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Veröffentlicht am 28.05.2022

Cosy Crime au Périgord

Kalte Blüten
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Dies ist der zweite Kriminalroman um die sympathische Kommissarin Marie Mercier, die nach ihrem Sabbatjahr nun endgültig Paris verlassen hat, um im Périgord zu arbeiten, wo sie den Hof ihrer Großmutter ...

Dies ist der zweite Kriminalroman um die sympathische Kommissarin Marie Mercier, die nach ihrem Sabbatjahr nun endgültig Paris verlassen hat, um im Périgord zu arbeiten, wo sie den Hof ihrer Großmutter renoviert hat und wo auch ihr Herz wohnt. Sie leitet nun das Kommissariat der Region.
Bei Bauarbeiten für eine Ölmühle wird ein Skelett freigelegt, sodass die Polizei ermitteln muss. Marie sieht sich jedoch bei den Besitzern des Grundstücks schroffer Abwehr ausgesetzt, als ob irgendetwas verborgen bleiben sollte. Das Grundstück gehört vier Schwestern, den Barthes Schwestern.
Julie Dubois Schreibstil ist flüssig und mitreißend. Man liest immer weiter, als würde man sonst etwas verpassen. Dabei läuft aber alles sehr gemächlich ab, keine Action-Szenen oder wilde Schießereien. Sehr intensiv ist auch das Lokalkolorit, das die spezielle Atmosphäre dieser französischen Region im Südwesten Frankreichs treffend einfängt.
Die Spannung entwickelt sich langsam, am Anfang für mich sogar zu schleppend, aber sie nimmt stetig zu und hält bis zum Ende an, zwischendurch gibt es noch so einige überraschende Wendungen. Als Leser kann man auch gut miträtseln, wer als Täter in Frage kommt. Das ist für mich immer sehr verlockend und hat mir gut gefallen. Dieses Mal lag ich allerdings lange falsch und wurde in Erstaunen versetzt, denn mit diesem Täter hatte ich nicht gerechnet.
Fast alle Figuren sind sympathisch gezeichnet, so dass man sich dadurch in diesem Dorf heimisch fühlt. Es gibt auch bizarre Charaktere, wie z.B. Rose, eine alte Dame, die immer bestens informiert ist und sich gemäß ihres Namens stets in rosa kleidet. Auch Georges ist ein Ausnahmecharakter, denn man trifft ihn selten ohne seinen besten Freund, das Trüffelschwein Augustine, an. Ihn möchte ich hier besonders hervorheben, denn die Szenen mit ihm bringen den Leser immer wieder zum Schmunzeln.
Es geht auch um kulinarische Genüsse, was mich im Allgemeinen nicht stört. Wenn aber Rezepte mit Gänsestopfleber verherrlicht werden, ist mir das ein Störfaktor, denn man weiß, dass dies mit Tierquälerei einhergeht.
Alles in allem ein gemütliches Krimigeschehen, das den Leser gut unterhält.

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Veröffentlicht am 04.05.2022

Ein sehr gemächlicher Krimi

Tiefes, dunkles Blau
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Der Arzt einer Kinderwunschklinik, Dr Jansen, wird tot im Zürichsee gefunden, und bald stellt sich heraus, dass er viele Drogen im Körper hatte. Zufällig hat Seepolizistin Rosa kurz zuvor bei diesem Arzt ...

Der Arzt einer Kinderwunschklinik, Dr Jansen, wird tot im Zürichsee gefunden, und bald stellt sich heraus, dass er viele Drogen im Körper hatte. Zufällig hat Seepolizistin Rosa kurz zuvor bei diesem Arzt Eizellen einfrieren lassen. Wer wollte ihn aus dem Weg räumen und warum? Zunächst führt eine Spur zu seiner Noch-Ehefrau, aber es gibt außerdem weitere Spuren, vor allem auch ins Rotlichtmilieu. Skurrilerweise führen alle Verdächtigungen nur zu Frauen, die dem Gynäkologen nach dem Leben getrachtet haben könnten.
Nach dem noch spannenden Prolog, in dem ein Toter in einer Fischreuse gefunden wird, sinkt die Spannungskurve, was verständlicherweise der Einführung des Settings geschuldet ist. Man muss ja erst einmal die Protagonistin, ihr Umfeld und den Handlungsort kennenlernen. Dies erfolgt sehr ausführlich und gut vorstellbar. Spätestens jetzt müsste der Spannungsbogen wieder ansteigen, aber da ist nichts! Die Ermittlungen laufen nebenher, im Mittelpunkt stehen in meinen Augen dagegen ein umfassendes Bild von Zürich und von der Ermittlerin Rosa. Die Geschehnisse plätschern dahin, und besonders die Ausführungen zur Gentechnik und ihrer Gefahren fand ich recht langatmig. Vergebens wartet man auf überraschende Wendungen oder andere krimitypische Stilmittel.
Meine Erwartungen wurden enttäuscht, das Buch konnte mich nicht in seinen Bann ziehen. Trotz des mörderischen Geschehens ordne ich dieses Buch eher dem Genre Roman zu.
Die Protagonistin und Ermittlerin Rosa Zambrano ist sympathisch, lebt naturverbunden und hat viele Hobbys, die in diesem Buch auch intensiv beschrieben werden. Vor allem scheint sie das Kochen und Schlemmen zu lieben, allerlei Rezepthinweise machen Lust aufs Ausprobieren. Die Beschreibung Zürichs ist ebenfalls verlockend, man möchte sich das mal vor Ort ansehen und in den gemütlichen Lokalen einkehren. Aber ich hatte ja einen Krimi lesen wollen.
So hat das Buch mich partiell gut unterhalten, aber es konnte absolut kein Krimi-Feeling aufkommen. Schade!

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Plötzliches Ende eines ambitionierten Lebens

Der große Fehler
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Andrew Haswell Green, der Schöpfer des großartigen Central Parks in New York, wuchs im ländlichen Milieu unter ärmlichen Umständen auf. Seine Mutter starb, als er 12 war, und sein Vater kann ihm die Mutter ...

Andrew Haswell Green, der Schöpfer des großartigen Central Parks in New York, wuchs im ländlichen Milieu unter ärmlichen Umständen auf. Seine Mutter starb, als er 12 war, und sein Vater kann ihm die Mutter nicht ersetzen. Im Gegenteil, er wird vom Vater regelmäßig geschlagen und bekommt viel Arbeit und Verantwortung aufgebürdet. Er nimmt dies alles hin, indem er versucht, seine Aufgaben zu optimieren. Prägend für ihn sind sein Ordnungssinn und seine Verträumtheit. Als er sich seinem Freund Sam zu sehr nähert, verbannt ihn sein Vater nach New York, unter dem Vorwand, dass er dort mehr Geld verdienen könne. Auch dort erwartet ihn ein hartes und entbehrungsreiches Leben, aber sein unentwegter Ehrgeiz lässt ihn aufsteigen, so dass er schließlich großen Anteil an der Gestaltung New Yorks hat.
Der vordergründige Fehler liegt darin begründet, dass Green im Alter von 83 Jahren durch einen Irrtum vor seiner Haustür erschossen wird. In Andrews Leben haben sich jedoch noch mehr Fehler ereignet, so dass der Titel eine Mehrfachbedeutung hat. So ist das Buch im Prinzip eine Biographie, die Andrews vielseitiges und ambitioniertes Leben beleuchtet. Nach und nach erschließen sich dem Leser immer mehr Details aus der Vergangenheit Die Ermittlungen zum Mordmotiv sind eher Nebensache, werden aber durch den zeitweise schwächelnden Inspektor McClusky aufgeklärt.
An den Schreibstil musste ich mich zunächst gewöhnen, denn die Sätze sind teilweise sehr lang und verschachtelt, so dass ich anfangs einiges mehrfach gelesen habe. Aber es lohnt sich, denn man findet sich in einer anderen Welt wieder, die Inhalte der mitunter anspruchsvollen Sätze sind sehr prägnant und spiegeln die Charaktere hervorragend wieder.
Der permanente Perspektivwechsel zwischen Andrews Kindheit und Jugend auf der einen Seite und sein Leben rückblickend in New York auf der anderen Seite haben mich teilweise etwas verwirrt. Enttäuschend fand ich, dass einige Nebenhandlungsstränge einfach im Sande verliefen, während man gern noch mehr erfahren hätte.
Sehr informativ hingegen fand ich die historische Betrachtung des Lebens zu jener Zeit, die Schilderung des damaligen New York und auch die missliche Lage der Homosexuellen in dieser Zeit.
Alles in allem fand ich das Buch sehr packend und informativ, die Lektüre hat mich mit ausdrucksstarken Charakteren bekannt gemacht. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Krass und voller Überraschungen

Zurück nach Übertreibling
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Vikki Victoria, stadtbekannt und glamouröse Transfrau, muss sich verstecken. Der Grund: Toni ist aus dem Gefängnis ausgebrochen, und nun will er sich sicher an ihr rächen, denn Vikki war nicht unschuldig ...

Vikki Victoria, stadtbekannt und glamouröse Transfrau, muss sich verstecken. Der Grund: Toni ist aus dem Gefängnis ausgebrochen, und nun will er sich sicher an ihr rächen, denn Vikki war nicht unschuldig an seiner Festnahme. Toni soll seine Frau bestialisch umgebracht haben, aber ist das wirklich so gewesen? Die ausbrechende Panik setzt eine regelrechte Kettenreaktion in Gang, in deren Verlauf sich so einige kriminelle Energie entlädt und Wahrheiten ans Licht kommen. Hierbei spielen eine Motorradrockergang und ein türkischer Drogenboss mit seinen Leuten eine wesentliche Rolle.
Die Spannung ist schwankend, mal sehr stark, dass man unbedingt weiterlesen muss, aber es gibt auch Passagen, die recht langatmig sind, die wie Lückenstopfer erscheinen und nur nichtssagendes Gerede wiedergeben. Gerade zum Ende hin ist eigentlich schon alles klar, aber der Showdown zieht sich sehr in die Länge.
Zugegeben, das Buch hat mich oft zum Schmunzeln gebracht, denn Vikki legt ihre Gedanken ausführlich dar, worin ich Wortwitz, Ironie und skurrile Beschreibungen entdeckt habe, was mir sehr gut gefallen hat. Der Schreibstil ist sprachgewaltig, sie benutzt Wortneuschöpfungen und lustige Verbindungen (z.B. "damals....vor 30 kg" oder "er okayt"). Die Beschreibungen sind gut vorstellbar und natürlich übertrieben. Aber in meinen Augen ließ mit der Zeit die Kreativität nach oder ich wurde mit der Zeit überdrüssig.
Ach ja, nebenbei wird noch gegen E-Autos gewettert und SUVs hochgepriesen. Das finde ich nicht zeitgerecht. Schon mal etwas von Klimawandel gehört? Oder gehörte das in die Kategorie 'Humor ist, wenn man trotzdem lacht'?
Die Bewertung fällt mir nicht leicht, da das Buch zwar lesenswerte Züge hat, aber sich andererseits immer mehr in Übertreibungen verliert, die irgendwie erzwungen wirken. Leider war es so, dass das Krimigeschehen immer mehr in den Hintergrund rückte und Platz machen musste für unsinniges Palaver.

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Veröffentlicht am 15.04.2022

Zurück zu den Wurzeln

Auf der Straße heißen wir anders
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Aber wo sind die Wurzeln wirklich? Karla ist die Tochter des in Deutschland lebenden Armeniers Avi und einer Deutschen, die Eltern sind geschieden, Karla ist dem sozialen Brennpunkt Bremen-Nord, wo sie ...

Aber wo sind die Wurzeln wirklich? Karla ist die Tochter des in Deutschland lebenden Armeniers Avi und einer Deutschen, die Eltern sind geschieden, Karla ist dem sozialen Brennpunkt Bremen-Nord, wo sie viel einstecken musste, entkommen.
Anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter Maryam lernt Karla armenische Beerdigungsrituale kennen und realisiert, wie wenig sie über die Wurzeln ihres Vaters weiß. Im Nachlass der Großmutter findet sich ein goldener Armreif, den die Familie nach ihrem Tod in die armenische Hauptstadt Yerewan zu Lilit Kuyumcyan bringen soll. Nach anfänglichem Ablehnen willigt Avi schließlich ein, mit seiner Tochter nach Armenien zu fliegen, um das Testament zu erfüllen.
Zum Erstaunen seiner Tochter blüht Avi in Armenien auf, verändert sich regelrecht und saugt in seiner realen Heimat alles auf. Sehr schnell fühlt er sich zu Hause angekommen und verhält sich wir die Einheimischen. Die Relation Vater-Tochter verändert sich in positiver Weise.
Da ist sehr viel Hintergrundinformation in diesem Buch gespeichert, was mir sehr gut gefallen und meinen Horizont erweitert hat, sowohl landeskundlich, aber vor allem historisch. Es war sehr ergreifend über den unfassbaren Genozid an den Armeniern zu lesen.
Wenn man Avis Kindheit betrachtet, kann man sich erklären, warum er Defizite in seiner Gefühlswelt entwickelt hat und emotionale Annäherung ihm schwerfällt.
Der Schreibstil der Autorin ist gut verständlich und gibt die jeweiligen Situationen sehr präzise wieder. Die Beschreibungen der einzelnen Szenen sind intensiv und atmosphärisch. Als Leser hat man das Gefühl, in der Erzählung anwesend zu sein. Allerdings haben mich die ständigen Zeitsprünge bisweilen irritiert.
Auf jeden Fall ist das Buch sehr lesenswert und hinterlässt bleibende Eindrücke, gerade in der heutigen Zeit.

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