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Veröffentlicht am 18.02.2017

Ein düsteres Geheimnis am See

Das Haus der leeren Zimmer
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"Das Haus der leeren Zimmer" von Lesley Turney (im Original: "The Secret by the Lake") erschien als 4. Roman der englischen Autorin 2017 als tb im Verlag Piper. Übersetzt wurde er von Monika Köpfer. ...

"Das Haus der leeren Zimmer" von Lesley Turney (im Original: "The Secret by the Lake") erschien als 4. Roman der englischen Autorin 2017 als tb im Verlag Piper. Übersetzt wurde er von Monika Köpfer. Die Geschichte rankt sich im klassischen Sinne um Familiengeheimnisse und tragische Personen, denen man im Roman begegnet. Das Cover dürfte besonders Frauen ansprechen, die sehr gerne das Genre 'Familiengeheimnis' mögen, wozu ich mich durchaus auch zähle.

"Als Amy von ihrer Freundin Julia und deren kleiner Tochter (Vivi) um Hilfe gebeten wird, packt sie umgehend ihre Koffer und reist nach Somerset. Doch in dem düsteren Haus am See ist nichts, wie es sein soll. Julia ist schwermütig, und die einsame kleine Viviane tröstet sich mit einer unsichtbaren Freundin, Caroline. Aber Caroline ist auch der Name von Julias älterer Schwester, die in ihrer Jugend unter mysteriösen Umständen zu Tode kam. Keiner der Dorfbewohner scheint über sie sprechen zu wollen - selbst der hilfsbereite Nachbar Daniel schottet sich ab...." (Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, das im Somerset des Jahres 1931 angesiedelt ist, in dem das Hausmädchen im Herrenhaus der Aldridges eine wertvolle Kette mit einem Rubinanhänger an sich nimmt...

Die Hauptprotagonistin Amy kümmert sich als Erzieherin um die Tochter ihrer Freundin Julia im südlichen Frankreich Anfang der 1960er Jahre; Julia muss mit Vivi, ihrer Tochter, nach dem Tode ihres Mannes Frankreich verlassen und zieht in das geerbte Cottage in Blackwater, North Somerset, England. Hier beginnt die Geschichte sich zu entfalten, als Amy ihre Freundin Julia unterstützen möchte und sich wiederum um deren Tochter kümmert. Nach einiger Zeit findet sie mit Hilfe von Daniel Aldridge, der nach dem Dach schaut, in einem alten Schulranzen den wertvollen Rubinanhänger - und verliebt sich in den netten Sohn des Nachbarn, dessen Familie seit langem mit der Familie Julias zerstritten ist...

Der Roman ist eingängig und sehr leicht zu lesen, allerdings wirkte auf mich vieles etwas hölzern und konstruiert; auch die Schauerelemente, die stilistisch des öfteren anzutreffen sind, fand ich teils eher störend. Sie manifestieren sich in fremden Stimmen am Telefon, Schritten im Haus, Tassen fallen vom Kaminsims etc. Positiv möchte ich aber die atmosphärische Dichte erwähnen, die sich in der reizvoll beschriebenen Landschaften des englischen Somerset und dem See wiederspiegeln.

Die Rolle Amy's ist sehr aufopferungsvoll und gleicht zuweilen der einer Sklavin: Julia, die nach dem Tod ihres Mannes in Depressionen verfällt, kommt trotz fehlender Mittel keinesfalls auf die Idee, dass auch sie etwas an der Situation verbessern könnte; im Verlauf des Romans wird sie mir immer unsympathischer: Verwöhnt, handlungsunfähig und depressiv, Amy's Hilfsbereitschaft ausnutzend. Auch Amy konnte mich als Hauptfigur nicht richtig überzeugen, da es eigentlich über die Kräfte einer Person geht, zwei Menschen derart und auf Dauer zu unterstützen und dabei so selbstlos zu sein. Auch die Sprache fand ich zuweilen übertrieben ("Liebes").

Der Unterhaltungsfaktor ist extrem hoch, an Klarheit und Tiefgang mangelt es hingegen; in der Romanmitte gibt es Längen, die mein Leseinteresse eher erlahmen ließen, da sich inhaltlich und sprachlich vieles wiederholte. Auch die große Demut Amy's begann mich zu nerven. Gegen Ende des Romans spitzt sich die Dramatik zu, jedoch gib es m.E. inhaltliche Fehler, die dem aufmerksamen Leser nicht entgehen...

Welche Rolle spielt der Pfarrer, der Lehrer und Mr. Croucher, der pensionierte Arzt, die allesamt die verstorbene Schwester von Julia, Caroline, als boshaft und niederträchtig beschreiben? Ob der schwere Schrankkoffer aus dem Schuppen Zeugnis ablegen kann, was damals wirklich passierte?

Gibt es manches Vorhersehbare in diesem Roman, so hat mich der Plot doch im Positiven überrascht, vertieft die Aussagekraft des Romans und war so nicht absehbar. Die letzten Seiten sind dann fast allzu 'stimmig'; passen jedoch zum Schreibstil der Autorin.

Fazit:

Ein Frauenroman um ein düsteres Familienkapitel mit Schauerelementen; in eingängiger Sprache geschrieben und atmosphärisch, der mich dennoch leider nicht überzeugen konnte. Von mir gibt es 3 * und 76° in der Werteskala.

Veröffentlicht am 12.02.2017

Amrum und die 'Angeschwemmten'.....

Die Namenlosen von Amrum
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"Die Namenlosen von Amrum" (ein Insel-Krimi) von Jürgen Rath erschien als TB im Sutton-Verlag, Erfurt 2015 und ist der 2. Fall für Steffen Stephan, seines Zeichens Archivar und hier im speziellen Friedhofsforscher, ...

"Die Namenlosen von Amrum" (ein Insel-Krimi) von Jürgen Rath erschien als TB im Sutton-Verlag, Erfurt 2015 und ist der 2. Fall für Steffen Stephan, seines Zeichens Archivar und hier im speziellen Friedhofsforscher, der 1964 auf Amrum nach Antworten auf die "Gräber der Namenlosen" sucht, da ihm sein Chef die Aufgabe gibt, mit einer neuen Idee aufzuwarten und er um seinen Arbeitsplatz bangen muss... Zur Seite gestellt wird ihm Lilianne, eine Studentin der Literaturwissenschaft, die lernen möchte, wie man recherchiert, um später Journalistin zu werden.

Beide stoßen auf eher feindseliges Verhalten der Inselbewohner, die es gar nicht schätzen, wenn Leute vom Festland allzu neugierige Fragen stellen. Das letzte Begräbnis war 1959, als eine unbekannte Frau tot auf Amrum angespült wurde....
Kennt man die Insel, ist die atmosphärische Beschreibung der Orte (Wittdün, Nebel, Norddorf, Steenodde) umso schöner; eine Prise Humor ist auch hier und da zu finden, während die Aussagen, wie die Geschlechter aufeinander reagieren, für heutige Verhältnisse recht antiquiert erscheinen, jedoch chronologisch in die 60er Jahre passen...

Mit den eingeschobenen Rückblicken auf ein Schiff und dessen Mannschaft, das 1954 auslief, kommt auch die Spannung in Fahrt: Man hat das Gefühl, dass Jürgen Rath weiß, wovon er schreibt - und Kapitän ja eine seiner Professionen ist: Der Stil ist eher gemächlich, ruhig - und in gut lesbarer klarer Sprache gehalten; der Insel-Krimi ist in 5 Teile aufgesplittet; die von Amrum, Hamburg, Büsum, wieder Amrum bis nach Sylt reichen - sich also allesamt an der deutschen Nordsee befinden. Da ich alle Orte persönlich kenne, erhöht das die Lesefreude dieses Amrum-Krimis um ein Vielfaches...
Steffen und Lilianne ermitteln sich von Hamburg aus durch Ämter und Kirchen, Archive und Bibliotheken, als Steffen von Margarete (die auf Amrum lebt und in die er sich allem Anschein nach etwas verliebte...) erfährt, dass es keine gute Idee wäre, nochmals nach Amrum zu kommen, da "einige Leute" gar nicht gut auf ihn zu sprechen sind...

Interessante Details finden sich in der Arbeit der Archivare - oder auch der technischen Entwicklung der Kopierer, die in den 60er Jahren erstmals in deutschen Archiven, aus den USA stammend, verwendet wurden.
In der Zeit des "Eisernen Vorhangs" spart Jürgen Rath auch nicht mit politischen Äußerungen, dass die BRD für die DDR die 'faschistische Republik' war und (für Steffen) die DDR 'eine Diktatur, die ihr Volk einsperrt'; eine nicht unwahre Betrachtungsweise, wie ich finde, die ja noch bis 1989 andauern sollte. Diese Fakten machen den Krimi, der eher ruhig daherkommt, zeitgeschichtlich interessant; z.B. auch die Erwähnung des legendären STAR-CLUBS in Hamburg, in dem die Beatles in den 60ern ihre Karriere begannen...

Steffen und Lilianne finden heraus, dass es eine "Unstimmigkeit" eines Grabes auf dem Friedhof der Angeschwemmten auf Amrum gibt und beschließen, nochmals hinzufahren, um den Dingen auf den Grund zu gehen: Der 2. Inselbesuch gestaltet sich noch gefährlicher, da Steffen und Lilianne zu einer 'persona non grata' wurden. Wem können sie noch vertrauen, wem besser nicht? Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt....

Zwei Epiloge schließen sich diesem historisch interessanten und gut recherchierten Krimi an sowie ein Anhang der tatsächlichen Gräber der Namenlosen von Amrum. Der Plot ist stimmig, die Spannung nimmt im letzten Teil zu: Die Professionen des Autors (Kapitän und Historiker) sind zusammen mit einem klaren Schreibstil im Inselkrimi gut 'ablesbar'.

Fazit:
Ein eher ruhiger, aber dennoch recht spannender, gut recherchierter Insel-Krimi mit einem recht sympathischen, aufgeweckten Archivar als Ermittler, der für mich seinen besonderen Reiz aus der Zeit ableitet, in der er angesiedelt ist: Die 1960er Jahre .... Einige Schmunzler, auch mal ein Kopfschütteln konnte mir auch das etwas angestaubte, antiquierte Geschlechterverhältnis dieser Zeit entlocken, das jedoch authentisch dargestellt und beschrieben ist. Die Buchhinweise am Krimiende machen neugierig auf mehr von Jürgen Rath und den anderen Autoren dieser Krimi-Reihe! Eine Leseempfehlung für Krimifans, die eher ruhigere, gut durchdachte und recherchierte Kriminalromane bevorzugen und ein Faible für die "sweet 60ies" haben ;) Von mir bekommt der Insel-Krimi 4 * und 85° auf der Krimi-Couch.

Veröffentlicht am 11.02.2017

Alte Sünden werfen lange Schatten ......

Der Kreis der Rabenvögel
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"Der Kreis der Rabenvögel" von Kate Mosse ist bereits der 5. Roman dieser sehr bekannten englischen Autorin, der ins Deutsche übersetzt wurde (hier vom Übersetzer-Duo Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, ...

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"Der Kreis der Rabenvögel" von Kate Mosse ist bereits der 5. Roman dieser sehr bekannten englischen Autorin, der ins Deutsche übersetzt wurde (hier vom Übersetzer-Duo Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, denen ich hier ebenfalls meinen Dank für hervorragende Übersetzerarbeit aussprechen möchte): Der Roman erschien 2017 (HC, gebunden) im Droemer-Knaur-Verlag. Das grau-schwarze Cover mit der jungen 'Rabenfrau' weist bedeutungsvoll auf den düsteren, aber überaus spannenden Romaninhalt hin....


Sussex, England, 1912: Contantia Gifford, genannt Connie, wächst nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater auf, seines Zeichens ein anerkannter und berühmter Taxidermist, der nach der Aufgabe seines Museums ausgestopfter (Vogel)Kuriositäten mit Connie nach Blackthorn House, einem etwas abgelegenen Landgut, zieht. Die ersten 12 Lebensjahre fehlen Connie, die seither 'ab und zu aus der Zeit fällt' durch einen mysteriösen Unfall, nach langwieriger Erholung des Mädchens macht der Vater stets nur sehr vage Andeutungen, was an jenem Tag geschah...

Während der verbitterte Vater u.a. ob der Tatsache, dass die Ergebnisse seines Handwerks mehr und mehr aus der Mode kommen, zum Trinker wird, erlernt Connie (für die viktorianische Zeit ungewöhnlich) die Kunst des Ausstopfens von Vögeln. Die sensible, intelligente Tochter führt Tagebuch und hat - an Amnesie leidend - dennoch 'Erinnerungsblitze', die stärker werden...

Um jenen Abend geht es im gesamten Roman, der zwischen Prolog und Epilog 3 Romanteile hat und stilistisch sehr gekonnt und sprachlich brillant die viktorianische Ära in England mit seiner schaurigen Düsterkeit wieder aufleben lässt; der Leser wird von Beginn an durch den szenischen und glasklaren Schreibstil von Kate Mosse in die Handlung hineingezogen.

Man ahnt, dass sich etwas Mysteriöses, Böses, ja Katastrophales ereignet haben muss, was die kurzen Einsprengsel des "beobachtenden Erzählers" in Kursivschrift noch verstärkt und die Spannung bis ins fast Unerträgliche zu steigern vermag. Ständig fragt man sich, was für ein schwerwiegendes Verbrechen von sog. 'feinen Gentlemen' verübt wurde, bis sich durch das Anspülen einer Leiche die Situation dramatisch verschärft: Die Emotionen peitschen hoch und die ohnehin schon spannungsgeladene Atmosphäre ist vergleichbar mit der Gischt und dem Unwetter, das vom Meer kommend, alles zu überfluten droht. Die Ereignisse spitzen sich zu wie eine Sturmflut, die tatsächlich zum Romanende hin sehr symbolträchtig auftritt...
Es kommt zu einem sturmumtosten 'show down', der den Leser in Atem hält: Kate Mosse hat eine unglaubliche Spannung aufgebaut, die sich auf den letzten Seiten Bahn bricht und mich sehr fesseln konnte.

Etwas unangenehm zu lesen, jedoch der Düsterkeit und der Romanidee entsprechend und sie immer wieder atmosphärisch unterstreichend, fand ich die Auszüge der Beschreibungen über die Kunst der Taxidermie von Mrs. Lee (1820). Diese alte Handwerkskunst gibt der gesamten Rahmenhandlung des Romans einen Teil der Düsterkeit; jener Abend, an dem sich Connie's Unfall ereignete, tut das Übrige und entlarvt einige zuvor völlig unbescholtene Bewohner. Leider kann ich persönlich nur bedingt nachvollziehen, dass es Menschen gab/gibt, die ausgestopfte, tote, präparierte Tiere mögen - hier passen sie jedoch in die Zeit sowie als Rahmenhandlung bestens in den Roman, auch wenn ich selbst mehr das Tote, "Entseelte" in diesen Werken sehe, die andere als Kunst oder gar Schönheit betrachten.

Alle Charaktere, allen voran Gifford selbst, insbesondere Connie, aber auch Harold oder Harry, sind sehr facettenreich und authentisch beschrieben. Connie in ihrer tiefen Liebe zu ihrem Vater mochte ich von Beginn an, ebenso fand ich die landschaftlichen Beschreibungen und den aufkommenden Sturm stilistisch sehr faszinierend. Der Epilog ist ein stimmiger Schluss; der Plot in höchstem Maße spannend: Ich konnte das Buch wirklich nicht beiseite legen.

Fazit:

Ein ganz außergewöhnlicher, wundervoll-düsterer Roman, der mich fesseln konnte, der auch teilweise verstörend war. Kate Mosse gelingt es, das düstere viktorianische Zeitalter herauszubeschwören, große und sehr tiefe menschliche Emotionen zu beschreiben und die verheerenden Konsequenzen, die Verletzungen sowohl physisch wie auch psychisch zuweilen nach sich ziehen können. Eine absolute Leseempfehlung mit 5 * und 97° auf der Histo-Couch und einen herzlichen Dank an die Autorin und den Verlag für Lesestunden, wie sie spannender (und einfühlsamer) nicht sein können!

Veröffentlicht am 11.02.2017

'Simple' kochen - aber das mit der besonderen Note Diana Henry's!

Simple
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Das Kochbuch "Simple" Kleiner Aufwand, grandioser Geschmack von Diana Henry erschien in der 1. Auflage Januar 2017 im ars vivendi-Verlag: Das Cover mit Bratpfanne auf hölzernem Hintergrund ist haptisch ...

Das Kochbuch "Simple" Kleiner Aufwand, grandioser Geschmack von Diana Henry erschien in der 1. Auflage Januar 2017 im ars vivendi-Verlag: Das Cover mit Bratpfanne auf hölzernem Hintergrund ist haptisch und wirkt (ebenso wie das Gewicht des Buchs) rustikal und bodenständig sowie ansprechend für Kochbuchfans.

Die Inhaltsangabe am Buchanfang mit einem Vorwort der Autorin wie der einzelnen Rubriken (über Eier, Salate, Toast zu Gemüse, Pasta, Fisch, Ofengerichte, Fleisch und Hähnchen bis hin zu fruchtigen tollen Desserts und Süßspeisen) gibt einen guten Überblick und lässt einen die einzelnen Rezeptideen und Gerichte, die man nachkochen möchte, sehr gut finden. Ein Leitfaden zum Einkauf, Rezepthinweise und ein Register am Ende des Buchs runden die gute Überschaubarkeit positiv ab.

Im Vorwort erklärt die Autorin, weshalb sie dieses Buch schrieb (und auch schöne Fotografien beinhaltet, die von der Autorin selbst gemacht wurden, wie es mir scheint - ich konnte jedenfalls keine Angabe über eine/n Fotografen/in finden). Nach ihrem ersten Kochbuch (Look Simple 2004) versuchte sie sich, da sie Mutter geworden war, an guten Rezeptideen, die sehr schmackhaft sind einerseits, andererseits aber kein großes Kochwissen und vor allem keine langen Zubereitungszeiten erfordern. Dieser ansatz ist ihr in der Umsetzung vieler Rezeptideen hier gut gelungen.

Allerdings sind es teils Rezepte, die auch Kräuter oder Gewürze benötigen, die aus der indischen, afrikanischen Küche z.B. stammen und die nicht jeder zwangsläufig zu Hause im Vorrat hat (z.B. Cumin, Harrissa, Koriandergrün); für viele Rezepte benötigt man jedoch Zutaten, die man wirklich überall im Handel bekommt. Die einzelnen Kapitel sind ausgewogen und vielfältig, die Fotos auf den Rezeptseiten sehr gelungen, motivierend zum Nachbereiten und einige Fotos sind sehr ästhetisch mit künstlerischer Note (besonders das Foto zum Rezept Cous-cous mit Blüten gefiel mir sehr). Auch ist für jeden Geschmack sicher etwas dabei; sowohl für Vegetarier als auch für Leute, die auf den Verzehr von Fleisch nicht verzichten möchten.

Fazit:

Ein optisch und inhaltlich sehr ansprechendes Kochbuch für Leute, die raffiniertere (und dennoch einfach zuzubereitende) Gerichte - auch internationaler Art - sehr mögen. Mit einer 'Prise Humor' versehen, sind die Rezeptideen und Hinweise der Autorin eine persönliche Einladung und ein guter Wegweiser zum Nachkochen! Von mir gibt es 4* und 89° auf der Kochbuch-Couch.

Veröffentlicht am 26.01.2017

Ein zeithistorisches literarisches Feuerwerk eines brillanten Autors!

Der Turm der Welt
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"Der Turm der Welt" von Benjamin Monferat erschien (HC, gebunden) im Wunderlich-Verlag (Rowohlt) 2016 und ist nach dem Début "Welt in Flammen" der zweite Roman des Autors, der sich als Schriftsteller der ...

"Der Turm der Welt" von Benjamin Monferat erschien (HC, gebunden) im Wunderlich-Verlag (Rowohlt) 2016 und ist nach dem Début "Welt in Flammen" der zweite Roman des Autors, der sich als Schriftsteller der Geschichte verschrieben hat und dessen Romanaufbau und -handlung auch hier als brillant beschrieben werden kann:

"Oktober 1889: Die Pariser Weltausstellung nähert sich ihrem großen Finale. Millionen von Menschen strömen in die Lichterstadt, um Zeuge des Spektakels zu werden. Die brisante internationale Lage scheint für einen Augenblick vergessen. Und doch würde, im bunten Gewimmel der Nationen, ein Funke genügen, um das Pulverfass zur Explosion zu bringen" (.....)
(Quelle: Buchrückentext, Auszug)

Zu diesen Millionen Besuchern zählt auch der illustre Kreis der Hauptprotagonisten: In einer Schlüsselrolle Friedrich von Straten, Angehöriger einer preußischen Geheimdienstabteilung mit 'besonderem Auftrag', der zur Weltausstellung beordert wird; Madeleine Royal, ihres Zeichens Königin der Kurtisanen von Paris; Basil Fitz-Edwards (der auch in "Welt in Flammen" zum Personal zählt) und hier Begleiter des britischen Thronfolgers Edward, genannt Eddy, Duke of Clarence and Avondale ist (letzterer neben Henri Toulouse-Lautrec, dem weltberühmten Maler die einzige historisch authentische Figur); Monsieur Longueville, ein französischer Staatssekretär; Albertine de Roquefort mit Tochter und Nichte, die aus der Picardie zum Pariser Stadtpalais aufbrechen, um auf Einladung von Tourteuil die Weltausstellung zu besuchen; Berneau, dem genialen Erfinder und der geheimnisvollen "Frau über den Dächern von Paris", die hier ebenso wie Friedrich von Straten eine Schlüsselrolle inne hat sowie der legendäre Agent des Deuxième Bureau (eine Sektion des französischen Geheimdienstes) Alain Marais und Pierre Trebut, die im Verlaufe des Romans versuchen werden, aufzuklären, wer hinter dem Attentat steckt, dem zwei weitere Agenten des Deuxième Bureau auf brutale Weise zum Opfer fielen....

Vor dem Auge des Lesers lässt Benjamin Monferat sehr geschickt die Zeit der Exposition Universelle 1889 in Paris wieder aufleben, die als Machtdemonstration Frankreichs in einer Zeit 'gegenseitiger Belauerung' stattfand und zu einer Zeit zahlreicher industrieller Erfindungen und technischen Neuerungen, wo man sich suchte, gegenseitig zu überbieten. Die Anspannung dieses Zeitgeistes ist von der ersten bis zur letzten Seite nacherlebbar, was ich persönlich als fantastisch gelungen erachte.

Die zahlreichen Hauptprotagonisten sind sehr gut ausgeleuchtet, das Geflecht der Beziehungen untereinander, das Misstrauen gegenüber anderen Nationen sehr gekonnt dargestellt; der Autor wählt stilistisch relativ kurze Abschnitte: Es entsteht ein Personenwechsel und dadurch ein Perspektivwechsel in kurzer Abfolge, der dem Leser eine hohe Konzentration (durch die Personaldichte) abverlangt. Hierin liegt ein kleines Manko dieses ansonsten genialen Romans, der fiktiv angelegt ist, jedoch einem für heutige Begriffe realistischen Maßstab nicht entbehrt: Durch die sehr zahlreichen Hauptfiguren, die durch den Romanverlauf führen, ist der Leser gezwungen, eine hohe Konzentration aufzubringen; es ist vergleichsweise wie bei einem 15-fädigen Zopf, dessen lose Enden zum Romanende hin sich zwar finden, jedoch durch die sehr kurzen Perspektiv- und Personenwechsel etwas anstrengend nachzuverfolgen sind: Geduld und Ausdauer, besonders im ersten Drittel, sollte der Leser daher neben dem Interesse an der Historie schon mitbringen.
Letztendlich geht es auch um den Segen und den Fluch jeglicher menschlicher Erfindung, die sich durchaus, wie wir alle wissen und teils (mit)erleben mussten, auch gegen den Menschen richten kann, das 21. Jahrhundert im digitalen Zeitalter zeigt dies bestens auf....

Fazit:

Ein zeithistorischer Roman, ja eigentlich ein Schmöker, der an Umfang und Inhalt sowie sprachlicher Versiertheit und Virtuosität seinesgleichen sucht. Auch wenn ich mir hier und da ein wenig gewünscht hätte, dass 'wenig auch mehr' sein kann, gelingt es m.E. dem Autor, das Zeitgefühl dieser politisch unruhigen Zeit sehr gut widerzuspiegeln. Dafür und für die Romanidee sowie deren Umsetzung ein großes chapeau von meiner Seite!
Im Nachwort (das sehr berührt, besonders auf der letzten Seite) merkt der Autor an,"dass es ein ziemlich ekliges Gefühl sein kann, wenn die Geschichte einen einholt". Gemeint sind die Terroranschläge des IS im November 2015 in Paris, denen 130 Menschen zum Opfer gefallen sind: Hier ergibt dieser sehr lesenswerte Roman (mit Geduld und Ausdauer des Lesers) auch eine aktuelle, leider zeitlos gewordene politische Brisanz wieder, deren letzten vier Worten des Autors ich mich nur anschließen kann:
"Ihr-werdet-nicht-gewinnen". Mit einem großen Dank an den Autor und den Verlag vergebe ich 4,5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.