Dieses Sachbuch beschäftigt sich im ersten Teil mit der Ist-Situation, beleuchtet den Frust, der sich gegenüber der Politik breitgemacht hat, Wut, Hassreden und das zunehmende Fehlen von Diskussionsdisziplin. ...
Dieses Sachbuch beschäftigt sich im ersten Teil mit der Ist-Situation, beleuchtet den Frust, der sich gegenüber der Politik breitgemacht hat, Wut, Hassreden und das zunehmende Fehlen von Diskussionsdisziplin. Dem schlechten Ruf, der in der Bevölkerung im Allgemeinen über Politiker herrscht, sollen aufstrebende Neo-Politiker entgegentreten. Aus diesem Grund wurde die Organisation JoinPolitics gegründet, die das Potenzial und Talente in jungen Leuten für die Politik erkennen und fördern soll. Im zweiten Teil des Buches werden nun junge Politikerinnen und Politiker vorgestellt, die diese Förderung erhalten. Mir gefiel, dass es Leute aus verschiedenen Parteien sind, hier geht es um eine gute Politik und nicht um parteipolitische Ziele.
Der dritte Teil befasst sich mit der Zukunft, Visionen eines politisch konstruktiven Miteinanders. Natürlich wäre es erstrebenswert dahin zu kommen, leider klingt es zu märchenhaft, um wahr zu werden. Sachliche Diskussionen zu führen, ohne populistisch zu sein, gelingt nur dann, wenn man nicht eigene Machtpositionen im Kopf hat. Der Weg zu einem solch gepflegten Umgang ist steil und weit, der wird aber hier leider ausgeklammert. Man soll sich hohe Ziele setzen und den Autoren ist bewusst, dass es im Kleinen anfängt. Trotzdem hätte ich mir in diesem Teil konkretere Vorstellungen erwartet und nicht nur das extrem hochgesteckte Ziel in paradiesischen Farben ausgemalt.
Auf jeden Fall wünsche ich JoinPolitics alles Gute und Erfolg.
Im Urlaub wird Fritzi schwanger und trotz der schwierigen Begleitumstände ihres Elternhauses und die anstrengende Geburt stellt sie ihren Sohn Hannes fortan in den Mittelpunkt ihres Lebens. Noch im Krankenhaus ...
Im Urlaub wird Fritzi schwanger und trotz der schwierigen Begleitumstände ihres Elternhauses und die anstrengende Geburt stellt sie ihren Sohn Hannes fortan in den Mittelpunkt ihres Lebens. Noch im Krankenhaus lernt Fritzi eine andere Mutter kennen: Günes. Ihre Tochter Polina ist ebenfalls neugeboren und die beiden Frauen werden Freundinnen. Hannes‹ Kindheit ist wundervoll, er wächst in einer alten Villa im Moor auf, in der neben Fritzi auch der alte Herr Hildebrandt wohnt. Bald zeigt sich das Talent von Hannes: Er ist hochmusikalisch und kann auf Anhieb Klavier spielen. Hildebrandt unterrichtet ihn. Hannes und Polina entwickeln eine tiefe Freundschaft, die auch bleibt, als Polina sich in einen Mitschüler verliebt. Die Idylle wird durch den Tod der Mutter zerstört ...
Takis Würger hat einen ausgeprägt speziellen Schreibstil und kommt fast ohne Dialoge aus. Er versteht es, trotz nüchterner Schreibweise Gefühle zu transportieren, das gefiel mir gut. Meist ist die Story kurzweilig geschrieben und man lernt die Charaktere zum Angreifen nahe kennen, hin und wieder driftet die Geschichte ein wenig ab und verweilt in einer Nebenhandlung, die es für mich nicht gebraucht hätte. Der erste Teil befasst sich mit Fritzi und der Kindheit von Hannes, wobei Fritzi für mich der eindrücklichste Charakter ist. Hannes ist bereits in seiner Jugend schwerfällig und verträumt, diese Eigenschaften ziehen sich weiter. Durch den Tod seiner Mutter wird er aus seinem beschaulichen Dasein gerissen, sein Leben dreht sich komplett. Er zieht zu seinem Vater, getrennt von Herrn Hildebrandt und Polina, verliert seine Musik und arbeitet in einem Job, der so gar nicht für ihn geeignet scheint. Teil 2 befasst sich mit diesem neuen Leben in Hamburg, in dem es ebenfalls einen Anker für ihn gibt: Bosch, sein neuer Freund. Fast nebenher führt Hannes eine Beziehung mit Leonie, einer ein paar Jahre älteren Frau, die ihm ein Zuhause bereitet. In Teil 3 findet er zur Musik zurück. Er klären sich einige Ungereimtheiten, der Schluss ist versöhnlich jedoch ungewiss, passt in seiner Offenheit zur Geschichte.
Eine starke Geschichte, die sich einprägt und im Gedächtnis bleibt, ein Autor, der es versteht, mit wenigen Worten viel Inhalt zu transportieren und Informationen zwischen den Zeilen zu verstecken. Beeindruckend und lesenswert.
Nach einer politischen Feier hat eine junge Neo-Politikerin einen Filmriss und sucht mit Unterleibsbeschwerden die Ambulanz des örtlichen Krankenhauses auf. Obwohl sie gleich vermutet, Drogen erhalten ...
Nach einer politischen Feier hat eine junge Neo-Politikerin einen Filmriss und sucht mit Unterleibsbeschwerden die Ambulanz des örtlichen Krankenhauses auf. Obwohl sie gleich vermutet, Drogen erhalten zu haben, werden keine Blut- oder Urinproben genommen. Bei der gynäkologischen Untersuchung findet sich eine (wahrscheinliche) Bisswunde am Oberschenkel sowie ergeben später DNA-Proben, dass zwei Männer mit ihr in Berührung gekommen sind. Eine DNA-Probe kann zugeordnet werden, einem verheirateten Politiker von der Gegenpartei, die andere bleibt unbekannt. Es werden zahlreiche Fehler in Untersuchung und Aufklärung des Falles gemacht, sodass bis heute nicht geklärt werden konnte, was in dieser Nacht wirklich vorgefallen ist. Die junge Politikerin wird von den Medien gejagt und vorverurteilt, muss sich beschimpfen und demütigen lassen. Die Journalisten und (leider auch) Journalistinnen sind nicht zimperlich in der Wortwahl, werden übergriffig und stellen Behauptungen auf, die später eindeutig widerlegt werden können. Einzig ihre Familie gibt Frau Spieß-Heggli Halt, die zu ihr steht.
Das Buch befasst sich hauptsächlich mit dem Geschehen nach den Vorfällen auf der politischen Feier. Ich habe die Geschichte von damals nur vage in Erinnerung. Obwohl ich im Grenzgebiet wohne, war das wohl bei uns nicht das große Thema wie in der Schweiz. Der Inhalt hat mich erschüttert, unglaublich was die Autorin hat mitmachen müssen und welche Stärke sie dabei entwickelt hat, da kann ich nur sagen: Respekt und Hut ab. Die Medienhetze nach der Landammannfeier kann man nur als widerlich bezeichnen.
Vor zehn Jahren durfte sich die Presse leider ungestraft einiges erlauben,
metoo war noch nicht geboren. Victim Blaming und Rape Culture waren auf dem Höhepunkt. Offenbar war für alle klar, dass Frau Spieß ihre Vergewaltigung unter Drogen nur vorgetäuscht hätte um dem Politiker der Gegenpartei ans Bein zu pinkeln. Die peinlich indiskreten Schlagzeilen, Beschimpfungen, Morddrohungen sogar an ihre Kinder, Stalking und vieles mehr – das alles ist unwürdig und demütigend. Dieser Teil nimmt den Elefantenanteil des Buches ein und war für mich hart zu lesen. Mittlerweile hat die Autorin eine Institution
netzCourage ins Leben gerufen und auch einen Prozess gegen einen führenden Schweizer Medienverband gewonnen. Eine überragende Leistung. Die Autorin ist bewundernswertes Durchhaltevermögen und Courage gezeigt, und durch ein erstmalig da gewesenes Urteil Wiedergutmachung von seiten der Presse erreicht.
Was mir leider fehlte, war die Vorgeschichte. Die Autorin ist zwar gegen das skandalös aufdringliche Verhalten der Presse vorgegangen, hat jedoch die zahlreichen Ermittlungsfehler – so scheint es – emotionslos akzeptiert. Das Buch beginnt gleich mit dem hinterher, der (haarsträubend nachlässigen) Untersuchung im Krankenhaus. Aber was war davor? Wie lief die Feier ab? Was war das Letzte, woran die Autorin sich erinnert? Hat sie sich mit dem Politiker der Gegenpartei unterhalten? Gab es einen offiziellen Teil, waren die Teilnehmer sich freundlich gesonnen oder gab es Diskussionen?
Wer hatte Gelegenheit ihr etwas ins Glas zu geben? Später machen die Zeugen offenbar widersprüchliche Aussagen, warum wurde nicht mehr nachgehakt? Falschaussagen sind strafbar. Die exorbitanten Fehler, die bei der Ermittlung gemacht wurden, erzeug Wut beim Lesen. Ich hätte alles daran gesetzt, um Licht ins Dunkel dieses Abends zu bringen. Möglicherweise hat die Autorin das getan, es kommt aber im Buch nicht heraus.
Dass ein Verbrechen vorliegt, das ist für mich klar. Andernfalls hätte Frau Spiess-Heggli das Krankenhaus am nächsten Tag gar nicht aufgesucht. Eine fragwürdige Rolle spielt für mich der Mann, dessen DNA identifiziert wurde, der zuerst auch einen »Filmriss« erwähnte und plötzlich nur mehr von »fremdküssen« redete. Er wurde freigesprochen, weil er umschwenkte und von »einvernehmlich« sprach. Die Autorin vermutet, dass ihm das von seinen Anwälten geraten wurde, sie gibt ihm keine Schuld. Hallo? Da wäre dann noch der dritte Mann – weshalb wurde die zweite DNA nicht mit den Anwesenden der Feier abgeglichen? Und die Zeugen härter befragt, denn teilweise haben sie nachweislich gelogen.
Das Buch lässt also viele Fragen offen. Es ist gut, dass die Autorin sich einiges von der Seele hat schreiben können, und zumindest Erfolg hatte, dass die Medien (zum Teil) Wiedergutmachung leisten mussten. Dass man jedoch den Fall selbst zu den Akten gelegt hat und er ungeklärt bleiben wird, ist unbefriedigend. Der Schreibstil der Autorin liest sich flüssig und angenehm, der Aufbau des Buches ist teilweise verwirrend und einiges wiederholt sich, 3,5 Sterne, da ich keine halben Sterne geben kann, runde ich auf.
Steffi wird als siebtes Kind einer Frau geboren, die es ablehnt und sofort in Pflege gibt, jedoch keine Adoptionspapiere unterschreibt. So wächst sie im Heim auf und kommt im Alter von drei Jahren auf ...
Steffi wird als siebtes Kind einer Frau geboren, die es ablehnt und sofort in Pflege gibt, jedoch keine Adoptionspapiere unterschreibt. So wächst sie im Heim auf und kommt im Alter von drei Jahren auf einen Bauernhof. Die Familie Kellermann gilt als wohltätig, weil sie zu ihren eigenen Kindern eine Menge Pflegekinder aufnimmt, missbraucht sie aber als billige Arbeitskräfte und behandelt sie mehr als schlecht. Sie werden geschlagen, müssen barfuß arbeiten und schlafen auf dem Heuboden. Blaue Flecken und Wunden sind an der Tagesordnung. Sowohl Fürsorge als auch sämtliche Dorfbewohner schauen weg. Als Steffi älter wird, vergreift sich der Bauer an ihr und sie schweigt aus Angst. Sie verweigert das Essen, wird magersüchtig und kommt mit fünfzehn ins Krankenhaus. Erst auf der Psychiatrie erkennt eine Ärztin, was mit ihr los ist, doch bei der Gerichtsverhandlung traut sie sich nicht gegen den Pflegevater auszusagen, aus Angst vor Repressalien. Obwohl sie nicht mehr in die Familie zurückmuss, wird ihr Leben keineswegs schöner, denn ihre leibliche Mutter taucht plötzlich auf ...
Ein fesselndes Buch, das berührt und aufwühlt. Die Autorin wählt am Anfang die dritte Person, als Steffi größer wird, erzählt sie in der Ich-Form. Ein trauriges Schicksal, das niemanden kalt lässt und vor allem auch deshalb grausam zu lesen ist, weil die Vorkommnisse gar nicht lange her sind, nämlich die 1980er und 90er Jahre. Kaum zu glauben, wie Behörden und Jugendamt wegsehen und nicht bemerken können, was sich auf dem Bauernhof wirklich abspielt. Selbst Nachbarn und Pfarrer sind der Ansicht, dass Pflegekinder froh sein müssen, wenn sie aufgenommen werden. Sogar in der Schule werden sie als »Kinder zweiter Klasse« (wie es Steffi nennt) behandelt.
Ein mitreißender Roman, der durch den virtuos klaren bildhaften Schreibstil der Autorin zum Genuss wird.
Leider muss ich sagen, dass der Klappentext nicht stimmt und ein wenig in die Irre führt – ich will hier jedoch nicht spoilern. Die Geschichte nimmt zwar einen anderen Verlauf, ist aber nichtsdestotrotz spannend und herzbewegend erschütternd. Daher gebe ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Charlotte ist eine taffe Geschäftsfrau, vermietet Ferienhäuser und ist rundum organisiert. An einem Abend lässt sie alle fünfe gerade sein und genießt eine heiße Nacht mit einem Wildfremden, den sie am ...
Charlotte ist eine taffe Geschäftsfrau, vermietet Ferienhäuser und ist rundum organisiert. An einem Abend lässt sie alle fünfe gerade sein und genießt eine heiße Nacht mit einem Wildfremden, den sie am Morgen verlässt, bevor er aufwacht. Sie denkt, dass sie ihn nie wiedersieht. Bis sie Midsummer House, ein idyllisches Cottage als Ferienhaus ankaufen möchte. Die Besitzerin Frances stellt die Bedingung, dass sie erst für drei Monate das Haus hütet, während sie auf Reisen geht. Als Charlotte dort einzieht, sieht sie sich ihrem One-Night-Stand gegenüber, der zufällig der Neffe von Frances ist und ebenfalls Interesse am Haus hat.
Ich kenne die Vorgängerbände nicht, kam jedoch trotzdem gut in die Story hinein. Die Autorin einen wortgewaltig bildhaften Schreibstil, den ich sehr genossen habe. Auch hat mich der Anfang der Story richtiggehend mitgerissen, ich konnte beide Protagonisten wahrhaftig vor mir sehen: Die strukturierte Charlotte und Rob, den Finanzier, der sich seiner Ausstrahlung und seines Reichtums bewusst ist, sich auf windige Geschäfte einlässt und auf einmal erkennt, dass er kaum Freunde hat. Im Mittelteil verliert sich die Story ein wenig, an manchen Stellen hätte ich mir mehr Tempo gewünscht oder dass vor allem Charlotte sich eingesteht, dass zwischen ihr und Rob sich etwas entwickeln könnte. Das Prickeln hat mir gefehlt, schließlich waren die beiden bereits intim miteinander. Auch Rob kommt nur langsam in die Gänge und erkennt, was er wirklich möchte. Der Schluss konnte mich allerdings erneut fesseln. Die Story punktet für mich speziell durch die liebenswerten Nebenfiguren, die alle ihren Platz haben und das Flair von Schottland, für das ich eine besondere Schwäche habe.
Ein Wohlfühlroman in schönem Ambiente, der sich gut lesen lässt.