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Veröffentlicht am 12.04.2025

Das Verschwinden der Geschwister Van Laar

Der Gott des Waldes
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Bear und Barbara waren Geschwister, ohne sich je gekannt zu haben. Denn Bear verschwand bereits vor Barbaras Geburt. Umso verstörender ist es für die Eltern, beziehungsweise für die Mutter - der Vater ...

Bear und Barbara waren Geschwister, ohne sich je gekannt zu haben. Denn Bear verschwand bereits vor Barbaras Geburt. Umso verstörender ist es für die Eltern, beziehungsweise für die Mutter - der Vater ist ein seltsam emotionsloser Mann - dass die Tochter Jahre später dasselbe Schicksal ereilt.

Die Van Laars sind quasi eine Legende - sie sind im Besitz von haufenweise Geld und von einem Areal, auf dem sie ein Sommercamp für Jugendliche eingerichtet haben, das überaus straff organisiert ist. Natürlich wird es nicht von ihnen selbst geführt - nein, dafür gibt es Personal. Wie eigentlich für alles. Diverse Szenarien scheinen möglich, den Lesern offenbaren sich allmählich Abgründe, die unauflösbar erscheinen.

Das Universum der Van Laars und ihrer Umgebung ist mit wenigen Ausnahmen eine absolute Männergesellschaft. Frauen haben hier nichts oder nur wenig zu melden - außer, sie agieren quasi unter dem Radar.

Ein eindringlich geschriebener Roman, in dem die Stimmung sich von Seite zu Seite ändern kann, die Autorin versteht es meisterlich, unterschiedliche Atmosphären zu generieren und diese abrupt wieder aufzuheben.

Das Buch habe ich bis zum Ende mit großer Faszination gelesen, allerdings empfand ich die Auswahl des Personals, das im Detail eine kleinere oder größere Rolle spielte, als deutlich zu breit aufgestellt: ständig wurden neue Charaktere mehr oder weniger detailliert eingeführt, deren Namen, Funktionen und Eigenschaften man sich merken musste. Bei einem so großen Aufgebot wäre ein dem Roman vorangestelltes Personalverzeichnis überaus hilfreich gewesen.

Veröffentlicht am 10.04.2025

Aus der Luft gegriffen

Höllische Küste
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ist der aktuelle Mordfall, in dem Liv Lammers und ihre Kollegen ermitteln müssen, nicht gerade, aber er fällt sozusagen aus der Luft: Es ist ein Fallschirmsprung im Tandem, bei dem Jaline Amundsen, Hochzeitsplanerin ...

ist der aktuelle Mordfall, in dem Liv Lammers und ihre Kollegen ermitteln müssen, nicht gerade, aber er fällt sozusagen aus der Luft: Es ist ein Fallschirmsprung im Tandem, bei dem Jaline Amundsen, Hochzeitsplanerin auf Sylt, ums Leben kommt. Dabei war sie gerade am Ziel ihrer Wünsche - nämlich dem Sprung zusammen mit dem von ihr sehr bewunderten Trainer gekommen - und dann so ein Ende! Wie sich schnell herausstellt, ist es kein Unfall, denn die Ausrüstung war manipuliert worden.

Und es gibt eine ganze Reihe von Verdächtigen - von den eifersüchtigen Partnern bis hin zu Geschäftspartnern ist alles möglich. Zudem ist nicht klar, ob der Anschlag der jungen Jaline oder dem Trainer gegolten hat - Gründe gäbe es für beide.

Ein ganzes Defilée an möglichen Tätern muss von Liv und ihrem Team "abgegrast" werden, zudem gerät sie diesmal unfreiwillig zwischen Fronten, da zwei ihrer Sylter Kollegen um eine bald frei werdende Führungsposition konkurrieren.

Wie immer geht es auch um Livs Beziehung zum Gerichtsmediziner Sebastian Gerlich. Allerdings geht es diesmal eher um die Frage, ob und wann geheiratet werden soll. So steht wieder einmal auch Privatleben der Ermittlerin im Fokus der Handlung, das Autorin Sabine Weiss so geschickt mit der Krimihandlung verwoben hat, dass wie bei einem Puzzle alles genau zusammenpasst. Zudem wimmelt es diesmal sozusagen vor Verdächtigen - es gibt so viele, dass ich mir wieder einmal bei der Lektüre dieser Krimireihe ein Personenverzeichnis gewünscht habe!

Auch dieser nunmehr neunte ist ein spannender Fall, dessen Auflösung ich leider als ein wenig vorhersehbar empfand. Dennoch lohnt sich die Lektüre! Ob Sie jetzt hier oder mit einem anderen Band starten, ich könnte mir vorstellen, dass sie wie ich diese Reihe, bei der sich die Protagonistin dank zahlreicher Alleinstellungsmerkmale von der Masse abhebt, lieben werden. Auf den nächsten Fall freue ich mich jedenfalls schon jetzt!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 01.04.2025

Von der Weimarer Republik bis ins Jahr 2024

Vor hundert Sommern
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Genau hundert Jahre lang haben hier die Leser*innen die Möglichkeit, eine Familie, bzw. deren Frauen zu begleiten. Man spürt das Engagement der Autorin Katharina Fuchs auf jeder einzelnen Seite, ...

Genau hundert Jahre lang haben hier die Leser*innen die Möglichkeit, eine Familie, bzw. deren Frauen zu begleiten. Man spürt das Engagement der Autorin Katharina Fuchs auf jeder einzelnen Seite, es scheint, als hätte sie ihr Herzblut in diesen Roman gesteckt. Es geht um drei Generationen einer Familie, die jeweils aus einer Perspektive erzählt werden, nämlich aus der von Urgroßtante Clara, Großmutter Mathilde, Mutter Anja und Tochter Lena. Die letzten beiden stoßen beim Ausräumen von Mathildes Wohnung auf interessante, ja skandalöse Schätze sowie auf Fotografien und Briefe. Warum ist so wenig über Clara bekannt?

Noch kann Mathilde, die inzwischen in einer Hamburger Seniorenresidenz untergebracht ist, sprechen und endlich ist sie auch bereit dazu!

Ein vielschichtiger Roman mit viel Gegenwarts- wie auch Vergangenheitskolorit, in dem herzzerreißende ebenso wie dramatische Familiengeheimnisse zutage gefördert werden.

Mir haben die Schilderungen aus der Vergangenheit am besten gefallen, aus meiner Sicht wäre der Roman runder geworden, wenn die Autorin sich mehr auf diese konzentriert hätte. Vor allem die Belange der jungen Lena erscheinen mir immer wieder nicht ganz passend und deutlich "too much", was Logik und auch die Relevanz im Vergleich zu den Themen früherer Generationen angeht.

Veröffentlicht am 30.03.2025

Britischer kann es gar nicht zugehen!

Der Tote in der Crown Row
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Ich habe in meinem - zugegebenermaßen doch schon ziemlich langen Leben - zahlreiche gute britische Krimis gelesen, die in den unterschiedlichsten zeitlichen Epochen und an vielfältigen Schauplätzen angesiedelt ...

Ich habe in meinem - zugegebenermaßen doch schon ziemlich langen Leben - zahlreiche gute britische Krimis gelesen, die in den unterschiedlichsten zeitlichen Epochen und an vielfältigen Schauplätzen angesiedelt waren. Aber noch nie einen, der maßgeblich im Temple-Bezirk angesiedelt ist, im Zentrum der juristischen Macht des Vereinigten Königreichs. Das Anfang des 20. Jahrhunderts, der Epoche, in der dieser Fall angesiedelt ist, ausschließlich von Männern besetzt und selbstverständlich auch domininiert wurde. Frauen kamen nur in untergeordneten Positionen (bspw. Reinigungspersonal) oder als schmückendes Beiwerk (Ehefrauen und /oder Geliebte, Gespielinnen) vor.

Umso mehr freut mich, dass dieser wunderbare Krimi/Roman (man kann das Buch aus meiner Sicht beiden Genres zuordnen) von einer Frau, nämlich Sally Smith, verfasst wurde, die in der heutigen Zeit (in der gerade in UK die Emanzipation auch nicht so wahnsinnig weit gediehen ist) lebt und beruflich sozusagen als neuzeitliche Kollegin von Sir Gabriel Ward dem Romanhelden mit überraschend moderner (aber nicht überzogener) Einstellung Frauen gegenüber selbst in qualifizierter Position! Das Buch wurde - so finde ich - mithilfe eines riesigen Wissenspotentials, dem zweifellos sorgfältige Recherchen zugrunde liegen, verfasst und ist neben diesem von Spannung, aber vor allem von einer feinen Ironie geprägt, die jede Seite durchdringt. Einfach herrlich, diese Ermittlungen von Sir Gabriel
- und die ganzen Animositäten, die zu dieser Zeit den Temple-Bezirk prägten! Die Handlung ist ausgeprochen originell, aber niemals unlogisch und mit einer ordentlichen Portion Warmherzigkeit an passender Stelle versehen. Ich empfehle es von ganzem Herzen weiter!

Veröffentlicht am 18.03.2025

Familiengeheimnisse und anderes

Stromlinien
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Töchter einer Delinquentin zu sein, die im Gefängnis sitzt, ist nicht gerade einfach. Die zweieiigen Zwillinge Enna und Jale haben nie etwas anderes gekannt, denn sie sind in diesem Gefängnis ...

Töchter einer Delinquentin zu sein, die im Gefängnis sitzt, ist nicht gerade einfach. Die zweieiigen Zwillinge Enna und Jale haben nie etwas anderes gekannt, denn sie sind in diesem Gefängnis geboren und wachsen bei der Großmutter, einer mehr als introvertierten Wissenschaftlerin auf.

Die Handlung ist auf mehreren Zeitebenen angesiedelt: wir lernen genauso ihre Mutter kennen, die früh den Vater verloren hat - es gibt wieder und wieder Hinweise, aber erst spät wird in Gänze klar, warum sie eingelocht wurde.

Wir erfahren weiteres über die Gefängnisinsel in den 1920er Jahren, teilweise Ungeheuerliches, das mit ihr in Zusammenhang steht und ebenso mit der Familie der Zwillinge.

Ein atmosphärischer und ungewöhnlicher Roman der ganz besonderen Art, den ich als ausgesprochen lesenswert empfehlen kann. Definitiv eine Lektüre, die man nicht so schnell vergisst!