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Veröffentlicht am 29.04.2018

Geld macht nicht glücklich, es beruhigt nur die Nerven

Millionär in der DDR
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und man muss es schon besitzen, ums zum Fenster rauszuwerfen... so sang einst der große Rio Reiser - und wie recht er hatte.

Einer, der das nachhaltig zu spüren bekam, war Siegfried Kath, ein verwegener ...

und man muss es schon besitzen, ums zum Fenster rauszuwerfen... so sang einst der große Rio Reiser - und wie recht er hatte.

Einer, der das nachhaltig zu spüren bekam, war Siegfried Kath, ein verwegener Tausendsassa, dessen Geschichte von den 1960ern bis in die 2000der der Historiker Christopher Nethring in vorliegendem Band aufgezeichnet hat. Ein ganz besonderes Schicksal, hat es den in den Nachkriegswirren - er war noch ein Kind - mit seiner Familie in Westdeutschland gelandeten doch 1961 dauerhaft in die DDR verschlagen.

Nach einigen Jahren in der Gastronomie begann er - inzwischen verheiratet - einen schwungvollen Antiquitätenhandel. So schwungvoll, dass er weit über die innerdeutsche Grenze schwappte und "hohe Tiere" ein Interesse an ihm bekamen und ihn gewissermaßen förderten. So wurde er zu einem der nicht allzuvielen Millionäre in der DDR - wenn auch nur für sehr, sehr kurze Zeit. So kometenhaft, wie sein Aufstieg war, gestaltete sich dann auch sein Abstieg.

Ein spannendes Schicksal, das jedoch mit seltsamen Sprüngen und Lücken erzählt wird, so dass die Person des Siegfried Kath wie auch sein Umfeld mir als Leserin seltsam fremd geblieben ist. Ich hatte den Eindruck, als wolle der Autor nicht so recht zugeben, dass er nicht allzuviel Material hat, um daraus zu schöpfen. Dabei ist es doch keine Schande und man hätte auch wesentlich mehr aus dem Ganzen machen können, wenn man das Umfeld mit einbezogen hätte, die zeithistorischen Entwicklungen und Ereignisse. Ich habe auch das Fehlen eines Personenverzeichnisses mit Erläuterungen sowie einer Literaturliste bedauert. Ein spannendes Unterfangen, das leider in den Ansätzen stecken blieb - finde ich!

Veröffentlicht am 29.04.2018

Klufti im pinkfarbenen Smart

Kluftinger
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Kann sein, aber in vorliegendem Band - dem mittlerweile zehnten in fünfzehn Jahren - geht es in vielerlei Hinsicht rund - und bunt zu!

Denn Klufti ist nicht nur Opa geworden und muss seinen Kosenamen ...

Kann sein, aber in vorliegendem Band - dem mittlerweile zehnten in fünfzehn Jahren - geht es in vielerlei Hinsicht rund - und bunt zu!

Denn Klufti ist nicht nur Opa geworden und muss seinen Kosenamen "Butzele" - so wurde er bislang von Gattin Erika genannt - ans Neugeborene abtreten, zumindest weitgehend. Ebenso wie er seine Familienkarre auf Drängen von Erika und Sohn Markus an diesen abgeben muss - im Tausch mit deren pinkfarbenen Smart. Ob er das Smart-Fahren auf Dauer durchhält?

Aber das ist nichts im Vergleich zum schockierenden Vorfall, der sich an Allerheiligen auf dem Friedhof ereignet: Klufti - und nicht nur er - entdeckt ein frisches Grab, auf dem ein Holzkreuz tront. Mit seinem Namen und Geburtsjahr! Das sieht nach einer Drohung aus, einer Bedrohung für Leib und Leben des Kommissars und dieser Eindruck verdichtet sich, als weitere folgen. Zudem hält ein weiterer Vorfall das Team auf Trab.

Tipps für die folgenden Ermittlungen ergeben sich zuhauf - unter anderem führt es Klufti - dessen Vorname in diesem 10. Band endlich verraten wird - und seinen Kollegen ins Franz-Marc-Museum nach Kochel am See. Die größte Quelle für die Allgäuer Spürnasen ist jedoch Kluftis eigenes Leben.

Und da hat sich das Autorengespann Klüpfel/Kobr zum Jubiläum etwas Besonderes einfallen lassen: nämlich Rückblicke in Kluftis Jugend in den 1970ern. Außerdem gibt es ein Treffen mit Kommissar Jennerwein, den man ja eigentlich aus den Krimis von Jörg Maurer kennt - ja, zum doppelten Jubiläum haben die Autoren so einiges aufgefahren.

Ein wahres Fest also für alle Klufti-Fans, wobei für mich die Nummer Eins unter den Kommissaren im Süden der Eberhofer Franz ist und bleibt. Dieser Vergleich ist allerdings ein wenig unfair ist, geht es doch bei dessen Autorin Rita Falk durchgehend humorvoll zu, wohingegen sich bei den Allgäuer Klufti-Autoren Spannung und Spaß die Waage halten. Gerade auch im vorliegenden Band.

Und diesmal ist dem Autorenduo ein besonders spritziger Klufti gelungen, bei dem der Leser tief in das Wesen des gemütlichen Kommissars eintauchen kann und erfährt, dass nicht alles immer so war, wie es jetzt ist. Definitiv ein absolutes Highlight dieser Reihe!

Veröffentlicht am 29.04.2018

Altered Images

Was nie geschehen ist
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Der Name einer längst aufgelösten schottischen Post-Punk-Band ist mir beim Lesen dieses Buches, der Familiengeschichte von Nadja Spiegelman, immer wieder in den Sinn gekommen. Denn die deutschsprachige ...

Der Name einer längst aufgelösten schottischen Post-Punk-Band ist mir beim Lesen dieses Buches, der Familiengeschichte von Nadja Spiegelman, immer wieder in den Sinn gekommen. Denn die deutschsprachige Bedeutung ist: manipulierte bzw. verfremdete Bilder. Ein Phänomen, das in diesem Buch wieder und wieder vorkommt.

Denn Nadja Spiegelman widmet sich in diesem Buch - ich würde es als eine Familienbiografie bezeichnen - ihren Vorfahren mütterlicherseits. Und zwar den Frauen: die Hauptrollen in diesem Buch kommen ihrer Mutter Francoise und ihrer Großmutter Josette zu, die neben eigenen Erlebnissen auch die maßgeblichen Quellen und damit die Grundlage für dieses Buch darstellten. Die Männer: Nadjas Vater, der Zeichner und Autor der berühmten "Maus"-Bücher Art Spiegelman ihr Bruder sowie ihr Groß- und Urgroßvater finden zwar durchaus Erwähnung, nehmen jedoch eher Nebenrollen ein.

Ich ging mit recht hohen Erwartungen an die Lektüre, hatte ich doch gerade den sehr kraftvollen Roman der deutschen Autorin Franziska Hauser, in der es um ihre Familiengeschichte über Generationen hinweg ging, gelesen. Eine sehr schmerzvolle und intensive Lektüre, die auch mir viel Kraft abverlangte. sich aber unbedingt gelohnt hat und unter deren Einfluss ich auch jetzt noch stehe.

Nadja Spiegelmans Buch hat eine ganz andere Grundlage, die Ereignisse entwickeln sich nicht entlang historischer Gegebenheiten, sondern werden sehr sprunghaft dargestellt, immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven, in denen dann auch die oben bereits erwähnten manipulierten Bilder immer wieder eine Rolle spielen. Denn jedes Ereignis, um das es hier geht, wird von den Beteiligten - so auch von Nadja selbst, wenn sie involviert ist - in verschiedenen Sichtweisen dargestellt - in der Erinnerung unterscheiden sich die Wahrnehmungen oft sehr stark. Damit gibt es so viele Wahrheiten, wie es Erzähler gibt, was aus meiner Sicht auch die maßgebliche Botschaft und für mich die persönliche Erkenntnis aus diesem Buch ist.

Ansonsten hat es mich eher veriwirrt, denn es ist im Grunde nichts anderes als ein veröffentlichtes Tagebuch - bzw. die Zusammenfügung mehrerer solcher Tagebücher aus verschiedenen Generationen einer Familie. Auch wenn es stellenweise durchaus packend geschrieben war, stellte sich mir mitunter die Frage, ob die Autorin die Veröffentlichung und auch die Übersetzung nicht zu einem großen Teil ihrem berühmten (Nach)Namen zu verdanken hat.
Denn es werden viele sehr persönliche Ereignisse geschildert, die ich als heftig und teilweise auch erschütternd empfand, doch sie verloren sich in den Wirrungen der unterschiedlichen Episoden und Perspektiven. Ich habe mich öfter gefragt, was eigentlich die Autorin treibt und bin zu keiner Schlussfolgerung gekommen. Es steckt Neugierde hinter dem Buch und mitunter auch Wut, aber es fehlt an Kraft und vor allem an einem durchdachten Konzept.

Ich empfand das Buch nur stellenweise als interessant, die Lektüre war für mich durchaus anstrengend. Wer sich für Familiengeschichten mit unterschiedlichen Wahrheiten interessiert, den könnte dieses Buch interessieren. Die Betonung lege ich auf "könnte"!

Veröffentlicht am 27.04.2018

An jedem Finger einen Mann

Männer und andere Ballaststoffe
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hat Nina zwar nicht, aber fast: es sind drei Männer, die sich um sie scharen: ihr Exmann Martin, Vater ihrer siebzehnjährigen Tochter Fly und immer noch sehr präsent in Ninas Leben. Nicht, weil Nina es ...

hat Nina zwar nicht, aber fast: es sind drei Männer, die sich um sie scharen: ihr Exmann Martin, Vater ihrer siebzehnjährigen Tochter Fly und immer noch sehr präsent in Ninas Leben. Nicht, weil Nina es so möchte - die ist nämlich bereits voll involviert in einer neuen Ehe mit Hobby-Radler Ralf. Und hier ist das Hobby Programm - ebensow wie Martin von ganzem Herzen Manager ist und ständig seine Calls asap erledigen will - wie auch alles andere - ist Ralf mit seinem Fahrrad verbandelt. Mehr als mit Nina. Sie ist nach dem ersten Ehejahr schon ganz schön ernüchtert und überlegt, ob sie sich das auf Dauer überhaupt weiterhin antun will. Um das alles noch zu toppen, erhält sie eine Nachricht von Lukas, ihrer großen Jugendliebe, der damals plötzlich weg war. Einfach so, von einem auf den anderen Tag. Aber jetzt - so scheint es - ist er wieder da, vielleicht jedenfalls. Ist er die ultimative Lösung für alles?

Zumindest, was Männer angeht. Denn es ist nicht so, als würde es nichts anderes in NInas Leben geben. Nein, ganz und gar nicht: sie hat Busenfreundin Birgit und den erweiterten Kreis der Flotten Lotten, die immer da sind, wenn es brennt. Und zwar sofort. Außerdem gibt es ihre Mutter samt mehr oder weniger jugendlichem LIebhaber, die mehr in Ninas Leben drinhängen, als sie es jemals ahnte.

Und natürlich ihren Beruf als Müsli-Beraterin. Dazu einen alten, einen sehr alten Traum. Aber den verrate ich Ihnen nicht, da müssen Sie schon selbst zum Buch greifen.

Sie erwartet ein sehr origineller, teilweise dann doch ein bisschen konventioneller, zu großen Teilen aber haarsträubend überraschender Roman über die Frau in den mittleren Jahren. Und was so an ihr dranhängt an Ballaststoffen des Lebens. Denn es sind definitiv nicht nur Männer! Wenn Sie einige Minilängen nicht scheuen, wagen Sie sich an die Lektüre und Sie werden zu großen Teilen überrascht sein. Von einer Autorin, die schreiben kann wie eine junge Göttin, na gut - eine im besten Alter. Was ja nur gut sein kann, weil dann bereits aus mannigfaltigen Erfahrungen geschöpft werden kann. Zudem hat sie Humor und lässt ihn ungehemmt raus - nicht nur auf Kosten anderer. Nein, Humor ist, wenn man trotzdem lacht, auch wenn es nichts zu lachen gibt und sei es nur man selbst und seinesgleichen.

Ein bisschen anders, ein bisschen spritzig und ziemlich witzig - leichte, aber keineswegs oberflächliche Lektüre frei von Ballaststoffen!

Veröffentlicht am 25.04.2018

Schwestern plötzlich vereint

Das Motel der vergessenen Träume
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Halbschwestern, genauer gesagt: zwischen Carmen und Gracie liegen über 12 Jahre: das war das Alter, in dem Carmen war, als ihr desillusionierter Vater seine Tochter packte und mit ihr zusammen fort ging, ...

Halbschwestern, genauer gesagt: zwischen Carmen und Gracie liegen über 12 Jahre: das war das Alter, in dem Carmen war, als ihr desillusionierter Vater seine Tochter packte und mit ihr zusammen fort ging, um ein neues Leben zu beginnen - fort von seiner trinkenden Frau, die nichts Besseres zu tun hatte, um sich gleich mit dem Ersten Besten zu trösten und ein zweites Kind zu zeugen: Gracie. Leider lebt Gracie dann auch nur mehr schlecht als recht bei ihrer Mutter auf - als Teenager verlässt sie irgendwann gefrustet ihr Heim, um - ja, das weiß sie selbst nicht so genau.

Wenig später findet Carmen sie im verlassenen Motel der Familie - und nimmt sie auf. Carmen, die Meteorologin ist und als Wetterfee beim Fernsehen arbeitet, einen nicht nur gut aussehenden, sondern auch - beziehungsweise vor allem - charakterlich wundervollen Ehemann hat, nämlich Ben, mit dem sie auch den Glauben an Gott teilt, ein wichtiges Element in ihrem Zusammenleben. Gracie sieht Carmen als perfekte Frau und geht auf Abstand, wobei ihr gar nicht der Gedanke kommt, dass Carmen verzweifelt ist - ihr seit Jahren unerfüllter Kinderwunsch wird immer unerträglicher und sie ist kurz davor, alle Hoffnung zu verlieren.

In einem gemeinsamen Projekt - der Wiederinstandsetzung des alten Motels, das seit einigen Jahren leer steht, verbringen die Schwestern einige Zeit miteinander, doch eine Nähe entsteht nicht. Werden Gracie und Carmen an ihren unglücklichen Schicksalen, die so unterschiedlich sind, wachsen oder verzweifeln? Werden Sie einander eine Stütze sein?

Ein Roman über die Unmöglichkeit des vollkommenen Lebens, über Hoffnung, Zuversicht und Enttäuschung - und über die Kraft des Glaubens. Auch ein Roman über unerwartete Geschenke, die dem Leben neue Wendungen geben können und über die Kraft des Glaubens und der Hoffnung. Vor allem jedoch der Liebe, die, wie schon die Bibel sagt, die stärkste Kraft von allen ist.

Ein eindringlicher und ungewöhnlicher Roman mit ausgeprägten, eigenwilligen und sehr, sehr unterschiedlichen Charakteren. Ein Roman für Leser, die gerne neue Wege erkunden und für solche, die es mögen, wenn der christliche Glaube in ihrer Lektüre eine Rolle spielt. Eine große Rolle sogar, wobei mir besonders gefiel, dass viele Facetten des Glaubens und auch des Zweifelns daran angesprochen werden und dieser sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht. Wäre nicht das für meinen Geschmack nicht ganz passende offene Ende gewesen, dann wäre meine Begeisterung uneingeschränkt. Aber auch so empfehle ich einen kraftvollen und eigenwilligen Roman aus ganzem Herzen. Wer einmal etwas Eigenwilliges, ja Unkonventionelles fürs Gemüt sucht, der liegt hier richtig!