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Veröffentlicht am 16.09.2024

Schwieriges Mutter-Tochter Verhältnis

Der Morgen nach dem Regen
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Mit sechzig kehrt Johanna, die viele Jahre für die UN in Krisengebieten auf der ganzen Welt tätig war, aus New York in ihre Heimat Deutschland zurück. Anlass ist, dass sie das direkt am Rhein gelegene ...

Mit sechzig kehrt Johanna, die viele Jahre für die UN in Krisengebieten auf der ganzen Welt tätig war, aus New York in ihre Heimat Deutschland zurück. Anlass ist, dass sie das direkt am Rhein gelegene Haus ihrer Tante Toni geerbt hat, mit dem sie glückliche Kindheitserinnerungen verbindet. Da das Haus ziemlich heruntergekommen ist, beginnt Johanna sofort mit Renovierungsarbeiten. Schnell fühlt sie sich in St. Goar wieder heimisch, da erreicht sie der Anruf ihres Ex-Manns: der gemeinsamen Tochter Elsa geht es nicht gut. Elsa, die als Anwältin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag arbeitet, leidet an Burnout und möchte sich gerne in Tonis Haus erholen. Da das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter äußerst angespannt ist und die beiden in den letzten Jahren fast keinen Kontakt hatten, ist Johanna zwiegespalten. Werden sie es schaffen, den tiefen Riss in ihrer Beziehung zu kitten oder wird der Besuch ein Desaster? Die Mutter-Tochter Beziehung sowie die Einblicke in die Arbeit von UN Kriseninterventionsteams hat mich interessiert. Letzteres war interessant und wahrscheinlich wirklichkeitsnah geschildert, denn die Autorin war selbst jahrelang für die UN tätig. Was mich etwas genervt hat, war das zickige und pubertäre Verhalten Elsas, die an ihrer Mutter kein gutes Haar lässt. Selbst wenn Johanna alltägliche Bemerkungen macht, werden sie von Elsa spitz kommentiert, Johanna kann ihrer Tochter einfach nichts recht machen. Diesen Teil der Geschichte fand ich etwas überstrapaziert. Alles in allem habe ich das Buch jedoch trotz mancher Längen gern gelesen.

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Es war einmal auf Ibiza...

Die Unmöglichkeit des Lebens
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Es war einmal eine 72jährige Engländerin, die keine Lust am Leben mehr hatte. Mann und Sohn waren gestorben und sie hatte kaum soziale Kontakte. Eines Tages erhielt sie einen Brief, dass sie von einer ...

Es war einmal eine 72jährige Engländerin, die keine Lust am Leben mehr hatte. Mann und Sohn waren gestorben und sie hatte kaum soziale Kontakte. Eines Tages erhielt sie einen Brief, dass sie von einer Frau, der sie vor vielen Jahren einen Gefallen getan hatte, ein Haus auf Ibiza geerbt hatte. Grace packte sofort ihre Koffer und flog nach Ibiza, um sich das Erbe anzusehen. Vorsicht, Spoiler: Dort traf sie auf einen Mann, der mit ihr zum Tauchen ging. Im Wasser kam sie mit einer geheimnisvollen Kraft in Kontakt, konnte fortan Gedanken lesen und erhielt andere wundersame Fähigkeiten. Sie erfuhr, dass sie dazu auserwählt war, die Natur Ibizas zu retten und einen bösen Menschen auszuschalten. Nach getaner Mission blieb sie auf Ibiza und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie dort noch heute.
So, Ironiemodus aus. Das Buch beginnt ganz normal, es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass es schnell ins Mystische abdriftet. Meiner Meinung nach ist dies ein großes Manko, nicht jeder findet Gefallen an Botschaften aus dem Jenseits oder aus Parallelwelten. Es beginnt mit der E-mail eines ehemaligen Schülers an Grace, die ihn in Mathe unterrichtet hatte. Das 400 Seiten-Buch ist die Antwort auf diese Mail, was ich auch schon sehr konstruiert finde. Die Naturwissenschaftlerin Grace ist zunächst selbst skeptisch und erstaunt über die übersinnlichen Dinge, die geschehen, findet sich aber erstaunlich schnell mit ihren neu erworbenen Fähigkeiten ab und versichert ihrem früheren Schüler Maurice, dass sich alles genau so zugetragen habe.
Die Botschaft des Buchs ist mir nicht ganz klar. Schutz der Natur, alles ist miteinander verbunden, klar, dazu hätte es allerdings nichts Übersinnliches gebraucht. Vielleicht auch, wenn eine pensionierte Mathelehrerin aus einem Dorf in England auserwählt ist, ihren Mitmenschen zu helfen, kannst du es genauso sein? Obwohl der Roman zeitweise kurzweilig ist und mir die Beschreibungen der Natur Ibizas gefallen haben, hat mich das mystische Drumherum doch gestört. Kein Buch für Leute, die einen „normalen“ Roman erwarten.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Vergesst Romeo und Julia!

Warte auf mich am Meer
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Evelyn und Joseph lernen sich schon als Kinder kennen. Sie wachsen am Meer auf, wo Josephs Eltern eine Pension für Feriengäste betreiben. Schon als junge Erwachsene verlieben sich die beiden ineinander. ...

Evelyn und Joseph lernen sich schon als Kinder kennen. Sie wachsen am Meer auf, wo Josephs Eltern eine Pension für Feriengäste betreiben. Schon als junge Erwachsene verlieben sich die beiden ineinander. Sie heiraten, übernehmen die Pension und bekommen Kinder. Inzwischen sind sie beide um die 80 und Evelyn leidet an Parkinson. Ihre eigene Mutter war am Ende ihres Lebens vollkommen verwirrt. So möchte Evelyn nicht enden, daher beschließt sie, in einem Jahr ihrem Leben ein Ende zu setzen. Da Joseph sich ein Leben ohne seine über alles geliebte Evelyn nicht vorstellen kann, wollen sie gemeinsam Suizid begehen.
Der Roman beginnt damit, dass das Paar die drei Kinder zu sich bittet und ihnen ihr Vorhaben eröffnet. Wie zu erwarten, sind diese entsetzt und im Falle des Sohns wütend. Wie können die Eltern ihnen das antun?!
Wir erleben Evelyn und Joseph in der Gegenwart, aber auch in Rückblicken in die Vergangenheit. Dabei steht stets ihre Liebe zueinander im Vordergrund. Jeder zweite Satz ist eine Liebeserklärung, was relativ schnell sehr ermüdend und oft kitschig ist: „Die Zärtlichkeit ihrer Liebe erleuchtet mich von innen heraus“, „Ihre gespenstische Schönheit ist wie eine Klinge, die mich aufschlitzt.“ Und Evelyn meint „Ich liebe sogar den Schmutz unter seinen Fingernägeln.“
Ich habe das Buch als Hörbuch gehört. Oft konnte ich einfach nicht weiterhören, weil mir diese permanenten Liebesbeteuerungen so auf den Geist gingen. Welches Paar versichert sich tagein, tagaus gegenseitig in immer noch blumigeren Worten seine Liebe? Und das nach 60 Ehejahren? Hinzu kam, dass der Sprecher des Joseph so eine gekünstelte Sprechweise hatte, die banalsten Sätze mit unglaublicher Dringlichkeit betonte. Warum ich nicht abgebrochen habe? Ich wollte erfahren, wie es zu Ende geht, ob die beiden ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Das Durchhalten hat sich aber nicht gelohnt. Selten hat mich ein (Hör-) Buch so frustriert zurückgelassen.

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Veröffentlicht am 27.08.2024

Freundschaft über die Generationen hinweg

Der Bademeister ohne Himmel
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Die fünfzehnjährige Linda lebt mit ihrer Mutter in einem Mehrfamilienhaus in Bregenz am Bodensee. Dreimal die Woche verbringt Linda den Nachmittag bei ihrem 86jährigen Nachbarn Hubert, der an Demenz erkrankt ...

Die fünfzehnjährige Linda lebt mit ihrer Mutter in einem Mehrfamilienhaus in Bregenz am Bodensee. Dreimal die Woche verbringt Linda den Nachmittag bei ihrem 86jährigen Nachbarn Hubert, der an Demenz erkrankt ist. Während sie dort ist, hat Ewa, Huberts polnische Pflegekraft, ein paar Stunden frei. Lindas Verhältnis zu den beiden ist inniger als das zu ihrer geschiedenen Mutter, der ihr neuer Freund, der „Bestatter“, wichtiger zu sein scheint als Linda.
Ewa ist eine sehr liebevolle und zupackende Person, sie backt und kocht und stellt Kräutermischungen her, die Hubert Linderung verschaffen sollen. Und auch Linda weiß intuitiv, was dem alten Herrn guttut. Sie spielt ihm Tonbandaufnahmen vor, die Hubert an seine Zeit als Bademeister erinnern, und kümmert sich besser um ihn als dessen eigene Tochter, die sie insgeheim den „Nachtfalter“ nennt, weil sie bei ihren seltenen Besuchen immer nur nervös herumflattert.
Neben Ewa und Hubert hat Linda nur noch einen Freund: den etwas jüngeren Kevin, der sich große Sorgen um den Zustand der Erde macht und jederzeit Statistiken über den CO2-Ausstoß und die Erderwärmung parat hat. Gleichaltrige Freundinnen hat Linda nicht. Sie ist eine Einzelgängerin, die sich gelegentlich mit Selbstmordgedanken trägt. Hubert ist der einzige, dem sie ihre Gedanken anvertraut, in dem sicheren Wissen, dass er sie im nächsten Moment wieder vergessen hat.
„Der Bademeister ohne Himmel“ ist ein wunderschönes und berührendes Buch über Freundschaft über die Generationen hinweg. Es ist stellenweise sehr komisch, dann wieder tieftraurig. Die Personen sind liebevoll charakterisiert. Wir erleben, wie Huberts Demenz immer schlimmer wird, während er sich zu Beginn des Romans noch mitteilen kann, erkennt er am Ende niemanden mehr. Die einzige Freude, die er zuletzt noch empfindet, ist angesichts eines Therapiehundes, den er für seinen verstorbenen Hund Sammy hält. Man merkt, dass die Autorin, Petra Pellini, lange Zeit in der Pflege demenzkranker Menschen tätig war, so einfühlsam, wie sie Huberts Krankheitsverlauf schildert.
Ich kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

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Veröffentlicht am 20.08.2024

Zwei Freundinnen und ein ungewöhnliches Projekt

Unser Buch der seltsamen Dinge
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Die 12jährige Miv lebt mit Vater, Mutter und Tante in einem kleinen Ort im ländlichen Yorkshire. Die früher so liebevolle und lustige Mutter ist vor zwei Jahren verstummt, was genau mit ihr passierte und ...

Die 12jährige Miv lebt mit Vater, Mutter und Tante in einem kleinen Ort im ländlichen Yorkshire. Die früher so liebevolle und lustige Mutter ist vor zwei Jahren verstummt, was genau mit ihr passierte und weshalb sie depressiv wurde, ist lange nicht klar. Die resolute alleinstehende Tante Jean führt seitdem den Haushalt, ist aber kein Ersatz für die Mutter, die Miv sehr vermisst. Ein Glück, dass sie ihre beste Freundin Sharon hat, mit der sie ein Herz und eine Seele ist.

Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren, einer Zeit, in der der Yorkshire Ripper in der Gegend sein Unwesen treibt und schon etliche junge Frauen, hauptsächlich Prostituierte, ermordet hat. Nicht zuletzt wegen des Rippers, aber auch, weil ihm ein lukrativer Job angeboten wird, will Mivs Vater in den Süden ziehen. Eine Katastrophe für Miv, denn dann müsste sie sich von Sharon trennen! So kommt sie auf die Idee, eigenhändig den Yorkshire Ripper zu stellen und überzeugt Sharon davon, bei ihrem Plan mitzumachen. Sie beginnen damit, Leute aus ihrer Umgebung zu beobachten und alles, was ihnen seltsam erscheint, in einem Buch festzuhalten. Dazu zählen unter anderem Beobachtungen wie „mal gute Laune, mal schlechte“. Aber auch „Er hat einen Schnurrbart“ kann schon dazu führen, als Verdächtiger geführt zu werden, denn auch der Ripper soll Schnurrbartträger sein. Im Laufe ihrer Ermittlungen erfahren die beiden Mädchen so einiges über ihre Mitmenschen, zum Beispiel über die nette junge Bibliothekarin mit einem Hang zu Unfällen.

„Unser Buch der seltsamen Dinge“ ist ein wunderschönes und herzerwärmendes Buch. Da es aus der Sicht einer Zwölfjährigen geschrieben ist, mutet der Schreibstil altersentsprechend etwas naiv an, doch stört dies überhaupt nicht. Es ist ein Buch über Freundschaft und erste Liebe, über Mobbing und Rassismus und natürlich über das Aufwachsen im England der 1980er Jahre, als es noch keine TikTok Videos und Handys gab. Wir erleben, wie Miv zunehmend erwachsen wird und begleiten sie auf ihren teilweise doch recht gefährlichen Exkursionen auf der Suche nach dem Yorkshire Ripper. Mir hat dieser Debütroman ganz hervorragend gefallen und ich kann ihn wärmstens empfehlen.

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