Der auf Sardinien spielende Kriminalroman "Die Theologie des Wildschweins" von Gesuino Némus ist geprägt skurrilen Charakteren und einem eigenwilligen Stil.
Worum es geht
Im Jahr 1969 verschwindet im ...
Der auf Sardinien spielende Kriminalroman "Die Theologie des Wildschweins" von Gesuino Némus ist geprägt skurrilen Charakteren und einem eigenwilligen Stil.
Worum es geht
Im Jahr 1969 verschwindet im sardischen Bergdorf Telévras einer der Bewohner und wird kurze Zeit später tot aufgefunden. Der gerade aus dem Piemont hierher versetzte Carabiniere Maresciallo De Stefani nimmt die Ermittlungen auf, wobei ihm als Fremdem ohnehin schon von allen Seiten tiefstes Misstrauen entgegen schlägt. Und nun müsste er, um das Verbrechen aufzuklären, auch noch an wohl gehüteten Dorfgeheimnissen rühren, denn es gibt viele ungeschriebene Gesetze auf Sardinien. Zum Glück hilt ihm wenigstens Dorfpfarrer Don Cossu, der so manches weiß und an Wochenenden mit De Stefani auf notorisch erfolglose Wildschweinjagd geht, bei seinen Nachforschungen.
Kritik
Der Roman ist zweifellos originell und steckt voller Lokalkolorit, das ein von Traditionen geprägtes Sardinien an der Schwelle zur Moderne beschreibt. Humorvoll und mit skurrilen Bewohnern setzt der Autor in einem ihm eigenen Erzählstil dieser für deutsche Leser eigentümlichen Welt ein detailreiches Denkmal und nimmt einen dorthin mit. Es ist ein echter Regionalkrimi. Doch gerade die vielen für uns fremdartigen Namen, die öfters nicht übersetzten Sätze in sardischer Sprache und die häufiger Perspektivenwechsel können das Buch schwer lesbar machen, auch wenn einen die Atmosphäre in ihren Bann zieht. Nach einem temporeichen Anfang lässt die Spannung leider im weiteren Verlauf etwas nach. Die Auflösung des Falls kommt dann von unerwarteter Seite. Trotzdem lohnt sich das Durchhalten.
Fazit
"Die Theologie des Wildschweins" ist ein durchaus gelungener Auftakt zu einer neuen Serie.
Vielen Dank an den Eisele Verlag und NetGalley für die Überlassung des Rezensionsexemplars.
Der dystopische Science-Fiction-Roman "Fools in Space" der deutschen Autorin Calin Noell spielt auf einem Raumschiff, das von einer künstlichen Intelligenz gesteuert wird.
Worum es geht
Die SECRET 2 — ...
Der dystopische Science-Fiction-Roman "Fools in Space" der deutschen Autorin Calin Noell spielt auf einem Raumschiff, das von einer künstlichen Intelligenz gesteuert wird.
Worum es geht
Die SECRET 2 — zumindest kennen ihre Besatzungsmitglieder das Raumschiff unter diesem Namen, alle anderen nennen es nur FOOL 2 — ist der letzte verbliebene Raumer, der von einer emotional programmierten KI kontrolliert wird. Eigentlich ist sie eine fliegende psychiatrische Klinik, deren 400 Patienten im Glauben gelassen werden, sie befändet sich als Teil der Crew seit geraumer Zeit auf einer wichtigen Mission im Weltraum, obwohl dies nur Teil der Beschäftigungstherapie ist. Inzwischen hat sich die KI jedoch zu einer Art temperamentvollem Teenager weiterentwickelt, der verzweifelt Anschluss und Antworten sucht, während die Ingenieurin Lawen Door und die von der Erde nicht mehr gewollten Menschen mit Fehlfunktionen an Bord zu kämpfen beginnen. Denn als man ein mysteriöses Signal von einem fremdem Raumschiff empfängt, ist die KI nicht mehr zu halten und löst die SECRET 2 eigenmächtig aus der Erdumlaufbahn, um diesem Signal zu folgen. Dies ist der Beginn einer Odyssee für die Besatzung an Bord, die bald schon zum Überlebenskampf wird, denn der Aufbruch des Schiffes bleibt natürlich auf der Erde nicht unbemerkt, und das Kriegsschiff ARRETER erhält den Auftrag, den vermeintlichen Ausbruch mit allen Mitteln zu stoppen.
Kritik
Die Welt, die die Autorin hier beschreibt ist düster: Die Erdpopulation ist zu stark gestiegen, und die Reichen und Mächtigen kontrollieren egoistisch alle Aspekte des Daseins. Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen, werden einfach wegzusperren. Aus drei Perspektiven (Lawen Door, dem "Sänger" Blain und die KI), jede mit einem ureigenen Erzählstil, wird die locker geschriebene, aber auch emotionale Geschichte mit reichlich Action geschildert. Hier mischen sich tolle Charaktere mit Witz und Traurigkeit. Mitunter hätte man gerne mehr über einzelne Figuren, insbesondere die Hauptprotagonisten, oder deren Motive erfahren. Aber der temporeiche Plot lässt dafür zu wenig Raum. Das offene Ende mit einem gelungenen Showdown und der Untertitel lassen jedoch auf eine Fortsetzung hoffen. Die sich allmählich aufbauende Spannung hält einen bis zum Schluss gefesselt. Der Titel "Fools in Space" könnte einen dazu verleiten lassen, dass es sich hierbei um eine Satire handelt, aber der Roman erfüllt eher die Kriterien einer dystopischen Space Opera. Die zugrunde liegende Thematik, dass die Erde sich Menschen mit psychischen Erkrankungen und Traumata auf dem Raumschiff einfach vom Hals geschafft haben, stimmt nachdenklich. Denn auch hierzulande sind psychiatrische Patienten mit einem Stigma versehen und leben häufig im Verborgenen.
Fazit
Wer auf actionreiche Science Fiction mit einem ernsten Hintergrund steht, ist mit diesem Buch gut bedient.
Vielen Dank an den Plan 9 Verlag und NetGalley für die Überlassung des Rezensionsexemplars im Austausch für eine ehrliche Bewertung.
Der Kriminalroman "Kreuzberg Blues" von Wolfgang Schorlau ist bereits der zehnte Band um seinen nicht zuletzt durch die ZDF-Verfilmungen bekannten Stuttgarter Privatdetektiv und ehemaligen BKA-Ermittler ...
Der Kriminalroman "Kreuzberg Blues" von Wolfgang Schorlau ist bereits der zehnte Band um seinen nicht zuletzt durch die ZDF-Verfilmungen bekannten Stuttgarter Privatdetektiv und ehemaligen BKA-Ermittler Georg Dengler und spielt während der aktuellen Covid-19-Pandemie. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn auch wenn man die vorangegangenen Romane nicht kennt, kann man der Handlung problemlos folgen.
Worum es geht
Trotz der laufenden Corona-Pandemie lässt sich Georg Dengler überreden, eine Fall in Berlin zu übernehmen, nachdem eine Bekannte von Denglers Freundin Olga um Hilfe gebeten hat: Im heiß umkämpften Wohnungsmarkt der Hauptstadt scheint dem Immobilenhai und Bauunternehmer Kröger jedes Mittel recht zu sein, um unliebsame Mieter loszuwerden und greift dabei auch zu illegalen Entmietungen. So will er zwei Wohnhäuser und einen Kindergarten abreißen lassen, um dort ein modernes Townhouse für zahlungskräftige Kunden entstehen zu lassen. Dengler und seine Partnerin finden sich plötzlich im Großstadtdschungel zwischen den Fronten eines modernen Häuserkampfes um das Recht zu wohnen wieder und müssen feststellen, dass die Sache viel größer ist als erwartet, denn im Hintergrund agieren Großkonzerne, die mit der Kröger Immoblien AG teils konkurieren. Zwischen heruntergekommenen Kreuzberger Plattenbauten, luxuriösen Neubauten, Schwarzem Block und türkischer Community muss sich Dengler erst einmal zurecht finden. Die Lage eskaliert, als ein Spekulant vom Dach eines umkämpften Hauses stürzt.
Kritik
Den politischen Rahmen des Romans bildet bildet der Mietenvolksentscheid Berlin, und die Einführung eines Mietendeckels. Schorlau nimmt sich Zeit, dem die Hintergründe und Biografien seiner Figuren detailliert zu erzählen. Wenn der Autor die Unternehmensstruktur der Deutsche Eigentum AG (klar erkennbar angelehnt an die Deutsche Wohnen) und deren Strategie schildert, ist das akribisch recherchiert. Auch seine fiktive Fondsgesellschaft Blackhill hat mit dem weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock ein reales Vorbild. Nebenbei flechtet er noch die Proteste von Querdenken 711 in Stuttgart in den Roman mit ein. Doch diese − fast schon journalistischen − Informationen tun der Spannung keinen Abbruch. Schon immer schreibt Wolfgang Schornau eigentlich als Krimis getarnte Sachbücher.
"Kreuzberg Blues" lebt von kurzen Kapiteln, die meist mit einem Cliffhanger enden, und schnellen Szenenwechseln. Man spürt, dass die Verfilmung nicht weit weg ist. Tatsächlich erklärt Schorlau im Nachwort, auch, dass er das Corona-Geschehen quasi live in den Roman eingebaut hat, während er in Berlin mit Lars Kraume eigentlich an der cineastischen Umsetzung gearbeitet hat, die ursprünglich parallel zum neuen Roman gesendet werden sollte, dann aber verschoben werden musste.
Fazit
Insgesamt ist der Roman vielleicht thematisch etwas zu überladen, die Welt, die der Autor zeichnet etwas zu sehr schwarz-weiß und der erhobene Zeigefinger etwas zu deutlich. Trotzdem ergibt sich ein recht treffendes Bild der momentanen Lage unseres Landes, und die Spannung der Kriminalgeschichte hilft einem über diese Schwächen leicht hinweg.
Mein Dank geht an den Verlag Kiepenheuer & Witsch und NetGalley für das digitale Rezensionsexemplar.
Große Romane mit vielen Seiten oder sogar Zyklen sind en vogue, aber manchmal sind kleine Bücher wie "Warten auf Bojangles" von Olivier Bourdeaut besondere Perlen. In diese Kategorie zählt für mich auch ...
Große Romane mit vielen Seiten oder sogar Zyklen sind en vogue, aber manchmal sind kleine Bücher wie "Warten auf Bojangles" von Olivier Bourdeaut besondere Perlen. In diese Kategorie zählt für mich auch die während der aktuellen Corona-Pandemie spielenden, autofiktionale Novelle "Bonnie Propeller" von Monika Maron, in der es um eine alte Frau geht, die sich nach dem Tod ihres Hundes einen neuen anschafft, und die nur 64 Seiten umfasst.
Worum es geht
Die mittlerweile fast 80jährige Ich-Erzählerin hat in den letzten Jahren schon zwei Hunde besessen: Bruno und nach dessen Tod Momo. Die beiden stattlichen Rüden halfen ihr oft über das Gefühl der Einsamkeit hinweg. Daher möchte sie, nachdem auch das zweite Tier gestorben ist, einen neuen Hund. Auf Umwegen kommt sie an die Mischlingshündin Propeller, die aus einem Tierheim in Ungarn stammt. Der merkwürdige Name erschließt sich zuerst niemandem und so bekommt sie den Beinamen Bonnie. Bonnie Propeller erfüllt jedoch die Erwartung ihrer Besitzerin in keiner Weise, zumal sie das Tier hässlich findet. Das Tier ist ihr peinlich, sie sagt Freunden und Passanten, sie werde es wieder abgegeben. Nur langsam kann die freundliche Hündin ihre Sympathie gewinnen.
Kritik
Die unaufgeregte Erzählung hat irgendwie einen vorweihnachtlichen, besinnlichen Touch. Und auch wenn das Ende − das vermeintlich Abstoßende entpuppt sich als besonderer Schatz − vorhersehbar ist, trifft das Thema der inneren Einkehr, die Beschäftigung mit sich sich selbst in einer Situation, in der man gezwungen ist, weitgehend zu Hause zu bleiben, den Zeitgeist.
Glücklicherweise vermeidet es Monika Maron, in eine kitschige Mensch-Tier-Liebesgeschichte abzurutschen. Ihr Stil ist lakonisch, manchmal zynisch und wirkt authentisch. Ihre Hauptfigur ist einem auf den ersten Blick eher unsympathisch; sie ist eine Pragmatikerin, die den Leser an ihren Macken und Sturheiten teilhaben lässt. Nur wenige Tage nach dem Verlust ihres Haustiers, wenn das tägliche Füttern und Spazierengehen nicht mehr erforderlich sind, entgleitet ihr jegliche Alltags-Struktur und sie schlurft antriebslos bis mittags unangezogen durch ihre Wohnung. Daher ist ihr ganz unromantisch schnell klar, dass ein Ersatz her muss. Leider ist der neue Hund, den sie über das Internet gefunden hat, nicht so perfekt, wie es es gewohnt ist.
Schonungslos hält die Autorin uns einen Spiegel vor: Die Protagonistin ist zunächst oberflächlich nur auf Äußerlichkeiten bedacht, der Hund ein Statussymbol. Was danach geschildert wird, ist die langsame Annäherung zwischen Mensch und Tier. Bonnie zeigt ihre sensible Intelligenz und entwickel Stück für Stück eine eigene Identität, mit der sie sich gegen die emotionalen Erinnerungen an ihre Vorgänger etabliert.
Fazit
Die Grundaussage, nicht nur nach dem Äußeren sondern nach dem Charakter und den Handlungen eines Wesens zu urteilen, ist nicht neu. Doch die herzerwärmende, aber trotzdem unsentimentale und humorvolle Geschichte wird nicht nur Hundefreunden gefallen. Störend ist allenfalls der hohe Preis für ein so dünnes Buch.
Mein Dank gilt NetGalley für das Rezensionsexemplar.
Der Science-Fantasy-Roman "Ich bin Harrow" (Harrow the Ninth) von Tamsyn Muir ist die Fortsetzung von "Ich bin Gideon" (Gideon the Ninth) und Band 2 der Locked-Tomb-Trilogie.
Worum es geht
Harrowhark ...
Der Science-Fantasy-Roman "Ich bin Harrow" (Harrow the Ninth) von Tamsyn Muir ist die Fortsetzung von "Ich bin Gideon" (Gideon the Ninth) und Band 2 der Locked-Tomb-Trilogie.
Worum es geht
Harrowhark "Harrow" Nonagesimus ist nach den dramatischen Ereignissen in Canaan-Haus zum Lyctor aufgestiegen und findet sich an Bord des imperialen Flaggschiffs wieder. Doch anders als Ianthe hat sie keinen vollen Zugriff auf ihre Fähigkeiten und wird von Erinnerungen verfolgt, in denen Ortus Nigenad ihr Erster Kavalier ist. Außerdem hat sie scheinbar, ohne es zu wissen, eine Reihe von Briefen geschrieben, die an sie selbst adressiert sind und in denen sie sich für alle Eventualitäten Handlungsanweisungen gibt und sich verbietet, nach der Lösung des Rätsels zu forschen. Nach und nach erfährt sie mehr über einen Krieg, den der Imperator/Gott, den seine alten Kampfgefährten nur John nennen, seit Jahrtausenden gegen sogenannte Resurrection Beasts führt. Die drei verbliebenen alten Lyctoren sollen nun die beiden neuen auf einer von den Neun Häusern weit entfernten Raumstation für die kommende Auseinandersetzung ausbilden. Dabei zeigt sich, dass einer der drei, Ortus the First, Harrow nach dem Leben trachtet, und Cytheria möglicherweise doch nicht so tot ist wie angenommen. Alle außer Gott scheinen Harrow zu hassen. Es wird deutlich, dass die verschlossene Grabkammer, die das Neunte Haus bewacht, eine besondere Bedeutung hat.
Kritik
Wer geglaubt hat, Gideon Nav sei mit ihrem beschränkten Wissen über ihre Welt eine unzuverlässige Erzählerin gewesen, der muss lernen, dass Harrow noch um Längen unzuverlässiger ist. In ihren Erinnerungen an die vorangegangenen Geschehnisse, die in der dritten Person erzählt werden, taucht Gideon nicht auf und die Abläufe sind anders als wir sie gelesen haben. Parallel dazu wird die gegenwärtige Geschichte in der zweiten Person geschildert (so gesehen müsste der Roman eigentlich "Du bist Harrow" heißen), was per se schon einmal ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig ist. Gleichzeitig nährt die Autorin aber die Zweifel, ob die Dinge tatsächlich so sind, wie sie erscheinen, oder ob Harrow einfach den Verstand verloren hat. Der Wechsel der Erzählperspektiven stellt sich letztlich als eleganter Kunstgriff heraus, der am Ende perfekten Sinn ergibt. Aber bis dahin fragt man sich, ob man vielleicht in einem Paralleluniversum gelandet ist.
Tamsyn Muirs Sprache ist gewohnt eloquent und witzig, wenn auch Gideons schnoddriger Tonfall weitgehend fehlt. Dabei ist das Setting mindestens genauso düster wie im ersten Band. Der Roman taucht tief in die Seele seiner Titelfigur ein. Harrow ist etwas Besonderes: eine Getriebene, begabt, ehrgeizig, intelligent, sensibel und paranoid. Wo Gideon für Abenteuerlust, Lockerheit und Spaß stand, ist Harrow ein wandelndes seelisches Trauma voller Schuldgefühle. Die Wandlung zum quasi unsterblichen Lyctor hat sie geschwächt und verletzlich zurückgelassen. Aber auch komplett wahnsinnig?
Die Beziehungen zwischen Imperator/Gott John und seinen Weggefährten untereinander gleichen denen einer dysfunktionalen Familie, geprägt durch ein seit zehntausend Jahren währendes Zusammensein. Unter der Oberfläche brodeln alte Konflikte, Eifersüchteleien und Animositäten. Harrow betrachten sie im Grunde als Kind.
Der Tonfall der Romane unterscheidet sich grundlegend. War Gideons Humor das Resultat ihrer großspurigen Respektlosigkeit, Unbedarftheit und eines zur Schau getragenen Zynismus, so stammt Harrows Humor eher aus dem Umstand, dass sie ein genialer, nerdiger, aber zickiger Teenager ist. Es fällt leichter, die offene, polternde Gideon zu mögen als die verschlossene, grübelnde Harrowhark. Abgesehen davon darf man nicht vergessen, dass sie nicht nur ein begabter Necromancer, sondern letztlich auch eine Nonne ist. Doch auch wenn Harrow witzig sein kann, ist ihre Geschichte nicht so warmherzig wie Gideons, sondern ungleich trauriger, geht es doch vorrangig um Kummer und Verlust.
Muir verwendet unzählige Tricks, um den Leser zu verwirren: durcheinander gebrachte Zeitebenen, Perspektivwechsel, Geschichtsrevisionismus, Halluzinationen, untersützt durch die klaustrophobische Erzählweise in der zweite Person für Harrows Zeit nach der Transformation, während sie angeblich trainiert, um Gott und das Universum vor super bösen Weltraumgeistern zu schützen. Erst zum Schluss kommt eine offenbarende erste Person, sobald Harrows Wahnsinn sich aufzulösen beginnt. Gleichzeitig liefert Muir wiederum eine überraschende Wendung in Form einer unerwarteten Enthüllung. Einige Fragen werden beantwortet, aber längst nicht alle.
Ich mochte Harrow trotz ihrer spröden und manchmal grausamen Art bereits im ersten Band. Diese Sympathie hat sich nur verstärkt.
Fazit
"Ich bin Harrow" ist ein fesselndes und gleichzeitig verwirrendes Leseabenteuer. Das Buch ist ein unterhaltsames Durcheinander und ich habe es sehr genossen. Es ist eine Geschichte über ein Überlebensschuld-Syndrom. Aber es ist trotzdem auch ein Chaos, und ich bin mir nicht sicher, ob der Abschlussband "Ich bin Alecto" (Alecto the Ninth) weniger chaotisch wird. Die Frage, ob Gideons Tod am Ende von "Ich bin Gideon" endgültig ist, bleibt offen.