelenfrieden wichtig zu wissen, wie ihre Mutter gestorben ist. Denn sie hat ganz schön daran zu knabbern gehabt, dass ihre Mutter sie so schlimm fand, dass sie lieber vom Dach der Bibliothek sprang als nach Hause zu kommen und mit der Familie Ostern zu feiern. SPOILER ENDE

Ich finde den englischen Originaltitel "I liked my life" besser und aussagekräftiger als die deutsche Titelwahl. Aber sie ist ganz ok. Das Cover hingegen würde ich schon fast als Themenverfehlung bezeichnen. Ja, es zieht im Geschäft Aufmerksamkeit der weiblichen Leserschaft auf sich. Aber es weckt - zumindest bei mir - ganz andere Erwartungen an den Inhalt.
Dennoch, ich bin sehr froh dass ich dieses Buch lesen konnte. Es war ein sehr unterhaltsamer und vor allem auch erkenntnisreicher Roman für mich!

Veröffentlicht am 05.08.2018

Der schwierige Weg zum Glück

Frühstück in den Dünen
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Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ich als Kind und auch als Jugendliche oft Urlaub auf dem Darß gemacht habe. Prerow, Zingst, Born - überall war ich schon. Und zum Glück lässt die Autorin die geografische ...

Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ich als Kind und auch als Jugendliche oft Urlaub auf dem Darß gemacht habe. Prerow, Zingst, Born - überall war ich schon. Und zum Glück lässt die Autorin die geografische Lage und den Ostseestrand mehrmals in die Geschichte einfließen. Wenn auch das titelgebende "Frühstück in den Dünen" nur einmal vorkommt.

Nora war mir sehr sympathisch, und ich konnte mich auch in vielen Punkten mit ihr identifizieren. Ich habe meine Mutter in einem ähnlichen Alter verloren wie Nora, wurde dann ein gutes Jahr später schwanger. Und ein Klassentreffen hatte ich auch kürzlich.
Den Rest ihrer Probleme musste ich zum Glück nicht erleben! Weder den Stress um das schwanger werden noch die Frage nach dem Vater des Kindes hätte ich gern mitgemacht.

Ich fand es ja schade, dass die kurze Inhaltsangabe schon so viel verraten hat von der Geschichte. Natürlich soll sie den potentiellen Leser neugierig machen, aber es hätte wahrscheinlich gereicht zu erwähnen, dass beim Klassentreffen die erste Liebe wieder auftaucht. Dieser Marco blieb für mich allerdings ein bißchen 'gesichtslos'. Auch wenn er äußerlich beschrieben wurde, so hatte in meinem Kopf dennoch kein richtiges Bild von ihm. Wie er jetzt ist, wie er und Nora früher zusammen gewesen sind. Er ist nur eine Randfigur. Anders als Noras Papa und Katha, die ich beide sehr sympathisch fand.

Dass in diesem Buch auch ernstere Themen vorkommen, finde ich sehr gut. Bei den Briefen von Noras Mutter wurde ich dann auch sehr emotional! Trotzdem kann man "Frühstück in den Dünen" getrost als leichte Unterhaltung für den Urlaub kaufen, vorzugsweise wenn man an die Ostsee fährt. Das wunderschöne Coverfoto allein versetzt einen ja schon in die richtige Stimmung dafür. Beide Daumen hoch also für Susanne Lieder, ich werde die Augen offen halten für weitere (oder auch ältere) Bücher von ihr.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Sizilien ist der heimliche Star des Buches

Nie wieder Amore!
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Ich habe genau vor einem Jahr ein anderes Buch von Tessa Hennig gelesen, "Elli gibt den Löffel ab". Im neuen Werk der Autorin gibt es überraschend viele Parallelen dazu. Eine ältere Dame reist auf eigene ...

Ich habe genau vor einem Jahr ein anderes Buch von Tessa Hennig gelesen, "Elli gibt den Löffel ab". Im neuen Werk der Autorin gibt es überraschend viele Parallelen dazu. Eine ältere Dame reist auf eigene Faust in den Süden Italiens, es geht um längst vergessene Dinge aus der Vergangenheit, um Männerbekanntschaften, um Hotels, um die Suche nach einem Mann/Vater.
Man könnte also annehmen, Fr. Hennig bedient sich einer Art Schablone bei ihrem kreativen Prozess. Doch man muss ihr zugute halten, dass trotz all dieser Gemeinsamkeiten "Nie wieder Amore!" dennoch "neu" und ganz anders wirkt.

Die resolute Moni hatte ich gleich ins Herz geschlossen; ebenso die junge Lena, die sich extra die Mühe macht und den Besitzer von alten Briefen ausfindig macht. Für mich waren das lange Zeit die beiden Hauptpersonen, obwohl später anderen Figuren mindestens genauso viel Platz eingeräumt wird. Ich hatte anfangs auch gar nicht damit gerechnet, dass Monis Tochter Tanja so ein großer Bestandteil der Geschichte wird. Da sie mir am Anfang nicht sehr sympathisch war (Tessa Hennig macht es dem Leser aber auch sehr leicht, sie nicht zu mögen), hat mich dann ihr Erzählstrang nur mäßig interessiert.

Am meisten interessiert war ich ja an der im Klappentext versprochenen Suche nach Vincenzo, und war dann etwas enttäuscht als es nach einer kurzen Suchaktion dann ausschließlich um den Aufbau der Sprachschule und die damit verbundenen Hürden durch die sizilianischen Behörden/Mafia ging. Die war zwar auch interessant und amüsant geschrieben, aber ich war eben auf Grande Amore, schwelgen in Erinnerungen oder das Schaffen neuer eingestellt. Ok, vielleicht hätte ich den Titel des Romans ernster nehmen sollen!

Ein extra Lob gibt es für das wunderbare Einfangen des Flairs von Sizilien! Ich hatte bisher kein Verlangen danach, mal in den Süden von Italien vorzudringen. Aber nach den Beschreibungen der Landschaft von Tessa Hennig, und den Schwärmereien der Figuren, ist zumindest mein Interesse nach dieser kleinen Insel doch geweckt!

Sizilien, Mafia, Orangen, ein bißchen Amore. Klingt verdächtig nach dem "Paten", den ich ja auch erst kürzlich gelesen habe. Das Werk von Mario Puzo war aber wesentlich besser, dafür schreibt Tessa Hennig aber vergnüglicher und ich hatte mit diesem Buch einige nette Lesestunden. Ich habe mir erst kürzlich auch "Mutti steigt aus" gekauft, ihr bislang wohl bekanntester Roman. Den werde ich dann auch irgendwann mal lesen, und bin auch weiteren Büchern von Tessa Hennig nicht abgeneigt.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Tolle Publicity für Stockholm

Stockholm Love Story
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Einen Krimi, der in Schweden spielt, habe ich ja schon öfter mal gelesen. Mankell, Marklund und vor allem sehr gerne Camilla Laeckberg. Aber einen Liebesroman findet man (bzw. ich) doch eher selten.

Hier ...

Einen Krimi, der in Schweden spielt, habe ich ja schon öfter mal gelesen. Mankell, Marklund und vor allem sehr gerne Camilla Laeckberg. Aber einen Liebesroman findet man (bzw. ich) doch eher selten.

Hier handelt es sich nun aber auch nicht um einen schwedischen Roman, sondern er wurde von einer deutschen Autorin geschrieben und die meisten Protagonisten sind ebenfalls deutsch. Trotzdem kommt das schwedische Flair sehr gut durch, Stockholm und dessen diverse Attraktionen werden mehrmals beschrieben und machten mir Lust, diese europäische Hauptstadt doch auch mal zu besuchen. Ich war eh noch nie nördlich von Rügen.

Der Schreibstil von Rebecca Timm lag mir, und ich fühlte mich auch mit Lisa sehr wohl. Auch wenn ich vielleicht nicht in allen Situationen genauso gehandelt hätte. Vor allem was die Frage anbelangt, wohin ihr Herz flattert, hätte ich mich anfangs wohl anders entschieden (was sich am Ende dann aber ja anscheinend eh als falsch entpuppt hätte). Und konnte ihre Gefühle auch nur schwer nachvollziehen, da es da ja eher mehr Cons als Pros gab. Aber was weiß ich schon, vielleicht war es ja auch so ein unerklärliches Gefühl. Soll ja in der Liebe mal vorkommen.

Insofern hab ich Lisa gern dabei 'zugeschaut' wie sie ihren neuen Job in einer anscheinend ganz tollen Stadt so meistert, aber wen sie am Ende kriegen wird, oder ob sie überhaupt jemanden kriegt oder nicht vielleicht ganz allein glücklich und zufrieden wird, war mir fast ein bißchen egal.

Dafür vergebe ich 3,5 Sterne. Weil die Autorin ganz in der Nähe meiner Heimatstadt ansässig ist, gibt's einen halben Extrapunkt, man muss die seinen ja unterstützen!