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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2020

Ein Menschenleben

Rote Kreuze
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Mit einer sehr ausdrucksstarken, etwas distanzierten Schreibweise nimmt uns der Autor mit in eine schlimme Zeit.
Sasha Filipenko schafft es auf nur 280 Seiten ein ganzes Leben zu beschreiben. In Kurzen, ...

Mit einer sehr ausdrucksstarken, etwas distanzierten Schreibweise nimmt uns der Autor mit in eine schlimme Zeit.
Sasha Filipenko schafft es auf nur 280 Seiten ein ganzes Leben zu beschreiben. In Kurzen, klaren
Sätzen wird durch die Figur Tatjana das ganze Grauen des Stalinismus deutlich.
Eine spannender und sehr berührender Roman. Dokumentarisch belegt und durch die zitierten Originaldokumente wird das Grauen noch untermauert. Dokumente an das Rote Kreuz verzweifelte Appelle an die Menschlichkeit.
Diese nüchternen Aufzählungen gehen unter die Haut, machen das Böse greifbar.
Erzählt durch zwei Charakteren, die so echt und kompliziert wirken wie das Leben selbst.
Zwei Welten, zwei Menschen treffen aufeinander. Die eine muss sich alles von der Seele
reden, kämpft gegen das Vergessen und der andere muss sich der Gegenwart stellen. Sein Leben wieder in den Griff bekommen.
Die Charaktere und der Aufbau sind sehr überzeugend und authentisch. Die beiden Figuren sind wunderbar
gezeichnet und ergänzen sich perfekt. Hier wird die russische Seele perfekt eingefangen.
Z.b. mit den eingefügten Gedichten.

Ich finde es sehr gut, das dieses Thema aufgegriffen wurde. Gerade die Korrespondenz aus den Archiven macht dieses Buch so interessant. Vor allem jetzt wo Putin alles unter Verschluss hält.
Es wurde Zeit das darüber berichtet wird.
Ein sehr wichtiger Roman. Eine Leseempfehlung.

Diese wunderbaren Sätze sollen noch genannt werden:

Ich frage: "Warum hat Stalin so einen kleinen Kopf?" Den alten hat jemand abgehauen. Wir haben bei der
Behörde einen neuen bestellt, aber mit der Größe ist etwas schiefgegangen.
Das Bild, ein dunkelgraues Quadrat. Was stellt es dar? Mein Leben!
Gott hat Angst vor mir. Zu viele unbequeme Fragen kommen da auf ihn zu.
Stalins Experiment war geglückt, gefangen war der Mensch nicht länger in einem Anstaltsgebäude,
sondern in seinem eigenen Schicksal.

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Veröffentlicht am 04.02.2020

Mörderisches Franken

Frankenstich
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Buchhändlerin Felicitas Reichelsdörfer ist verzweifelt. In ihrer Buchhandlung wird ein Toter gefunden.
Dann ist es auch noch ihr Star Autor Georg Neuner der dort regelmäßig seine Bücher vorstellt.
Zu allem ...

Buchhändlerin Felicitas Reichelsdörfer ist verzweifelt. In ihrer Buchhandlung wird ein Toter gefunden.
Dann ist es auch noch ihr Star Autor Georg Neuner der dort regelmäßig seine Bücher vorstellt.
Zu allem Unglück gehört sie auch noch zu den Hauptverdächtigen.
Erster Kriminalhauptkommissar Clemens Satorius von der Erlanger Dienstelle,
ist ein harter Brocken und lässt einfach nicht locker. Um ihre Unschuld zu beweisen, will
Feli bei den Ermittlungen helfen und begibt sich in große Gefahr.

Die Autorinnen nehmen den Leser mit in das schöne Franken.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und humorvoll. Es fällt schwer das Buch aus der Hand zulegen.
Atmosphärisch dicht und sehr authentisch wird die Ermittlung geführt.
Es gibt sehr viel Lokalkolorit und die Charaktere sind so schön bodenständig,
lebensfroh und gewitzt. Die fränkische Lebensart wird so wunderbar wiedergegeben.
Auch menschelt es so schön zwischen den Geschlechtern.
Der Hauptkommissar ist mal kein grantelnder Einzelgänger, sondern ein sehr gepflegter junger Mann
dem die Frauenherzen zufliegen. Die junge Buchhändlerin Feli hat ein großes Herz und mag keine
Ungerechtigkeiten. Es macht Spaß die beiden bei den Ermittlungen zu begleiten.
Der Spannungsbogen ist gekonnt gesetzt, auch wenn es hier weder übermäßig blutig noch dramatisch zu geht.
Ein richtig guter Regio-Krimi, der seine Spannung langsam aufbaut.
Ich habe ich mich mit diesem Buch sehr gut unterhalten gefühlt,
habe mit rätseln können und ein tolles Kopfkino gehabt.
Ein gelungenes Debüt, das große Lust auf den zweiten Band macht.

Beste Unterhaltung ist garantiert!

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Veröffentlicht am 28.01.2020

Die Zeit der Frauen

Die Galerie am Potsdamer Platz
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Ein interessanter Roman der in einer aufregenden Zeit spielt. Alice ist eine junge Frau die in
den 1930 Jahren sehr emanzipiert und selbstbestimmt Leben kann. Ihre Familie ist vermögend und sie macht sogar ...

Ein interessanter Roman der in einer aufregenden Zeit spielt. Alice ist eine junge Frau die in
den 1930 Jahren sehr emanzipiert und selbstbestimmt Leben kann. Ihre Familie ist vermögend und sie macht sogar den Führerschein. In den goldenen 20er-Jahren veränderten sich die Rollen von Frauen in der Gesellschaft gravierend. Die 20er-Jahre waren für die Emanzipation der Frau wegweisend.
Feministisch orientiert und selbstbestimmt nahm die arbeitende „Neue Frau“ ihr Leben in die Hand. Das alles wird hier sehr deutlich gemacht. Alice ist eine typische Frau dieser Zeit und sie lebt es auch aus.
Das alte Berlin mit seinen wunderbaren Galerien und Vergnügungsstätten wird noch mal lebendig.
Die Sehnsüchte und Sorgen einer längst vergangenen Epoche leben noch einmal auf.
Im Hintergrund wird schon deutlich, dass die Zeit des Nationalsozialismus angebrochen ist.
Auch deshalb hat mich dieser Roman sehr neugierig gemacht. Stammt doch die Autorin aus der bekannten Kunsthändlerfamilie Gurlitt und lebt auch heute in Berlin. Da gibt es eine Menge an eigener Erfahrungen die auch in diese Geschichte eingeflossen sind. Diese Passagen trotzen so vor Leidenschaft und sind sehr mitreißend geschrieben.
Die Charaktere aber bleiben seltsam blass und irgendwie langweilig.
Da ist keine Leidenschaft, kein Esprit in den Figuren. Es fällt schwer mit ihnen warmzuwerden. Das hat das Lesevergnügen noch um einiges geschmälert.
Am Ende sei noch bemerkt, das ein Stadtplan aus Berlin in dieser Zeit nicht von Nachteil wäre.
Viele der genannten Straßen und Plätze gibt es ja in dieser Form nicht mehr.

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Veröffentlicht am 27.01.2020

Online

Im Netz des Lemming
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Ein kleiner Junge begeht einen Suizid. Vor Leopold, Lemming, Wallischs Augen wirft er sich von einer Brücke direkt vor eine heranrollende U-Bahn. Wie konnte das passieren? Lemming versucht mit seinem Freund ...

Ein kleiner Junge begeht einen Suizid. Vor Leopold, Lemming, Wallischs Augen wirft er sich von einer Brücke direkt vor eine heranrollende U-Bahn. Wie konnte das passieren? Lemming versucht mit seinem Freund dem Chefinspektor Polivka die Wahrheit herauszufinden. Immer tiefer geraten sie in einem Sumpf des World Wide Web und müssen sich mit anonymen online Hetzkampagnen und Fake News auseinandersetzen.

Stefan Slupetzky hat eine wunderbare Schreibweise. Sehr feinsinnig und mit großer Liebe zum Detail zeigt er dem Leser die Missstände auf. Nebenbei erfährt man sehr viel über Wien und seine Bewohner.

Gespickt ist dieser Roman mit großem Wortwitz und Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Missständen. Mit sehr deutlichen Seitenhieben auf die aktuelle österreichische Politik.

Aber es geht auch um die moderne Kommunikation und deren Gefahren. Da fast jeder Online ist, gibt es praktisch kein Entkommen mehr.

Außer dem herrlichen Wortwitz steht der unbeschreibliche Humor im Vordergrund. Trotz der Ernsthaftigkeit des Themas muss man immer wieder schmunzeln oder sogar lachen. Dazu tragen auch die beiden Hauptfiguren bei. Die sind so herrlich schräg und skurril.

Zudem ist aber auch ein recht spannender Krimi dessen Spannungsbogen bis zum Schluss anhält. Ein wunderbar hochaktuelles und sozialkritisches Buch mit einem sehr liebenswerten Ermittler.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

Nichts besonderes

Die Frauen vom Alexanderplatz
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Berlin 1918. Drei junge Frauen, die Wissen was so wollen. Nach dem 1. Weltkrieg wird die Hauptstadt von der Novemberrevolution erschüttert.
Es gibt keine bezahlte Arbeit und für die Mehrheit der Bevölkerung ...

Berlin 1918. Drei junge Frauen, die Wissen was so wollen. Nach dem 1. Weltkrieg wird die Hauptstadt von der Novemberrevolution erschüttert.
Es gibt keine bezahlte Arbeit und für die Mehrheit der Bevölkerung nichts zu Essen.
Hannah, eine ehemalige Lazarett-Krankenschwester, hat große Pläne für eine selbstbestimmte Zukunft.
Vera, eine Schneiderstochter, will die Werkstatt von ihrem Vater wieder aufleben lassen.
Fritzi, vom Land und aus gutem Haus, sucht den Vater ihrer Tochter.
Alle Hoffen auf eine bessere Zukunft.

Die Autorin hat im Klappentext einen spannenden historischen Roman versprochen.
Der Beginn ist rasant und vielversprechend. Leider kann sie dieses Tempo nicht halten.
Mich hat der Ort, der Alexanderplatz, neugierig auf dieses Buch gemacht. Dieser Platz war
ein Herzstück Berlins als es noch nicht die 1920 eingemeindete Bezirke gab. Wie zu Beispiel
Dahlem wo Hanna lebt. Leider spielt dieser Platz so gut wie gar keine Rolle. Überhaupt wird diese schlimme Zeit nur stereotypisch wieder gegeben. Ein Paar altmodische Worte und kurze Erklärungen sind zu wenig für einen historischen Roman.
Die Charaktere, am Anfang noch recht interessant, verlieren sehr an Tiefe. Am Ende sind die
drei Frauen einfach nur austauschbar. Alle drei sind hübsch, sehr klug und finden am Ende ihr Glück.
Im Grunde genommen ist es egal, ob die Geschichte 1918 oder 1980 spielt.
Die Schreibweise ist nett aber fesselt nicht. Teilweise sehr emotionslos. Langeweile macht sich breit.
Am Ende war ich froh, dass ich dieses Buch ausgelesen habe.
Ein ganz normaler Liebesroman aber leider nicht das was ich mir anhand des Klappentextes versprochen hatte.

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