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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2020

Die durchdringende Unschärfe dieses Romans

Die Unschärfe der Welt
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Ein Roman über Menschen im Banat, vor allem über die deutsche Bevölkerung dort in Rumänien. Und zwar nicht vor Jahrhunderten, sondern so in etwa im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. Eine Familiengeschichte ...

Ein Roman über Menschen im Banat, vor allem über die deutsche Bevölkerung dort in Rumänien. Und zwar nicht vor Jahrhunderten, sondern so in etwa im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. Eine Familiengeschichte quasi, in zahlreichen ineinander greifenden Episoden erzählt. Das klingt spannend und vielversprechend, fand ich und machte mich ans Lesen.

Ich wurde zunächst reich belohnt durch die Bekanntschaft mit Pfarrer Hannes, seiner Frau Florentine und des kleinen Samuel, der bald geboren wird und im Laufe des Romans erwachsen wird. So eine lange Zeit auf so wenig Seiten? Das werden sich möglicherweise potentielle Leser fragen. Ich habe mich nicht darum geschert und vertraute auf die Ausdruckskraft und inhaltliche Schärfe der mir bislang unbekannten Autorin Iris Wolff, die selbst im Banat aufwuchs - zur selben Zeit in etwa wie Samuel.

Und ja, es ist spannend, von Iris Wolff in einer ganz eigenen, ausgesprochen poetischen und eloquenten Sprache durch das Geschehen geführt zu werden. Aber warum brauchte ich dann fast zwei Wochen zum Lesen dieses doch recht dünnen Bandes?

Ganz einfach: schon bald stieß ich auf die erste Passage, die an inhaltlicher Schärfe verlor und diese bald völlig einbüsste. Im Klartext: ich konnte der Autorin nicht mehr folgen. Auch wenn ich ein bisschen etwas weiß über die Geschichte des Banat bin ich doch alles andere als eine Expertin - mit einem Roman, der mit den Fakten spielt in dem Sinne, dass er sie nur gelegentlich benennt und anderes voraussetzt, war ich schlicht überfordert.

Denn ich bin von Haus aus Historikerin und kann, obwohl ich dieses Beruf längst nicht mehr ausübe, einfach nicht aus meiner Haut: ich will immer alles ganz genau wissen über den historischen Rahmen einer Geschichte, um sie für mich einordnen zu können und das macht mich für diese Art von Literatur wohl schlicht unbrauchbar.

Der Leser bekommt nämlich nur ab und an einen Brocken hingeworfen, danach "schwimmt" er sich wieder durch weitere Kapitel, in denen es viele Auslassungen und Lücken gibt. Aus meiner Sicht ist dieser Roman etwas für Leser, die sich bedingungslos fallen lassen können in einen derartigen Stil und fähig sind, ihn ohne Einschränkungen zu genießen. Und/oder sich im Banat bestens auskennen!

Veröffentlicht am 09.09.2020

Ein Sheriff der besonderen Art

Kalmann
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Das ist Kalmann, der in Islands tiefster Provinz lebt - bisher bei seinem Großvater, der aber inzwischen im Heim untergebracht wurde. Nun lebt Kalmann allein und seine Mutter, die in Akureyri wohnt, einer ...

Das ist Kalmann, der in Islands tiefster Provinz lebt - bisher bei seinem Großvater, der aber inzwischen im Heim untergebracht wurde. Nun lebt Kalmann allein und seine Mutter, die in Akureyri wohnt, einer großen Stadt - naja, jedenfalls aus Kalmanns Sicht.

Kalmann ist Jäger. Manchmal jedenfalls. Meistens fischt er nach Haien und stellt Gammelhai nach dem unschlagbaren Rezept seines Großvaters her. Auf der Jagd findet er ein riesige Blutlache.

Die müsste eigentlich reichsten Mann der Gemeinde sein, der seit kurzem verschwunden ist. Kalmann setzt seinen Cowboyhut, den er von seinem Vater, einem Amerikaner geerbt hat, auf und beginnt zu ermitteln. Er liebt es, wenn man ihn erkennt und Sheriff nennt.

Trotz dieser Kriterien kein Krimi, sondern ein warmherziger Roman, verbunden mit einer sozialkritischen Note, die nicht zu knapp ist. Dass ich mit ihm nicht so ganz warm wurde, liegt an den vielen Widersprüchen - sowohl in der Figur Kalmanns als auch im Handlungsverlauf. Hier wurden tolle Ideen geboren, die leider nicht ganz so toll ausgearbeitet wurden - meiner Meinung nach jedenfalls!

Veröffentlicht am 06.09.2020

Ein Weg zu mehr Gelassenheit im Alltag

Probier's mal mit Gelassenheit
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Auch wenn es mehrmals angesprochen wird: aus meiner Sicht ist dies eher kein Ratgeber, der bei ernsthaften psychischen Problemen in Bezug auf Belastbarkeit und Stressresistenz hilfreich ist. Eher etwas ...

Auch wenn es mehrmals angesprochen wird: aus meiner Sicht ist dies eher kein Ratgeber, der bei ernsthaften psychischen Problemen in Bezug auf Belastbarkeit und Stressresistenz hilfreich ist. Eher etwas für Frauen, die im Hamsterrad des Alltags gefangen sind und ein paar Tipps brauchen, um herauszukommen.

In den einzelnen Abschnitten gibt es kurze, nicht allzu sehr in die Tiefe gehende Abhandlungen von Expertinnen.

Der Schwerpunkt liegt jedoch auf Fallbeispielen, die von meinem Leben denkbar weit weg waren und mich eher von einer Lösung entfernten als ihr näher brachten.

Das muss jedoch längst nicht für jede Frau zutreffen - wer ein paar Anregungen anderer Christinnen gebrauchen kann, um sich selbst einen Ruck zu geben, der ist hier genau richtig!

Veröffentlicht am 05.09.2020

Bye bye Miss American Spy

American Spy
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Marie ist Afroamerikanerin, Tochter einer fast weißen Mutter aus Martinique und eines sehr, sehr dunklen Vaters. Eines Vaters, der Karriere bei der Polizei gemacht hat und beste Verbindungen ...

Marie ist Afroamerikanerin, Tochter einer fast weißen Mutter aus Martinique und eines sehr, sehr dunklen Vaters. Eines Vaters, der Karriere bei der Polizei gemacht hat und beste Verbindungen zum CIA hat.

Sie ist eine von zwei Schwestern, die immer kämpfen wollten - die jüngere. Ihre ältere Schwester Helene musste bereits ihr Leben lassen. Sie war Soldatin - ist sie im Kampf gestorben? Es ranken sich so einige Fragen um ihr Schicksal.

Durch einen Freund ihres Vaters gerät Marie in die Kreise der CIA - und verwickelt sich dort schnell in die komplexen Machenschaften - wie sehr, das wird ihr selbst zunächst gar nicht klar.

Während eines Auftrags lernt sie Thomas Sankara kennen, den Präsidenten von Burkina Faso (den es tatsächlich gab; er regierte von 1983 bis zu seinem Tod 1987). Obwohl klar ist, dass sie sich in einer politischen Gemengelage befinden, die - gelinde gesagt - unübersichtlich ist, ist zwischen ihnen eine starke Anziehungskraft zu spüren. Und tatsächlich verschlägt es Marie beruflich nach Burkina Faso. Was dort zwischen ihr und Sankara pasisert und wie und warum sie irgendwann auf Martinique landet und ob sie dort bleiben will ... ja, das lesen Sie bitte lieber selbst.

Auf jeden Fall kommt die Protagonistin herum und so heißt es öfter mal (und aus unterschiedlichen Perspektiven): Bye, bye, Miss American Spy.

Sie werden es aufgrund meiner bisherigen Darlegungen eher nicht glauben, aber in der Tat ist dies ein eher ruhiger Roman, einer, in dem es um Herkunft, Familie, Wurzeln und Bindung geht - aber eben nicht nur bzw. in diesem ganz spezifischen Spionage-Setting.

Ein dichter und interessanter Roman, der für mich aber auch recht verwirrend war, erstens durch den permanenten Wechsel der Zeitebenen, doch auch die Entwicklung der Handlung und der Figuren empfand ich zeitweise als irritierend. Eines aber kann ich ganz sicher sagen: er ist so weit weg vom Main Stream, wie ein Roman überhaupt nur sein kann!

Veröffentlicht am 30.08.2020

Immer auf der Suche

Zugvögel
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Rastlos und getrieben: das ist Franny. Ihren Platz auf der Welt - einer Welt, die von uns aus in einer baldigen Zukunft anzusiedeln ist, wann genau, wird nicht gesagt - hat sie noch nicht gefunden. ...

Rastlos und getrieben: das ist Franny. Ihren Platz auf der Welt - einer Welt, die von uns aus in einer baldigen Zukunft anzusiedeln ist, wann genau, wird nicht gesagt - hat sie noch nicht gefunden. Obwohl sie mit Niall, dem Forscher, die Liebe ihres Lebens geheiratet hat; impulsiv, wie es für sie charakteristisch ist.

Aber er hat sie verlassen und sie befindet sich auf einem Schiff Richtung Antarktis, den Zugvögeln folgend. Ein Leben unter Fischern, das ist es, was sie dort lebt, ein hartes Leben. Doch Franny ist hart zu sich selbst, ebenso wie zu (manch) anderen.

Was genau es mit ihr und dem gesamten Setting auf sich hat, das erschließt sich dem Leser zögerlich, erst peu à peu offenbart sich das ganze Tableau der Handlung. Das Ganze? Nun, man kann es sehen, wie man will - aus meiner Sicht gibt es enorme Lücken, die das Buch aus meiner Sicht ausgesprochen unrund hinterlassen haben.

Ein übrigens sehr angenehm zu lesendes Buch - die Autorin (wie auch die Übersetzerin) wählt eine wunderschöne Sprache, Formulierungen, in denen man als Leser schwelgen möchte. Doch verstrickt sie sich in Widersprüche, die in mir den Eindruck entstehen ließen, dieser Roman ist nicht gründlich redigiert worden. Auch die vielen, ja zahllosen Zeitsprünge tragen nicht wenig zur Verwirrung bei.

Wie auch immer, die Autorin hat etwas: ich habe mich geärgert, gefürchtet, gefreut und hatte Mitleid: längst nicht jeder Autor schafft es, solche Emotionen in mir hervorzurufen und allein das war die Lektüre wert!