Blick hinter die Kulissen des Klinikalltags
Emotional FemaleAls Ärztin in der Chirurgie hat mich dieses Buch tief bewegt – nicht nur, weil ich vieles von dem, was Yumiko Kadota beschreibt, nachvollziehen kann, sondern weil es auf eine Weise ehrlich ist, wie man ...
Als Ärztin in der Chirurgie hat mich dieses Buch tief bewegt – nicht nur, weil ich vieles von dem, was Yumiko Kadota beschreibt, nachvollziehen kann, sondern weil es auf eine Weise ehrlich ist, wie man sie selten findet. Emotional Female ist kein larmoyanter Bericht, sondern ein kraftvolles Zeugnis dessen, was passiert, wenn junge, idealistische Medizinerinnen an ein System stoßen, das viel verlangt – aber wenig zurückgibt.
Yumikos Erlebnisse spielen in Australien, doch die Themen sind universell: Überlastung, toxische Hierarchien, sexistische Strukturen, mangelnde Unterstützung – vieles davon begegnet auch uns hier in Deutschland. Ich bin froh sagen zu können, dass sich in unserem Gesundheitssystem in den letzten Jahren durchaus Schritte in die richtige Richtung zeigen: Die Arbeitszeitregelungen sind strenger geworden, es gibt mehr Bewusstsein für Themen wie Work-Life-Balance oder psychische Gesundheit. Und dennoch: Vieles, was sie beschreibt – gerade im Hinblick auf den Leistungsdruck, das ständige Gefühl, sich als Frau extra beweisen zu müssen – ist auch hier noch Realität.
Was mir besonders gefallen hat, ist Yumikos Wunsch, den Begriff „emotional“ neu zu besetzen. In der Chirurgie – einem Fach, das oft mit Kälte und Härte assoziiert wird – gilt Empathie schnell als Schwäche. Dabei sind genau diese menschlichen Eigenschaften so wertvoll. Yumiko zeigt, dass emotional zu sein nichts mit Unprofessionalität zu tun hat, sondern mit Integrität.
Ja, einige medizinische Details waren für Laien vielleicht etwas viel, und manchmal hätte ich mir noch mehr Einordnung in einen größeren Kontext gewünscht. Aber das ändert nichts daran, wie wichtig und stark dieses Buch ist. Es macht Mut, über Dinge zu sprechen, die oft verschwiegen werden – und es zeigt auch: Wir sind nicht allein.
Trotz aller Herausforderungen liebe ich meinen Beruf. Chirurgin zu sein ist unglaublich erfüllend, sinnstiftend und faszinierend. Aber Bücher wie dieses helfen, die Strukturen weiter zu hinterfragen und zu verbessern – für kommende Generationen, für Patient:innen und für alle, die im System arbeiten.