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Veröffentlicht am 09.05.2025

Ein lesenswertes Buch!

Toyboy
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TOYBOY
Jonas Theresia

Zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Levin, der Ältere, ist extrovertiert, eitel, ehemaliges Model in L.A., drogenerfahren und inzwischen in der Porno- und Escortbranche ...

TOYBOY
Jonas Theresia

Zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Levin, der Ältere, ist extrovertiert, eitel, ehemaliges Model in L.A., drogenerfahren und inzwischen in der Porno- und Escortbranche gelandet. Gregor hingegen lebt zurückgezogen, versteckt sich lieber hinter dem Bildschirm seiner Spielkonsole und kämpft mit dem Gefühl, unverstanden zu sein – nicht zuletzt, weil ihm familiärer Rückhalt fehlt.

Schon zu Beginn spürt man als Leser*in, dass tiefer liegende Konflikte zwischen den Brüdern schwelen. Vor Jahren ist Levin ohne Erklärung nach Amerika aufgebrochen – ein Bruch, von dem sich Gregor nie erholt hat. Als Levin nun zurückkehrt, trifft er auf einen abweisenden Bruder, dessen Groll er zunächst nicht versteht. Erst allmählich erkennt er, wie sehr er Gregor in der Vergangenheit im Stich gelassen hat.

Besonders gelungen fand ich die Grundidee des Romans. Obwohl das Buch nicht meinem bevorzugten Genre entspricht, war ich schnell in der Geschichte gefangen und habe es in einem Rutsch gelesen. Das Setting erschien mir an manchen Stellen zwar leicht überzeichnet, aber durchaus vorstellbar – gerade im Hinblick auf die dargestellte Szene.

Insgesamt ein lesenswertes Buch mit einem beeindruckenden Cover.
3½/5

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  • Cover
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.05.2025

Großartige Literatur!

Wild wuchern
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WILD WUCHERN
Katharina Köller
Marie flieht in die Tiroler Alpen – dorthin, wo ihre Cousine Johanna seit Jahren zurückgezogen in einer abgelegenen Berghütte lebt. Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen ...

WILD WUCHERN
Katharina Köller
Marie flieht in die Tiroler Alpen – dorthin, wo ihre Cousine Johanna seit Jahren zurückgezogen in einer abgelegenen Berghütte lebt. Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Peter sucht sie Zuflucht an einem Ort, an dem er sie hoffentlich zuletzt vermuten würde. Sie ist überzeugt, dass er nie auf die Idee käme, ausgerechnet bei ihrer absonderlichen Cousine nach ihr zu suchen – jener Frau, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Die letzten Male, als sie zu fliehen versuchte, versteckte sie sich in Italien – doch er hatte sie dort immer wieder aufgespürt.

Cousine Johanna ist alles andere als erfreut, als Marie mitten in der Nacht mit einer blutenden Kopfverletzung vor ihrer Tür steht. Ihr gemeinsamer Großvater hatte Marie einst der Hütte verwiesen, und die quirlige, luxusverwöhnte Cousine konnte sie hier oben schon gar nicht gebrauchen.

Katharina Köller zeichnet ein Porträt zweier Frauen, die trotz ihrer Zwillingsmütter unterschiedlicher nicht sein könnten: Johanna – still, in sich gekehrt, die Worte schon als Kind nur zögerlich über die Lippen bringend. Und Marie – laut, lebenshungrig, der Mittelpunkt jeder Party.

Nach und nach erfahren wir Dinge aus ihrer Kindheit und Gegenwart, die sich am Ende des Buches zu einem großen Ganzen fügen.

Wow, was für ein gewaltiges Buch! Wer Kitsch oder Sentimentalitäten erwartet, wird hier nicht fündig. Statt klassischer Kapitel erleben wir einen rasanten Gedankenstrom – Maries innere Stimme treibt den Text atemlos voran und zieht uns mit in ihren Strudel. Mich hat dieser Stil vollkommen gepackt: poetisch, bildgewaltig, eindringlich, wild wuchernd, kraftvoll – und erfrischend anders.

Wer wortgewandte Literatur liebt, der sollte dieses Buch auf keinen Fall verpassen.
5/5

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Veröffentlicht am 06.05.2025

Sehr berührend …

Das Schwarz an den Händen meines Vaters
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DAS SCHWARZ AN DEN HÄNDEN MEINES VATERS
Lena Schätte

„Meine Mutter bringt uns Töchtern Dinge bei. Andere Dinge, als mit geraden Rücken am Esstisch zu sitzen, als Danke und Bitte zu sagen, andere Dinge ...

DAS SCHWARZ AN DEN HÄNDEN MEINES VATERS
Lena Schätte

„Meine Mutter bringt uns Töchtern Dinge bei. Andere Dinge, als mit geraden Rücken am Esstisch zu sitzen, als Danke und Bitte zu sagen, andere Dinge als ihrem Sohn. Sie bringt uns bei, dass Schnaps Ärger bedeutet. Dass Männer, die Bier trinken, harmlos sind: Sie tanzen und lallen und plaudern private Dinge aus, doch schließlich lassen sie sich ins Bett schubsen und schlafen friedlich ihren Rausch aus. Männer, die Schnaps trinken hingegen, werden aggressiv, suchen Streit, werden von der Polizei nach Hause gebracht oder kommen gar nicht erst Heim.“ S. ( 7)

Motte, die Ich-Erzählerin, wächst mit einem alkoholkranken Vater auf – eine Krankheit, die sich wie ein dunkler Faden durch die Generationen ihrer Familie zieht. Auch sie selbst beginnt als Erwachsene zu trinken, bis sie alles vergisst.
In kurzen, eindringlichen Kapiteln und mit großer sprachlicher Präzision führt uns Lena Schätte durch dieses Familienporträt. Ihr Staccato-Stil lässt uns durch die Seiten fliegen, während sich das Bild einer Kindheit entfaltet, in der Scham, Ausreden und das Schweigen zur Normalität wurden. Motte und ihre Familie entwickeln eine fast professionelle Routine darin, Lügen zu erfinden, Geschichten zu konstruieren, um das Bild des Vaters zu schützen – oder zumindest zu retten, was noch zu retten ist.

„Das Schwarz an den Händen meines Vaters“ ist ein ist ein autofiktionaler Roman. Schätte gelingt es, einen vielschichtigen, authentischen Blick auf das Leben mit einem trinkenden Elternteil zu werfen – und auf das, was davon übrig bleibt, schließlich auch auf den Versuch des Abschiednehmens, als bei ihm Krebs im Endstadium diagnostiziert wird..

Ein ehrliches, bewegendes Buch, das mitten ins Herz trifft. Ich wünsche dem Buch eine große Lerschaft.
5/5

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Veröffentlicht am 06.05.2025

So ein liebes Buch!

Drei Wasserschweine wollen's wissen
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DREI WASSERSCHWEINE WOLLEN’S WISSEN
Matthäus Bär

Grundsätzlich lieben Capybaras – also Wasserschweine – das entspannte Leben: schlafen, fressen, ausruhen, sich noch einmal umdrehen, dann wieder fressen, ...

DREI WASSERSCHWEINE WOLLEN’S WISSEN
Matthäus Bär

Grundsätzlich lieben Capybaras – also Wasserschweine – das entspannte Leben: schlafen, fressen, ausruhen, sich noch einmal umdrehen, dann wieder fressen, schlafen oder im Tümpel baden – und zwischendurch noch ein Snack oder ein weiterer Mittagsschlaf ...
Aufregung mögen sie gar nicht.

Doch Emmy, Raul und Tristan sind anders als der Rest der Herde im Zoo. Natürlich schätzen sie das geregelte Essen dort auch – aber ihnen ist es schlichtweg langweilig.
Hinzu kommt, dass sie seit ihrem letzten großen nächtlichen Abenteuer wissen, dass es da draußen – außerhalb ihres Geheges – noch eine ganz andere Welt gibt …

Da kommt es ihnen fast gelegen, dass Raben erzählen, das Flamingogehege sei leer – alle zwanzig Flamingos sind verschwunden.
Diese Nachricht verbreitet sich in Windeseile, und natürlich wollen die drei neugierigen Freunde wissen, was es mit dem dubiosen Flamingo-Verschwinden auf sich hat.
Vielleicht ist es etwas Gruseliges oder Geheimes? Man könnte jedenfalls ein paar Nachforschungen anstellen, denkt sich Wasserschwein Emmy.

Ihr könnt euch sicher denken, dass die drei Wasserschweine ein großartiges Abenteuer erleben.
Und ich würde euch ja zu gerne mehr verraten – aber besser ist es, ihr lest das Buch eurem Kind selbst vor.
Dann erfahrt ihr auch, was es mit den Göttern der Savanne, den Waldrappen und dem Eierdieb auf sich hat.

Ich empfehle euch und euren Kindern ab 5 Jahren dieses liebevoll erzählte Buch – wunderschön und mit Liebe illustriert von Anika Voigt.
5/5

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Veröffentlicht am 03.05.2025

Sehr berührend ...

Wenn die Tage länger werden
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WENN DIE TAGE LÄNGER WERDEN
Anne Stern

Drei lange Wochen liegen vor Lisa. Ihr sechsjähriger Sohn Paul reist mit seinem Vater zu den Großeltern nach Polen – und Lisa bleibt allein zurück. Ohne Freundeskreis ...

WENN DIE TAGE LÄNGER WERDEN
Anne Stern

Drei lange Wochen liegen vor Lisa. Ihr sechsjähriger Sohn Paul reist mit seinem Vater zu den Großeltern nach Polen – und Lisa bleibt allein zurück. Ohne Freundeskreis oder feste soziale Kontakte weiß sie wenig mit sich anzufangen. Auch das Verhältnis zu ihrer Mutter Barbara ist seit jeher schwierig: Schon als Kind wurde Lisa mit Schweigen und Unverständnis konfrontiert. Fragen blieben unbeantwortet, ein unsichtbarer Schleier hing stets zwischen ihnen.

Gefördert wurde Lisa dennoch – musikalisch. Klavier- und Geigenstunden bestimmten ihre Kindheit. Als talentierte Geigerin gewann sie Wettbewerbe und wurde früh von der Jugendförderung entdeckt. Ihr musikalisches Talent, so hieß es, habe sie vom Großvater geerbt – ebenso wie seine Geige. Doch ihn lernte sie nie kennen. Nur ein altes Foto blieb: ein Bild, das ihn in SS-Uniform zeigt.

Lisas Wunsch, mit ihrer Mutter über dessen Vergangenheit zu sprechen, wurde stets abgeblockt.

Nach Pauls Abreise nimmt Lisa die alte, verstaubte Geige wieder zur Hand – zum ersten Mal seit ihrer Pubertät, als sie das Instrument enttäuscht und trotzig verbannt hatte. Doch die Geige ist beschädigt. Auf der Suche nach einer Reparatur stößt sie auf einen Geigenbauer – und mit ihm auf eine Wahrheit, die sie tief in die Vergangenheit führt. In eine Zeit, die mit Schuld, Verlust und verdrängten Geschichten verknüpft ist.

Was als leise, zarte Geschichte beginnt, entwickelt sich zu einem bewegenden Roman über Identität, familiäre Prägung und die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte. Gemeinsam mit @filipine gelesen, konnten wir das Buch kaum noch aus der Hand legen.

Besonders beeindruckt hat mich der poetische, bildhafte Stil, der nicht nur die Natur, sondern auch die inneren Welten der Figuren eindrucksvoll beschreibt.

Ein stilles, tiefgründiges Buch über das Suchen und Verstehen – und über die Zwangsverkäufe jüdischen Eigentums in der NS-Zeit.

Für alle, die literarisch ruhige, aber inhaltlich kraftvolle Geschichten mögen, eine klare Empfehlung.
4½/5

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