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Veröffentlicht am 11.12.2022

Verstörend, überwältigend und eklig: Eine absolut faszinierende und geniale Geschichte!

Der mexikanische Fluch
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Noemí ist lebenslustig und klug, neben ihrem Studium genießt sie das Leben mit Partys und die angenehme Gesellschaft von ihrem derzeitigen Freund. Ihre Cousine Catalina ist seit kurzem verheiratet und ...

Noemí ist lebenslustig und klug, neben ihrem Studium genießt sie das Leben mit Partys und die angenehme Gesellschaft von ihrem derzeitigen Freund. Ihre Cousine Catalina ist seit kurzem verheiratet und lebt mit ihrem Mann bei dessen Familie. Doch Noemís Vater erhält einen verstörenden Brief von Catalina, dass ihr Mann sie zu vergiften versucht, und Noemí soll sie nun besuchen um dies zu klären. Also reist sie von Mexico City in das große Haus der englischen Familie Doyle mitten auf dem Land und merkt bald, dass die kranke Catalina mehr Hilfe benötigt, als die eingeschworene Gemeinschaft der Doyles in ihrem düsteren Herrenhaus zugeben wollen.

Die Geschichte beginnt langsam und ruhig, aber man merkt doch, dass die Familie Doyle merkwürdig ist. Zudem waren mir alle außer Francis sehr unsympathisch. Den Älteste Howard finde ich im Umgang mit Noemí total unangenehm, der Mann ihrer Cousine ist hochnäsig und Florence führt das Haus mit festem Regiment, sieht Noemí nur als Eindringling. Ich war gespannt auf das erste Aufeinandertreffen von Noemí und ihrer Cousine Catalina, die in den Gesprächen mit Noemí völlig normal ist, dann aber wieder kurze Momente hat, wo sie seltsame Dinge behauptet. Das Haus ist heruntergekommen, liegt stets im Nebel und die Familie mahnt ständig zur Stille. Zunächst gibt es eher eine unangenehme und rätselhafte Grundstimmung, die sich mit der Zeit steigert. Im zweiten Drittel wird die Geschichte dann verstörend, faszinierend und zeitweise eklig. Ich bin kein Fan von Horrorgeschichten und –filmen oder zu unappetitlich gemachten Thrillern, deswegen finde ich es gut, dass die paar ekligen Stellen punktiert auftreten und die Erzählung sonst nur überwältigend und gruselig ist. Irgendwann weiß man gar nicht mehr, was Wirklichkeit ist und das Grauen nimmt zu. Die Auflösung ist total faszinierend und verstörend, aber alles so logisch darauf aufgebaut, dass alle seltsamen und gruseligen Details perfekt zusammenpassen. Das Ende ist passend dazu sehr fesselnd und abstoßend, ich hab bis zur letzten Seite mitgefiebert.


Fazit:
„Der mexikanische Fluch“ ist ein toller Schauerroman, der mich fasziniert und gefesselt hat. Die Geschichte startet erst sehr nebulös, das Grauen nimmt immer mehr zu und es wird sehr verstörend, eklig und überwältigend. Ich bin kein großer Fan von Horror, aber dieser Schauerroman hat mich begeistert!

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Veröffentlicht am 24.10.2022

Gefühlvoller Einblick unter die Linden: Jahreshighlight!

Drei Tage im August
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Die Geschichte spielt 1936 im August in Berlin, als dort die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, über tatsächlich nur drei Tage. Die Leser/innen begleiten etliche Personen, die in der Straße „Unter ...

Die Geschichte spielt 1936 im August in Berlin, als dort die Olympischen Spiele ausgetragen wurden, über tatsächlich nur drei Tage. Die Leser/innen begleiten etliche Personen, die in der Straße „Unter den Linden“ arbeiten oder leben. Elfie führt die Chocolaterie Sawade, deren Tätigkeit dabei ihre düsteren Tage aufhellt. Franz ist jüdischer Buchhändler. Die alte Madame Conte lebt schon seit Jahrzehnten in der Straße. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Charaktere, die manchmal nur einmal, vielleicht auch öfter eine Rolle spielen. Die Vielzahl der Figuren ist aber nie zu viel oder chatoisch, da sie alle anschaulich beschrieben werden und zu der großen Rahmenhandlung der Straße beitragen. Die Bäume, die Linden, kommen auch in ein paar Kapiteln zu Wort, was die Geschichte noch besonderer macht. Bäume sind beständig, weise und verkörpern Leben, wie könnte die Vergangenheit und Gegenwart „Unter den Linden“ denn besser beschrieben werden als durch sie? Die Worte, Atmosphäre und Gedanken der Bäume sind wunderschön und geben der Geschichte noch einen besonderen Touch.

>> Was sind wir Menschen denn ohne Schönheit? [...] Es ist doch unsere Rettung vor dem Alltag, diesem grauen Gespenst, das uns Tag für Tag einhüllt. << Issa, S. 162

Schon auf den ersten Seiten des Buches war ich begeistert. Nach einem kurzen Prolog beginnt die Geschichte als Elfie und Franz parallel ihre Geschäfte für den Tag vorbereiten und öffnen. Sie gehen in Gedanken ihren Tätigkeiten nach, wodurch ich sie sehr genau kennenlernen und die Ängste und Gefühle der beiden gut nachvollziehen kann. Anne Stern beschreibt alles sehr anschaulich, aber nie zu langatmig und hat immer die passenden Worte, egal ob für die Emotionen der Charaktere oder die Stimme der Linden. Wir begleiten immer mehr Buchfiguren in ihrem noch ruhigen Morgen in der von Bäumen gesäumten Straße, weiter über die nächsten Tage hinweg, die viel turbulenter, manchmal auch gefährlicher und vor allem emotionaler werden. Ich finde all die unterschiedlichen Charaktere und damit Perspektiven sehr schön, weil man dadurch ein umfassendes Bild von dem Leben unter den Linden erhält. Diese Geschichte ist wie ein kurzer Blick durchs Schlüsselloch, ein Blick über nur drei Tage auf viele Personen, die „Unter den Linden“ arbeiten oder wohnen, ein intensives Eintauchen in deren Leben. Eine kleine Momentaufnahme Berlins zwischen der sonnigen Euphorie der Olympischen Spiele und den langen Schatten, die das Naziregime auf die Bewohner/innen werfen. Man sieht auch, wie schwierig es viele Charaktere in Zukunft haben könnten, weshalb ich zum Ende hin ein paar Tränen vergießen musste und es sehr emotional wurde, aber andererseits habe ich die Figuren so gut kennengelernt, dass ich mir sicher bin, dass sie ihren Weg machen werden.

>> Wir singen das Lied von Berlin. Wir säuseln, wir rascheln, wir wispern und rauschen. Wir klappern mit den Ästen das Auf und Ab der Jahreszeiten, Lebenswege, Zeitläufe. << S. 66



Fazit:
„Drei Tage im August“ nur folgt man dem Leben der Menschen, die „Unter den Linden“ in Berlin arbeiten oder leben, und erhält doch ein sehr umfassendes Bild von ihnen. Besonders die Kapitel aus Sicht der Linden haben es mir angetan, sowie das immer emotionaler werdende Ende. Ich liebe dieses Buch und kann es jedem Fan von historischen Romanen und vom Leben gezeichneten & starken Charakteren empfehlen.

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Veröffentlicht am 18.09.2022

Anschauliche & mitreißende Schilderung einer beeindruckenden Frau

Dian Fossey - Die Forscherin
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Der Prolog und Anfang des Buches starten in den 1980er Jahren, als Dian sich in Ruanda befindet um weiter die Berggorillas zu erforschen. Nach einigen Kapiteln erzählt die Geschichte dann kontinuierlich ...

Der Prolog und Anfang des Buches starten in den 1980er Jahren, als Dian sich in Ruanda befindet um weiter die Berggorillas zu erforschen. Nach einigen Kapiteln erzählt die Geschichte dann kontinuierlich von der jungen Erwachsenen Dian, beginnend 1955 als sie Ergotherapeutin ist und den großen Traum hat Afrika zu entdecken. Wir begleiten die Protagonistin, die tatsächlich gelebt hat, von ihrer ersten Afrikareise, über ihre Bemühungen die Berggorillas zu erforschen und schützen bis hin zu ihrem tragischen Tod. Nebenbei springt die Autorin in die Kindheit von Dian, deren Kapitel besonders hervorgehoben, aber auch sprachlich angepasst und vom Rest der Erzählung abgegrenzt sind. Somit erhält man ein umfassendes Bild von Dian und erfährt, warum sie eine oft sehr forsche und eigenwillige Frau ist.

Den Schreibstil der Autorin finde ich sehr gut! Sie schildert die Szenen sehr anschaulich und ausdrucksvoll, egal ob es um die Charaktere oder den afrikanischen Urwald geht. Als Dian zum allerersten Mal die Berggorillas sieht, hat die Autorin den besonderen Moment so bildhaft geschildert, dass ich selbst ehrfürchtig durch das geschnittene Loch im Dschungel geblickt habe, dabei hatte ich nur Susanna Leonards Worte vor mir. Außerdem ist der Aufbau des Buches gut gewählt, wodurch man beispielsweise am Anfang von der schon älteren Dian liest, die Erinnerungen nachhängt, während sie Fotos von Männern in ihrem Leben durchgeht. Im Laufe des Buches trifft man diese alle an und erfährt, wie sie negativ oder positiv auf Dian eingewirkt haben. Während des gesamten Buches sind die Erlebnisse in der Gegenwart und Vergangenheit perfekt aufeinander abgestimmt, sodass man ein umfassendes Bild von Dian erhält und ihre Entwicklung und ihren oft schwer umgänglichen Charakter nachvollziehen kann. Auch wenn mir die Gorillaforscherin nicht immer sympathisch war, habe ich die Lebensgeschichte der beeindruckenden und mutigen Frau sehr gerne gelesen. Dian wird hier von Susanna Leonard sehr authentisch zum Leben erweckt.

Fazit:
Ein wunderbar geschriebenes Buch über das schwere und doch glückliche Leben von Dian Fossey, die die afrikanischen Berggorillas erforscht und geschützt hat. Die Autorin kann den Urwald genauso anschaulich wiedergeben, wie den Charakter der beeindruckenden Frau.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Spannende Erzählung über Leben auf dem Mond

Artemis
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Artemis ist die erste Stadt auf dem Mond, überhaupt im restlichen Weltall, und wird hauptsächlich von reichen Leuten und einigen Wissenschaftlern bewohnt. Außerdem ist der Mond ein beliebtes Urlaubsziel. ...

Artemis ist die erste Stadt auf dem Mond, überhaupt im restlichen Weltall, und wird hauptsächlich von reichen Leuten und einigen Wissenschaftlern bewohnt. Außerdem ist der Mond ein beliebtes Urlaubsziel. Artemis lebt vom Tourismus und hat eine eigene Kuppel als Besucherzentrum eingerichtet. Dort kann man den Landeplatz der Apollo 11 besuchen und gegen einen Aufpreis sogar einen Mondspaziergang zu den Fußspuren von Armstrong unternehmen. Jazz ist in Artemis aufgewachsen und schmuggelt nun verbotene Luxusgüter für die Reichen in die Stadt. Beispielsweise sind Zigaretten verboten, da ein Feuer verheerenden Schaden in der Kuppel-Stadt anrichten könnte. Jazz erhält vom reichsten Mann der Stadt ein Angebot, das sie nicht abschlagen kann, doch dabei geht einiges schief.

Die Stadt auf dem Mond bildet die Kulisse für die Handlung. Anfangs hatte ich befürchtet, dass es vielleicht nur um Jazzs Schmuggelei und den neuen Auftrag geht, die Stadt also austauschbar mit einer auf der Erde wäre. Das war aber definitiv nicht der Fall. Während der Handlung gab es stets Hinweise, wie Artemis funktioniert und die benötigten Ressourcen hergestellt werden. Auch wenn es für die Bewohner der Stadt mittlerweile Alltag geworden ist, wurden auch immer wieder die geringere Schwerkraft des Mondes und die nicht vorhandene Atmosphäre erwähnt. Jazz bewegt sich sicher durch die unterschiedlichen Kuppeln und dem Außenbereich, wobei ich ihr mithilfe der Karten am Anfang des Buches stets gut folgen konnte. Somit hat Andy Weir die veränderten physikalischen Gegebenheiten und auch chemischen Prozesse immer genauestens und verständlich erklärt. Das besondere Leben in der ersten Stadt im übrigen Weltraum wurde vor meinen Augen lebendig und ich habe mich nicht nur einmal ertappt, auch einer der vielen Touristen in Artemis sein zu wollen.

Jazz war mir als Protagonistin von Anfang an sympathisch, jedoch gibt sie kaum etwas von sich preis, weshalb ich lange gebraucht habe, um Nähe zu ihr aufzubauen. Sie ist eine toughe junge Frau, gewitzt, nicht auf den Mund gefallen und auch schlau. Jazz hat das Schmuggeln nur begonnen, weil sie für ihren Traum viel Geld verdienen möchte. Zum Ende hin hingegen erfährt man viel mehr über sie und ihre Beweggründe, weshalb ich sie dann gänzlich verstehen konnte.


Fazit:
„Artemis“ ist eine spannende Erzählung über die erste Stadt auf dem Mond. Wir folgen Jazz durch die Stadt, während sie schmuggelt und einen großen illegalen Auftrag ausführt. Dabei erzählt Andy Weir auch genau und nachvollziehbar, wie die Stadt und das Leben auf dem Mond funktionieren kann.

Veröffentlicht am 30.06.2022

Fesselnder SciFi-Thriller

Die Apollo-Morde
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Dieses Buch hat hauptsächlich mein Interesse geweckt, weil es von einem amerikanischen Astronauten geschrieben wurde. Obwohl ich Romane & Sachbücher über den Weltraum sehr gerne lese, hätten der Titel ...

Dieses Buch hat hauptsächlich mein Interesse geweckt, weil es von einem amerikanischen Astronauten geschrieben wurde. Obwohl ich Romane & Sachbücher über den Weltraum sehr gerne lese, hätten der Titel und die Einordnung Thriller alleine wohl nicht dazu beigetragen, dass ich dieses Buch unbedingt lesen möchte. Aber ich hab dies definitiv unterschätzt, denn „Die Apollo-Morde“ stehen rasanten Space Operas in nichts nach!

Zu Beginn der Geschichte begleiten wir Kaz als Verbindungsmann zwischen der Regierung und dem Raumfahrtprogramm nach Houston, denn die Apollo-Missionen waren damals im Kalten Krieg vor allem ein Wettlauf mit der Sowjetunion. Apollo 18 in dieser Geschichte ist eine fiktive Fortführung dessen mit dem Ziel interessante Proben und Phänomene auf dem Mond zu entdecken um der Sowjetunion voraus zu sein. Bei den Vorbereitungen durch Simulationen und Testflüge lernen wir die Crew Luke, Tom und Michael kennen. Gekonnt beschreibt der ehemalige Astronaut das Geschehen aus mehreren Perspektiven und Orten (u. a. Houston, Sowjetunion, Raumschiff, Mond), während er immer wieder Hinwiese streut. Vor allem die dezente Bedrohung, die einigen Personen im Buch (noch) nicht ersichtlich war, ist äußerst geschickt dargestellt und hat mich gefesselt. Als der erste Astronaut tot aufgefunden wird und die Crew in den Orbit fliegt, geht das spannende Abenteuer erst richtig los. Etwas schade empfand ich am Schluss, dass ein Detail nicht vollends aufgelöst wurde, aber trotz der vielen unterschiedlichen Personen, die Apollo 18 möglich gemacht haben, geht es vielmehr um die Mission selbst, das große Ganze, wofür der angesprochene Punkt nicht detailliert wichtig ist.

Ich habe es anfangs sehr genossen die Vorbereitungen der Astronauten, der Boden-Crew und der Geologen mitzuerleben. Die Internas und Tests zu begleiten fand ich sehr spannend, denn der Autor hat die Prozesse gut verständlich und interessant geschildert. Ich war so gefesselt, dass mich sogar der erste Tote überrascht hat! Wichtige Zusammenhänge, nicht nur bezüglich der Raumfahrt, wurden öfter durch die auktoriale Erzählweise eingestreut, sodass man stets gebannt dem Geschehen folgen konnte. Auch die Übersetzerin C. Lungstrass-Kapfer muss ich an dieser Stelle loben, weil sie die Geschichte und Begriffe verständlich ins Deutsche übertragen hat. Ich hab mich zum 50-jährigen Jubiläum der Mondlandung zurückerinnert, als ich einige Dokus diesbezüglich angesehen habe.


Fazit:
„Die Apollo-Morde“ ist ein sehr spannender und interessanter SciFi-Thriller. Die Geschichte punktet damit, dass sie von einem echten Astronauten geschrieben wurde. Authentisch, leicht verständlich und sehr fesselnd beschreibt der Autor die Apollo-Mission von den Vorbereitungen bis hin zur Landung der Astronauten im Pazifik. Dazu noch der Kampf von USA und Sowjetunion um den Mond, macht es für Thriller-Fans, wie auch für Astronomie-Liebhaber zu einem Must-Read!