Profilbild von Schnuppe

Schnuppe

Lesejury Star
offline

Schnuppe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Schnuppe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2021

Der lange Weg zurück

Der Flug des Raben
0

Richard Wagamese hat in diesem Werk seine eigene Biografie zu großen Teilen einfließen lassen.

Es gab viele indigenen Kinder, die in Kanada Opfer der Aktionen von Staat und Kirche wurden. Ziel war es ...

Richard Wagamese hat in diesem Werk seine eigene Biografie zu großen Teilen einfließen lassen.

Es gab viele indigenen Kinder, die in Kanada Opfer der Aktionen von Staat und Kirche wurden. Ziel war es die indigenen Spuren zu vernichten, dazu wurden Kinder den Familien entrissen, in Pflegeheime oder -Familien gegeben, um sie wunschgemäß angepasst zu erziehen.
Garnet Raven, dem Protagonisten ergeht es so, mit 3 Jahren wird er entführt und seine Lebensreise durch verschiedene Pflegefamilien beginnt, die schließlich (mit Anfang 20) in einer Haftstrafe mündet. Dort macht ihn sein Bruder ausfindig, der ihn nach Hause einlädt. Garnet ist unschlüssig, welchen Weg er einschlagen soll, er liebt Blues, trägt Afro, kennt dort niemanden und spricht eine andere Sprache.

Mit der Hilfe Keepers einem „Paten“, gelingt es ihm nach einiger Zeit wirklich bei seinem Stamm, den Ojibwe, anzukommen. Es ist eine schön zu erlebende win-win Situation, die Freundschaft hilft beiden Männern, denn auch Keeper hat ein Problem.

Wagamese erzählt direkt und einfach, ein eingängiger Stil, der mir gut gefällt und die Empfindungen gut transportiert.

Ein emotionaler Roman mit wichtigen Themen: Gemeinschaft, Liebe und Respekt gegenüber den Menschen und der Natur sind in die Handlung eingebunden und als Grundanschauung spürbar. Die Lebensweisheit, der Humor und die Herzlichkeit des Stammes sind berührend geschildert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.11.2021

Leben in einer Parallelgesellschaft

Vertraute Welt
0

Der Autor beschreibt das Leben des 14 jährigen Glubschaug in den 80er Jahren in Korea. Er zieht mit seiner Mutter zu deren neuen Freund und dessen Sohn auf die Blumeninsel in der Peripherie Seouls. Hinter ...

Der Autor beschreibt das Leben des 14 jährigen Glubschaug in den 80er Jahren in Korea. Er zieht mit seiner Mutter zu deren neuen Freund und dessen Sohn auf die Blumeninsel in der Peripherie Seouls. Hinter diesem schönen Namen verbirgt sich kein blühender Vorort, sondern die Mülldeponie der Stadt. Auf dieser lebt eine Vielzahl von Müllsammler, die die Wertstoffe aus dem permanent eintreffenden Müll zur Wiederverwertung händisch heraussuchen. Diese Gemeinschaft hat eine klare Hierarchie, die Jedem seinen Platz zuweist.


Das Leben in dieser Parallelgesellschaft wird durch die Augen der Kinder beschrieben. Es wird schnell zur Normalität für Glubschaug, dass Alles, was sie zum Leben benötigen, aus dem Müllberg kommt. Besonders bei der Nahrungsmittelbeschaffung schüttelte es mich. Die Lebensbedingungen dort werden anschaulich geschildert.
Das vorhandene Bildungsangebot wird kaum wahrgenommen, aber die gelegentlichen Essenspenden für Kinder werden gerne angenommen. Die reichen Damen, die hier helfen, dokumentieren ihr Engagement mit reichlich Fotos, bei denen die Kinder wie Marionetten benutzt werden, nachdem sie mit Deosprays „aushaltbar“ gemacht wurden.
Die Kinder führen ihr Leben teils neben den Erwachsenen und haben gemeinsam Spaß. Durch seinen neuen Bruder lernt Glubschaug neue Menschen kennen und es gibt auch einige mysteriöse Erscheinungen und Ereignisse, die wohl der koreanischen Kultur entspringen.

Das Leben auf dem Müllberg hält auch große Gefahren bereit, die hier drastisch beschrieben werden. Wie so oft muss es erst zur Katastrophe kommen, bevor Missstände verändert werden. Heute gibt es die Blumeninsel in dieser Form nicht mehr und Korea ist im Umgang mit Müll ein Vorzeigeland geworden.

Der Autor erzählt direkt und ungeschönt, so wird die Lektüre aufrüttelnd und berührend. Man hinterfragt unwillkürlich sein eigenes Konsumverhalten, den Umgang mit Müll, insbesondere Lebensmitteln. Auch der Umgang mit an den Rand gedrängten Menschen kommt hier auf den Prüfstand.
Glubschaug zeigt uns seine vertraute Welt, die in Korea der Vergangenheit angehört, anderorts aber noch in ähnlicher Form existieren mag. Ein Buch, dass an unser Verantwortungsgefühl appelliert und das ich gerne weiter empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.11.2021

Neues vom Drachenreiter

Drachenreiter 3. Der Fluch der Aurelia
0

Endlich gibt es ein neues Abenteuer für Ben und Lung aus der Feder von Cornelia Funke. Wie gewohnt wird der Text von schönen Illustrationen der Autorin begleitet.
Ben ist am Saum des Himmels, um die Zeit ...

Endlich gibt es ein neues Abenteuer für Ben und Lung aus der Feder von Cornelia Funke. Wie gewohnt wird der Text von schönen Illustrationen der Autorin begleitet.
Ben ist am Saum des Himmels, um die Zeit mit Lungs Kindern zu genießen, als er zu einem neuen Abenteuer gerufen wird. Es mehren sich Zeichen, die darauf hinweisen, dass eine alte Legende wahr wird. Ein Wesen aus der Tiefe des Ozeans wird der Fabelwelt vier geheimnisvolle Samenkapseln überbringen. Dabei kann leider viel schiefgehen, u.a könnte es zu einem Verschwinden aller Fabelwesen kommen. Als ein alter Feind von Barnabas Wiesengrund auftaucht, ist mit dem Schlimmsten zu rechnen.
Cornelia Funke hat es wieder geschafft uns von der ersten bis zur letzten Seite an ihr Buch zu fesseln. Phantasievoll, spannend und voller schöner Botschaften, kann man hier eine erstaunliche Geschichte miterleben, die bis zum Schluss mit besonderen Details aufwartet. Obwohl die Geschichte auf den Vorgängern aufbaut, kann man das Buch auch separat lesen. Der Band ist in sich abgeschlossen und lässt aber ein paar Punkte offen, aus denen sich bestimmt ein toller vierter Teil gestalten liesse. Wir wären auf jeden Fall wieder dabei.
Eine spannende Fantasygeschichte voller liebenswerter Fabelwesen, mit schönen Botschaften über Freundschaft, Zusammenhalt und den bewegenden Mut der Kleinsten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.10.2021

Eine abgelehnte Schwiegertochter

Wellenflug
0

1864 wird Anna als Tochter eines Tuchhändlers geboren. Ihr Vater sorgt dafür, dass sie eine gute Partie macht. Ihr Leben verläuft geplant und in ihrem Sinne erfolgreich. Sie möchte, dass ihre Kinder ebenso ...

1864 wird Anna als Tochter eines Tuchhändlers geboren. Ihr Vater sorgt dafür, dass sie eine gute Partie macht. Ihr Leben verläuft geplant und in ihrem Sinne erfolgreich. Sie möchte, dass ihre Kinder ebenso funktionieren und sich in gleichen oder höheren Kreisen gut etablieren. Dies durchzusetzen gelingt ihr bei Sohn Heinrich nicht. Er ist ein Frauenheld und Spieler, der gerne über seine Verhältnisse lebt und große Summen Geld verliert. Er bringt die Familie ins Gerede. Das Fass läuft über, weil er schließlich ein Garderobenmädchen heiratet. Marie ist einen tolle Frau, die in der neuen Familie keine Chance erhält. Sie wandert mit Heinrich in die USA aus, wo sie zunächst ganz gut Fuß fassen. Marie steht fest zu Heinrich, der durch seinen Charakter und Fehlentscheidungen immer wieder für Probleme sorgt, vor allem als die Familie zur Unzeit nach Deutschland zurückkehrt.
Die Geschichte dieser Familie wird über die beiden Hauptpersonen Anna und Marie erzählt, die sich nicht kennenlernen und nur über die Liebe zu Heinrich verbunden sind. Die Ereignisse werden linear aneinandergereiht und so entwickelt die Geschichte leider einige Längen. Die Charaktere bleiben blass, obwohl so viel passiert. Schade. Aber die jeweiligen Zeiten werden gut beschrieben.
Eher für Fans historischer Romane.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2021

Porträt einer deutschen Dichterin

Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern
0

In dieser Romanbiografie wird Annette von Droste-Hülshoff durch verschiedenen Episoden Leben eingehaucht. Die Autorin hat hierzu prägnante Erlebnisse herausgesucht, die in der Summe ein gutes Bild der ...

In dieser Romanbiografie wird Annette von Droste-Hülshoff durch verschiedenen Episoden Leben eingehaucht. Die Autorin hat hierzu prägnante Erlebnisse herausgesucht, die in der Summe ein gutes Bild der bedeutenden Dichterin ergeben und aufzeigen, wie vielseitig begabt Annette tatsächlich war.

Sie wurde als Frühchen geboren, dem man nur wenige Überlebenschancen einräumte. Eine schwache gesundheitliche Konstitution blieb ihr erhalten, was sie nicht abhielt, viel zu unternehmen und sich mit einen starkem Kampfgeist für ihre Leidenschaft einzusetzen. Annette v.D.-H. Leben wurde zeitlebens von ihrer Familie, insbesondere der Mutter dominiert, doch in der Veröffentlichung ihrer Dichtung verfolgte sie ihre Belange. Bezüglich ihrer Reisewünsche oder in Herzensdingen konnte sie sich meist nicht gegen die Mutter durchsetzen. Neu war für mich, dass die Dichterin auch erfolgreich komponierte und eine hervorragende Sängerin war.
Durch die bildhaften Episoden, die die Autorin geschaffen hat, meint man bei den Ereignissen dabei gewesen zu sein. So werden Haltungen und Benehmen aus der Zeit spürbar. Gedichte und Briefauszüge reichern die Texte an.

Im ausführlichen Anhang finden sich Bilder, Daten, Personenregister und ein detaillierter Lebenslauf, sowie weitere Quellenangaben. Beim Lesen der Kapitel kann man sein Wissen hier immer wieder ergänzen.

Mir hat das Buch gut gefallen, hin und wieder hätte ich es gerne noch etwas umfangreicher gehabt. Einige ihrer Werke kannte ich schon, aber mir hat es Lust gemacht, wieder einmal etwas von ihr zu lesen.


Ein guter Einblick in das Leben einer der bedeutendsten deutschen Dichterinnen , deren Wunsch „nach 100 Jahren will ich gelesen werden“ sich eindeutig erfüllt hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil