Profilbild von Nancy0705

Nancy0705

Lesejury Profi
offline

Nancy0705 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nancy0705 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.11.2022

Was ist Schuld?

Als die Welt zerbrach
0

Die über 90-jährige Gretel Fernsby führt ein eher ruhiges, unspektakuläres Leben in London.
Was jedoch kaum einer weiß, damals kurz nach dem 2. Weltkrieg, nachdem ihr Vater – ein NS-Lagerkommandant – hingerichtet ...

Die über 90-jährige Gretel Fernsby führt ein eher ruhiges, unspektakuläres Leben in London.
Was jedoch kaum einer weiß, damals kurz nach dem 2. Weltkrieg, nachdem ihr Vater – ein NS-Lagerkommandant – hingerichtet wurde, floh sie mit ihrer Mutter aus Deutschland.
Doch die schreckliche Vergangenheit lässt sich nicht einfach abschütteln und verfolgt Gretel noch bis heute.
Immer noch kann sie den Namen ihres Bruders nicht aussprechen und immer noch besteht die Angst vor einer Entdeckung und den damit möglicherweise einhergehenden Konsequenzen.

Nach 16 Jahren erscheint mit dem Buch „Als die Welt zerbrach“ von John Boyne der Fortsetzungsroman von der „Der Junge im gestreiften Pyjama“.

Die Idee, an die Ereignisse aus dem vorherigen Roman anzuknüpfen – was durch die Nacherzählungen aus dem ersten Teil, nach der doch recht langen Zeit, sehr gut gelingt – und die Handlung dabei bis in die Gegenwart zu bringen, ist großartig.
Es ist extrem spannend, Gretels Leben, nach diesem einschlägigen Schicksalsschlag und ihrer kritischen Vergangenheit, mitzuerleben und so auch ein Stück weit nachempfinden zu können, wie die Deutschen (vor allem Anhänger des NS-Regimes) die Nachkriegszeit erlebten.
Die Zeit wird nicht, wie oft, aus Sicht der ‚Opfer‘, sondern vielmehr aus Sicht der ‚Täter‘ oder zumindest der Mitwisser erzählt.

Auch der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist genial.
Er verleiht der ganzen Story eine gewisse Dynamik und zeigt sehr einprägsam, wie die Vergangenheit, die Zukunft (und einen Menschen) für immer prägt und beeinflusst.

Mir gefällt die Darstellung der innerlichen Zerrissenheit der Protagonistin Gretel Fernsby.
Man spürt den enormen Einfluss ihrer Vergangenheit, die tiefverwurzelte, nationalsozialistische Indoktrination und wie das Erlebte an ihr nagt und sie nach all der Zeit immer noch beschäftigt und nicht loslässt.
Als Leser/in erlebt man mit ihr einen inneren Kampf um ihre eigene Schuld an den (antisemitischen) Gräueltaten.

Gretel ist eher zynisch, distanziert, und in gewissen Teilen herzlos, was wohl ihren traumatischen Erlebnissen in ihrer schwierigen Kindheit und Jugend zuzuschreiben ist.
Auch wenn mir Gretel dadurch die meiste Zeit nicht sehr sympathisch war, konnte ich ihre Einstellung und ihren Charakter ein Stück weit nachvollziehen.
Dennoch empfand ich sie und die anderen Charaktere als nicht sehr tiefgreifend und angenehm, wodurch es mir schwerfiel, mich gänzlich auf sie einzulassen und mich mit ihnen zu identifizieren.

Der Schreibstil von John Boyne ist großartig.
Teils recht komplex und verschlüsselt, trotzdem gut zu lesen und mitreißend.
Es wird eine großartige, emotionale und nachdenkliche Atmosphäre aufgebaut, die die Leser/innen einnimmt.
Der Autor schafft, ohne eigene Wertung, klar, neutral und sachlich, eine Nachdenklichkeit über die existentielle Frage der Schuld, für die jeder Leser/jede Leserin am Ende für sich selbst eine Antwort finden muss.

Die zentrale Schuldfrage wirkt in den Köpfen nach und beschäftigt nachhaltig während des Lesens (und darüber hinaus).
Wer ist wann schuldig? Wer bestimmt über Schuld? Wie schwer wiegt eine Schuld? Und wie lebt man damit?
Jedoch verläuft sich für mich dieses Thema am Ende und kommt auf keinen richtigen Nenner.

Leider habe ich mir von der Handlung an sich mehr erhofft.
Die Richtung, in die der Handlungsstrang der Gegenwart verläuft, gefällt mir gar nicht.
Das Thema rundum die häusliche Gewalt ist mir teils zu offensichtlich, zu klischeehaft und im Vergleich zu der NS-Zeit mit der zusammenhängenden Schuldfrage einfach nicht ganz passend.
Das Ende ist meiner Meinung nach sehr abwegig und realitätsfern und trifft nicht den Kern, den der Autor wohl bezwecken wollte.
Gretel ist seit ihrer Flucht auf der Suche nach einer Antwort ihre Schuld betreffend.
Am Ende lädt sie sich eine neue Schuld auf. Doch wird damit die damalige Schuld ausgeglichen, geklärt oder aufgearbeitet? Für mich nicht ganz passend.

Der Handlungsstrang in der Vergangenheit ist dafür jedoch wirklich großartig – sehr authentisch und emotional.

Fazit

Sieht man einmal über die eher unsympathischen Charaktere, die ausbaufähige Handlung und das abwegige Ende hinweg, ist das Buch dennoch recht lesenswert, was nicht zuletzt an dem tiefgreifenden Schreibstil Boynes und der sehr interessanten, denkwürdigen Thematik, die nachhaltig beschäftigt, liegt. Gut geeignet, für ein paar nachdenkliche Lesestunden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.10.2022

Leider eine enttäuschende Fortsetzung!

Mode-Atelier Rosen
0

Kassel, 1832: Nach ihrer Rückkehr aus Frankfurt nach Kassel in die Marktgasse, hat Elise alle Hände voll zu tun. Das Atelier erfreut sich wieder regen Betriebs – die Kundinnen gehen ein und aus – weswegen ...

Kassel, 1832: Nach ihrer Rückkehr aus Frankfurt nach Kassel in die Marktgasse, hat Elise alle Hände voll zu tun. Das Atelier erfreut sich wieder regen Betriebs – die Kundinnen gehen ein und aus – weswegen Charlotte zur Entlastung und Unterstützung ein neues Lehrmädchen einstellen will.
Und dann ist da auch noch der angekündigte Besuch von Elises Vater, den sie sehnsüchtig erwartet. Schließlich hat sie insgeheim ein Ziel: die Eltern zu versöhnen.
Doch als plötzlich die geheimen und sehr privaten Lebenserinnerungen von Elises Vater verschwinden und ihre Mutter daraufhin erpresst wird – schließlich enthält jenes Manuskript einige pikante Details – gerät das Atelier erneut in Bedrängnis und es gilt den Täter – oder die Täterin – schleunigst zu finden.

„Mode-Atelier Rosen – Träume einer neuen Zeit“ ist der Fortsetzungsroman von Marie Lamballes Saga rund um das kleine Mode-Atelier in der Marktgasse in Kassel.

Leider zeichnet sich dieser Band durch seine Schwächen aus und kann nicht annähernd mit dem ersten Teil mithalten.

Vorneweg das Positive: Nach wie vor gefällt mir die treffende Darstellung der damaligen Zeit.
Marie Lamballe fängt mit ihrer Schilderung der Ereignisse, den Beschreibungen der zeitlichen Umstände und Gepflogenheit sowie nicht zuletzt mit dem Schreibstil voller zeitgenössischer Ausdrücke, Redewendungen und dem passenden Dialekt, den Zeitgeist der damaligen Zeit wunderbar ein.

Zudem mag ich auch wieder ihre malerische Art zu Schreiben.
Die Autorin beschreibt die Landschaften, Ereignisse und Charaktere sehr bildhaft und detailreich, wodurch man ein Teil der Geschichte wird.
Ich habe es geliebt, wieder nach Kassel zu reisen!

Der Rest des Buches ist leider nicht so positiv und hat mich wahrlich enttäuscht.

Die Charaktere sind teils sehr unsympathisch und konnten mich nicht überzeugen.

De LaTour und Moritz sind mir zu sehr geprägt von Arroganz und Überheblichkeit.
Elise finde ich in diesem Band zu naiv. Sie versucht zu sehr, es allen – v.a. ihrem Vater – recht zu machen, ohne ihre eigene Meinung zu vertreten und nach dieser zu handeln. Sehr schade, da ich sie und ihren eigenwilligen Charakter im ersten Band sehr mochte!

Außerdem fehlt es mir leider bei den meisten Charakteren an Tiefe und Authentizität.
Mir sind viele Handlungen und Gedanken einfach nicht nachvollziehbar.
Somit bleiben die meisten Personen irgendwie halt- und farblos.

Die Story ist sehr langatmig.
Die Handlung zieht sich viel zu sehr in die Länge und kommt doch auf kein Ergebnis.
Es passiert einfach nicht viel und die Spannung fehlt fast gänzlich.

Zudem werden einige ‚Nebenkonflikte‘ wie z.B. die Erwartung an Sybilla, einen männlichen Nachfolger zu gebären, einfach problemlos und ohne Reibungspunkte aus der Welt geschafft.

Das Ende ist unerwartet, ja, aber leider nur, weil es völlig aus der Luft gegriffen ist.
Es gibt kaum Anknüpfungspunkte, um das Ende nachvollziehbar zu machen, stattdessen wird eine völlig haltlose, unglaubwürdige Geschichte drumherum gesponnen.
Nach dem vielen Rätselraten – der einzige Punkt, der für mich die Spannung noch gehalten hat, war die Frage nach dem Täter bzw. der Täterin – ein sehr ernüchterndes Ende, das mich schlichtweg enttäuscht hat.

Noch dazu ist die Handlung zum Ende hin für mich noch nicht rund. Da gibt es einfach noch zu viele unbeantwortete Fragen und offene Handlungsstränge.

FAZIT

Eine sehr platte, fast schon langweilige, teils realitätsferne Handlung ohne großartige Spannungsmomente, mit einem sehr enttäuschenden, abwegigen Ende und leider eher unsympathischen, haltlosen Charakteren.

Ich habe mich bedauerlicherweise ein wenig durch die Geschichte ‚gekämpft‘.

Trotz der positiven Merkmale – vor allem Marie Lamballes Schreibstil, den ich eigentlich sehr mag – überwiegen für mich die negativen Aspekte.

Die offenen Handlungsstränge deuten auf einen weiteren Teil hin, allerdings weiß ich nicht, ob ich mich mit dieser Reihe noch versöhnen und einen weiteren Band lesen kann bzw. will!

Zu mein Bedauern leider keine Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 03.10.2022

Ein absolutes Wohlfühlbuch!

New Hope - Das Funkeln der Sehnsucht
0

Elf Jahre ist es her seit Jackson seine Heimatstadt New Hope von ein auf den anderen Tag verlassen hat. Er hat sich geschworen nie wieder auch nur einen Gedanken an diese Stadt und ihre Bewohner zu verschwenden, ...

Elf Jahre ist es her seit Jackson seine Heimatstadt New Hope von ein auf den anderen Tag verlassen hat. Er hat sich geschworen nie wieder auch nur einen Gedanken an diese Stadt und ihre Bewohner zu verschwenden, geschweige denn einen Fuß hineinzusetzen.
Als ihm jedoch seine Tante Mildred ihre kleine Pension vermacht, ist er gezwungen zurückzukehren, um sich um die Angelegenheit zu kümmern – fest entschlossen die Immobilie schnell loszuwerden und sofort wieder zu verschwinden.
Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht: die Pension ist runtergewirtschaftet und nur schwer zu verkaufen und dann ist auch noch die einzige Maklerin weit und breit ausgerechnet seine Jugendliebe Cassie, die ihn tief verletzt hat.
Zudem wird er sofort wieder an seine traumatischen Erlebnisse und den Schmerz, den ihm die Stadt vor etlichen Jahren zugefügt hat und den er eigentlich hinter sich lassen wollte, erinnert.
Das Gefühlschaos ist vorprogrammiert.

„New Hope – das Funkeln der Sehnsucht“ ist bereits der 4. Band der „New Hope“-Reihe von Rose Bloom.
Ohne die anderen Bücher gelesen zu haben, bin ich jedoch trotzdem direkt in New Hope und bei den Bewohnern angekommen. Die Charaktere und die Stadt sind so beschrieben, dass man gut mitkommt und nicht das Gefühl hat etwas verpasst zu haben.

Der Schreibstil ist sehr herzlich, gefühlvoll und bildhaft.
Rose Bloom schafft mit ihrer idyllischen, kuscheligen Winterdorflandschaft eine super angenehme, warme, gemütliche Atmosphäre, wodurch man sich einfach nur wohl fühlt und sich direkt nach New Hope träumt.

Die Gefühle – ob positiv oder negativ – sind alle so authentisch, nah und emotional beschrieben, sodass man automatisch mit ganzen Herzen jeden Moment miterlebt und mitfühlt. Ich habe mitgelacht, aber auch mitgeweint.

Die ganze Story ist sehr intensiv – nicht zuletzt auch durch die Themen wie Mobbing und Fremdgehen, die sehr sensibel, aber ohne Romantisierung und damit sehr authentisch, thematisiert wurden.

Die Liebe von Cassie und Jackson ist durchweg so präsent. Man spürt einfach dieses Knistern und hofft sehr auf ein Happy End für beide.

Die beiden Charaktere sind mehr als nur sympathisch.

Cassie ist stark und zieht ihr Ding durch. Sie weiß, was sie will, und lässt sich auch nicht von anderen beirren. Das mochte ich besonders an ihr.
Außerdem ist sie stets offen und extrem emphatisch.

Jackson ist eher das Gegenteil. Er ist sehr geprägt von seiner Vergangenheit und daher eher unsicher und verschlossen.
Allerdings zeigt sich, dass mit den ‚richtigen‘ Menschen um ihn herum, auch er ein herzensguter Mensch ist, auf den man sich stets verlassen kann und dem wichtig ist, wie es den Menschen um ihn herum geht.

Aber nicht nur die Protagonisten sind toll, sondern auch die vielen liebenswerten, offenen, humorvollen Nebencharaktere, die mit ihrem Witz und Charme die Story absolut bereichern.

Die Handlung ist mitreisend, emotional und spannend von der ersten bis zur letzten Seite.
Außerdem hebt sie sich meiner Meinung nach von anderen New Adult Romanen ab, da die Story stets realistisch ist und ohne unnötiges, aufgebauschtes Drama lebt, aber trotz dessen einige unerwartete und auch schmerzvolle Wendungen bereithält.
Auch wenn mir manche Gespräche, Gedanken etc. zu jugendhaft für das Alter der Charaktere waren.

FAZIT

Das Buch ist für mich absolut besonders.
Es hat mich komplett mit seiner zauberhaften Winterdorfkulisse, der gemütlichen Atmosphäre, den liebenswerten Charakteren und der gefühlvollen Storyline verzaubert.
Einfach ein Buch (und eine Stadt) zum Wohlfühlen und zum Verlieben!
Perfekt für ein paar kuschlige Lesestunden mit ganz viel Wärme, Herz und großen Gefühlen!
Ich freue mich schon, endlich die anderen Teile zu lesen und damit nach New Hope zurückzukehren!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.08.2022

Feel-Good-Roman

Das Glück auf der letzten Seite
0

Als Anne-Lise in einem Hotel in der Bretagne ein herrenloses Manuskript findet, ahnt sie noch nicht, welch abenteuerliche Reise nach der Suche des Autors ihr bevorsteht.
Eine Reise, die die verschiedensten ...

Als Anne-Lise in einem Hotel in der Bretagne ein herrenloses Manuskript findet, ahnt sie noch nicht, welch abenteuerliche Reise nach der Suche des Autors ihr bevorsteht.
Eine Reise, die die verschiedensten Menschen zusammenbringt und das Leben aller Beteiligten durcheinanderwirbelt.
Schon bald zeigt sich, dass auch das Manuskript eine ganz besondere Kraft besitzt, das Leben aller Leser in eine andere Richtung zu lenken.
Und auch der Eigentümer - der eigenbrötlerische Sylvestre – ist schnell ausgemacht.
Doch Besagter verfasste lediglich den ersten Teil.
Wer vollendete also das Manuskript?

Der Roman “Das Glück auf der letzten Seite” von Cathy Bonidan ist ein echter Feel-Good-Roman, der es schafft die Leserinnen zu verzaubern und an der ein oder anderen Stelle ins Grübeln zu bringen.

Cathy Bonidans Art zu Schreiben ist sehr elaboriert und malerisch.
Wenn man jedoch bedenkt, dass der Roman im Jahr 2016 spielt, ist die Sprache allerdings nicht unbedingt mehr zeitgemäß und wirkt dadurch schnell etwas aufgesetzt beziehungsweise gekünstelt!
Lässt man aber den zeitlichen Rahmen einmal außer Acht, ist der Schreibstil trotz dessen sehr reizvoll und schlichtweg einfach schön!
Es gibt jede Menge tiefgründige Sätze und Gedanken, welche zum Sinnieren und Philosophieren einladen und damit den Roman bereichern.

Auch die Briefform finde ich sehr interessant und äußerst positiv für die Story, denn die Handlung wird damit absolut real und greifbar.
Zudem bringt der ständige Orts- und Perspektivwechsel Dynamik in die Handlung und es bleibt stets spannend, wie das nächste Antwortschreiben wohl ausfallen wird.
Vorteilhaft ist außerdem, dass durch die Briefform die Kapitel recht kurz sind und man regelrecht durch die Seiten fliegt, weil man “nur noch einen Brief” lesen will!

Ein Manko hat dieser Stil jedoch - man bekommt nicht wirklich ein Bild von den Personen.
Man ist den Protagonist
innen zwar gedanklich nah und kann sich auch gut in die Gefühle und Gedanken hineinversetzen, allerdings hatte ich bis zur letzten Seite keinerlei Vorstellung über das Aussehen der Charaktere vor Augen, was es mir etwas schwer machte, völlig in die Geschichte einzutauchen und "mitzuleben".

Außerdem finde ich es schade, dass die Personen scheinbar alle den gleichen Schreibstil – die gleiche Sprache, die gleiche Wortwahl, die gleichen Ausdrücke etc. - haben und es eigentlich keinerlei Alleinstellungsmerkmale und Individualität im Schreiben der Charaktere gibt.

Zudem waren mir manche Reaktionen und die sehr wechselhaften – fast schon sprunghaften – Gemüter etwas überzogen und stellenweise nicht ganz nachvollziehbar.
Vor allem Anne-Lises Verhalten empfand ich teils als sehr übergiffig!

Des Weiteren kann die Story schnell konstruiert wirken, da es doch ziemlich viele Zufälle gibt!

Nichtsdestotrotz finde ich den Plot ausgezeichnet und super spannend bis zur letzten Seite.
Immer wieder tauchen neue faszinierende Charaktere mit interessanten Geschichten auf.
Man ist stets gespannt, wer als nächstes auf den Plan tritt und welchen Weg das Manuskript noch genommen hat und natürlich wer denn nun der Autor oder die Autorin der letzten Seiten ist!
Die Handlung bleibt damit fesselnd und recht unvorhersehbar.
Es ist sehr erfrischend, die lebhafte und berührende Geschichte zu verfolgen!

Alles in allem ein wirklich toller, gefühlvoller Roman, der mich schlichtweg überzeugen konnte und der das Lesen allemal wert ist!
Kurzweilig und ideal für ein paar ruhige, entspannte, teils auch tiefgründige Lesestunden!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.08.2022

Entspannte Fortsetzung über die fantastische Geschichte der zauberhaften "Lost Gardens of Heligan"

Die Gärten von Heligan - Ruf der Fremde
0

Die Geschichte geht weiter.

Lexi hat in der Gegenwart nach wie vor jede Menge mit der Planung der Ausstellung, anlässlich der Jubiläumsfeier der "Lost Garden of Heligan" in Cornwall, zu tun.
Dabei bekommt ...

Die Geschichte geht weiter.

Lexi hat in der Gegenwart nach wie vor jede Menge mit der Planung der Ausstellung, anlässlich der Jubiläumsfeier der "Lost Garden of Heligan" in Cornwall, zu tun.
Dabei bekommt sie unter anderem große Unterstützung von Ben, zu dem Lexi sich zusehends hingezogen fühlt.
Doch schafft sie es über die Schatten ihrer Vergangenheit hinwegzusehen und wieder ein Schritt auf die Menschen – oder viel mehr die Liebe – zuzugehen?

1815
In der Vergangenheit begleiten wir Avery, Damaris` – mittlerweile erwachsenen – Sohn.
Dieser flieht nach einem tragischen Duell in Richtung Indien, wo er sich einer botanischen Expedition ins entlegene, traumhafte Nepal anschließt.
Doch diese abenteuerliche Reise birgt neben einer undurchsichtigen Schönheit - für Avery Liebe auf den ersten Blick – und einer betörenden Exotik, auch jede Menge Gefahren, die mitunter tödlich enden können.

Der zweite Band “Die Gärten von Heligan – Ruf der Fremde” von Inez Corbi ist in meinen Augen eine wunderbare Fortsetzung und steht dem ersten Band in nichts nach – wenngleich auch dieser Teil einige Schwächen aufweist.

Zugebenmaßen fiel es mir anfangs etwas schwer in den Erzählstrang der Vergangenheit hinein zu kommen und mich mit den Charakteren zu identifizieren, da diese durch den enormen Zeitsprung natürlich gealtert sind, und doch hatte ich immer noch die Charaktere aus dem ersten Band vor Augen.
Für mich war Damaris immer noch eine junge Erwachsene und Ally ein Kind.

Ansonsten mag ich die Charaktere allerdings wieder sehr gerne!
Super sympathisch und größtenteils auch authentisch.

Vor allem Avery – um den sich die Geschichte dieses Mal ja hauptsächlich dreht – finde ich toll.
Er ist ein Charakter mit so viel Potenzial.
Anfangs lebt er in den Tag ohne sich über Konsequenzen im Klaren zu sein und scheinbar ohne die Absicht einmal Fuß zu fassen. Im Laufe des Romans entdeckt er jedoch zunehmend seine Interessen und findet Stück für Stück seinen Platz in der Welt.
Eine wirklich gelungene Charakterentwicklung!

Allerdings finde ich seine Geschichte zum Ende hin etwas zu schnell “abgehandelt”.
Da haben mir mehr Details und Informationen gefehlt. Seine Geschichte war für mich irgendwie nicht ganz rund.

Die Story ist das ganze Buch über recht detailreich und ausdifferenziert, jeden kleinen Schritt verfolgt und lebt man mit den Charakteren mit.
Das Ende ist dafür dann etwas zu sehr “Knall auf Fall”.

So ähnlich geht es mir auch mit dem Erzählstrang rundum Lexi. Manche ihrer Handlungen waren mir unverständlich und nicht ganz nachvollziehbar, insbesondere in Bezug auf Ben finde ich die Entwicklung zu schnell!

Außerdem fehlt mir hier genau wie im ersten Teil etwas an Spannung und Action.
Viele Reibungspunkte gibt es nicht.

Positiv finde ich allerdings die Anspielungen auf Ben und Lexis Verbindung zu Heligan, da dies eine wirkliche Spannung schafft und vor allem Drang auf den nächsten Band!

Allerdings habe ich das Gefühl die Story kommt sonst in der Gegenwart nicht wirklich viel voran – obwohl man schon mehr als im ersten Band erfährt!
Vor allem im Hinblick, dass Lexi eine Ausstellung über die Geschichte plant, frage ich mich, was sie denn überhaupt “Neues” zu zeigen hat?
Denn im Vergleich zu uns Leser*innen, weiß sie eigentlich fast gar nichts über die damaligen Geschehnisse.

Ansonsten gefällt mir die Handlung aber ausgesprochen gut, da – vor allem im Vergleich zum ersten Band – viele Dinge sehr unerwartet passieren und ich als Leserin immer wieder aufs Neue überrascht werden konnte!
Ich habe mit den Charakteren stets mit gefiebert.

Besonders schön finde ich zudem wieder einmal die Verknüpfung der Gegenwart mit der Vergangenheit und die etlichen kleinen Parallelen bzw. Überbleibsel aus jener längst vergangenen Zeit.
Gerade noch pflanzen Avery, John Hearle und Co im Jahr 1825 eine Allee von Cornus capitata und im nächsten Augenblick steht Lexi in der Gegenwart vor einem der wenigen noch übrig gebliebenen imposanten Exemplaren jenes Gewächses.
Das macht die ganze Story irgendwie authentisch, dynamisch und so real.

Zudem finde ich es super wie die Autorin es schafft Fiktion und Non-Fiktion zu verbinden.
In ihren Roman leben erfundene Charaktere mit “echten” historischen Persönlichkeiten zusammen und haben eine gemeinsame Geschichte.
Inez Corbi bindet die historischen Charaktere und realen historischen Hintergründe so perfekt in ihre Geschichte ein, dass es einfach ausgezeichnet zusammenpasst und das Buch enorm an Authentizität und Glaubwürdigkeit gewinnt.

Auch der Schreibstil passt dazu super. Ist er doch stets – ob Vergangenheit oder Gegenwart - immer passend zeitgenössisch.

Klasse ist auch, dass am Ende die historischen Hintergründe und Begebenheit, auf denen die Story beruht, noch einmal genau erklärt sind.

Insgesamt die Aufmachung – mit Averys Reiseroute, das Personenverzeichnis, und nicht zuletzt auch das traumhafte, malerische Cover – ist wirklich bemerkenswert und mit viel Liebe zum Detail gestaltet, sodass das ganze Buch dadurch einfach rund wird.

FAZIT

Das Buch war wieder super angenehm zu lesen, mit sympathischen Charakteren und einer faszinierenden, spannenden Handlung, der es allerdings nach wie vor in meinen Augen an der einen oder anderen Stelle an Action und - vor allem zum Ende hin - an Tiefgründigkeit und Details fehlt.

Besonders überzeugend ist nach wie vor die malerische, idyllische Szenerie und die absolut traumhafte, gemütliche und angenehme Atmosphäre.

Ich habe mich einfach – obwohl ich noch nie vor Ort war, lediglich aufgrund des Schreibstils der Autorin – in die märchenhaften Gärten und in Cornwall verliebt.

Das Buch schafft Ruhe und Gemütlichkeit und nicht zuletzt auch den Wunsch selbst in die Lost Gardens zu reisen und dieses malerische Idyll zu besuchen!

Wie auch der erste Band ein absoluter Feel-Good-Roman, ideal zum Abschalten und Entspannen nach einem stressigen Tag.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema