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Veröffentlicht am 21.05.2020

Haus der Träume

Denn das Leben ist eine Reise
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„Ich wünsche mir, dass sich alles richtig anfühlt. Alles.“

„Denn das Leben ist eine Reise“ ist ein Roman von Hanna Miller. Er erschien am 30.04.2020 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Aimée ...

„Ich wünsche mir, dass sich alles richtig anfühlt. Alles.“

„Denn das Leben ist eine Reise“ ist ein Roman von Hanna Miller. Er erschien am 30.04.2020 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Aimée ist in einer sogenannten Trödler-Kommune aufgewachsen und verspürte schon immer den Wunsch nach einem „richtigen“ Zuhause und einer „richtigen“ Familie. Mit ihrem Ehemann Per scheint dieser Traum endlich wahr werden zu können.
Doch nach einigen gemeinsamen Jahren bemerkt Aimée, dass ihr Familientraum nur eine Seifenblase ist, die geplatzt ist. Ihr Leben mit Per ist nicht das Leben, das sie sich gewünscht hat, Per lehnt den gemeinsamen Sohn ab und akzeptiert Aimées Wünsche nicht, das Zusammenleben ist eher ein Spießrutenlauf, denn ein harmonisches Miteinander. Zeit für einen Neuanfang mit dem Bulli, den sie eigentlich nie wieder nutzen wollte. Auf ihrer Reise begegnet sie ihrer Vergangenheit und ist gezwungen, sich mit ihr auseinander zu setzen, denn nur so kann sie zu sich selbst finden.

Aimée ist eine junge Frau, die in ihrem Leben schon viel erlebt hat. Lange Zeit hat sie sich um ihre alkoholsüchtige Mutter gekümmert und mehr Rücksicht auf sie genommen, als auf sich selbst. Natürlich hatten sie auch schöne Tage, aber einige Taten ihrer Mutter sind unverzeihlich, sodass Aimée den Kontakt abbrach, als ihr Sohn Len zur Welt kam.
Aimées Geschichte beginnt in der Vergangenheit, die Geschichte wechselt anschließend zwischen Gegenwart und verschiedenen Erlebnissen aus der Vergangenheit hin und her, was mich zunächst etwas irritiert hat. Ich hatte Schwierigkeiten die Zusammenhänge zu erkennen und hatte das Gefühl, dass kein richtiger Handlungsfluss entstehen konnte, da die Zeitebene so oft gewechselt wurde. Im Laufe des Romans änderte sich dieses Gefühl dann zum Glück, die Zeitsprünge wurden weniger und die Handlung für mich dadurch deutlich flüssiger. Ebenso empfand ich es mit dem Schreibstil, den ich zunächst als abgehakt empfand, dann aber zunehmend flüssiger und schließlich sogar wirklich fesselnd und leicht.
Zu Beginn jedes Kapitels gibt es kurze Rückblicke auf frühere Erlebnisse, die häufig auch mit dem Geschehen im Kapitel zusammenhängen. Dies hat mir sehr gut gefallen.
Mit Aimée selbst konnte ich mich ebenfalls zu Beginn des Romans nicht wirklich identifizieren, ich habe ihre Reaktionen und Gefühle nur schlecht verstanden, ihr Unwohlsein in der Gesellschaft und auch Zuhause.
Die Erzählperspektive als personaler Erzähler beschreibt die Handlung aus Aimées Sicht. Dies ermöglicht Einblicke in Aimées Gedanken und Gefühle, an manchen Stellen hätte ich mir aber dennoch eine Ich-Perspektive gewünscht, die möglicherweise noch mehr Eindrücke in das Gefühlsleben der Protagonistin gewährt hätte.
Erst nach einigen Seiten begann ich zu begreifen, wodurch Aimées Gefühle und Gedanken geprägt sind und nach und nach habe ich sie besser verstehen können. Ihr Ausbruch aus dem eigentlichen Traumleben und dem Traumhaus, das sie sich immer wünschte, wurde immer besser deutlich, je mehr ich von der Geschichte las. Immer klarer wurde, was alles in Aimées Vergangenheit passiert ist, wie oft sie vor einem Abgrund stand und welche Hürden sie meistern musste.
Umso mehr gefallen hat es mir daher, dass sie einen Neuanfang wagt und zunächst in das Leben zurückkehrt, das sie so gehasst hat. Ein Leben im VW-Bus, ohne festen Wohnsitz, ohne ein „richtiges“ Zuhause. Das Leben im Bulli scheint zunächst romantisch und unglaublich abenteuerlich, doch ich denke, man muss dafür gemacht sein. Alleine oder als Paar mag es gut funktionieren, gerade vielleicht über einen begrenzten Zeitraum, doch mit Kind und bei Wind und Wetter ist es letztlich doch sehr beschwerlich. Aimée steht daher erneut vor einer schweren Entscheidung und die Begegnung mit ihrem ehemals besten Freund Daniel, wirbelt zusätzliche Gefühle auf, die einfach nicht sein dürfen.
Die junge Frau kämpft mit ihrer Gegenwart und mit ihrer Vergangenheit und sucht einen Weg, auf dem sie ihr Leben meistern und zufrieden leben kann. Sie sucht ihr „Haus der Träume“ und die große Liebe an einem Ort, an dem sie sich wohl fühlt. Schnell wird klar, dass sowohl Aimée, als auch ihr Sohn Len diesen Herzensort scheinbar in Südengland, an der wunderschönen Küste von St. Ives gefunden haben. Sie finden Anschluss und passen in die Gesellschaft, wo sie vorher irgendwie immer anders waren. Len findet Freunde und darf „anders“ sein, denn jeder ist nun mal einzigartig und das müssen die anderen akzeptieren und nicht ändern wollen.
Die Idee eines Lebens im Bulli und das Kennenlernen dieses Lebensstils haben mir sehr gut gefallen. Nicht wenige träumen heutzutage von einem Ausbruch aus der Gesellschaft und von individuellen Lebensmodellen. Dass diese nicht immer einfach sind, ist dabei vermutlich vielen klar, dennoch hat es mir gefallen, dass wir am Beispiel von Aimée Vor- und Nachteile des Lebens in einem Bulli erfahren können.

Mein Fazit: Insgesamt hat mir „Denn das Leben ist eine Reise“ sehr gut gefallen. Alle Figuren waren ansprechend und authentisch gestaltet, die Handlung insgesamt sehr interessant und individuell. Der Roman lässt sich, nach anfänglichen Startschwierigkeiten, flüssig lesen und vermittelt auf charmante Art und Weise, wie eine Reise zu sich selbst aussehen kann. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 07.05.2020

Wunder und Glück

Das weiße Gold der Hanse
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„Bring mich zurück nach Lübeck […]. Wenn du das tust, […] dann werde ich dir in Lübeck ein neues Hospital bauen […].“

„Das weiße Gold der Hanse“ ist ein historischer Roman von Ruben Laurin und in sich ...

„Bring mich zurück nach Lübeck […]. Wenn du das tust, […] dann werde ich dir in Lübeck ein neues Hospital bauen […].“

„Das weiße Gold der Hanse“ ist ein historischer Roman von Ruben Laurin und in sich abgeschlossen. Er erschien im Oktober 2019 im Bastei Lübbe Verlag.
Durch einen Piratenüberfall verliert der junge Bertram nicht nur seinen Vater, sondern auch sein Gedächtnis. Mit viel Glück gelangt er schließlich nach Lübeck, wo er bereits als Kind das Herz einer jüngeren Kaufmannstochter gewinnt und als Kaufmannsgeselle bei ihrem Vater angestellt wird. Die Liebe des ungleichen Paars erscheint jedoch unmöglich und so begibt sich Bertram auf eine gefährliche Seereise, von der es womöglich kein Zurück mehr gibt…

Bertrams Geschichte ist emotional und geprägt von Trauer und Verlust auf der einen Seite, aber Glück und Freude auf der anderen. Nach einer schwierigen Kindheit und aufregender Jugendzeit muss er sich selbst auf dem Meer beweisen und so manches Hindernis in seinem Leben überwinden. Auf seiner Schiffsreise über Riga, bis ins ferne Nowgorod gerät er in eine scheinbar ausweglose Lage, während der er verspricht ein Hospital in Lübeck zu erbauen, sollte er überleben…
Im Laufe der Jahre wird also aus dem jungen und naiven Kind ein selbstbewusster und mutiger Mann, der das Herz am rechten Fleck hat. Auf seinem Weg lernt er, was es heißt sich durchzusetzen und zu wehren, dabei aber stets gerecht zu bleiben. Später setzt er sich sogar für schwächere Menschen ein und unterstützt sie, soweit es ihm möglich ist. Er ist eine Figur, die einem mehr und mehr ans Herz wächst und definitiv sympathisch ist.
Die Handlung erzählt Bertram Morneweg dabei als personaler Erzähler selbst, die Zeitebene wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Geschickt wird die Lebensgeschichte Bertrams in die Gegenwart eingebettet und dient zudem als aufmunterndes Beispiel für einen jungen Mann, der den Glauben an das Glück verloren hat.
Ruben Laurin schreibt seinen Roman sehr bildreich und ausführlich. Ortsbeschreibungen sind detailliert und wecken gerade dann, wenn man die benannten Städte von heute kennt, ein unglaublich reales Bild in der Lesefantasie.
Die detailgenaue Beschreibung der Orte spiegelt sich auch insgesamt in der Beschreibung der Figuren wider. Jede für sich ist authentisch dargestellt und bildhaft beschrieben.
Die Geschichte des Stifters des Heiligen Geist Hospitals beruht auf historischen Fakten. Fiktion und Realität werden dabei im Roman sehr gut miteinander vermischt und durch Nachwort und Glossar noch einmal erläutert. Die historischen Fakten wirken dabei sehr gut recherchiert und werden ebenso gut veranschaulicht beziehungsweise in die Handlung eingefügt.
Die Kombination von Fiktion und Realität, sowie die anschaulichen Beschreibungen Lübecks und die guten Erklärungen von vergangen Bräuchen haben mir sehr gut gefallen. Ich habe einiges über die Geschichte Lübecks erfahren und auch über die Entstehung des Heiligen Geist Hospitals neues lernen können.
Insgesamt war auch der Schreibstil des Romans sehr flüssig, wobei ich zu Beginn die Handlung als sehr zäh und langatmig empfunden habe. Erst im Laufe der Geschichte wurde der Erzählstil dann flüssiger und die Handlung spannender.
Schade fand ich, dass der Titel des Buches kaum aufgegriffen wird und das „weiße Gold der Hanse“ – das Salz, mit dem die Hanse ihren Hauptumsatz machte, kaum bis gar nicht erwähnt wurde. Hier hätte ich mir eine größere Relevanz oder einen anderen Buchtitel gewünscht.

Mein Fazit: Die Geschichte des Stifters des Heiligen Geist Hospitals ist unterhaltsam und gerade für Lübecker oder Lübeck-Fans sehr interessant. Fiktion und Realität werden gut miteinander kombiniert und durch ein Nachwort abgerundet. Ich habe den Roman gern gelesen, ziehe aber einen Stern ab, da ich zunächst Schwierigkeiten hatte in die Handlung hineinzukommen und ich den Titel als unglücklich gewählt empfinde. Daher gibt es für den Roman von mir 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 23.04.2020

Einmal im Leben

Ohne ein einziges Wort
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„Wir können uns frei entscheiden […]. Wir sind nicht Opfer der Umstände. Wir können uns entscheiden, glücklich zu sein.“

„Ohne ein einziges Wort“ ist ein Roman von Rosie Walsh. Er erschien im Mai 2018 ...


„Wir können uns frei entscheiden […]. Wir sind nicht Opfer der Umstände. Wir können uns entscheiden, glücklich zu sein.“

„Ohne ein einziges Wort“ ist ein Roman von Rosie Walsh. Er erschien im Mai 2018 im Goldmann Verlag.
Als Eddie und Sarah sich begegnen scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein. Sie verbringen sieben unglaublich Tage miteinander und trennen sich mit der Gewissheit, bald wieder voneinander zu hören. Doch die Zeit verstreicht und Sarah hört kein einziges Wort mehr von Eddie. Doch sie ist sich sicher, dass sie sich in einem Menschen nicht so geirrt haben kann und ist daher überzeugt, dass es einen Grund für sein Verschwinden geben muss…

Dieser Roman liegt schon einige Zeit auf meinem „SuB“ und ich weiß nicht, warum ich ihn nicht schon viel eher davon befreit habe.
Die Geschichte von Eddie und Sarah ist mir sehr nahe gegangen. Sowohl ihr Kennenlernen, als auch ihre jeweiligen Schicksale haben mich sehr berührt. Fast während der gesamten Lesezeit war ich angespannt und nervös, da ich mir einen guten Ausgang so sehr gewünscht habe. Immer wieder hatte ich Ideen und Vermutungen, weshalb Eddie sich nicht mehr meldet und was in der Jugend der beiden passiert sein könnte, wurde jedoch durch den unglaublich geschickten und faszinierenden Erzählstil immer wieder auf falsche Fährten gelockt. Es ergaben sich mehrfach Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte und ich war dadurch mehrfach erstaunt über den wahren Verlauf der Handlung.
Sarahs Gefühle, die auf Grund der wirklich kurzen Bekanntschaft der beiden zunächst irrational scheinen, spiegeln das wider, was man wohl als „Liebe auf den Blick“ beschreibt. Etwas, das ja irgendwie häufig etwas kitschig und irrational wirkt, in diesem Roman aber überhaupt nicht. Durch Sarahs eigene Gedanken über ihre Gefühle und ihre gleichzeitig so tiefgehenden Empfindungen entschärft sich der Kitsch, denn auch sie selbst hatte solche Gefühle bisher nicht für möglich gehalten. Aber Liebe ist nun mal nicht rational und die Darstellung der Liebe zwischen Eddie und Sarah keinesfalls übertrieben, sondern einfach unglaublich romantisch und traurig.
Leider kann ich nicht weiter ins Detail gehen, ohne zu spoilern, weshalb ich zum Inhalt an dieser Stelle gar nicht viel mehr sagen möchte.
Der Roman wird hauptsächlich aus Sarahs Ich-Perspektive erzählt und wechselt erst spät auf die Perspektive von Eddie, was mich kurz durcheinanderbrachte. Zwischendurch werden immer wieder Briefe und Nachrichten eingewoben, welche den Roman abrunden und neue Rätsel aufgeben, aber auch manche lösen. Teilweise gibt es Zeitsprünge, in denen aus der Vergangenheit berichtet wird. Insgesamt bin ich mit diesen Wechseln aber sehr gut klargekommen und finde, dass nur durch sie die Geschichte vollständig erzählt werden kann. Durch die Ich-Perspektive werden Gedanken und Gefühle der Protagonisten sehr gut dargestellt, es fällt dadurch leichter, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen.
Alle Buchfiguren waren mir von Anfang an sehr sympathisch. Sie sind gut dargestellt und überzeugen durch Authentizität und Menschlichkeit. Nicht selten musste ich über den Sohn von Sarahs bester Freundin Jo lachen und auch im Allgemeinen gibt es einige Stellen die einen zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken bringen. Jede Romanfigur hat ihr eigenes Schicksal und es wird deutlich, dass man mit seinem Leben unterschiedlich umgehen kann. Viele sehen sich als „Opfer der Umstände“ und finden keine bessere Beschäftigung als eben über genau dies zu klagen. Einige wenige nehmen ihr Leben aber leicht und entscheiden sich, auch bei nicht optimalen Bedingungen, glücklich zu sein. Zu einer solchen Entscheidung gehört sicherlich eine gewisse Portion Mut und Selbstbewusstsein, aber ebenso setzt es voraus, dass man erkennen muss, was eigentlich nicht ideal für einen ist. Zu häufig akzeptieren wird Lebensmodelle als gegeben, obwohl wir sie eigentlich ändern könnten. Dies wird im Roman an mehreren Stellen deutlich und hat mir, wie bereits andere Romane mit diesem Thema, sehr gut gefallen.
Auch wird deutlich, dass man mit der Vergangenheit nicht immer so leicht abschließen kann, wie man es sich manchmal wünscht. Hierbei fand ich es sehr gelungen, dass die Romanfiguren eine Therapeutin aufsuchen, da Hilfe dieser Art leider zu häufig als „nicht notwendig“ angesehen wird.
Interessant fand ich zudem Sarahs Job als Besitzerin einer Organisation, die Menschen zu „Clownsärzten“ ausbildet und sie in Krankenhäuser schickt, um dort mit den Kindern zu arbeiten. Eine tolle Idee und ein wichtiges Thema!

Mein Fazit: Mich hat der Liebesroman vollständig gefesselt und durch seinen flüssigen Schreibstil nahezu eingesogen. Die Geschichte tauchte mich in ein Wechselbad von Emotionen und Gefühlen: Hoffnung, Angst, Freude und Trauer, fast hatte ich das Gefühl im Roman mitzuspielen. Zeitgleich wurde ich durch einen geschickten Erzählstil mehrfach aufs Glatteis geschickt. Die Handlung balanciert geschickt zwischen kitschigem Liebesroman und spannender Erzählung und bringt auch den nötigen Tiefgang mit, den für mich ein guter Roman benötigt. Ich vergebe daher 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 20.04.2020

Emma

Emma
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„Bei mir ist keiner der üblichen Gründe gegeben, aus denen Frauen heiraten. Wenn ich mich verlieben sollte, so wäre das allerdings etwas anderes! Aber ich war noch nie verliebt.“

„Emma“ ist ein Roman ...

„Bei mir ist keiner der üblichen Gründe gegeben, aus denen Frauen heiraten. Wenn ich mich verlieben sollte, so wäre das allerdings etwas anderes! Aber ich war noch nie verliebt.“

„Emma“ ist ein Roman von Jane Austen. Er erschien 1816 und wurde 2020 als Schmuckausgabe vom Coppenrath Verlag neu verlegt.
Emma ist eine junge Dame aus vornehmem Haus. Während sie selbst von einer Hochzeit und der Liebe im Allgemeinen absieht, so schmiedet sie doch gern selbige für Freunde und Bekannte. Dass sie mit ihren Plänen dabei nicht immer zum Wohl der Betroffenen handelt, wird ihr leider erst spät klar und auch ihre eigenen Gefühle entdeckt sie nur langsam…

Ich habe bisher eigentlich nur in der Schule klassische Literatur gelesen und war hier nur selten von ihr überzeugt. Vor einigen Jahren las ich dann mal „Sturmhöhe“ und auch „Stolz und Vorurteil“, allerdings tat ich mich auch da noch sehr schwer mit der Lektüre. Nun habe ich die wundervolle Schmuckausgabe von „Emma“ zu Ostern bekommen und bin nicht nur vom Design, sondern auch vom Inhalt überzeugt.
Zunächst finden sich allerlei wunderschöne Illustrationen von Marjolein Bastin, dazu gibt es tolle Beilagen in Form von Rezeptkärtchen, Karten, Zeitungsausschnitten und Briefen, die so angeordnet sind, dass sie zur Geschichte passen! Am Ende des Buches gibt es dann noch ein Nachwort über Jane Austen, welches ebenfalls sehr interessant ist.
Doch nun zur eigentlichen Geschichte. Protagonistin Emma ist intelligent, aber auch reich und recht von sich selbst überzeugt. Ihren Willen setzt sie in der Regel durch und ihre eigenen Moralvorstellungen sind natürlich stets die Richtigen. Zwar hat sie in ihrem Handeln stets die besten Absichten, deutet aber die Zusammenhänge nicht immer korrekt und bereitet durch ihre Aktionen letztlich doch so manchen Kummer. Diese Eigenschaften scheinen zunächst sehr unsympathisch, insgesamt ist Emma aber genau das nicht. Sie agiert nie boshaft und wünscht eigentlich nur das Beste für alle und ist gerade durch diesen Wunsch und auch die Fähigkeit, über sich selbst kritisch zu denken, wenn ihr jemand Anlass dazu gibt, ehrt sie.
Sie ist überzeugt davon, niemals zu heiraten. Es wäre sowieso ausgeschlossen, ihren Vater allein zurück zu lassen und auch so sind nun einmal Hochzeiten etwas Schönes, aber für Emma selbst einfach nicht denkbar. Umso lieber schmiedet sie also Pläne für andere und beteiligt sich rege am Klatsch und Tratsch der gehobenen Gesellschaft Highburys. Dieser bildet dann auch den Hauptteil des Romans und dreht sich letztlich nur um Verbindungen zwischen Mann und Frau. Dabei muss natürlich jede Verbindung aufs kleinste Detail geprüft werden und weder Herkunft, noch Mitgift oder Beschäftigung dürfen außer Acht gelassen werden.
Durch diese Schilderungen erkennt man, worauf es bei Hochzeiten damals ankam und dass es einfach eine andere Zeit war. Hochzeiten wurden nicht aus Liebe vollzogen, sondern maximal aus Zuneigung, die mit den richtigen Details einhergeht.
Insgesamt beschreibt Jane Austen ihre Figuren vortrefflich. Jede ist für sich eine Geschichte wehrt und auch der Humor bleibt nicht auf der Strecke. Gerade Miss Bates und Mr. Woodhouse bilden häufig einen Anlass zum Schmunzeln und auch die Gesprächsthemen und Handlungen im Allgemeinen bildeten aus der heutigen Sicht häufig einen Grund zum Lachen. Aus damaliger Sicht trafen sie allerdings wohl mehr als zu und spiegeln das Verhalten der besseren Gesellschaft wohl sehr gut.
Der Schreibstil passt zur damaligen Zeit und war für mich zunächst sehr gewöhnungsbedürftig. Redeweisen und Umgangsformen, sowie Satzbau und Sprechart waren für mich schwierig, mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt.
Eine wirkliche Überraschung bot die Handlung des Romans für mich nicht, einige Dinge, die erst am Ende aufgelöst wurden, erahnte ich schon recht früh. Trotzdem fand ich den Roman sehr unterhaltsam und habe ihn gern gelesen. Sterne möchte ich für einen solchen Klassiker nicht wirklich vergeben, ich empfehle ihn aber dringend und denke, dass gerade diese Romane ein Muss für uns Leseratten sind. Sie gehören einfach ins Repertoire und beschreiben Liebesgeschichten, die auch heute noch schön sind.

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Veröffentlicht am 14.04.2020

Spurensuche

Leas Spuren
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„Es gibt Familien, in deren Kellern Leichen liegen. Dunkle Geschichten, vor langer Zeit archiviert und über Jahrzehnte weggesperrt, geraten in Vergessenheit. Trotzdem sind sie da.“

„Leas Spuren“ ist ein ...

„Es gibt Familien, in deren Kellern Leichen liegen. Dunkle Geschichten, vor langer Zeit archiviert und über Jahrzehnte weggesperrt, geraten in Vergessenheit. Trotzdem sind sie da.“

„Leas Spuren“ ist ein historischer Roman von Bettina Storks. Er erschien im Oktober 2019 im Diana Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Als Nicolas und Marie gemeinsam eine Wohnung in Paris erben, ist dieses Erbe an eine Bedingung geknüpft: Sie müssen ein verschollenes Gemälde finden und es dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben. Auf ihrer Suche begegnen die beiden gut gehüteten Familiengeheimnissen und einer bitteren Wahrheit…

Mit viel Geschick und einer unglaublich faszinierenden und gefühlvollen Erzählweise berichtet Bettina Stork über die Verbrechen des Nationalsozialismus.
Marie und Nicolas haben sich nie zuvor in ihrem Leben gesehen und plötzlich vererbt der Großvater von Nicolas ihnen beiden eine Wohnung in Paris. Neben der ihnen gestellten Aufgabe, stellt sich auch die Frage, was Maries Familie aus Stuttgart mit der Familie Blanc in Paris verbindet. Ein Rätsel, das ebenso wie die Suche nach dem Gemälde, gelöst werden muss…
Die beiden beginnen die Suche akribisch und mit viel Geschick, aber auch mit einer gewissen Skepsis gegenüber einander. Erst im Laufe der Zeit werden die Historikerin und der Journalist als richtiges Ermittlungsduo mit perfekten beruflichen Grundlagen für derartige Recherchen. Dies bemerkt man auch während des Romans, die Suche ist präzise und durchdacht, viele Fragen lassen sich durch das geschichtliche Hintergrundwissen von Marie und ihren Freunden leichter lösen, als ohne entsprechendes „Werkzeug“.
Die Spurensuche von Marie und Nicolas wird dabei unglaublich spannend aufgebaut. Sie liest sich fast wie ein Kriminalroman, bei dem es nicht um eine Mordermittlung, sondern um eine Ermittlung in einem Kunstraub geht. Mehr und mehr Fakten werden ermittelt und mögliche „Zeugen“ gefunden und befragt. Der Leser kann währenddessen mit kombinieren und überlegen und wird regelrecht in die Dynamik der Suche eingesogen.
Die Handlung spielt sich dabei zwischen Vergangenheit und Gegenwart ab, wobei die Zeitebenen wunderbar miteinander verknüpft werden. Die Erzählung wird aus Sicht von Marie, Victor (Nicolas Großvater) und Charlotte (Maries Großtante) beschrieben, die unterschiedlichen Kapitel sind mit Namen, Jahreszahlen und Ortsangaben versehen, sodass Verwechslungen nicht auftreten. Die Erzählstränge werden sinnvoll miteinander aufgebaut und nach und nach ergibt sich ein Gesamtbild über die Geschehnisse zur Weltkriegszeit. Der Schreibstil ist dabei flüssig und unkompliziert, der Lesefluss wird nicht unterbrochen und ich habe das Buch nicht mehr aus der Hand legen können…
Insgesamt ist die Geschichte unglaublich vielschichtig. Es werden die historischen Aspekte des Kunstraubs der Nationalsozialisten, sowie die Judenverfolgung thematisiert und geschickt in die fiktive Geschichte eingearbeitet. Zusätzlich fügen sich Themen der Gegenwart nahtlos in die Erzählung ein. Während Marie und Nicolas auf der Suche nach dem Gemälde sind, bohren sie ziemlich tief in der Vergangenheit. Dies ist gerade für Betroffene nicht immer leicht und manche Geheimnisse sind für diese so schrecklich, dass sie zu Lebzeiten nicht mehr darüber sprechen wollen. Dies wird auch im Roman deutlich und durch mehrere Aspekte gut dargestellt. Natürlich ist es wichtig, dass Lücken in der Vergangenheit geschlossen werden und auch nachträglich Verbrechen ebenso aufgedeckt werden, allerdings reißt dies immer auch Wunden bei anderen, was es ebenso zu bedenken und abzuwägen gibt. Außerdem beschreibt der Roman zwei wunderbare Liebesgeschichten, bei denen eine der anderen folgt und, wenn man es romantisch sehen möchte, in der Gegenwart ein Versprechen der Vergangenheit eingelöst werden kann.

Mein Fazit: „Leas Spuren“ ist ein historischer Roman mit Suchtpotenzial. Brilliant recherchiert und geschrieben, mit der richtigen Mischung aus Fiktion und Realität. Emotional und gefühlvoll, definitiv ein Jahreshighlight und 5 von 5 Sternen wert!

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