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Veröffentlicht am 30.05.2021

Japanische Mythologie meets Steampunk

Der Lotuskrieg 1
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Die 16-jährige Yukiko lebt allein mit ihrem Vater. Eines Tages erhalten die beiden den unmöglichen Auftrag des Shoguns, ihm einen Arashitora zu fangen – ein lang ausgestorbenes Mischwesen aus Adler und ...

Die 16-jährige Yukiko lebt allein mit ihrem Vater. Eines Tages erhalten die beiden den unmöglichen Auftrag des Shoguns, ihm einen Arashitora zu fangen – ein lang ausgestorbenes Mischwesen aus Adler und Tiger. Um ihren Herrscher nicht zu erzürnen, brechen sie auf und werden in einem gewaltigen Sturm tatsächlich fündig. Yukiko spürt sofort eine Verbindung, denn sie hat die Gabe, mit Tieren zu kommunizieren und ihren Geist mit ihnen zu verschmelzen. Und was sie von dem Arashitora Buuru lernt, soll ihr ganzes Leben über den Haufen werfen.

Grundsätzlich mag ich die Bücher von Jay Kristoff sehr, doch hier war ich vorsichtig, denn „Stormdancer“ ist der Auftakt zu seiner allerersten Trilogie. Und tatsächlich ist sie mit seinen späteren Werken nicht zu vergleichen. Die Handlung braucht sehr lange, bis sie in Schwung kommt, der Schreibstil ist repetitiv und manchmal unbeholfen. Einige Ausdrücke wirken schief und unpassend, was aber auch an der Übersetzung liegen mag. Erst als Yukiko auf Buuru trifft und durch seine Augen die Welt auf einmal anders sieht, beginnt der interessante Teil der Geschichte.

Mit Yukiko ist dem Autor immerhin eine vielschichtige Protagonistin gelungen. In ihrem jungen Alter hat sie bereits Mutter und Bruder verloren, das Verhältnis zum Vater und dessen Geliebter ist schwierig. Noch dazu ist das Überleben im Kaiserreich Shima nicht einfach, denn die Menschen haben durch jahrelangen Raubbau und Kriege das Land nahezu vernichtet, die Luft ist voll giftiger Gase. Somit ist der Roman eine Mischung aus japanischer Mythologie, Umweltdystopie und Steampunk-Abenteuer – vielleicht hätte der Autor sich hier besser auf ein Element fokussiert.

Die obligatorische Liebesgeschichte gibt es natürlich (leider) auch, im Zentrum steht jedoch ganz klar die Beziehung zwischen Yukiko und Buuru. Im Verlauf der Handlung nähern sich die beiden in Denken und Handeln immer mehr an – bis sie füreinander wie Bruder und Schwester sind. Das ist definitiv der zentrale Teil der Geschichte und tröstet über so manche Schwäche hinweg. Dennoch bin unsicher, ob ich der Trilogie noch weiter folgen möchte.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Großartige Fantasy

Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
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Es ist der 29. Juli 1714. Im französischen Villon-sur-Sarthe ist die 23-jährige Addie LaRue auf der Flucht. Seit Jahren hat sie sich erfolgreich dagegen gewehrt, verheiratet zu werden, doch nun soll sie ...

Es ist der 29. Juli 1714. Im französischen Villon-sur-Sarthe ist die 23-jährige Addie LaRue auf der Flucht. Seit Jahren hat sie sich erfolgreich dagegen gewehrt, verheiratet zu werden, doch nun soll sie die Frau eines jungen Witwers im Dorf werden und sich um seine Kinder kümmern; ihre Eltern lassen ihr keine Wahl. Und so betet Addie zu den Göttern um Hilfe, ganz wie sie es von der Dorfheilerin Estele gelernt hat. Doch dann begeht sie einen Fehler und gerät dabei an den Teufel, der mit ihr einen Pakt schließt. Addie wünscht sich, nie jemandem zu gehören und gibt dafür ihre Seele, doch dieser Wunsch hat einen hohen Preis.

Die Handlung wird auf verschiedenen Zeitebenen und zumeist aus Addies Perspektive erzählt. Auf der einen Seite folgen wir der Protagonistin durch ihr Leben in der Vergangenheit, auf der anderen Seite steht die Begegnung mit Henry Strauss im Jahr 2014. Die Erzählweise ist eher ruhig und der Fokus klar auf Addies Innenleben. Ihr Pakt hat sich inzwischen als Fluch erwiesen, denn sie wird vergessen, sobald sie eine Tür durchschreitet. Jahrhunderte der Enttäuschung und Einsamkeit liegen hinter ihr. Amüsant sind hingegen die Anspielungen auf historische Persönlichkeiten, die wie Addie einen Pakt geschlossen haben. Die Sprache ist klangvoll, fast schon poetisch – große Abenteuer sucht man hier jedoch vergeblich.

In Henry trifft Addie zum ersten Mal jemanden, der sich an sie erinnern kann. Zwar ist es ihr bisher immerhin gelungen, Künstler zu einem Gemälde oder Song zu inspirieren, aber nun existiert jemand, der sich sogar ihren Namen merken kann. Doch Addies Glück ist nicht von langer Dauer, denn das Schicksal in der Gestalt ihres ganz persönlichen Teufels hat noch eine weitere Grausamkeit für sie auf Lager.

Ehrlich gesagt hatte ich von diesem Buch einfach nur nette Fantasy erwartet, aber es ist so viel mehr: vom mehrschichtigen Aufbau (7 Abschnitte für 7 Sommersprossen in Addies Gesicht, die ein Sternbild formen und 7 Kunstwerke inspirieren) über Addies großartigen Charakter, eine Reise durch die unterschiedlichsten Epochen und natürlich die Liebe – dieser Roman hat all das zu bieten!

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Szenen einer Ehe

Tage mit Gatsby
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In den 1920er Jahren sind Zelda und Scott Fitzgerald DAS Glamourpaar in New York. Vor allem Zelda inspiriert mit ihrem Haarschnitt, Tanz und Verhalten Frauen im ganzen Land. Doch dann beschließen die beiden, ...

In den 1920er Jahren sind Zelda und Scott Fitzgerald DAS Glamourpaar in New York. Vor allem Zelda inspiriert mit ihrem Haarschnitt, Tanz und Verhalten Frauen im ganzen Land. Doch dann beschließen die beiden, gemeinsam mit Tochter Scottie nach Europa zu gehen. Scotts schriftstellerischer Erfolg will sich nicht recht einstellen und das Leben soll jenseits des großen Teiches billiger sein. In Frankreich will er endlich seinen revolutionären Roman schreiben – über einen Mann namens „Gatsby“. Doch zwischen Zelda und ihm beginnt es immer mehr zu kriseln.

„Tage mit Gatsby“ wird komplett aus Zeldas Perspektive erzählt. Das führt auf der einen Seite dazu, dass man als Leserin immer ganz nah bei ihr als Charakter bleibt. Auf der anderen Seite stellt sich auch eine gewisse Parteilichkeit ein, denn Scott und sein Verhalten sehen wir stets nur durch Zeldas emotional getrübte Brille. Das führte bei mir dazu, dass ich für sie deutlich mehr Sympathie aufbringen konnte, während Scott mit seinem Alkoholkonsum und seiner Egozentrik zum Gegenspieler wurde.

Der Autorin gelingt es sehr gut, die Konflikte der Ehe herauszuarbeiten. Zelda wünscht sich, ebenfalls als Schriftstellerin Erfolg zu haben; für Scott soll sich ihre Rolle jedoch auf die der Ehefrau und Mutter sowie Zierde an seiner Seite beschränken. So fehlt ihr zunehmend ein Sinn und eine Aufgabe, worunter ihre Psyche stark leidet. Scott hingegen bedient sich schamlos an den Ideen seiner Frau und dem eigenen Leben, um seine Werke zu schaffen. Regelmäßig liest er Zeldas Tagebuch und versieht es sogar mit Anmerkungen. Als seine Ehefrau sich immer weiter von ihm entfernt und die Scheidung fordert, droht die Situation zu eskalieren.

„Tage mit Gatsby“ dokumentiert nicht nur die Entstehung eines großen Romans, sondern auch (und vor allem) das Glück und Leid einer Ehe zweier extremer Menschen. Ein wirklich gelungenes Psychogramm, das außerdem die „Roaring Twenties“ wieder zum Leben erweckt.

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Veröffentlicht am 21.05.2021

Zaknafein ist zurück

Zeitenlos
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Schon vor einigen Jahrzehnten verlor Drizzt Do‘Urden seinen Vater, den Waffenmeister Zaknafein. Damals opferte er sein eigenes Leben, um seinen Sohn zu schützen. Doch eines Tages taucht er aus dem Nichts ...

Schon vor einigen Jahrzehnten verlor Drizzt Do‘Urden seinen Vater, den Waffenmeister Zaknafein. Damals opferte er sein eigenes Leben, um seinen Sohn zu schützen. Doch eines Tages taucht er aus dem Nichts wieder auf. Drizzt ist sofort misstrauisch , er ist nicht bereit, seinen Vater noch einmal zu verlieren. Dabei käme ihm dessen Hilfe gelegen, denn er und seine Verbündeten sehen sich mit besorgniserregenden Vorkommnissen konfrontiert.

„Zeitenlos“ wird auf zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt: einmal der Vergangenheit im Jahre 1018, in der berichtet wird, wie Zaknafein Simfray Mitglied des Hauses Do‘Urden wird und seinen langjährigen Freund, den Söldner Jarlaxle kennenlernt. Und in der Gegenwart im Jahre 1488, in der Drizzt sich mit seiner Frau Catti-brie in Luskan niedergelassen hat und Verbündete der unterschiedlichsten Völker um sich geschart hat. Dabei werden die beiden Welten sehr gut kontrastiert. Im düsteren, unter der Erde liegenden Menzoberranzan der Drow, also der Dunkelelfen, sind Männer nicht mehr als bloße Sklaven der herrschenden Frauen. In der schillernden, vielfältigen Welt oberhalb leben Elfen, Menschen, Zwerge, Halblinge und andere Völker in Freiheit.

Die Figur des Zaknafein gehörte definitiv zu den faszinierendsten Charakteren in den ersten Bänden der „Forgotten Realms“-Reihe. Er trainierte Drizzt, war ihm ein Freund in einer Umgebung, in der Zuneigung unerwünscht ist und gab ihm den Mut, Menzoberranzan zu verlassen. Umso schöner ist es, dass Vater und Sohn in der Gegenwart eine neue Chance erhalten. Das gestaltet sich jedoch nicht unbedingt einfach, denn für Zaknafein ist seit seinem Tod nur ein Wimpernschlag vergangen. Mit den Veränderungen um ihn herum tut er sich schwer, vor allem mit der Tatsache, dass sein Sohn mit einer „niederen“ Menschenfrau zusammenlebt.

Da „Zeitenlos“ der erste Band einer neuen Trilogie ist, bleibt in der Handlung am Ende vieles offen. R.A. Salvatore beweist jedoch erneut, dass er auch nach fast 30 Jahren mit Drizzt Do‘Urden nichts verlernt hat. Eine grandiose Fortsetzung für Fans, der Quereinstieg dürfte aufgrund der Menge an Charakteren und Vorgeschichte schwer fallen.

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Veröffentlicht am 17.05.2021

Ein sehr persönlicher Reisebericht

In 80 Zügen um die Welt
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„In 80 Zügen um die Welt“ - das ist genau das, was sich die britische Journalistin Monisha Rajesh für die nächsten 7 Monate vorgenommen hat. Ihr Umfeld hält das Unterfangen im besten Fall für nicht durchführbar, ...

„In 80 Zügen um die Welt“ - das ist genau das, was sich die britische Journalistin Monisha Rajesh für die nächsten 7 Monate vorgenommen hat. Ihr Umfeld hält das Unterfangen im besten Fall für nicht durchführbar, im schlechtesten für schlichtweg verrückt. Aus Sorge um ihre Sicherheit beschließt Monishas Verlobter Jeremy, sie auf die Reise zu begleiten. Gemeinsam geht es für die beiden auf Schienen durch Europa, Asien, Nordamerika und Kanada. Unterwegs werden sie nicht nur jede Menge nette, schräge, aber auch ernüchternde Begegnungen machen, sondern auch sich selbst und als Paar besser kennenlernen.

Das Buch ist ein klassischer Reisebericht, der in insgesamt 15 Kapiteln die Reiseroute von Monisha und Jeremy nachvollzieht. Da die Kapitelüberschriften dabei eher auf Erlebnisse auf dem jeweiligen Streckenabschnitt anspielen, war es für mich nicht immer einfach nachzuvollziehen, wo genau wir uns im Moment befinden. Im Umschlag ist zwar eine Karte abgebildet, die ist aber sehr stark schematisch und zeigt auch nicht, in welche Richtung die Strecke bereist wurde. Generell hätte ich mir genauere Daten zu den Routen und Zügen gewünscht – wer auf eine ähnliche Reise gehen möchte, findet hier nur wenige Angaben über Buchungsmöglichkeiten oder Preise.

In den ersten Kapiteln will noch nicht so recht deutlich werden, was eigentlich die Faszination des Zugreisens ausmacht. Monisha und Jeremy fühlen sich in Europa unwohl und werden mehrfach über den Tisch gezogen. Über Russland fliehen sie daher recht bald nach China, werden jedoch auch hier in den Zügen immer wieder rassistisch beleidigt. Monisha kommt ursprünglich aus Indien, Jeremys Mutter stammt aus Malaysia, sein Vater ist halb schottisch, halb litauisch – ihre Hautfarbe und auch ihr Alter und ihr augenscheinlich privilegierter Status sorgen bei den Mitreisenden für Vorbehalte.

Lesenswert hingegen machen das Buch die Begegnungen mit Menschen verschiedenster Nationalitäten, Kulturen und Religionen. Besonders im Gedächtnis bleibt dabei auf jeden Fall die Reise nach Nordkorea, voller Einschränkungen und seltsamer Regeln oder die Fahrt in der so genannten „Todeseisenbahn“ in Thailand, bei deren Bau im Zweiten Weltkrieg viele Tausende Kriegsgefangene der Japaner ihr Leben lassen mussten. Ein Lächeln aufs Gesicht zaubert hingegen die Bekanntschaft mit einer tibetischen Nonne, die Monisha bisher unbekannte Funktionen ihres Iphones erklärt.

Fazit: Ein sehr persönlicher Reisebericht, der für meinen Geschmack mehr Sachinformationen enthalten dürfte

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