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Veröffentlicht am 06.03.2022

Verschwörung gegen den Kaiser

Ein Giro in Triest
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Gaetano Lamprecht ist Kriminalbeamter mit Leib und Seele. Am Vortag des Attentats auf das österreichische Thronfolgerehepaar wird er zu einem scheinbaren Selbstmord gerufen. Für Lamprecht deuten die Zeichen ...

Gaetano Lamprecht ist Kriminalbeamter mit Leib und Seele. Am Vortag des Attentats auf das österreichische Thronfolgerehepaar wird er zu einem scheinbaren Selbstmord gerufen. Für Lamprecht deuten die Zeichen auf Mord und er stellt Nachforschungen an, sehr zum Missfallen seines Vorgesetzten. Keiner scheint sich für den Fall zu interessieren und erschwerend kommt hinzu, dass das Opfer ein Militärangehöriger war.
Die Bluttat tritt in den Hintergrund, als Separatisten drohen die Särge des Thronfolgerehepaars zu entführen. Ein zusätzlicher Angriff gegen den Kaiser und die Monarchie. Lamprecht erhält den Befehl, die Verschwörer ausfindig zu machen und die Tat zu verhindern. Der Auftrag ist delikat, denn die Stimmung in der Stadt mit ihrem Gemisch aus vielen verschiedenen Ethnien, ist aufgeheizt. Eine falsche Beschuldigung kann das Pulverfass zum explodieren bringen.
Im Laufe der Ermittlungen erscheint der bereits zu den Akten gelegte Selbstmord unvermittelt in einem anderen Licht.
Der Autor entführt mich in die lebhafte Hafenstadt Triest, die ein wichtiger Warenumschlagplatz des Kaiserreichs war.
Gefallen hat mir deshalb, dass die Örtlichkeiten der Stadt sehr gut beschrieben werden. Lamprecht ist in Triest zuhause und kennt seine Stadt sehr gut. Zusammen mit ihm bin ich des öfteren durch die Stadt spaziert und im Cafe gesessen und habe das Treiben auf den Straßen, auf mich wirken lassen. Ich bin überzeugt, ein Besuch in Triest würde sich lohnen.
Interessant waren die Einblicke in die politischen Verhältnisse und die Konflikte, die die Unabhängigkeitsbestrebungen der verschiedenen Nationalitäten auslösten und damit zum Sprengstoff für das Habsburgerreich wurden. Für Lamprecht bedeutet dass, dass er sich mit seinen Ermittlungen durch ein Minenfeld der Befindlichkeiten bewegt. Ein weiterer Machtfaktor ist das Militär, das eine Sonderstellung und damit verbundene Privilegien besitzt.
Lamprecht selbst war mir im großen und ganzen sympathisch. Er brennt für seine Arbeit und lässt sich durch Hierarchien nicht von seinem Streben nach Gerechtigkeit abbringen. Was nicht unerwähnt bleiben darf, ist Lamprechts große Begeisterung für das Radfahren und den Radrennsport, was damals nicht gern gesehen wurde. Interessant und bei mir auf Gegenliebe gestoßen sind die Ausführungen des Autors zur Geschichte des Radsports.
In meinen Augen ist der Krimi eine überzeugende und gelungene Mischung aus historischen Tatsachen und einer darauf aufgebauten, fesselnden fiktiven Handlung.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Nie die Hoffnung verlieren !

Das rote Band der Hoffnung
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Die 14jährige Ella wird auf dem Heimweg von der Schule aufgegriffen und nach Ausschwitz-Birkenau deportiert. Eben noch behütete Enkelin, die vom eigenen Modesalon träumt, findet sie sich in der Hölle ...

Die 14jährige Ella wird auf dem Heimweg von der Schule aufgegriffen und nach Ausschwitz-Birkenau deportiert. Eben noch behütete Enkelin, die vom eigenen Modesalon träumt, findet sie sich in der Hölle wieder. Nun geht es nur noch darum, zu überleben.

Glücklicherweise wird Ella der Nähwerkstatt zugewiesen. Dort wird exklusive Bekleidung für die Aufseher und ihre Familien angefertigt. Hier trifft Ella das Mädchen Rose, die ständig phantasievolle Geschichten erzählt und ihr Mitgefühl behält. Langsam entwickelt sich Freundschaft zwischen den beiden. Rose gibt Ella Hoffnung mit ihren Träumen von einer besseren Welt. Ella achtet darauf , dass Rose nicht verloren geht in diesem Universum aus Hunger, Niedertracht und Willkür.

Dann wird Rose krank, das schlimmste was passieren kann.

Der Autorin ist es wunderbar gelungen, das Grauen eines Konzentrationslagers darzustellen, ohne zu viele grausame Details darzustellen. So beschreibt sie die tägliche Suppe als braune Brühe und die Freude, wenn eine Karottenscheibe darin schwimmt. Jeder kann sich gut vorstellen, dass diese Suppe nicht satt machen kann. Geschweige denn die Kraft gibt, schere Arbeit verrichten zu können.

Ella will überleben. Kraft gibt ihr ihr Traum vom eigenen Modeatelier und dass sie sich nicht ihren Namen nehmen lässt. Aber Überleben bedeutet auch, die Chance auf mehr essen auch auf Kosten anderer zu ergreifen.

Rose ist der Gegenentwurf zu Ella. Rose lebt in ihren Phantasiegeschichten. Wenn sie etwas zu essen hat, teilt sie bereitwillig. Als sie krank wird und es keine ärztliche Hilfe gibt, war ich unglaublich traurig. Um so heftiger war mein Wunsch, dass Ella diese Hölle überleben möge.

Das Ende ist so märchenhaft wie Roses Geschichten.

Da es sich um ein Jugendbuch handelt, fand ich den Schluss absolut passend, da er Hoffnung auf bessere Zeiten macht. Eine Hoffnung, die angesichts der aktuellen Ereignisse überall auf der Welt, auch heute noch so wichtig ist.

Es ist unerlässlich, dass die Gräuel des Naziterrors nicht in Vergessenheit geraten und junge Menschen erfahren, zu was Menschen fähig sind - im Guten und im Bösen. Der Autorin gelingt es, die Balance zwischen Information und dem Erzählen einer bewegenden Geschichte, auf wunderbare Weise.

Das Buch ist meiner Meinung nach für jede Altersgruppe lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.02.2022

Miss Marples ebenbürtige Erben

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Die kleine beschauliche Stadt Marlow ist die Heimat der 77jährigen Judith Potts. Judith liebt Whisky, schwimmt gerne nackt in der Themse, entwirft Kreuzworträtsel und liebt ihre Unabhängigkeit.

Als sie ...

Die kleine beschauliche Stadt Marlow ist die Heimat der 77jährigen Judith Potts. Judith liebt Whisky, schwimmt gerne nackt in der Themse, entwirft Kreuzworträtsel und liebt ihre Unabhängigkeit.

Als sie beim Schwimmen einen Schuss hört und die Polizei alarmiert, findet sie sich unvermittelt in einer Morduntersuchung wieder. Die Polizei geht davon aus, dass Judiths Nachbar, das Opfer, Selbstmord begangen hat, was Judith wiederum nicht glaubt. Kurz entschlossen kümmert sie sich selber um den Fall. Bei ihren Nachforschungen lernt sie die Hundesitterin Suzie und die Pfarrersgattin Becks kennen, die Judith mal mehr, mal weniger begeistert bei den Ermittlungen unterstützen.

Der Fall ist kniffliger als ein Kreuzworträtsel, bis Judith den entscheidenden Hinweis findet und sich dadurch in tödliche Gefahr bringt.

Ich habe mich schon lange nicht mehr mit einem Buch so wohlgefühlt und dabei vor Spannung fast an den Fingernägeln geknabbert, unterbrochen von so manchen Lachanfall.

Zuerst mache ich Judiths Bekanntschaft, die mir mit ihren Macken gleich sympathisch war. Da sich die Polizei Judiths Meinung nach nicht genügend um den Mord kümmert, ergreift sie kurzerhand die Initiative. Ein wenig hat sie mich an die legendäre Miss Marple erinnert.

Der Autor stellt ihr zwei weitere sehr sympathische Mitstreiterinnen zur Seite. Becks geht, ganz vorbildliche Pfarrersfrau, ganz in der Fürsorge für die Familie auf und hält sich strikt an die Konventionen. Man merkt aber schnell, dass es da noch eine andere rebellische Seite gibt. Suzie vervollständigt das Trio. Sie hat mich an die gute alte Hippie-Zeit denken lassen.

Der Fall selbst wird immer undurchsichtiger. Nichts scheint ,Sinn zu ergeben. Mal fehlt das Motiv, dann wieder hat der Verdächtige eine Alibi.

Die Lösung des Falles ist stimmig, aber fast Nebensache, da das Trio zu absoluter Höchstform aufläuft und mir noch einige Schrecksekunden beschert .

Das Buch hat mich in jeder Beziehung überzeugt, so dass ich mich auf eine Fortsetzung freue. Bis dahin ein Glas Whisky bitte !

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Die Macht des gesprochenen Wortes

Die Schule der Redner
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Der junge Leon flieht vor dem Vogt Uther aus der Burg seines Onkle, dem Fürsten Rudolf von Habsburg. Uther will von Leon ein geheimnisvolles Buch, das ihm sein Lehrer anvertraut hat. Um an sein Ziel zu ...

Der junge Leon flieht vor dem Vogt Uther aus der Burg seines Onkle, dem Fürsten Rudolf von Habsburg. Uther will von Leon ein geheimnisvolles Buch, das ihm sein Lehrer anvertraut hat. Um an sein Ziel zu kommen, schreckt Uther auch nicht vor Folter zurück. Leon sieht seine einzige Chance in der Flucht. Sein Ziel ist die Schule der Redner in Sankt Gallen, Dorthin soll er auf Geheiß seines Lehrers das Buch bringen.

Unter großen Gefahren erreicht Leon die Schule. Unterwegs hat er den Jungen Flint kennengelernt. Die beiden werden Freunde und Flint begleitet ihn von da an. Die Schule erweist sich nicht als sicherer Zufluchtsort und die beiden Jungen fliehen erneut. Ihr Ziel ist Venedig. Dort hoffen sie etwas zu finden, das Uther in seinem schändlichen Treiben Einhalt gebietet.

Zurück in Sankt Gallen muss Leon feststellen, dass er ausgerechnet von dem Menschen betrogen wurde, dem er vertraut hat. Ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt.

Der Autor spielt mit der Idee, dass Sprache das Werkzeug ist, um Macht über Menschen zu erhalten und sie für die eigenen Zwecke zu manipulieren. Diese Vorstellung ist nicht ohne Reiz und in der Geschichte gibt es berühmte Beispiele, die zeigen, was begabte Redner erreichen können. Angefangen bei Predigern wie Johannes, dem Täufer über Jesus bis hin zu den Dämonen der Neuzeit wie Joseph Goebbels.

Der Autor untermauert seine These mit kurzen Ausflügen in die Rhetorik, die ich sehr interessant und anschaulich dargestellt fand.

Darüber hinaus erzählt der Roman eine packende Abenteuergeschichte, die mich in ihren bann gezogen hat. Leon ist ein sympathischer junge, der mehr zufällig in die Ereignisse hinein gezogen wird. Als er begreift, um was es geht, zögert er nicht, Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite steht der Vogt Uther, der das personifizierte Böse ist. Grausam, manipulativ und machtgierig wie er war, konnte ich ihn von Herzen hassen.

Als ich schon dachte, ich hätte alle Intrigen durchschaut, wartet der Autor am Ende mit einigen überraschenden Enthüllungen auf , die manches in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Der Roman konnte mich durch seine spannende und gut erzählte Geschichte fesselnd. Ich gebe dem Autor recht. Sprache besitzt eine gewaltige Macht. Das hat sich über die Jahrhunderte eher noch verstärkt.

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Veröffentlicht am 17.02.2022

Ost trifft West und ein spannender Kriminalfall

Im Schatten der Wende
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Tobias Falck, wohnhaft in Dresden, waren Recht und Ordnung schon immer wichtig. Deshalb entscheidet er sich für den Beruf des Polizisten.
Als die Mauer fällt, hat er gerade den Lehrgang für Kriminalisten ...

Tobias Falck, wohnhaft in Dresden, waren Recht und Ordnung schon immer wichtig. Deshalb entscheidet er sich für den Beruf des Polizisten.
Als die Mauer fällt, hat er gerade den Lehrgang für Kriminalisten beendet und wird dem Kriminaldauerdienst zugeordnet. Dort trifft er auf die ihm bereits bekannten Kollegen Schmidt, an den er keine guten Erinnerungen hat und Steffi Bach.
Die Arbeit gestaltet sich eher langweilig, bis die Westkollegin Suderberg auftaucht und Amtshilfe bei der Aufklärung einer ihrer Fälle einfordert. Welten treffen aufeinander, was die Zusammenarbeit nicht erleichtert.
Als Falck die richtigen Schlüsse zieht, hängt das Leben seiner Kolleginnen bereits am seidenen Faden.
Ich lerne Falck kennen, als er noch Volkspolizist in der DDR ist. Er steht fest zu den den Grundsätzen der sozialistischen Republik und kann nicht verstehen, dass man unbedingt in den Westen, den Staat der Ausbeuter, will. Was mich aber für ihn eingenommen hat, sind seine Träume von Familie und eigener Wohnung, sein Gespür für Menschen, seine Empathie und Hartnäckigkeit.
Der Mauerfall ist erstmal ein Schock für ihn. Zum Glück kann er seine Arbeit behalten, wenn auch der Umgang mit den neuen alten Kollegen nicht einfach ist. Schmidt ist mir noch von seinem Auftreten in der DDR her unsympathisch. Er war in meinen Augen brutal und nicht unbedingt an der Aufklärung seiner Fälle interessiert. Kollegin Bach ist sehr darauf bedacht, dass es im Team zu keinen Konflikten kommt. Ich mochte sie, schon allein schon deswegen und weil sie sich um die Aufspürung von Sexualstraftätern bemüht - einer Tätergruppe, die es in der DDR offiziell nicht gab.
Turbulent wird es, als die westdeutsche Kollegin auf der Bildfläche erscheint. Beide Seiten sehen ihre Vorurteile gegenüber dem jeweils anderen bestätigt und arbeiten eher gegen als miteinander. Das führt zu einigen humorvollen Szenen, über die ich mich wunderbar amüsiert habe. Der Fall selbst wird immer verworrener und die Beamten geraten mehrfach in große Gefahr.
Die Lösung des Falles fand ich überzeugend und hat mir auch deshalb gefallen, weil bei allen Unterschieden es eben auch Gemeinsamkeiten gibt.

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