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Veröffentlicht am 27.09.2025

Erfrischend anders

Hustle
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Leonie arbeitet eigentlich als Pflanzengenetikerin, doch als ihr Chef ihre Ergebnisse als seine ausgibt, verlässt sie das Unternehmen mit Kresse auf jeder erdenklichen Oberfläche seines Büros. Ihr neuer ...

Leonie arbeitet eigentlich als Pflanzengenetikerin, doch als ihr Chef ihre Ergebnisse als seine ausgibt, verlässt sie das Unternehmen mit Kresse auf jeder erdenklichen Oberfläche seines Büros. Ihr neuer Job führt sie quer durch Deutschland nach München. Aber dort ist das Zimmer klein, teuer und die Arbeit wenig glamourös. Doch dann trifft sie auf Geneviève und nutzt ihren Ideenreichtum für Racheaktionen als Nebenjob.

Der Schreibstil von Julia Bähr ist nüchtern, prägnant und die Gefühle der Protagonisten eher versteckt. Es wird die Gedankenwelt von Leonie nicht direkt beschrieben, eher wird etwas Bestimmtes erwähnt und der darauffolgende Satz enthält vielmehr eine Wertung von Leonie. Die Autorin schreibt auch locker, amüsant und gelegentlich ironisch. Ich musste an so vielen Stellen lachen! Zum Beispiel als Leonie die Angabe der Uhrzeit mit „viertel“ lernen sollte. Leonies Racheaktionen sind sehr raffiniert und ich hab stets amüsiert und etwas ängstlich verfolgt, wie sie diese ausführt. Die Geschichte ist insgesamt erfrischend anders, was mir sehr gut gefallen hat.

Das Buch liest sich oft als Momentaufnahmen von Leonies Leben. Wir erfahren über einige Monate hinweg ihren Alltag: Wie sie ihre langweilige Arbeit verrichtet, neue Leute trifft, insbesondere Dates, ihre ausgeklügelten Racheaktionen plant und ausführt und sich mit den anderen drei Frauen trifft, die freundlich und unerschrocken sind. Dabei werden auch Themen wie Moral, Konsum, Freundschaft (Nam ist mein Lieblingscharakter) und Gesellschaftskritik angerissen. Die Geschichte nimmt zum Schluss hin einen Spannungsbogen auf, endet für mich aber trotzdem etwas unzufrieden. Bei einigen Handlungssträngen habe ich mich gefragt, warum diese eingebaut wurden oder wohin sie führen sollten (z. B. streitende Eltern, Diebstahl auf der Arbeit). Das Ende der Geschichte ist natürlicherweise nicht das Ende von Leonies Leben, aber die Grenze für meine ungeklärten Gedanken.


Fazit:
„Hustle“ ist wirklich außergewöhnlich und erfrischend anders. Der Schreibstil ist locker, amüsant und prägnant. Die Geschichte über Leonies Leben in München ist teilweise trist, aber durch ihren Nebenjob des Racheengels auch spannend und aufregend. Am Ende sind mir einige Handlungsstränge zu offen und man fragt sich immer noch amüsiert: Was hab ich hier gerade gelesen?

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Themen
Veröffentlicht am 27.09.2025

Herzerwärmende New Adult

Willow-Falls-Reihe, Band 2 - Stay With Me in Willow Falls
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Paige hat ein erfülltes Leben: Sie werkelt an alten Möbeln und stellt allerhand Holzdekorationen her, betreibt damit ihr eigenes Geschäft, hat eine liebevolle Familie, wie auch eine tolle Freundesgruppe, ...

Paige hat ein erfülltes Leben: Sie werkelt an alten Möbeln und stellt allerhand Holzdekorationen her, betreibt damit ihr eigenes Geschäft, hat eine liebevolle Familie, wie auch eine tolle Freundesgruppe, mit der sie Spaß haben und ihre Gefühle teilen kann. Bloß fehlt ihr zum großen Glück noch ein Partner und sie sehnt sich immer mehr nach jemanden an ihrer Seite. Ihr derzeitiges Date findet sie leider zu anstrengen und zu dieser Enttäuschung muss auch noch Miles nebenan einziehen, der ihren Bruder und sie selbst vor acht Jahren physisch wie psychisch verletzt hat. Täglich begegnet sie ihm mit Wut und Abneigung, aber irgendwie ist da auch immer noch die Zuneigung zu dem alten Freund der Familie.

Ich hab diese Geschichte von Anfang an sehr gemocht. Mit Paiges Leidenschaft für Holzarbeiten, dem Apfelbaum im Hinterhof, der an ihr Elternhaus erinnert, und ihrer herzlichen Freundesgruppe lebt Paige ein alternatives Leben, das ich gerne führen würde. Ich war von der ersten Seite bei Paige und in Willow Falls zu Hause, denn das kleine Städtchen und Paiges Leben sind so gemütlich und ansprechend, dass ich mich direkt wohl gefühlt habe. Das Buch versprüht auch etwas Herbstflair, da es in dieser Jahreszeit spielt, aber noch viel mehr diese Geborgenheit, weshalb ich es so gerne gelesen habe.

Aufgrund des Unfalls, für den Miles vor acht Jahren verantwortlich war, ist er aus Paiges Leben verschwunden und sie zu Recht bis heute noch sauer. Doch da die beiden sich den Hinterhof teilen müssen und immer wieder aufeinander treffen, beschließt sie sich an den unerwünschten Nachbarn zu gewöhnen. Kurz darauf kommen die zwei Protagonisten nicht nur miteinander klar, sondern fällt ihnen auch direkt die Attraktivität des Gegenübers auf. Und das wirklich auf beiden Seiten, denn die Geschichte wird aus zwei Erzählperspektiven geschildert, was ich wirklich passend fand. Das hat mich anfangs ziemlich genervt, weil es so extrem und besitzergreifend war, aber ich hab die gemeinsamen Momente von Paige und Miles auch gleichzeitig genossen. Und meine Missstimmung hat sich auch schnell gelegt, weil ich es sehr mochte, wie die beiden sich immer näher kommen und langsam anfreunden. Ohne es zu verniedlichen, fand ich die gemeinsame Geschichte von Paige und Miles einfach süß. In vielen kleinen Momenten, als sie sich z. B. mal selbst belügen bezüglich ihrer Gefühle oder Miles extreme Eifersucht gespürt hat, hab ich einfach wissend gegrinst. Die Liebesgeschichte ist wirklich sehr liebevoll und herzerwärmend entwickelt und beschrieben. Das Ende wird noch spannend (wobei ich es geahnt habe) und berührend. Ich hab Paiges und Miles‘ Geschichte mit einem Lächeln geschlossen und freue mich zu den anderen Charakteren nach Willow Falls zurückkehren zu dürfen.


Fazit:
„Stay with me in Willow Falls“ ist eine wunderschöne und liebevolle Geschichte rund um die herzliche Paige und auch bezüglich ihrer Liebesgeschichte. Von Anfang an habe ich mich aufgrund der liebenswürdigen Charaktere und des Settings so wohlgefühlt. Aspekte der Liebesbeziehung, die mich oft in solchen Geschichten nerven, sind perfekt eingebaut bzw. entwickeln sich glücklicherweise schnell wieder weiter. Ich hab mich in der Geschichte einfach so wohlgefühlt, dass ich am liebsten ein Teil von Paiges Leben wäre.

Veröffentlicht am 24.09.2025

Das Buch hat mich sooo aufgeregt!

Morbidly Yours
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Der Ire Callum ist Bestatter und kann das Familienunternehmen wegen einer Testamentsklausel nur erben, wenn er bis zu seinem 35. Geburtstag verheiratet ist. Dumm nur, dass er eine Sozialphobie hat und ...

Der Ire Callum ist Bestatter und kann das Familienunternehmen wegen einer Testamentsklausel nur erben, wenn er bis zu seinem 35. Geburtstag verheiratet ist. Dumm nur, dass er eine Sozialphobie hat und Frauen, allgemein Menschen, nur sehr schwer kennenlernt. Nebenan zieht plötzlich die quirlige Texanerin, die ihn aus seinem Schneckenhaus holt. Doch Lark hat seit dem Tod ihres Mannes der Liebe abgeschworen…

Die Geschichte hat sich SO gut angehört: Liebenswerter Bestatter mit Humor trifft auf eine extrovertierte Nachbarin, womit Welten aufeinander stoßen und sich daraufhin ineinanderfügen. Und anfangs war es auch genau das! Die beiden haben sich direkt so gut verstanden und der Vibe zwischen Lark und Callum war wunderschön zu lesen. Doch da kommt direkt das erste Problem daher: Die beiden verstehen sich nicht nur von Anfang an supergut, sondern verlieben sich direkt darauf. Kaum sind die Schmetterlinge im Bauch da, geht das Gefühl auf die nächste Ebene und es wird immer der Körper des bzw. der Gegenüber betrachtet. Kein „slow burn - Eine Liebe, die Zeit braucht, um zu wachsen“, wie es überall beworben wird. Und somit ist das Buch auch sehr spicy; und das gedanklich schon bevor die beiden wirklich miteinander im Bett landen. Leider habe ich das nach dem Aufschlagen des Buches befürchtet, weil noch vor dem ersten Kapitel eine Wörterübersicht mit Übersetzung von dirty talk zu finden ist. Dass Lark von Callum nur das Eine will, nachdem sie der Liebe abgeschworen hat, ist ihr direkt von Beginn an klar. Doch leider spielt sie dadurch nur mit dem überaus liebenswürdigen Mann (der zu Recht auf der Buchrückseite als der „beliebteste Bookboyfriend seit immer“ betitelt wird), der sich so sehr um sie bemüht. Das hat mich so, so, so wütend gemacht! Geärgert hat mich auch, dass die beiden Charaktere so widersprüchlich in ihrem Verhalten sind. Callum hat eine Sozialphobie, doch beim Kennenlernen mit Lark ist hierzu nichts zu merken und später wird er auch sehr mutig bezüglich etwas. Dazu ist Lark als quirlige Quasselstrippe genau das Gegenteil, denn im Beruf traut sie sich nicht sich durchsetzen, sondern gibt die People Pleaserin. Außerdem wird Callum im Laufe der Geschichte als demisexuell beschrieben, was ich bisher gar nicht kannte und das Einbinden dieser LGBTQ+ -Eigenschaft richtig schön fand. Dennoch spielt es gar keine Rolle, weil Callum wie schon gesagt direkt in Lark verknallt war. Leider wurde aus den Charakteren und ihren besonderen Eigenschaften zu wenig rausgeholt. Die Geschichte hätte anfangs mehr auseinandergezogen gehört und später weniger nerviges Drama vertragen. Dass das Ende mir dann ebenfalls nicht gefallen hat, weil vieles so unrealistisch uns aus heiterem Himmel gelöst wurde, ist für euch dann leider auch keine Überraschung mehr, oder?

Mich hat das Buch auch gereizt, weil es in Irland spielt und das wurde wirklich schön umgesetzt. Callum nutzt oft irische Begriffe, die direkt danach übersetzt wurden, und auch manche bekannte Orte haben eine Rolle gespielt. Leider geht der Wortwitz zwischen irischem und amerikanischem Englisch unter. Vieles habe ich nicht begriffen, wurde auch nur teilweise erklärt… aber dann ist es halt auch nicht mehr lustig. Ist so etwas dann überhaupt zu übersetzen? Ich weiß es nicht. Darüber hinaus ist die Übersetzung aber auch nicht wirklich gelungen gewesen. Viele Sätze sind total holprig und schräg, weil einige Wörter bzw. Phrasen wortwörtlich übersetzt wurden (da fragt man sich, ob hier auch mit KI unterstützt wird?). Außerdem fand ich anfangs viele Gespräche verwirrend, kann aber nicht sagen, ob das an dem Schreibstil, der Übersetzung oder fehlenden Kenntnissen von mir in der Popkultur lag.


Fazit:
„Morbidly Yours“ hat eine besondere Geschichte versprochen und mir anfangs auch noch wegen dem angenehmen und amüsanten Vibe zwischen den Protagonisten sehr gut gefallen. Doch dann ging die Geschichte mit einer schrägen Übersetzung, nicht-konsistenten Charakterdarstellungen, nervigem Verhalten und für mich zu viel spicy Szenen weiter, während das Ende mit einer völlig unrealistischen und unverständlichen Auflösung negativ punktet. Ich hab mich so auf die Geschichte gefreut, aber leider wurde sie zu meinem größten Flop des Jahres – schade!

Veröffentlicht am 21.09.2025

Sehr komplex, verwirrend und düster

Katabasis
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Alice ist eine sehr ehrgeizige Doktorandin der Analytischen Magie in Cambridge und arbeitet unter dem besten Magier der Welt, Professor Grimes. Als dieser durch einen Fehler im magischen Pentagramm stirbt, ...

Alice ist eine sehr ehrgeizige Doktorandin der Analytischen Magie in Cambridge und arbeitet unter dem besten Magier der Welt, Professor Grimes. Als dieser durch einen Fehler im magischen Pentagramm stirbt, entschließt sich Alice ihm in die Hölle zu folgen und zurückzuholen. Dabei schließt sich plötzlich Peter an, das Genie in ihrem Jahrgang. Die beiden haben alte Werke von Philosophen studiert, die bereits in die Hölle gereist sind und dadurch versucht sich auf die sieben Höllenkreise mit deren jeweiligen Todsünde vorzubereiten. Doch haben sie alle Gefahren bedacht, einschließlich ihrer eigenen Gefühle?

Der Aufbau und das System der Hölle waren sehr verwirrend für mich. R. F. Kuang kann beeindruckende und stimmige Geschichten schreiben, das hat sie bisher hinreichend bewiesen. Aber hier ist mir die Geschichte leider zu komplex gewesen. Als Alice und Peter in der Hölle ankommen sehen sie zwar eine Knochenwand, aber auch direkt Gebäude, die aussehen wie ihre Uni, was mich zunächst enttäuscht hat. Alice‘ und Peters Ziel ist es ihren verehrten Professor zu finden, aber trotzdem kamen mir die beiden oft ziellos vor. Außerdem hat die Hölle für Lebende, wie die beiden es sind, andere Regeln als für die verstorbenen Seelen. Und das Vorankommen in den Höllenkreisen unterliegt auch bestimmten Regeln. Aber WIE sehen die Regeln aus? Ich hab das oftmals nicht verstanden, warum die beiden etwas taten, warum nicht und warum sie weiter zogen oder überhaupt wohin. Dabei hilft es auch nicht, dass alle alten Philosophen und Magier, die bereits in die Hölle gereist sind, andere Aufzeichnungen angefertigt haben und die beiden Protagonisten sich auch überhaupt erst einmal einen Überblick bzw. Lageplan über die Hölle machen mussten. Es ist okay, wenn vieles schwammig ist oder sich erst entwickelt, aber irgendwann kommt der Punkt, wo man das auch den Leser/innen verständlich nahe bringen muss. Die Erklärungen anhand von Philosophie und mathematischer Logik sind zwar faszinierend, aber oftmals auch nicht verständlich. Entweder hätte die kluge Autorin hier die unnötigen Erläuterungen weglassen sollen oder genauer und einfacher veranschaulichen.

Mit der Zeit wurden die abstrakten Erklärungen weniger und die Charaktere der Geschichte weiter herausgearbeitet. Wir treffen nämlich auf Alice und Peter als sie gerade in die Hölle hinabsteigen. Während sie sich dort ihren Weg bahnen, gibt es immer wieder Rückblicke in ihre Studienzeit. Die Autorin hat die Vergangenheitskapitel dabei wirklich geschickt beschrieben, sodass wir Alice, Peter und den Professor immer besser kennenlernen. Die Hölle selbst ist natürlich kein Spaziergang und wurde vor allem als grau und trist beschrieben. Die Schilderung von Alice‘ Studium selbst kann damit aber gekonnt mithalten. Es gibt viele ernste und düstere Themen, die dem Genre Dark Academia alle Ehre machen (Triggerwarnung). Ab diesem Zeitpunkt wurde ich viel mehr mitgerissen, als bei den vielen Mikroabenteuern in den Höllenkreisen. Die Geschichte wurde im letzten Drittel sehr, sehr fesselnd, wirklich schockierend, absolut schmerzvoll und gleichzeitig berührend zu lesen.

„Im Kern ging es bei Magie nicht um komplizierte Mathematik oder Logik oder Linguistik, sondern darum, dass man daran glaubte. Durch den Glauben entfaltete ein Zauber seine Wirkung. Es war gar keine Frage der Algorithmen, sondern der Selbsttäuschung.“ S.155f


Fazit:
Das Buch „Katabasis“ macht seinem Genre Dark Academia wirklich alle Ehre. Zunächst folgt man Alice und Peter auf ihrem oft nebulösen und komplexen Weg in der Hölle, was für mich verwirrend und bis heute teilweise unverständlich war. Später werden die Themen immer düsterer und wohl auch die akademische Ausbildung an Unis und deren Schwächen kritisiert (Buch spielt vor der Jahrhundertwende). Was anfangs philosophisch und abenteuerlich beginnt, wird immer mehr charakterorientiert, geheimnisvoll und fesselnd.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Fantasy
Veröffentlicht am 17.09.2025

Ruhig, naturverbunden, introvertiert

Der Garten der kleinen Wunder
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Die Mittdreißigerin Toja illustriert Notizbücher, wohnt in einem Pflanzenparadies und hat ihren Platz im Leben gefunden. Aber nicht zuletzt durch Wille, einer eigenwilligen Frau, der sie als Jugendliche ...

Die Mittdreißigerin Toja illustriert Notizbücher, wohnt in einem Pflanzenparadies und hat ihren Platz im Leben gefunden. Aber nicht zuletzt durch Wille, einer eigenwilligen Frau, der sie als Jugendliche begegnet ist. Als die 14-jährige Nachbarin Vica an Tojas Gartenzaun steht, wird sie an diese Zeit erinnert. Trotz des Unbehagens von Vicas Vater, der Toja und deren Mitbewohner Bär als schräge Künstler mit einem verwilderten Garten sieht, besucht Vica den Nachbarsgarten immer öfter und es entspinnt sich eine zarte Freundschaft.

Diese Geschichte ist ruhig und leise, hat dafür aber eine umso größere Botschaft: Denn jede*r ist genauso richtig, wie man ist, insbesondere auch Introvertierte und Hochsensible, die aufgrund ihres ruhigen Verhaltens meist hinter Extrovertierten untergehen. Vica fühlt sich deshalb oftmals nicht wohl, was ihr Vater nicht versteht. Doch Toja ist genauso gestrickt, wodurch Vica in der älteren Namensvetterin eine Vertraute und in deren Garten einen Rückzugsort findet. Genauso wie Toja vor vielen Jahre mit Wille, deren Aufeinandertreffen durch Rückblicke in die Vergangenheit immer wieder erzählt werden. Ich kann mich an kein Buch erinnern, in dem ein introvertierter Mensch die Hauptperson ist und auch noch auf dessen Wesen so intensiv eingegangen wird. Ich finde es toll, dass hier durch Vica viele Beispiele aufgezeigt werden, um Introvertierte sichtbar zu machen und Verständnis für ihr Verhalten zu schaffen. Dies hat die Autorin sehr anschaulich dargestellt, nicht zuletzt durch ihren ruhigen, bildhaften und einfühlsamen Schreibstil. Man kann die Situationen gut nachvollziehen und erhält ein umfassendes Bild von den zurückhaltenden Charakteren.

Patricia Koelle-Wolkens Schreibstil ist gleichzeitig auch wunderschön. Ich mag die Wortwahl, besonders für die vielen schönen Naturbeschreibungen und die Vergleiche, die sich auch oft an Pflanzen oder Tieren orientieren. Tojas Garten ist ein besonderer Ort mit so vielen Pflanzen, Blumen und Minibiotopen. Ich liebe den naturnahen und blütenreichen Garten von Toja, vor allem mit dem Apfelbaum, an dem sich eine Rose hochrankt, und ebenso die wunderschönen Beschreibungen der Autorin dazu. In dem Buch hat sie auch Figuren von sehr bunten Tieren eingefügt, bei deren Schilderung man meinen mag, dass es sie nicht geben kann, weil sie zu schön aussehen um wahr zu sein, aber ich hab jedes gegoogelt und finde sie ebenfalls wunderwunderschön. Sucht mal Bilder von dem Mandarinfisch und dem Vogel Gabelracke!

>>Alles, was das Leben schöner macht und die Menschen lehrt, zu genießen, ist etwas Wunderbares.<< S. 184

Allerdings finde ich einige Aspekte im Buch zu sehr schwarz/weiß dargestellt: Vicas Vater lässt sich sehr schnell überzeugen seinen englischen Rasen auch mit bunten Blumen zu gestalten und schiebt das frühere Geschimpfe über die herübergeflogenen Samen auf den Gärtner ab. Ne, der macht nur was man ihm aufgetragen hat! Außerdem finde ich es schade, dass Toja applaudiert als Vica eine schwierige Situation verweigert und abhaut. Ja, wir Introvertierten erleben so oft Nachteile, was nicht fair ist, aber vielleicht sollte man sich für eine zielführendere Lösung einsetzen statt die ängstliche Jugendliche zu widerspenstigen Verhalten zu ermutigen und sie so erst ins nicht erwünschte Rampenlicht zu rücken. Es ist Fakt, dass durch viel Kontakt zu anderen Menschen die soziale Batterie für Introvertierte sinkt und wir erst einmal wieder Zeit für uns alleine brauchen, wogegen die Extrovertierten Kraft daraus ziehen. Aber nicht jede introvertierte Person hat enorme Probleme damit z. B. ein Referat zu halten, ein großes Fest/Wochenmarkt zu besuchen oder mit Gerüchen klarzukommen. Die drei Introvertierten in dem Buch haben immer gleich empfunden, sodass ich mich zu wenig gesehen gefühlt habe, zu wenig introvertiert. Ich habe den Eindruck, dass hier auch Hypersensibilität angesprochen wurde, ohne es aber beim Namen zu nennen. Es wäre schön gewesen, neben dem Extrem hier mehr Abstufungen zu haben.


Fazit:
„Der Garten der kleinen Wunder“ ist eine sehr leise und farbenprächtige Geschichte mit viel Liebe zur Natur und die Fähigkeit die kleinen Dinge zu schätzen. Es schafft Verständnis für Introvertiertheit, vielmehr Hochsensibilität. Nach anfänglichen Problemen in die Geschichte zu kommen, wurde mir auch einiges zu extrem dargestellt. Ansonsten ist die Geschichte ruhig und beinhaltet einen sehr schönen, bildhaften und einfühlsamen Schreibstil.