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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.03.2018

Überraschend vielversprechend!

Ein Käfig aus Rache und Blut
1

Ein Mädchen, das wegen tragischer Ereignisse in ihrer Kindheit zu einer unglaublich starken Kriegerin geworden ist. Sie hütet ein weltveränderndes Geheimnis und ist außerdem ziemlich schlagfertig. Dazu ...

Ein Mädchen, das wegen tragischer Ereignisse in ihrer Kindheit zu einer unglaublich starken Kriegerin geworden ist. Sie hütet ein weltveränderndes Geheimnis und ist außerdem ziemlich schlagfertig. Dazu kommt noch ein attraktiver Dämon, der seinerseits ein klasse Kämpfer mit der dazugehörigen harten Schale ist, und endlich mal eine Herausforderung für das Mädchen darstellt. Außerdem befinden wir uns in einer Art postapokalyptischen Welt. So betrachtet sind das alles ganz schön abgenutzte Elemente für eine Fantasy Reihe, aber in ihrer Kombination funktionieren sie erneut und erschaffen ein unwiderstehliches Leseerlebnis.
Die Geschichte baut, auch dank gelegentlicher und immer in die Handlung passender Perspektivwechsel, sehr viel mehr auf, als man zu beginn vermutet. Man lernt nicht nur eine neue Art Kastensystem im von Dämonen besetzten Nordamerika kennen, sondern auch noch ein anderes magisches Volk, verschiedene Organisationen unter den übrig geblieben Menschen und hinzu kommt eine Verknüpfung in eine andere Dimension. Dadurch, dass nicht nur den Handlungen der Jägerin Alison gefolgt wird, werden auch einige neue Handlungsstränge aufgebaut, die aber bisher nur an der Oberfläche kratzen und vermutlich in den Folgebänden an Bedeutung gewinnen. Aber diese allgegenwärtige Unterschwelligkeit, dass mehr hinter allem steckt und viel mehr Personen mit Alys Schicksal verbunden sind, als zunächst angenommen, macht das Lesen umso spannender und reizvoller.
Abgesehen von der Protagonistin Alison Talbot, die knallhart ist aber zunehmend eine empathische Seite und große Menschenkenntnis offenbart, was sie mir sehr sympathisch macht, lernt man zum Beispiel noch den Jäger Evan kennen. Er war Alison nie wirklich gewachsen, aber verbirgt doch eine herausragende innere Stärke, Mut und Loyalität. Es war mit jeder Seite interessanter über ihn zu lesen, insbesondere da sich für ihn noch eine eigenständige, vielversprechende Mission ergibt.
Dann ist da noch der Schattendämon Noah, der es mit seiner sympathischen Art und Offenheit schafft, die vorurteilsbehaftete Aly zu überzeugen, dass Mensch und Dämon durchaus Gemeinsamkeiten haben und befreundet sein können -die Freundschaft zwischen den beiden zaubert einem beim Lesen einfach ein Lächeln auf die Lippen, vor allem weil das Drumherum so von Kampf und Gewalt geprägt ist. Auch Noah ist nämlich ein talentierter Kämpfer, aber er hat ebenfalls einige Lasten zu tragen und ich warte gespannt darauf, noch weiter hinter seine Oberfläche zu blicken.
Und zum Schluss ist da natürlich noch Königsdämon Gareth. Brutal, kaltherzig, extrem heiß und ein bekennender Menschenhasser. Außerdem arrogant, zynisch, loyal und trotz allem der perfekte Gegenpart zu Alison. Die Beziehung zwischen beiden fußt wahrhaftig auf Hass und sie verbringen nur gezwungen Zeit miteinander, um zu trainieren. Es kommt dabei zu so vielen eigentlich unverzeihlichen Gemeinheiten und Grausamkeiten zwischen beiden, dass eine Annäherung unmöglich scheint, aber die Autorin gibt ihnen Zeit und irgendwie schafft sie es schlussendlich etwas Glaubwürdiges zwischen ihnen darzustellen, aus dem mehr als nur vorübergehender Respekt und Toleranz werden kann. Es ist schön, dass es hier keine Liebe oder Anziehung auf den ersten Blick gibt, sondern sich erst aus aufrichtiger Abneigung etwas entwickeln muss. Dabei handelt es sich wirklich um einen langsamen Werdegang, kaum bemerkbar, und keine plötzliche Entwicklung.
Insgesamt haben wir also komplexe und realistische Figuren, mit denen man zum Großteil einfach mitfühlen muss und mit denen man sich gut identifizieren kann -auch mit einigen Nebencharakteren, mit denen die Autorin bestimmt noch viel vor hat. Des Weiteren gibt es eine spannende, actiongeladene Handlung, die viel aufbaut und vielschichtiger ist als zunächst erwartet. Es gibt tiefe Gefühle und wilde Kämpfe, aber aus ruhige Momente in einer faszinierend neu gestalteten Welt. Und hinzu kommt ein an sich liebevoll designtes Buch mit eingeschobenen Illustrationen und Skizzen.
Was möchte man als Leser mehr?

Veröffentlicht am 26.03.2018

Schade- Kein würdiger Abschluss

Der Glanz der Dunkelheit
1

Ich habe mich sehr auf diesen Abschlussband gefreut, da mir die ganze Reihe bisher unglaublich gut gefallen hat und dementsprechend hatte ich hohe Erwartungen -vielleicht zu hohe.
Dass es sich in der Originalsprache ...

Ich habe mich sehr auf diesen Abschlussband gefreut, da mir die ganze Reihe bisher unglaublich gut gefallen hat und dementsprechend hatte ich hohe Erwartungen -vielleicht zu hohe.
Dass es sich in der Originalsprache eigentlich um eine Trilogie handelt und man im Deutschen den letzten Band aufgeteilt hat, hat man leider deutlich gemerkt und die Teilung hat der Geschichte nicht unbedingt gut getan. Man ist zwar sofort wieder im Geschehen drin, aber es fehlt der individuelle Handlungsstrang, die konkrete Struktur, die diese Erzählung zu einem eigenständigen Roman macht. Auch wenn das Buch rund 450 Seiten fasst, liest es sich eher wie ein etwas ausufernder Epilog, der schnell alles zu einem Ende bringen will und versucht alle zuvor angerissenen Themen zusammenzubringen und abzuhaken.
Besonders auffällig ist dies bei den Textausschnitten, die manchmal den Kapiteln vorangestellt werden und indirekt mit den Entstehungsgeschichten der einzelnen Königreiche oder Prophezeiungen zusammenhängen. Eigentlich haben mir diese Passagen immer gut gefallen, da sie zum Nachdenken über Gründungsmythen von Nationen und allgemein das Geschichtsbewusstsein anregen, denn gerade in der heutigen Zeit ist es (auch für Jugendliche) wichtig, sich mit der nationalen Identität auseinanderzusetzen. Allerdings habe ich vergeblich darauf gewartet, dass noch ein konkreter Handlungsbezug hergestellt wird, abgesehen davon, dass Lia diese Texte übersetzt.
Und so wie hier ging es mir noch mit vielen anderen Aspekten der Geschichte: Dinge, die so lange vorbereitet wurden, auf die so lange hingearbeitet wurde, wurden einfach innerhalb einer Seite ohne viel Tiefgang abgehandelt und aufgelöst. Beispiele hierfür sind die Konfrontation von Lia mit ihren Eltern, aber auch das Widersehen mit ihren Freunden aus Terravin, die Geburt von Paulines Kind, das geplante Überführen der Verräter und auch der entscheidende Kampf. Es wird zwar alles erwähnt, aber überhaupt nicht ausgestaltet, nur so lieblos hingeschrieben, als würde Pearson endlich fertig werden wollen und hätte ein Seitenlimit einzuhalten.
Abgesehen von der Handlung hatte ich inzwischen aber auch einige Probleme mit den Charakteren. Zum Einen, weil abgesehen von der Protagonistin Lia keine der Nebenfiguren mehr richtig ausgestaltet wurde. Rafe ist jetzt zwar König und hat ab und zu etwas Text, aber was zu sagen hat er nicht. Er tanzt nach Lias Pfeife, steckt stets für sie zurück und eilt zu ihrer Rettung herbei. Kann man zwar romantisch finden, aber in meinen Augen ist er einfach nur schwach geworden. Seine Freunde und Berater dagegen, die noch im zweiten Band eine so wichtige Rolle gespielt haben, wurden nun einfach zu Statisten degradiert, die nichts zum Fortgang der Handlung beitrugen und komplett überflüssig wirkten -die typischen Bauernopfer. Das Potenzial, welches diese Figuren gehabt hätten, ist gnadenlos und unnötig verschenkt worden. Ähnlich verhielt es sich bei dem einstmals starken, wenn auch ambivalenten Attentäter Kaden, der zuvor mein Lieblingscharakter war. Auf einmal ist er geläutert, wirkt manchmal gar wie ein weinerlicher kleiner Junge und baut plötzliche neue Beziehungen auf.
Generell ist alles inzwischen zu stark auf Lia fokussiert -klar, sie ist die Hauptperson, aber Nebencharaktere und deren Ausgestaltung sind auch wichtig und machen doch eine Geschichte erst lebendig. Pearson allerdings gibt ihnen hier kaum Raum sondern stellt Lia stets in den Mittelpunkt und als absoluten Übermensch dar. Sie ist die vom Universum Auserwählte, die in einer Prophezeiung Erwartete, ein Heilsbringer gleich Jesus. Dabei führt sie sich auch andauernd wie ein Moralapostel auf, tritt für Gleichberechtigung von Völkern und Geschlechtern ein, gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit. Und alle haben plötzlich ein Einsehen! Ich lese zwar gerne von starken Frauenfiguren, aber ich bevorzuge auch etwas Realismus. Ein Mädchen, dass ohne Ausbildung plötzlich problemlos über militärische und wirtschaftliche Belange entscheidet, den totalen Durchblick hat und für jedes Problem -größtenteils dank übersinnlicher Eingebungen- eine Lösung findet, kann ich irgendwie nicht so ganz ernst nehmen. Gerade in einem Jugendbuch sollte meiner Ansicht nach dargestellt werden, dass man sich Dinge erarbeiten und vor allem viel lernen muss und nicht, dass einem alles in den Schoß fällt und alles schon gut wird, wenn man nur macht, was man selbst für richtig hält. Abgesehen davon hat sie auf einmal gar nicht mehr mit ihrer Identität zu kämpfen. Sie akzeptiert, dass sie nicht sein kann, wer sie sein will und jemand anders werden muss, als sie schon ist… Nun ja. Diese Akzeptanz von dem Kreislauf der Geschichte und der Wiederholung des Schicksals steht im Widerspruch zu den andauernd auch von Lia angepriesenen Wahlmöglichkeiten: „Die Wahl zu haben ist ein mächtiges Geschenk und kann zu großem führen – aber dieses Geschenk darf nicht in den Händen einiger weniger liegen.“ (S. 421)
Zum Schluss möchte ich noch einmal ein zentrales Thema hervorheben, das sich konsequent durch die Reihe gezogen hat und auch im Finale nochmals passend aufgegriffen wurde. Hierzu ein weiteres Zitat von unserer kleinen Prophetin Lia: „Wahrheit ist so frei wie Luft, und wir alle haben das Recht, Luft zu holen, so tief uns so viel wir wollen. Sie darf nicht nur für einen einzigen da sein.“ (S. 125) Alles begann mit Lügen und Intrigen, mangelndem Vertrauen und schlichten Unwahrheiten. Jetzt schließt sich der Kreis, die Wahrheit (oder was jeder dafür halten mag) kommt ans Licht, es wird mit Irrtümern aufgeräumt und so kann ein Neuanfang gewagt werden. Endlich mal eine gute Botschaft, die uns da mit auf den Weg gegeben wird.

  • Einzelne Kategorien
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  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Handlung
  • Spannung
Veröffentlicht am 13.03.2018

Eine Heimat für alle Bücher-Fans

Die Bibliothek der flüsternden Schatten - Bücherstadt
1

Ich machte den Fehler, dieses Buch am späten Abend aufzuschlagen, um nur mal kurz „reinzulesen“. Schon nach der ersten Seite des Prologs hatte ich lauter Fragenzeichen vor Augen, und das Bedürfnis nach ...

Ich machte den Fehler, dieses Buch am späten Abend aufzuschlagen, um nur mal kurz „reinzulesen“. Schon nach der ersten Seite des Prologs hatte ich lauter Fragenzeichen vor Augen, und das Bedürfnis nach Antworten zog mich von Seite zu Seite, sodass ich das Buch in einer Nacht durchlas. Auch jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, was genau an diesem Buch mich derart in seinen Bann gezogen hat, aber ich vermute es war das Zusammenspiel der sympathischen Charaktere in der faszinierenden Welt von Mythia und seiner Bücherstadt, sowie die Tatsache, dass ich von Anfang bis Ende nicht wusste, worauf das alles eigentlich hinausläuft.
Noch immer habe ich das Gefühl, dass bisher nur an der Oberfläche gekratzt wurde, sowohl was Paramythia und das Herz der Bücherstadt angeht, als auch bezüglich des Protagonisten Samir und seiner Gefährten in Form von Fabelwesen und dem beinahe genauso myteriösem Mädchen Kani. Die Person, die mich allerdings am meisten vor Rätsel stellt, ist der Weiße König von Mythia. Ist er ein gerechter, oder ein böser Herrscher, wie hängt er selber mit dem Herzen der Bücherstadt zusammen und weiß er überhaupt, was unter seinem Palast und in seiner gruseligen Beraterin vorgeht? Und apropos Beraterin: Ich kann es nicht begründen, ohne zu viel über das mit ihr verbundene Mysterium zu verraten, aber sie ist definitiv eine der abgefahrensten und interessantesten Romanfiguren, auf die ich je gestoßen bin. Dagegen war Samir als Hauptfigur beinahe langweilig- ein Dieb, der sich ein anderes Leben wünscht und eine neue Identität kreiert. Sein Grund wird dabei nur langsam offenbart, aber er waren dabei trotzdem irgendwie vorhersehbar und hat mich emotional nicht wirklich gepackt. Es wirkten einfach zu gestellt; Sam brauchte einen Anlass, um in die Bücherstadt zu kommen und ein kleines Trauma, das er nebenbei bewältigen kann. Er ist dennoch eine Figur, die man einfach gerne haben muss, und die man mit Freuden durch die Handlung begleitet. Er ist einerseits so bodenständig, hat aber auch ein Kämpferherz und ist -obwohl er ironischerweise nicht lesen kann- ziemlich clever. Dabei steht ihm Kani in nichts nach. Sie ist intelligent und gebildet, steht treu zu ihrem Vater und später zu Sam, und gibt ihm den eigentlichen Anstoß, sich mit dem Geheimnis Paramythias zu befassen. Es hat mich sehr gefreut, in einem von einem Mann geschriebenen Roman mit einem männlichen Protagonisten eine starke Frau zu finden, die nicht nur hübsches Beiwerk ist und an den richtigen Stellen kreischt oder Schutz braucht, sondern essenziel für die Handlung und eine Hilfe ist. Und auch in Kanis Vergangenheit verbirgt sich offenbar ein Geheimnis, das ich so tatsächlich nicht erwartet habe. Ich weiß nicht, ob man die Verbindung, die sich zwischen Sam und Kani aufbaut, als Liebe bezeichnen kann, und ob die Geschichte so etwas überhaupt braucht, aber sie ist auf jeden Fall sehr angenehm zu lesen- endlich mal keine Leidenschaft auf den ersten Blick, unüberwindbare Hindernisse oder nervige Dreiecksbeziehungen. Einfach nur wachsendes Vertrauen und allmähliches Kennenlernen. Genauso angenehm war es, dass es sich bei den in Mythia ansässigen Sagengestalten nicht um die üblichen Vampire und typischen Werwölfe handelt, sondern um Wesen, von denen ich noch nie gehört hatte -entweder, weil sie aus einem anderen Kulturkreis stammen, oder weil der Autor eine unglaubliche Fantasie besitzt.
Zuletzt noch zum Schreibstil, welcher ja in einem Roman über Bücher nicht ganz unwichtig ist. Wie zu Beginn gesagt, bin ich nur so durch die Seiten geflogen, einfach weil der Schreibstil so schön und flüssig ist -der Autor feiert mit seinen Worten die Literatur und schmückt seine Welt mit Details, hat sich aber auch an die Authentizität seiner Charaktere und deren Magie angepasst. Eine vollkommene Sprache, wie es sich für eine Geschichte mit diesem Thema gehört. Ich kann es jetzt schon kaum erwarten, nach Mythia zurückzukehren, und werde mir Freuden erneut eine Nacht um die Ohren schlagen. Denn ich bin überzeugt, Band 2 dieser durch und durch fantastischen Trilogie wird dem ersten Teil in Sachen Spannung, Mystik und Dramatik in nichts nachstehen.