Profilbild von PatchisBooks

PatchisBooks

Lesejury Profi
offline

PatchisBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit PatchisBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2020

Leider ein bisschen zu überdramatisch und klischeehaft

Never say never
0

Marcella Fracchiolla entschied sich hier für einen recht nahtlosen Übergang zwischen den Bänden. Wir steigen fast direkt an dem Punkt in die Geschichte ein, an dem Band 1 endete; nur eben mit anderen Protagonisten. ...

Marcella Fracchiolla entschied sich hier für einen recht nahtlosen Übergang zwischen den Bänden. Wir steigen fast direkt an dem Punkt in die Geschichte ein, an dem Band 1 endete; nur eben mit anderen Protagonisten. Da wir Leah und Logan allerdings schon kennen, fällt die große Kennenlern-Phase hier weg, sodass die Handlung recht schnell in Fahrt kommen kann. Das tut sie auch größtenteils. Natürlich werden die Hauptfiguren noch einmal näher beleuchtet und tiefgreifender ausgearbeitet, doch das geschieht doch mehr am Rande und nimmt nur wenig Platz ein. Zur Woodland Academy zurückzukehren und den Faden wieder aufzunehmen, fiel mir also wunderbar leicht. Leider war es hier aber auch so, dass das Drama, für mein persönliches Empfinden, zu viel Raum einnahm. Während mir in Band 1 noch alles sehr realistisch erschien, empfand ich es hier als etwas zu übertrieben. Der Einstieg selbst war noch sehr lebendig und lebensecht, doch die weitere Entwicklung überzeugte nicht mehr ganz so sehr. Vieles, was nicht unbedingt nachvollziehbar wirkt, viele Plots, die auf Naivität und jugendliche Dummheit zurückzuführen sind und zu viel Drama, das eigentlich hätte vermieden werden können. Nicht unbedingt die optimale Lösung. Desweiteren stach mir etwas besonders negativ ins Auge; nämlich ein Geschehnis, das schon kurz nachdem es passiert war, komplett in der Versenkung verschwand. Bei einem so wichtigen Thema hätte man zumindest den imaginären Zeigefinger hochhalten und ein klares Statement dazu liefern müssen. Das alles als belanglosen Fehler zu bezeichnen empfinde ich als fast schon verantwortunglos – besonders bei der jungen Zielgruppe. Dennoch gab es auch ein paar gute, überzeugende Ansätze. So zum Beispiel sticht die soziale Arbeit deutlich hervor, an der sich so mancher noch eine Scheibe abschneiden könnte. Ebenso begeisterte mich Logan’s schulischer Werdegang und die damit verbundenen Szenen. Selbst die Freundschaft zwischen den beiden Jungs traf wieder voll ins Schwarze, weil die Gegensätze der Beiden so deutlich und greifbar hervorstechen aber sie trotzdem so wunderbar harmonieren.
Der ganze Ablauf ist mehr Unterhaltung als wirkliche Spannung, denn einen Spannungsbogen im herrkömmlichen Sinne gab es nicht. Zwar sind einige, packende Plots eingearbeitet, doch die Hauptgeschichte erinnert mehr an ein Drama, das auf der Gefühlsebene überzeugen sollte – das bei mir aber nur mäßig gelang; leider.
Die Auflösung, oder viel eher das Ende rundete die Handlung dann sehr schön ab, wenngleich es doch etwas unerwartet und eher unrealistisch daher kam. Nichts desto trotz stellte es im Groben und Ganzen doch zufrieden und lässt sogar noch die ein oder andere Frage offen, die dann hoffentlich in Band 3 und somit dem großen Finale der Trilogie beantwortet wird. Darauf versteht sich Marcella nämlich wirklich gut; die Neugier auf den Folgeband möglichst weit nach oben zu treiben. Mit Maya und Lana schickt sie nämlich gleich zwei Figuren ins Rennen, die „Anything for you“ zum „Must Read“ machen.

Schreibstil-technisch betrachtet hat sich die Autorin definitiv weiterentwickelt, und das spürbar. Während in Band 1 hin und wieder gewisse Stolpersteine ,in Form von plumpen Sätzen, auf dem Weg lagen und hin und wieder ins Straucheln brachten, war es hier ein sehr flüssiger, angenehmer Stil, der sich wunderbar leicht lesen ließ und stets konkrete Bilder vor dem inneren Auge erzeugte. Wieder setzt Marcella Fracchiolla auf eine eher umgangssprachliche Erzähl-Form, die aber wunderbar zu den jugendlichen Protagonisten und dem Geschehen ganz allgemein passte. Es verlieh dem Buch noch einmal mehr Greifbarkeit und Realität, wirkte, wie aus dem echten Leben entsprungen und überzeugte mich deshalb auf ganzer Linie.
Wie auch schon in „Too good to be true“ wechselten wir immer wieder die Perspektive, sodass uns sowohl Logan als auch Leah näher gebracht wurden. Die Unregelmäßigkeit, die hier aber ein wichtiger Punkt ist, tat dem Buch ebenfalls gut und erzeugte eine gewisse Basis-Spannung und weiteren Tiefgang. Dieses Aufzeigen, dass beide Protagonisten eben auch noch ein eigenes Leben und eigene Probleme haben, empfand ich als so wichtig und aussagekräftig.

Leah und Logan sind zwei sehr spezielle Persönlichkeiten, die sich beide in Sachen Sympathie nichts schenken. Beide sind auf ihre Art und Weise authentisch, aber eben auch außergewöhnlich. Während Ethan, der Protagonist aus Band 1, sämtliche Klischees eines Trailer Park Kid erfüllt, ist Logan das pure Gegenteil: Bodenständig, gewissenhaft und ehrgeizig. Ein richtiger Good Guy eben. Ihn wieder zu treffen erfüllte mich mit so viel Freude, als würde ich einen guten Freund nach langer Zeit endlich mal wiedersehen. Logan ist ein herzensguter Kerl, voller Optimismus und Kampfgeist; ber erst ist auch mutig und lässt sich nichts gefallen. Leah hat sich schon im Laufe des ersten Bandes quasi komplett gewandelt und ist von der High School Zicke zur Vorzeige-Schülerin mit riesigem Herz geworden. Dieses Verhalten zieht sich auch durch diesen Band und war definitiv angenehmer als während der Kennenlern-Phase. Wenn auch etwas verwirrend – schließlich ging diese Veränderung immens schnell und ist doch sehr ausgeprägt. Ob man all seine negativen Wesenszüge so schnell ablegen kann? Allgemein mochte ich sie aber unwahrscheinlich gerne, weil einfach die Chemie gestimmt hat. Sie ist charmant, stark und voller Tatendrang. Trotzdem gab es auch Momente, in denen ich weder Handlungen noch Gedankengänge von ihr nachvollziehen konnte. Manchmal steht sie sich ganz offensichtlich selbst im Weg und schafft es nicht, über ihren Schatten zu springen und stößt damit dem ein oder anderen vor den Kopf.
Logan hingegen genoss meine vollste Zufriedenheit, in dem er erwachsen und bedacht handelte und sich stets von seiner besten Seite zeigte. Besonders positiv fällt dem Leser übrigens sein Streben nach Weiterentwicklung ins Auge. Er arbeitet ganz deutlich an sich und nimmt Ratschläge gerne an – eine Eigenschaft, die man in diesem Genre echt selten antrifft.
Alle weiteren Figuren trafen ebenfalls meinen Geschmack und natürlich freute ich mich stets, wenn Allie und Ethan mal wieder ins Spiel kamen. Diese Verliebtheit und die Gefühle zwischen ihnen waren so intensiv und greifbar, dass man meinen konnte, sie am eigenen Leib zu spüren. Doch auch die Randfiguren, die gar keine tragende Rolle spielten, waren wieder erstaunlich detailliert und tiefgründig ausgearbeitet. Der Coach und die Schulleiterin stechen dabei wohl am meisten heraus und überzeugen durch winzige Details und besonders viel Lebensechtheit.

FAZIT:
„Never say never“ kann leider nicht an den ersten Band der Trilogie anknüpfen. Zwar begeistern die Charakter größtenteils und auch der Schreibstil überzeugt, doch die Handlung stinkt im Vergleich zu „Too good to be true“ definitiv ab. Zu viel unnötiges Drama, kaum Spannung, viel Wind um Nichts und typische Jugend(buch)-Problematik. Zudem stößt dieses viel zu kurz angerissene Thema rund um diese Party immer noch sauer auf – das hätte anders gelöst werden müssen. Trotzdem kann dieser zweite Band auch wieder unterhalten und stellenweise richtig mitreißen. Ich habe meine freie Zeit gern mit Leah und Logan verbracht und freue mich auf Band 3 der Trilogie.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2020

Nicht perfekt, aber unvergesslich berührend.

180 Seconds - Und meine Welt ist deine
0

Ein Leben als Pflegekind ist schwer; das zeigt uns unsere Protagonistin Allison sehr deutlich auf. Selbst nach ihrer Volljährigkeit leidet sie noch immer stark unter ihrer schweren Kindheit und hat mit ...

Ein Leben als Pflegekind ist schwer; das zeigt uns unsere Protagonistin Allison sehr deutlich auf. Selbst nach ihrer Volljährigkeit leidet sie noch immer stark unter ihrer schweren Kindheit und hat mit immensen Nachwirkungen zu kämpfen. Allison ist zu Beginn ein eher schwieriger Charakter, an den man sich gewöhnen muss. Durch ihre pesimistische Einstellung und die starke Zurückgezogenheit, in der sie lebt, fällt es einem zunächst schwer, sie richtig gern zu haben und einen Draht zu ihr zu finden. Es herrschte über die ersten Kapitel eine gewisse Distanz und sich mit ihr zu identifizieren, war alles andere als einfach. In gewisser Weise empfand ich es als Glück, dass sie eine relativ schnelle Entwicklung an den Tag legte, gleichzeitig aber erzeugte es den Eindruck, unrealistisch zu sein. Immer wieder schwankte Allison zwischen Selbstmitleid und dem blühenden Leben und so recht wollte der Funke deshalb nicht überspringen. Nichts desto trotz fand ich sie sympathisch, in den meisten Fällen nachvollziehbar und alles in allem eine wirklich liebenswerte junge Frau, die ihr Herz definitiv am rechten Fleck trägt. Ob nun jede Handlung oder jeder Gedankengang 100% glaubhaft war, lass ich an der Stelle dahin gestellt. Allison hatte sicher noch Potential nach oben, aber für die Differenzen zwischen uns kam sie doch sehr gut weg und bereicherte die Geschichte ungemein. Besonders in Kombination mit ihrer besten Freundin erreichte sie mich beinah komplett und ließ ihre Schattenseiten in diesen Momenten fast gänzlich verblassen.
Steffi war ohnehin ein absoluter Segen, nicht nur für Allison, sondern auch für das Buch ganz allgemein. Ihre quirrlige, lebensfrohe Art und ihr mitreißendes Gemüt stand in extremen Kontrast zur Portagonistin und hob die erdrückende Stimmung, die durch Allison’s Wesen aufkommt, immer wieder an. Und das, obwohl Steffi gar keine tragende Rolle spielt, sondern nur als Randfigur agiert.
Esben, der als männlicher Protagonist fungiert, gefiel mir weitestgehend auch ganz gut. Lange Zeit wirkte er, im Gegensatz zu den zwei Mädchen, etwas oberflächlich und blass und bekam seinen Tiefgang, in meinen Augen, zu spät verpasst. Für mich war er zu lange der Schönling, dem einfach alles zufliegt, ohne dass er dafür einen Finger krümmen müsste. Sein Dasein als Social Media Star machte es nicht wesentlich besser und auch in der Hinsicht war vieles irgendwie unglaubwürdig – dazu aber später nochmal mehr. Für mich war Esben, ob nun mit Tiefgang oder ohne, keine Besonderheit. Er hob sich nicht von der breiten Masse ab und auch wenn er charakterlich einen absoluten Good Guy verkörpert, sprach er mich als Mann nicht an. Süß – das ist wohl das richtige Wort für ihn. Er war wirklich lieb und süß und nett und behandelte Allison definitiv wie eine Prinzessin; doch für sich gewinnen konnte er mich bis zuletzt nicht. Leider.
Dafür gefiel mir die große Bandbreite, die Jessica Park hier erschuf. Wir haben das depressive Mädchen, den schwulen Vater, den süßen Social Media Star, die qurrlige beste Freundin – es war einfach von allem etwas da und ich bin mir sicher, jeder findet seinen Liebling. Auch die Interaktionen untereinander waren vielfältig und abwechslungsreich und überzeugten mich. Besonders die Emotionen, die mindestens genau so unterschiedlich ausfielen, empfand ich als sehr gut transportiert und einnehmend. Macht das Sinn? Ich hoffe schon. Um es nochmal kurz zu fassen: einzeln begeisterten mich die Figuren nicht, doch von oben betrachtet konnten mich alle gemeinsam und in Kombi doch überzeugen.

Jessica Park erzählt die Geschichte dabei sehr angenehm, mit einem flüssigen, unkomplizierten Schreibstil. Auf großartige Ausschweifungen wird komplett verzichtet, sodass das Tempo nicht ins Stocken gerät. Ein, für mich, typischer New Adult Stil, der erreichen und mitreißen kann. Ein klares Bild der einzelnen Figuren, Szenen und Kulissen hatte ich stets vor Augen und ich fühlte mich schlicht und einfach wohl innerhalb des Buches. Einen Teil dazu, trug auch die Sprecherin Dagmar Bittner bei. Ihre Stimmfarbe ist unglaublich angenehm und man lauscht ihr einfach gerne. Dank unterschiedlichen Tonlagen und Stimmfarben erzeugt sie zusätzlichen Tiefgang und räumt Verständnis-Probleme damit wunderbar einfach aus dem Weg. Ich war schon immer ein Fan der Sprecherin und freue mich, dass sie mir auch Allison’s und Esben’s Geschichte gut verkaufte.

Der Grundgedanke hinter „180 Seconds – und meine Welt ist deine“ ist nichts, was man an jeder zweiten Straßenecke findet. Für mich hob sich allein die Idee und die behandelte Thematik von anderen New Adult Geschichten ab. Schon allein die Tatsache, dass Allison als Pflegekind von Familie zu Familie gereicht wird, berührte mich zutiefst. Der Einstieg in die Geschichte ist also erstmal sehr informativ, aber eben auch emotional. Danach stellte sich eine gewisse Ruhe ein und es ging über eine geraume Weile hinweg recht langsam voran. Es fühlte sich stellenweise so an, als würde man auf der Stelle treten; zumindest kam die Handlung nicht recht voran – was nicht heißen soll, dass nichts passierte! Es passierte sehr wohl was, nur tat das eben nichts für den Ablauf. So manch Element ist, ebenso wie die Protagonisten, nicht ganz greifbar und scheint doch ein wenig an den Haaren herbei gezogen als dem echten Leben entsprungen. Hin und wieder als doch etwas skuril und wenig lebensecht. Selbst diese Sache mit dem Social Media empfand ich als zu „einfach“ dargestellt. So funktioniert das Internet nicht und gerade jüngere Leser sollten sich davon nicht blenden lassen. Der ein oder andere Plot war natürlich dann auch trotz der schönen Idee schon bekannt und wenig überraschend, doch als der große Twist einsetzte, verschlägt es einem doch tatsächlich die Sprache. Während die erste Hälfte zwar durchaus gefühlvoll, aber ruhig war, begeistert die zweite Hälfte durch einen Schritt, den man nicht kommen sieht. Natürlich, der Weg dorthin ist ein großer Teil des Ziels, und wenn der schwächelt, muss auch die Auflösung darunter leiden, doch Jessica Park hat es wieder einmal geschafft, sämtliche Emotionen in mir aufzuwirbeln. Irgendwann ließen sich auch die Tränen nicht mehr aufhalten, sondern flossen regelrecht in Strömen.
Ich fand es schön, dass sich die Autorin dafür entschied, auf gewisse „Dinge“ (lässt sich nicht anders beschreiben ohne zu spoilern) aufmerksam zu machen und dieses auch in ihr Buch einzubinden. Es ist so wichtig, dass solche New Adult Geschichten auch was ausdrücken und auch wenn „180 Seconds“ teilweise schwächelt, war es doch eine Story, die berührt und dem Leser die Augen öffnet. Sehr gut gelöst! Auch die finale Auflösung war schön insziniert, wenn auch etwas vorhersehbar. Da gab es noch einen kleinen Plot, den ich als überflüssig betrachtete. Es hätte ohne dieses Drama ebenso gut funktioniert und deshalb – nun ja – war halt unnötig. Da hätte ich mir, nach allem, was passiert war, einfach eine friedliche, ruhige Auflösung gewünscht, die das ganze dann rund macht und den Leser glücklich zurücklässt, ohne noch einmal hochfahren und den Atem anhalten zu müssen. Das hätte de Geschichte verdient.

FAZIT:
Das neue Buch von Jessica Park kann, in meinen Augen, nicht mit ihrem damaligen Highlight mithalten. Einige, zum Teil gravierende Schwächen ruinierenein wenig den Lesespaß und wirken wie Flecken auf der blütenweißen Weste. Denn die Geschichte an sich hätte definitiv mehr Potential gehabt – auch die 5 Sterne hätten in Reichweite sein können. Leider ist es nicht nur die Handlung, die stellenweise durchhängt, sondern auch die Hauptfiguren. Besonders der männliche Protagonist glänzte eher durch 08/15-Charakter als durch Besonderheiten. Trotzdem schafft es die Autorin wieder, mich mit einer einzigen Wendung komplett aus der Bahn zu werfen und total zerstört und verheult zurückzulassen. Dieser fulminante Schritt, den Jessica Park ging, und die teilweise großaritgen Randfiguren sowie die starken Emotionen rettete für mich beinah die ganze Geschichte; aber eben auch nur beinah. Trotzdem eine schöne Unterhaltung, die man sich definitiv mal anschauen sollte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2020

Erstaunlich ausgeklügelt und spannend!

Beastmode 1: Es beginnt
0

Der Sprung in die Geschichte stellt bereits die erste Überraschung dar. Rainer Wekwerth hat sich für einen mehr als sinnvollen, interessanten Prolog entschieden, der die Figuren geschickt vorstellt und ...

Der Sprung in die Geschichte stellt bereits die erste Überraschung dar. Rainer Wekwerth hat sich für einen mehr als sinnvollen, interessanten Prolog entschieden, der die Figuren geschickt vorstellt und gleichzeitig schon genügend Fragen aufwirft, um neugierig zu machen. Diese Herangehensweise war für mich gänzlich neu, räumte aber jeden Zweifel aus dem Weg, von gleich fünf Protagonisten auf einmal überschwemmt zu werden. Auch die Thematik ist eine ganz andere, als erwartet. Denn während ich mit einer gängigen Jugendbuch-Handlung rechnete, ist es hier das Militär, das eine tragende Rolle spielt und der Dreh,- und Angelpunkt darstellt. Während ich grundsätzlich kein Fan von Kommandanten, Soldaten & Co. bin, schafft es der Autor hier, mir das ganze binnen kürzester Zeit unheimlich schmackhaft zu machen und mich dafür zu begeistern. Ein mehr als perfekter Einstieg in eine komplexe, plotreiche Geschichte, die so viel mehr birgt als der Klappentext vermuten lässt. Abwechslungsreiche Twists, durchgehende Spannung auf höchstem Niveau und etliche, verschiedene Settings, die sprachlos machen.
„Beastmode“ glänzt durch Vielfältigkeit und einer Handlung, in der Tempo, Action und spannungsgeladene Szenen großgeschrieben werden. Immer wieder auftretende Richungswechsel lassen den Leser zu keiner Sekunde zur Ruhe kommen, sondern fordern vollste Aufmerksamkeit. Gleichzeitig blieb der weitere Verlauf dadurch undurchsichtig und alles drum herum unvorhersehbar. Selten konnte mich ein Buch derart packen, dass ich es wortwörtlich nicht aus den Händen legen wollte. Ich fühlte mich unendlich mitgerissen, im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Spannung war so einnehmend, so packend, voller Geschwindigkeit einfach.
Eine richtige Auflösung gibt es allerdings nicht – heißt, die Geschichte endet mehr oder weniger mitten drin. Grundsätzlich kein Problem, Band 2 wird wohl nahtlos an diesen Auftakt anschließen und die Storyline einfach weiterführen. Auch der finale Schlussteil dieses Bandes ist nochmal mit einer guten Portion Action und Spannung gewürzt, sodass trotz des aprupten Cuts eine Art Finale entstand, das überzeugte. Für mich eine 100% runde Geschichte, die mich über Stunden komplett in Beschlag nahm und mich auf ganzer Ebene begeisterte und faszinierte.

Rainer Wekwerth hat einen wahnsinnig bildhaften, atmosphärischen Schreibstil, der den Leser problemlos in die Welt der fünf außergewöhnlichen Jugendlichen hineinziehen kann. Als Teil der Truppe durchlebt man die Geschichte in einem sehr rasanten Tempo und bekommt kaum Zeit, um Luft zu holen. Dabei setzt der Autor auf eine sehr interessante Art und Weise, wie er erzählt. Wir lesen aus der dritten Person, switchen aber immer wieder zwischen den verschiedenen Blickwinkeln und bekommen jeden einzelnen der Jugendlichen näher beleuchtet. So gibt es nicht nur tiefere Einblicke, sondern auch die Möglichkeit, jeden von ihnen besser nachvollziehen und seine Beweggründe näher kennen lernen zu können. Kurze, knackige Kapitel bis einigen bösen Cliffhangern an den Enden animieren zusätzlich, immer weiter und weiter lesen zu wollen – ganz egal wie spät es auch bereits sein mag.

Wie bereits angeteasert sind es gerade die Charaktere, die eine Menge Tiefgang verpasst bekommen haben und deshalb Lebendigkeit ins Geschehen bringen. Durch den sehr einfachen Einstieg fällt es einem nicht schwer, die fünf auseinander zu halten. Dazu kommt, dass sie alle sehr unterschiedliche, einprägsame Fähigkeiten und Charakterzüge mitbringen, die ebenfalls für Durchblick sorgten. Erstaunlicherweise funktionierte die Kombination aber echt gut. Während sie sich zu Beginn noch Spinne Feind waren, entwickelten sie sich alle nach und nach und bildeten über kurz oder lang ein harmonisches Team, in dem es aber trotzdem hin und wieder zu Spannungen kam. Sie agierten alle fünf sehr glaubhaft, mutig und ihrem Wesen angepasst, sie zeigten aber auch Schwäche, was für den Verlauf der Geschichte sehr zuträglich war.
Ich denke, ein jeder Leser pickt sich seinen Favoriten heraus. Jeder kann sich mit einem der Jugendlichen identifizieren. Von schüchtern und schweigsam zu aufbrausend und temperamentvoll ist alles vertreten und jeder Leser findet in einem der Fünf sein perfektes Gegenstück. Ich für meinen Teil tu mir aber schwer, einen Liebling zu benennen. Sie alle waren sympathisch, authentisch und glaubhaft. Selbst die größte Zickereien waren auf einen simplen Grund zurückzuführen, sodass man das Verhalten verstehen konnte.
Ich habe sowohl Amanda als auch Damon enorm gerne gehabt. Doch auch Malcom, Wilbur und Jenny überzeugten mich von sich. Sie alle waren einfach derart interessant, dass man sie alle gern verfolgt und begleitet. Jede Infos über sie und jedes Handeln brachte neue Erkenntnisse und Spannung mit sich und sorgte für weiteren Wirbel.
Selbst die Randfiguren begeistern. Sie alle waren einzigartig und greifbar; ausreichend detailliert und wichtig für die Geschichte. Falls noch irgend ein Fakot bei den Protagonisten fehlte, so konnte man sich sicher sein, dass bald eine Randfigur auftauchen würde, die genau das mitbringt, was man eventuell vermisst haben könnte. Auch in Sachen Charaktergestaltung hat Rainer Wekwerth ins Schwarze getroffen und so dieses Highlight an Geschichte perfekt abgerundet.


FAZIT:
„Beastmode: es beginnt“ von Rainer Wekwerth ist eine fulminante, actionreiche und hochgradig spannende Geschichte, die voller Überraschungen und Wendungen steckt. Geschickt platzierte Plots und einzigartige Elemente machen das Buch zu etwas Besonderem; die Charaktere und der bildhafte, mitreißende Schreibstil zu einem Highlight. Komplett geflasht und völliger Außerstande meine Begeisterung in Worte zu fassen kann ich nicht anders als euch alle zu animieren, dem Buch eine Chance zu geben. Die Geschichte beinhaltet so viel mehr, als man anfangs denkt (und auch mehr, als der Klappentext vermuten lässt) und überzeugt auf einer ganz neuen Ebene.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2020

Eine schwere Enttäuschung nach den Hype um die Autorin

Die Wälder
0

Was für ein großartiger Einstieg! Melanie Raabe hat es geschafft, schon auf den ersten Seiten eine immense Spannung aufzubauen und den Leser dementsprechend neugierig zu machen. Alles ist äußerst mysteriös, ...

Was für ein großartiger Einstieg! Melanie Raabe hat es geschafft, schon auf den ersten Seiten eine immense Spannung aufzubauen und den Leser dementsprechend neugierig zu machen. Alles ist äußerst mysteriös, unzählige Fragen werden aufgeworfen und animieren zum Miträtseln. Ich war sehr positiv überrascht und freute mich auf den weiteren Verlauf der Geschichte. Vor allem freute ich mich aber auf die düstere Atmosphäre, die schon im Prolog angerissen wurde. Alles deutete auf gruselige Stunden inmitten der dunklen Wälder hin. Dazu kamen die zwei unterschiedlichen Zeitebenen, die die Autorin hier verbaut hat. Immer wieder springen wir in die Vergangenheit und erleben so hautnah, was damals passiert ist. Heißt im Umkehr-Schluss: gleich zwei Erzählstränge, die Spannung versprachen.
Leider ließ die anfängliche Begeisterung recht schnell nach. Schon nach dem ersten Drittel war sie beinah komplett verflogen. Die Geschichte wurde immer skurriler und unglaubwürdiger, die Zufälle häuften sich und Geschehnisse nahmen rapide ab. Bald schon war also die Vergangenheit wesentlich interessanter, obwohl auch da zu viel passierte, was ich der Autorin nicht abnahm. Wo bitte war die Spannung, die Action, das Tempo und der Stoff zum Mitfiebern hin? Wie blieb die gruselige Atmosphäre, das Düstere? Das einzige was ich noch verspürte war so etwas wie Langeweile. Selbst der rote Faden hatte sich scheinbar in sich selbst verfangen und war gerissen. Keine erkennbare klare Linie mehr, stattdessen ein ewiges Hin und Her und ein Zufall nach dem anderen. Szenen, die selbst zum Schluss keinen Sinn ergeben, sich aber über mehrere Kapitel hinweg zogen und das Tempo ruinierten; Entscheidungen und Ansichten von Seiten der Protagonisten, die fern ab jeglicher Realität lagen und ein Chaos, über das ich nicht mehr Herr wurde.
Das Buch lässt sich grob gesagt in drei Drittel einteilen. Erstes Drittel (wie beschrieben) starker Start, danach geht es langsam bergab. Zweites Drittel (ebenfalls erläutert): ziemlich öde und total verwirrend. Zum letzten Drittel kommen wir jetzt:
Die Auflösung, die eigentlich gar nicht als solches bezeichnet werden kann, überrascht am Ende auch nicht mehr. Die Erzählstränge laufen zwar zusammen und werden eins, doch fand ich das alles viel zu absurd und unlogisch eingefädelt. Da wurde einiges so hingebogen, wie es gebraucht wurde, ohne Sinn und Zweck. Künstlerische Freiheit schön und gut – aber das? Das war einfach völlig überzogen und unkreativ. Die Fragezeichen in meinem Kopf wurden dabei auch nicht weniger, sondern verblassten viel eher – weils mir schlicht egal wurde. Durch die ganzen Lobeshymnen von Melanie Raabe habe ich mir definitiv mehr erhofft; viel mehr Realität und viel weniger Asurdität. Und dass es dann auch noch Richtung Übernatürliches geht, war dann selbs für mich als Fantasy-Fan zu viel des Guten. Lediglich eine einzige Szene konnte mir ein kurzes, zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubern; der Rest war ganz einfach unglaubwürdig und abstrus.

Eines muss ich Melanie Raabe aber lassen. Obwohl mir bereits zugetragen war, dass sich der Stil in „Die Wälder“ ganz erheblich von den anderen Werken aus ihrer Feder abhebt, empfand ich ihn als sehr flüssig und gut zu lesen. Die Sätze sind kurz und knackig; wenig ausschweifend und „auf den Punkt“. Ich hatte stets ein klares Bild der Charaktere, Kulissen und Szenen vor Augen und fühlte mich trotz derber Kritik an der Handlung, gut unterhalten und durchaus gefesselt (rein auf den Schreibstil bezogen).
Das Buch hat sich schnell und einfach lesen lassen, man kommt gut voran und auch ansonsten gibt es wenig zu meckern in diesem Bereich. Die Gliederung sprach mich genau so an wie es die Art und Weise, wie Frau Raabe die Geschichte erzählte. Selbst die Dialoge sind glaubhaft und authentisch dargestellt. Also sollte ich mich je dazu entscheiden, nichts mehr von der Autorin zu lesen, so liegt es definitiv nicht am Stil oder der Sprache.

Auch an den Charakteren gibt es erstmal nichts auszusetzen. Wir lernen Nina, unsere Protagonistin, als sehr sympathische, junge, erfolgreiche Frau kennen. Schnell jedoch offenbart sich ihre schwierige Vergangenheit und Erinnerungsfetzen aus der Zeit, in der sie in dem kleinen Dorf lebte, werden den Leser zugetragen. Man versteht ihre Beweggründe, kann ihr Handeln deutlich besser nachvollziehen und obwohl ich manches, von dem was sie tat, zu übereilt fand, begleitete ich sie doch gern auf der Suche nach der verschollenen Schwester ihres besten Freundes.
Auch David, der zweite Protagonist, konnte mich für sich gewinnen. Er hatte etwas an sich, das mich restlos in seinen Bann zog und ihn sehr attraktiv wirken ließ. Ob es nun seine Unnahbarkeit, seine bedingungslose Loyalität oder sein Job als Polizist war, vermag ich nicht zu sagen, doch Fakt ist, dass er der Hottie in der Geschichte war. Warum auch immer. Er war, trotz einigen Parallelen, so ganz anders als Nina. Eher der ruhige, bedachte Typ, der weniger impulsiv agierte als sie. Doch die beiden harmonierten gut miteinander und ergänzten sich auf ganzer Linie.
Erst später begannen sie dann damit, seltsam zu werden. Plötzlich änderten sie sich, schlugen Wege ein und entschieden Dinge, die so gar nicht zu ihnen passten. Es ist schwer, das in Worte zu fassen, ohne euch nichts vorweg zu nehmen; doch stellenweise muss man einfach den Kopf schütteln. Sie schwankten einfach ein wenig. Von sympathisch glaubhaft zu völlig kopflos chaotisch und wieder zurück. Beide wirkten aber in eben jenen schwachen Momenten sehr unsicher und beinah ängstlich – und wir alle wissen, was Angst mit den Charakterzügen eines Menschen machen kann: nämlich sie um 180 Grad zu drehen.
Randfiguren gab es ebenfalls ein paar wenige; die mir aber, genau so David und Nina, im Großen und Ganzen gut gefielen. Sie alle besaßen ein gutes Maß an Tiefgang, wirkten detaillreich ausgearbeitet und waren bildhaft dargestellt. Selbst die, die bewusst negative Stimmung verbreiteten, hatten ihre Gründe und waren so umso interessanter und vielschichtiger. Manche trugen dabei wichtigere Rollen als andere, doch insgesamt stimmte das Verhältnis und ich konnte sogar den ein oder anderen ins Herz schließen obwohl es mir nur wenige Male begegnete.

FAZIT:
„Die Wälder“ von Melanie Raabe ist ein Thriller, der besonders zu Beginn einiges aufwirbelt und Potential mitbringt. Leider empfand ich die Umsetzung der Handlung als nicht gelungen. Ein völlig wirrer Ablauf, zu viele Zufälle, zu lahmer Mittelteil und eine Auflösung, die ihren Namen eigentlich gar nicht verdient hat. Einzig die Charaktere können größenteils überzeugen, sowie der durchaus gute Schreibstil. Für mich, gerade wegen den hohen Erwartungen durch die vielen guten Kritiken zu Melanie Raabe, eine unterdurchschnittliche Geschichte voller Chaos, Unglaubwürdigkeiten und unlogischen Irrungen und Wirrungen, nur damit es am Ende irgendwie passt. Schade.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2020

Minimal schwächer als der Vorgänger, aber immer noch grandios!

Love Challenge
0

Ich finde es mehr als bemerkenswert, dass sich Helen Hoang einem so wichtigen Thema angenommen hat. Autismus ist zwar inzwischen nichts Unbekanntes mehr, doch bin ich mir sicher, dass der Großteil der ...

Ich finde es mehr als bemerkenswert, dass sich Helen Hoang einem so wichtigen Thema angenommen hat. Autismus ist zwar inzwischen nichts Unbekanntes mehr, doch bin ich mir sicher, dass der Großteil der Gesellschaft noch immer nicht weiß, was er sich unter dieser Entwicklungsstörung vorstellen soll. Umso schöner, dass es nun auch Bücher gibt, die darauf aufmerksam machen und uns ein Bild dieser Krankheit vermitteln. Meines Erachtens nach hat es die Autorin geschafft, die Besonderheiten der Betroffenen einzufangen und wiederzugeben und auch die Unterschiede deutlich aufzuzeigen, die es von Autist zu Autist geben kann. So ist unser Protagonist Khai zum Beispiel fast das pure Gegenteil von Stella, der Protagonistin aus Band 1. Natürlich gibt es Überschneidungen, doch die Eigenheiten der Beiden unterscheiden sich nicht nur charakterlich voneinander, sondern auch in Bezug auf ihr Krankheitsbild.
Khai ist ein jedoch, ebenso wie Stella es war, von der ersten Sekunde an unglaublich sympathisch. Schon nach wenigen Seiten hatte ich ihn tief ins Herz geschlossen und durchlebte seine und Esme’s Geschichte wirklich gern an seiner Seite. Durch seinen Autismus, unterscheidet er sich erheblich von anderen, männlichen Hauptfiguren und hebt sich durch einige Besonderheiten deutlich von der Mehrheit ab. Endlich mal kein fieser Bad Boy, der tief in seinem Inneren doch eigentlich nur nach Liebe bettelt, sondern ein durch und durch anständiger, unbescholtener Bürger. Durch einen kurzen Rückblick in seine Vergangenheit erlangt Khai einiges an Tiefgang und wird dadurch umso nachvollziehbarer und lebendiger. Natürlich fällt es mir als „Nicht-Betroffene“ schwer, ihn komplett zu verstehen und sein Denken und Handeln zu teilen, aber eben das machte diesen jungen Mann so einzigartig und interessant. Mit seinem großen Herz und der bedingungslosen Loyalität seiner Familie gegenüber beeindruckte er zusätzlich und mauserte sich schnell zum Liebling. Es war mir eine Freude, ihn zu begleiten; immer mehr und mehr über ihn zu erfahren und ihm immer näher zu kommen. Ich kann mich nur wiederholen und sagen, dass ich Khai wahnsinnnig gerne hatte; ihn trotz Eigenheiten sehr attraktiv fand und mir niemanden vorstellen kann, der auch nur annähernd so gut gepasst hätte, wie er. Diese unperfekte Perfektion begegnete mir schon bei Stella – doch bei Khai war sie nochmal greifbarer und liebenswerter.
Esme hatte einen eher holprigen Start. Nicht nur, dass sie einfach ihre Tochter im Vietnam zurückließ, sie nahm es auch mit der Ehrlichkeit nicht so genau. Dazu kam ein Verhalten, das ich anfangs wirklich befremdlich und wenig sympathisch fand. Esme ist eine liebenswerte, glaubhafte Persönlichkeit, doch so richtig für sich gewinnen konnte sie mich erst ganz zum Ende hin – leider. Ich fand einige ihrer Handlungen und Entscheidungen nur bedingt nachvollziehbar, teilweise fast ein wenig fragwürdig und konnte mich zu lange nicht mit ihr identifizieren. Im Laufe der Zeit verflüchtigte sich das das Glück komplett, doch diese Unbeholfenheit blieb.
Eine absolute Erleichterung, dass Khai einiges von Esme’s Verhalten auffangen und ich dadurch über manches leichter hinwegsehen konnte. Besonders gefreut hab ich mich auch über das Wiedersehen mit Stella und Michael, auch wenn mir dieser Gastauftritt fast ein bisschen zu kurz war. Nun denn – man kann nicht alles haben. Dafür dürfen wir als Leser schon einen recht genauen Blick auf den Protagonisten vom nächsten Band der Reih werfen: Quan! Ein sehr interessanter, vielversprechender Charakter, der sicher noch einiges zu bieten hat. Alle anderen beteiligten Figuren empfand ich als ausreichend detailliert dargestellt; sodass es mir leicht fiel, sie mir vorzustellen und mir eine Meinung zu jedem einzelnen zu bilden.

Helen Hoang’s Schreibstil fällt schon in Band 1 positiv auf; doch in Band 2 empfand ich ihn noch einmal eingehender und bildhafter. Die Emotionen wurden wieder enorm gut eingefangen und transportiert und es war ein Leichtes, sich davon gefangen nehmen und mitreißen zu lassen. In typischer Kyss-Manier birgt auch „Love Challenge“ eine wunderbar heimelige Wohlfühl-Atmosphäre, die einen umhüllt und den Alltag vergessen lässt. Dabei schafft es die Autorin aber auch, eine gewisse Spannung zu erzeugen, die zwar eher ein Auf und Ab, aber doch deutlich spürbar ist. Ich mag die Art, wie die Geschichte erzählt wird. So ganz alltäglich, unaufgeregt und bodenständig; aber auch emotionsgeladen und intensiv. Die Gliederung spielt dem Buch und der Handlung natürlich auch in die Karten. Dadurch, dass wir aus den Sichten beider Protagonisten lesen, werden uns die Gedankengänge und Beweggründe noch einmal ganz anders vermittelt als es ohne diese Perspektive möglich gewesen wäre. So wird vieles nachvollziehbarer und logischer; der Blickwinkel variiert und zu sehen wie sich die beiden Erzähl-Sichten immer mehr angleichen, macht einfach Spaß.

Die Umsetzung dieser wundervollen Idee ist Helen Hoang auch hier wieder komplett geglückt. „Love Challenge“ unterscheidet sich trotz gleichem Grundgedanken ganz erheblich von seinem Vorgänger und besticht durch eine vollkommene andere Handlung. Während sich Stella damals dazu entscheidet, einen Schritt weiter zu gehen ist es hier eine Mutter, die ihren Sohn dazu drängt, endlich eine Frau zu finden und zu heiraten. Das ganze Konzept hat mir enorm gut gefallen; allein auch der Tatsache wegen, dass der Autismus so wunderbar eingewoben wurde und der Geschichte das gewisse Etwas verlieh. Autismus wird so manches Mal als Krankheit gesehen, betrachtet man aber mal unseren Protagonisten, so wird klar, dass nicht jeder Autist gleich ist bzw. nicht jeder die selben Besonderheiten hat. Das hat Helen Hoang nahezu perfekt eingefangen und wiedergegeben.
Von der ersten Seite an fühlte ich mit Khai mit; fieberte auf das erste Treffen mit Esme hin und war gespannt, wie sich die Sache so entwickeln würde. Dass nicht sofort alles Friede, Freude, Sonnenschein sein würde, ist klar, doch die Autorin hat ein paar sehr interessante, neuartige Twists eingebaut und damit zusätzlich noch für weiteren Tiefgang gesorgt. Zugegeben, die Geschichte rund um Khai und Esme ist nichts bahnbrechendes, doch sie überzeugt durch Realitätsnähe, Emotionen und einer mitreißenden Atmosphäre. Die Handlung packte mich komplett und als es langsam dem Ende entgegen ging, spürte ich förmlich, wie sich die ein oder anderen Veränderung einstellte, ehe sie tatsächlich dann stattfand. Ein unheimlich atmosphärisches Buch, das mit einem Ende aufwartet, das gleichermaßen überraschen wie berühren kann. Absolut gut eingefädelt und die Plots und Twists an genau den richtigen Stellen platziert, um jegliche Langeweile im Keim zu ersticken.

FAZIT:
„Love Challenge“ ist ein mehr als würdiger Nachfolger für das große Highlight „Kissing Lessons“. Wieder schafft es Helen Hoang, mich von der ersten Sekunde an zu begeistern und mitzureißen und mir das Krankheitsbild Autismus näher zu bringen. Atmosphärisch, gefühlvoll und mit wunderbar sympathischen Figuren besetzt reiht sich dieser zweite Band fast nahtlos in meine Highlight-Liste ein. Und obwohl ich ein paar kleinere Probleme mit Esme hatte, tat das meinem Empfinden der Handlung gegenüber keinen Abbruch. Für alle, die Kissing Lessons genau so liebten wie ich: ihr müsst auch Khai’s Geschichte erfahren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere