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Veröffentlicht am 27.12.2021

Absolute Wohlfühlreihe!

Was ich dir bedeute - Burlington University
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Rickie Ralls ist schon eine ganze Weile an der Zwillingsschwester seines Freundes und Mitbewohners Dylan Shipley interessiert. Was er jedoch nicht weiß: Er und Daphne hatten sich einander schon einmal ...

Rickie Ralls ist schon eine ganze Weile an der Zwillingsschwester seines Freundes und Mitbewohners Dylan Shipley interessiert. Was er jedoch nicht weiß: Er und Daphne hatten sich einander schon einmal angenähert und sogar verabredet, doch Rickie tauchte damals nicht auf. Diese Erfahrung und die traumatische Beziehung zu ihrem Exfreund haben Daphne misstrauisch gemacht, weshalb sie sich keinesfalls mehr auf Rickie einlassen will. Der hingegen hat mit eigenen Dämonen zu kämpfen, denn seit einem mysteriösen Unfall fehlen in seiner Erinnerung 6 Monate seines Lebens.

„Was ich dir bedeute“ gehört zur True North-Reihe der Autorin Sarina Bowen und setzt den Handlungsstrang um die jüngeren Mitglieder der Shipley-Familie fort. Der Großteil spielt auch
wieder auf dem Hof der Familie, was den Charme der Romane ausmacht. Beide Hauptcharaktere kennen wir bereits aus vorherigen Bänden, wobei Daphne zum Glück deutlich weniger spröde wirkt als bisher. Ihre Perspektive wechselt sich mit der des lebenslustigen Rickie ab, der in dieser Geschichte noch an Tiefgang gewinnt und neue Facetten seiner Persönlichkeit zeigt.

Das große Thema der Handlung sind dieses Mal Traumata. Daphne hat eine Beziehung hinter sich, die ihr immer noch Angst einjagt und ihre gesamte Zukunft gefährden könnte. Rickie hingegen fehlt eine große Menge an Erinnerungen; sein Unfall an der Militärakademie wies einige Ungereimtheiten auf und wenn er sich davon befreien will, muss er unbedingt herausfinden, was wirklich geschehen ist. Und beide zusammen müssen sich darüber klar werden, ob sie die gemeinsame Vergangenheit und Rickies Vergessen überwinden können.

Positiv aufgefallen ist mir in diesem Band vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der ein männlicher Protagonist zur Therapie geht und wie problemlos das von seinem Umfeld aufgenommen wird. Auch seine Offenheit in Bezug auf die eigene Pansexualität hat mir gut gefallen. Daphne hingegen zeigt, dass trotz der Familienidylle die eigenen Karriereträume nicht an den Grenzen der Shipley-Farm enden müssen und dass sie bereit ist, diese auch ohne männliche Unterstützung zu verfolgen. Absolute Wohlfühlreihe!

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Veröffentlicht am 16.12.2021

Rasanter Krimi im viktorianischen London

Elisa Hemmiltons Kofferkrimi
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London, November 1890. Als ein Überseekoffer vom Himmel fällt und das Dach der Royal University Library durchschlägt, wird schnell der junge Mechaniker Jamie Lennox hinzugezogen, denn in dem Koffer befindet ...

London, November 1890. Als ein Überseekoffer vom Himmel fällt und das Dach der Royal University Library durchschlägt, wird schnell der junge Mechaniker Jamie Lennox hinzugezogen, denn in dem Koffer befindet sich ein seltsamer Prototyp und komplizierte Konstruktionspläne. Doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse und der Koffer wird nicht nur gestohlen, sondern Jamie wird darüber hinaus noch verdächtigt, etwas damit zu tun zu haben. Durch Zufall wird auch Elisa Hemmilton in den Fall entwickelt, der zu allem Überfluss in einem Mord gipfelt – ganz nach ihrem Geschmack, denn in ein Abenteuer stürzt die junge Studentin sich nur zu gerne.

Elisa ist Fans der Autorin Lin Rina natürlich schon aus „Animant Crumbs Staubchronik“ bekannt, nämlich als beste Freundin der Protagonistin. Und auch Jamie tauchte dort bereits als Erfinder der großen Suchmaschine der Bibliothek auf. „Elisa Hemmiltons Kofferkrimi“ spielt nun parallel zur Handlung um Animant und Thomas Reed, so dass beide Geschichten sich gegenseitig ergänzen. Erzählt wird die Handlung in einem Bericht, den Elisa im Nachhinein für die Polizei verfasst und den sie selbst, Jamie und weitere Personen mit Fußnoten und Kommentaren versehen haben.

Als Leser*in ist man sofort mitten im Geschehen um den mysteriösen Koffer und die Verwicklungen, die damit einhergehen. Vorrangig handelt es sich bei dem Buch also um einen historischen Krimi, doch neben der Mordermittlung spielen auch Themen wie Freundschaft, Standesunterschiede, die Stellung der Frau und natürlich die Liebe eine Rolle. Das alles eingebettet in ein fundiert recherchiertes viktorianisches London – was braucht man mehr?

„Elisa Hemmiltons Kofferkrimi“ ist ein rasantes Krimiabenteuer mit Witz und Herz. Wem Animants Geschichte zu sehr auf die Liebe fokussiert war, der wird hier sicher mehr Freude haben. Mein einziger Kritikpunkt wäre das Ende des Romans, das für mich ein wenig „too much“ ist und in meinen Augen auch eine der Kernaussagen des Ganzen relativiert. Dennoch hatte ich wahnsinnig viel Spaß mit Elisa, Jamie und ihren Freunden.

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Veröffentlicht am 06.12.2021

Eine beeindruckende junge Frau

Du kannst etwas verändern!
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Als Amika George im Frühjahr 2017 einen Artikel über Periodenarmut liest, ist das der Start ihrer Laufbahn als Aktivistin. Es kann einfach nicht sein, findet die damals 17-Jährige, dass Mädchen überall ...

Als Amika George im Frühjahr 2017 einen Artikel über Periodenarmut liest, ist das der Start ihrer Laufbahn als Aktivistin. Es kann einfach nicht sein, findet die damals 17-Jährige, dass Mädchen überall auf der Welt - und auch in ihrer Heimat Großbritannien - die Schule versäumen müssen, weil sie sich keine Periodenprodukte leisten können. Amika beschließt, das Thema selbst anzugehen und startet ihre Kampagne „#Free Periods“. Einige Jahre und eine erfolgreiche Petition später teilt sie nun ihre Tipps zum Thema Aktivismus und erklärt, wie erfolgreicher, gewaltfreier Protest gelingt.

In „Du kannst etwas verändern“ nähert sich die Autorin in einer Einleitung und 5 Kapiteln dem Thema an. Dabei verwendet sie, passend zur Zielgruppe, eine junge, moderne, klare Sprache und zeichnet einen möglichen Weg zur politischen Kampagne anhand ihrer eigenen nach. Dabei befasst sie sich zunächst mit der Zielsetzung und geht dann zu der Frage über, wie man Mitstreiter*innen findet und sich (vor allem in den sozialen Medien) Gehör verschafft. Nach einem Kapitel über die Organisation einer Demonstration folgt das letzte und vielleicht Wichtigste: sich selbst in all dem Engagement nicht zu vergessen.

Neben ihrem eigenen Erfolgsprojekt zitiert Amika George auch zahlreiche andere Aktivistinnen und Autorinnen. Das ergänzt ihr Buch zwar um weitere Perspektiven, allerdings bestanden ganze Unterkapitel fast nur aus den Zitaten anderer – hier hätte ich mir manchmal mehr eigenen Text gewünscht. Darüber hinaus betont die Autorin zu Beginn auf sehr lobenswerte Weise ihren inklusiven Ansatz, zitiert dann aber hauptsächlich die Autorin Caroline Criado-Perez, die nicht gerade für ihre Wertschätzung der trans Community bekannt ist.

Trotz aller Kritikpunkte muss jedoch einfach anerkannt werden, was diese junge Frau mit ihrer Kampagne und ihrem Buch leistet. „Du kannst etwas verändern“ ist ein zugänglicher Ratgeber für und ein Appell an all diejenigen, die sich für ein Thema engagieren wollen, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Dass die junge Generation uns da einiges voraus hat, zeigt sie mindestens seit „Fridays for Future“- Chapeau!

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Veröffentlicht am 01.12.2021

Eine Brücke zu Andersdenkenden?

Vermintes Gelände – Wie der Krieg um Wörter unsere Gesellschaft verändert
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Als Petra Gerster beschloss, als Tagesschausprecherin in Zukunft zu gendern, brach ein wahrer Shitstorm über sie und die ARD herein. Was als eine freie Entscheidung begann, wurde bald als „Verunglimpfung ...

Als Petra Gerster beschloss, als Tagesschausprecherin in Zukunft zu gendern, brach ein wahrer Shitstorm über sie und die ARD herein. Was als eine freie Entscheidung begann, wurde bald als „Verunglimpfung der deutschen Sprache“, „Genderwahnsinn“ und Schlimmeres beschimpft. Diese unverhältnismäßigen Reaktionen führten letztendlich dazu, dass auch ihr Ehemann Christian Nürnberger fast schon aus Trotz das Gendern in seinen Sprachgebrauch aufnahm und beide zusammen das vorliegende Buch verfassten.

„Vermintes Gelände“ befasst sich in 28 Kapiteln mit der Debatte rund um das Gendern. Dabei liefern Gerster und Nürnberger nicht nur einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, sondern befassen sich ausführlich mit Positionen aus beiden „Lagern“ - ablehnende und zustimmende. Dabei versuchen sie unklare Begrifflichkeiten verständlich zu machen und vor allem darzustellen, dass Sternchen, Bindestrich oder Doppelpunkt eben nicht nur ein Ärgernis für selbst erklärte Sprachbewahrer sind, sondern vor allem der Wunsch nach Sichtbarkeit.

Das Buch soll vor allem eines sein: eine Brücke zu den Menschen, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorbildung schon lange den Anschluss an die (hauptsächlich online stattfindenden) Diskurse verloren haben. Dabei gelingt den Autor*innen ein recht guter Rundumschlag, der sich mit Vorfällen befasst, die durch die Medien gegangen sind und davon ausgehend erklärt, was eigentlich die zentralen und wichtigen Punkte der Diskussion sind. Dabei geht es vor allem darum, die Rechte von Minderheiten zu vertreten, seien es Frauen, BIPoC oder queere Menschen und zu erklären, dass Gendern vor allem etwas mit Respekt zu tun hat; Respekt vor denen, die sich nicht gehört und nicht geachtet fühlen.

Wer sich schon lange mit dem Thema befasst und das Gendern leidenschaftlich vertritt, dem geht dieses Sachbuch sicherlich nicht weit genug. Petra Gerster als Person des öffentlichen Lebens und ihre Zugehörigkeit zur einer älteren Generation lässt jedoch hoffen, dass es ihr und ihrem Ehemann tatsächlich gelingt, eine Brücke zu Andersdenkenden zu schlagen.

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Veröffentlicht am 22.11.2021

Zu wenig Tiefe

Liebe in Zeiten des Hasses
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Um eines schon vorwegzunehmen: Ich befürchte, ich kann mich den uneingeschränkten Lobeshymnen zu „Liebe in Zeiten des Hasses“ leider nicht anschließen. Grundsätzlich ist die Prämisse des Buches natürlich ...

Um eines schon vorwegzunehmen: Ich befürchte, ich kann mich den uneingeschränkten Lobeshymnen zu „Liebe in Zeiten des Hasses“ leider nicht anschließen. Grundsätzlich ist die Prämisse des Buches natürlich sehr spannend: Erzählt wird die Geschichte eines Jahrzehnts, nämlich zwischen den Jahren 1929 und 1939, wobei der Fokus dabei auf der Liebe liegt. Oder sollte ich besser sagen: auf zwischenmenschlichen Beziehungen, vor allem körperlicher Art? Aber dazu später mehr.

Der Text ist in drei große Abschnitte aufgeteilt, „Davor“, „1933“ und „Danach“ und auch inhaltlich läuft alles klimaktisch auf die Machtergreifung Hitlers zu. Und hier stelle ich mir zum ersten Mal die Frage, wie der Autor seine Auswahl derjenigen Paare getroffen hat, die im Buch näher beleuchtet werden. Denn neben Personen, die durch die Nationalsozialisten verfolgt wurden, spielen auch solche eine Rolle, an denen das Geschehen völlig vorbeizugehen scheint. Überhaupt verweilt der Autor bei jedem Paar (oder Trio, oder Quartett…) nur wenige Zeilen oder Seiten und springt dann zum nächsten. Auf diese Weise erfährt man als Leser*in zwar Grundlegendes über viele berühmte Personen, aber kaum etwas geht in die Tiefe.

Zudem scheint der Titel zwar griffig, aber im Prinzip zählt das Buch nur auf, wer zu welcher Zeit mit wem geschlafen hat (positiv dabei: es geht immerhin nicht nur um Heterosexualität) – von der großen Liebe ist da nur selten die Rede. Das mag durchaus den Tatsachen entsprechen und natürlich liefert es auch ein gewisses Bild des Jahrzehnts ab, aber vor den Gräueltaten der Nazis treten viele Bettgeschichten, meines Erachtens, dann doch ins Unbedeutsame zurück.

Was das Buch schafft: einen Überblick über berühmte Personen des Jahrzehnts und ihre Verstrickungen; es macht neugierig, in so manchem Fall näher nachzuforschen.

Was das Buch nicht schafft: den jeweiligen Personen Tiefe zu verleihen. Wer sich mit näher mit einem der Lebensläufe befasst hat, wird feststellen, dass hier auch nur die landläufige Meinung wiedergegeben wird. Aber vermutlich ist das bei so vielen unterschiedlichen Menschen auch nicht anders zu erwarten.

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