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Veröffentlicht am 11.10.2018

Ein wundervoll vielseitiger Abschlussband!

Save Us
0

Mit "Save us" endet Mona Kastens "Save"-Trilogie auch schon wieder, irgendwie verrückt, denn ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich ganz aufgeregt vor einem halben Jahr den ersten Band in den ...

Mit "Save us" endet Mona Kastens "Save"-Trilogie auch schon wieder, irgendwie verrückt, denn ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich ganz aufgeregt vor einem halben Jahr den ersten Band in den Händen gehalten habe. Auch wenn gerade zu diesem Teil viele kritische Stimmen laut wurden, ist er für mich eindeutig das Highlight der Reihe, da er es auf 384 Seiten schafft, unsere Leidensfähigkeit noch einmal überzustrapazieren, die hoffnungsvolle Zukunft der Charaktere noch einmal auf die Probe zu stellen, am Ende aber über sich hinauszuwachsen und uns viel Mut für unsere eigene Zukunft zu geben.

Das Cover ist wieder bis auf eine etwas hellere, gelblichere Farbgebung dem Vorgänger- und dem Folgeband so ähnlich, dass man es auf den ersten Blick nicht unterscheiden kann, wenn man den Titel außen vor lässt. Ich kann mich das nur zu meinen vorherigen Rezis wiederholen: Natürlich ist es immer wichtig, dass die Teile einer Reihe optisch gut zusammenpassen aber hier finde ich es ein wenig zu viel des Guten. Auch wenn ich es mit der recht schlichten Gestaltung ohne nennenswerte Motive nicht unbedingt als Eye-Catcher bezeichnen würde, gefällt mir aber der Fokus auf dem Titel und die Kontrastierung der beiden Seiten, die langsam ineinander übergehen recht gut. Die obere Hälfte des Hintergrundes glitzert in goldenen Partikeln während die untere Hälfte in einem schlichten Creme-Weiß gehalten ist. Dadurch wird wunderbar die Gegenüberstellung der beiden im Buch dargestellten Welten verkörpert: die vor Glamour und Prunk glitzernde Welt der Oberschicht und die schlichte aber gemütliche Welt der Mittelschicht, aus der Ruby kommt.

Erster Satz: "Mein Großvater hat mich früher immer gefragt: Wenn der Tag kommt, an dem du alles verlierst - was wirst du tun?"

Band 3 beginnt sofort an dem Punkt, an dem uns der Cliffhanger aus Band 2 ratlos zurückgelassen hat. Nachdem Ruby von der Maxton Hall suspendiert wurde und Graham seinen Job verloren hat, weil ominöse Bilder aufgetaucht sind, die auf eine Affäre der beiden hinweisen, ist nichts mehr wie es war. Rubys Vertrauen in James wird nochmal auf die Probe gestellt, die Verhältnisse in der Freundesclique sind zum Zerreißen gespannt und Lydia muss sich entscheiden was sie will: Gerechtigkeit für Ruby und damit die Wahrheit über ihr Verhältnis mit Graham und über die Schwangerschaft, oder sich selbst zu retten und Ruby in den Abgrund zu stoßen. Als Lydia dann von zu Hause rausfliegt, sind sich Ruby und James sicher - schlimmer kann es für sie und ihre Freunde nicht mehr kommen. Aber James´ Vater hat noch einiges vor und die Freiheit seines Sohnes steht dabei nicht im Programm…


Ruby - "Ich liebe dich", sagt er mit rauer Stimme, dann dreht er sich um, öffnet die Fahrertür und steigt ein. Reglos sehe ich zu, wie er losfährt und schließlich um die Straßenecke verschwindet. Mein Herz tut weh. Für ihn, für mich. Für uns."


Nachdem ich die Titel von Band 1 und 2 zwar ganz nachvollziehbar aber nicht unbedingt Weltklasse fand, denke ich, dass "Save us" hier eigentlich wie die Faust aufs Auge passt. Denn nach den Vorkommnissen, die sich nicht nur auf James und Ruby sondern auf alle anderen Charaktere auch in gewisser Weise beziehen, ist erstmal Schadensbegrenzung gefragt. Doch als dann immer mehr Konfliktpotential auftaucht und die Schlingen der Macht und Intrigen sich immer enger um die Freunde zieht, stellt sich die Frage, die schon so prominent auf der Buchrückseite steht: Können sie sich retten? Oder werden sie sich gegenseitig zerstören?


Ember - "Ich betrachte seine dunkelbraunen Augen, die schwarzen, geschwungenen Wimpern, das kleine Muttermal auf seiner rechten Wange. Dann reiße ich den Blick von ihm los und räuspere mich, "Mach´s gut, Wren", sage ich, drehe mich um und lass ihn auf dem Gehweg stehen. Erst in dem Moment wird mir klar, wie schwitzig sich meine Handflächen anfühlen. Wie schnell mein Herz rast. Und wie sehr mein Herz schmerzt."


Die Handlungsdichte ist hier eindeutig höher als in Band 2, der mir im Nachhinein eher wie ein Mittelteil erschien, der zwar handlungsmäßig nicht unbedingt notwendig war, sich aber die Zeit nehmen wollte, Ruby und James ein wenig weiterzuentwickeln und uns die Nebencharaktere tiefer vorzustellen. Denn gleich auf der ersten Seite bekommen wir hier unseren ersten neuen Erzähler vorgesetzt: Graham, der Geschichtslehrer von Ruby und James, die große Liebe von Lydia und der Vater ihrer Zwillinge. Er ist nur einer von mehreren Erzählperspektiven, die hier unser Bild der Maxton Hall noch vielfältiger und detailreicher machen. Neben James und Ruby erzählen nun also Ember, Lydia, Graham und Alistair. Eine ganze Menge unterschiedlicher perspektiven also, bei denen man ganz schön aufpassen muss, nicht durcheinander zu kommen. Dennoch macht das Mona Kasten sehr geschickt, wählt kurze Passagen, macht deutlich wer gerade spricht und verliert dabei nicht den Bezug zu Ruby und James. Die beiden bleiben deutlich im Fokus der Geschichte, die um einige Facetten reicher wird. Das ist wohl ihre Alternative zu einer Reihe, in der jedes Pärchen sein eigenes Buch hat, so wie sie es in der "Again"-Reihe gehandhabt hat. So dürfen wir weiter Ruby und James verfolgen, dabei aber noch andere Geschichten und Schicksale teilen, die dafür sorgen, dass die Hauptstory nicht langweilig ausläuft.

Auch hier hat Mona Kastens flüssiger Stil und der schnelle Wechsel der Perspektiven dazu beigetragen, dass ich das ganze Liebe-Drama-Wahnsinn-Geschwurbel sehr intensiv mitempfunden habe und in einem Rutsch durchlesen musste. Voller Anspielungen direkt aus dem Leben und dabei gleichzeitig sanft und eindringlich führt sie uns ein letztes Mal zurück nach Maxton Hall und lässt uns mitlieben, mitleiden, mitfiebern, mitlachen, mitweinen und dieses Buch einfach feiern. Wir haben es hier mit einer emotional berührenden, mitreißenden Geschichte zu tun, bei der die Seiten wie im Flug vorbeifliegen und man, schneller als einem lieb ist, auf der letzten Seite angelangt ist.


Alistair - "Ich stoße ein schnaubendes Lachen aus. "Ich liebe deine Mum." Kesh lächelt seine Hände an. "Und ich liebe dich" Der Wagen hält an. Ich glaube, das tut mein Herz auch.(…) "Ich liebe dich auch", murmele ich in sein Haar. Kesh legt beide Arme um meinen Rücken und zieht mich eng an sich. "Cool." Ein heiseres Lachen platzt aus mir raus, gleichzeitig rinnen Tränen meine Wangen herab. Ich mach mich ein Stück von ihm los, um in sein Gesicht sehen zu können. "Das ist deine Reaktion? Cool?" Er hebt eine Hand an mein Gesicht und streicht die Nässe von meinen Wangen. Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. "Ja", sagt er schlicht."


Das Herzstück dieses Buches sind jedoch die Charaktere, die alle eine schwierige Zeit durchmachen und von denen wir einiges lernen können. So bekommt die Geschichte von der reinen Liebesgeschichte mehr emotionale Tiefe, als ich jemals gedacht hätte. Längst geht es nicht nur um Romantik, sondern auch darum, Träume zu verfolgen, Zukunftsängste, Zusammenhalt zwischen Freunden, um Schicksalsschläge und deren Umgang, um Missverständnisse und kleine und große Katerstrophen und Ungerechtigkeiten - schlicht um alles, was eben im Leben passiert und auf den Mut, die Liebe, die Freundschaft, die Inspiration, die einem hilft, auch in den dunkelsten Stunden den Weg zu finden.

Besonders gut gefallen haben mir die Entwicklungen von Ruby und James, die jetzt endlich zu einer gesunden, gefestigten Beziehung voller Vertrauen gefunden haben, wodurch sie beide bestärkt und sicher durchs Leben gehen und die immer neu anfallenden Probleme anpacken können. Rubys selbstbewusste, zielstrebige Art für sich selbst einzustehen, ihre Ziele kompromisslos zu verfolgen und sich dabei von nichts und niemand herumschubsen zu lassen, hat mich ja schon in den vorherigen Bänden beeindruckt und inspiriert. Doch vor allem James hat mir hier sehr gut gefallen. Er hat eine unglaublich positive Entwicklung durchgemacht und ist mit dem Jungen vom Anfang der Geschichte kaum noch zu vergleichen. Er hat sowohl seine überhebliche, rücksichtslose Bad-Boy-Attitüde überwunden, hinter der er sich mehr schlecht als recht auf seinem Taumel durchs Leben versteckt hat, als auch den Gedanken, seiner vorgeplanten Zukunft, all den Erwartungen und Vorurteilen, entsprechen zu müssen. Zusammen mit Ruby ist er auf der Suche nach dem, was er wirklich will und lernt von ihr, seine Träume genauso kompromisslos zu verfolgen, wie sie es tut. Die beiden haben mir gezeigt, dass kein Traum zu groß oder zu klein ist.


James - "Woher wusstest du, dass du etwas zu erzählen hast?", fragte ich schließlich. Auf Embers Lippen breitet sich ein leichtes Lächeln aus. "Jeder Mensch hat etwas zu erzählen, James."


Dann ist da noch Lydia, die bei ihrer lebensfreudigen, chaotisch-bunten und kreativen Tante Ophelia völlig aufblüht, ihren Frieden mit ihrer Situation findet und sich endlich mit Graham aussprechen kann. Von ihr können wir lernen, den Mut zu finden, über uns hinauszuwachsen.
Und Ember, die sich auf ihrem Mode-Blog Bellbird kreativ austobt, sich auch sonst nie für ein aufmunterndes Wort oder eine helfende Hand schade ist und langsam an Wren annähert. Von ihr können wir uns alle eine Scheibe Selbstliebe und gute Laune abschneiden, denn das ist nie schlecht.
Und Wren, dessen Familie sein ganzes Vermögen verloren hat und sich nicht traut, es seinen Freunden zu sagen und da trotz seiner ganz anderen Einstellung dieses verrückte, herzallerliebste Mädchen getroffen hat, das ihm einfach nicht aus dem Kopf geht.
Oder Alistair und Keshav, die sich so offensichtlich lieben, jedoch nicht den Mut finden, es nach außen zu tragen.
Oder Percy, der schon immer der treue Chauffeur Beauforts gewesen war und nun dabei zusehen muss, wie diese Familie immer weiter auseinanderfällt.
Oder Cyril, der mehr von Lydia will als nur Freundschaft, deshalb Rubys Freundin Lin hinhält und in einer Wolke aus Eifersucht eine falsche Entscheidung getroffen hat.
Oder oder oder.


Lydia - "Als unsere Lippen aufeinandertreffen, ist es, als würde ein Blitz in meinen Magen einschlagen. Es gibt unendlich viele Dinge, über die wir dringend sprechen müssen. Doch dieser Kuss wirkt wie ein Versprechen. Er verheißt, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen. Und dass in diesem Moment etwas Neues für uns beginnt."


Alle diese wunderbaren Charaktere sind mir ans Herz gewachsen und werden mir nun fehlen, da ich die Reihe beendet habe. Der ganze Cocktail an neuen Problemen und Sichtweisen, der der ganzen Geschichte ein bisschen mehr Pepp verliehen, uns neue Hintergrundinfos geliefert und uns für unser Leben inspiriert hat kommt jetzt zum Ende und schließt die wichtigsten Handlungsstränge ab. Nach dem ganzen Drama war alles am Ende fast ein wenig zu leicht, aber über ein Happy End werde ich mich sicherlich nicht beschweren. Ein wenig Potential hat die Autorin allerdings verschenkt, indem sie ein paar Handlungsenden offen gelassen hat. Aber vielleicht wird es ja auch noch ein Spin-Off zu zum Beispiel Cyril und Lin oder Ember und Wren geben. Würde mich auf jeden Fall sehr freuen!


James - "Ich sehe sie prüfend an. Während im Hintergrund Keaton Hensons ruhige Stimme aus den Lautsprechern kommt, liegt Rubys Blick auf der untergehenden Sonne. Ich glaube, ich werde dieses Bild von ihr nie vergessen: die Röte auf ihren Wangen, die Haarsträhnen, die leicht im Wind wehen, ihre leicht geöffneten Lippen. Sie ist so schön, dass es mir manchmal den Atem raubt."


Fazit:


Nach diesem wundervoll vielseitigen Abschlussband entlassen wir die wundervollen Charaktere gerne in ihre wohlverdiente Zukunft. Wir Leser haben mitgelitten, mitgeliebt, mitgelacht, mitgeweint und auch mal mitgehasst während dieser Geschichte rund um alles, was eben im Leben passiert und den Mut, die Liebe, die Freundschaft, die Inspiration, die einem hilft, auch in den dunkelsten Stunden den Weg zu finden. Vielen Dank, liebe Mona, dass ich mit nach Maxton Hall reisen durfte!

Veröffentlicht am 11.10.2018

Ein wundervoll vielseitiger Abschlussband!

Save Us
0

Mit "Save us" endet Mona Kastens "Save"-Trilogie auch schon wieder, irgendwie verrückt, denn ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich ganz aufgeregt vor einem halben Jahr den ersten Band in den ...

Mit "Save us" endet Mona Kastens "Save"-Trilogie auch schon wieder, irgendwie verrückt, denn ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich ganz aufgeregt vor einem halben Jahr den ersten Band in den Händen gehalten habe. Auch wenn gerade zu diesem Teil viele kritische Stimmen laut wurden, ist er für mich eindeutig das Highlight der Reihe, da er es auf 384 Seiten schafft, unsere Leidensfähigkeit noch einmal überzustrapazieren, die hoffnungsvolle Zukunft der Charaktere noch einmal auf die Probe zu stellen, am Ende aber über sich hinauszuwachsen und uns viel Mut für unsere eigene Zukunft zu geben.

Das Cover ist wieder bis auf eine etwas hellere, gelblichere Farbgebung dem Vorgänger- und dem Folgeband so ähnlich, dass man es auf den ersten Blick nicht unterscheiden kann, wenn man den Titel außen vor lässt. Ich kann mich das nur zu meinen vorherigen Rezis wiederholen: Natürlich ist es immer wichtig, dass die Teile einer Reihe optisch gut zusammenpassen aber hier finde ich es ein wenig zu viel des Guten. Auch wenn ich es mit der recht schlichten Gestaltung ohne nennenswerte Motive nicht unbedingt als Eye-Catcher bezeichnen würde, gefällt mir aber der Fokus auf dem Titel und die Kontrastierung der beiden Seiten, die langsam ineinander übergehen recht gut. Die obere Hälfte des Hintergrundes glitzert in goldenen Partikeln während die untere Hälfte in einem schlichten Creme-Weiß gehalten ist. Dadurch wird wunderbar die Gegenüberstellung der beiden im Buch dargestellten Welten verkörpert: die vor Glamour und Prunk glitzernde Welt der Oberschicht und die schlichte aber gemütliche Welt der Mittelschicht, aus der Ruby kommt.

Erster Satz: "Mein Großvater hat mich früher immer gefragt: Wenn der Tag kommt, an dem du alles verlierst - was wirst du tun?"

Band 3 beginnt sofort an dem Punkt, an dem uns der Cliffhanger aus Band 2 ratlos zurückgelassen hat. Nachdem Ruby von der Maxton Hall suspendiert wurde und Graham seinen Job verloren hat, weil ominöse Bilder aufgetaucht sind, die auf eine Affäre der beiden hinweisen, ist nichts mehr wie es war. Rubys Vertrauen in James wird nochmal auf die Probe gestellt, die Verhältnisse in der Freundesclique sind zum Zerreißen gespannt und Lydia muss sich entscheiden was sie will: Gerechtigkeit für Ruby und damit die Wahrheit über ihr Verhältnis mit Graham und über die Schwangerschaft, oder sich selbst zu retten und Ruby in den Abgrund zu stoßen. Als Lydia dann von zu Hause rausfliegt, sind sich Ruby und James sicher - schlimmer kann es für sie und ihre Freunde nicht mehr kommen. Aber James´ Vater hat noch einiges vor und die Freiheit seines Sohnes steht dabei nicht im Programm…


Ruby - "Ich liebe dich", sagt er mit rauer Stimme, dann dreht er sich um, öffnet die Fahrertür und steigt ein. Reglos sehe ich zu, wie er losfährt und schließlich um die Straßenecke verschwindet. Mein Herz tut weh. Für ihn, für mich. Für uns."


Nachdem ich die Titel von Band 1 und 2 zwar ganz nachvollziehbar aber nicht unbedingt Weltklasse fand, denke ich, dass "Save us" hier eigentlich wie die Faust aufs Auge passt. Denn nach den Vorkommnissen, die sich nicht nur auf James und Ruby sondern auf alle anderen Charaktere auch in gewisser Weise beziehen, ist erstmal Schadensbegrenzung gefragt. Doch als dann immer mehr Konfliktpotential auftaucht und die Schlingen der Macht und Intrigen sich immer enger um die Freunde zieht, stellt sich die Frage, die schon so prominent auf der Buchrückseite steht: Können sie sich retten? Oder werden sie sich gegenseitig zerstören?


Ember - "Ich betrachte seine dunkelbraunen Augen, die schwarzen, geschwungenen Wimpern, das kleine Muttermal auf seiner rechten Wange. Dann reiße ich den Blick von ihm los und räuspere mich, "Mach´s gut, Wren", sage ich, drehe mich um und lass ihn auf dem Gehweg stehen. Erst in dem Moment wird mir klar, wie schwitzig sich meine Handflächen anfühlen. Wie schnell mein Herz rast. Und wie sehr mein Herz schmerzt."


Die Handlungsdichte ist hier eindeutig höher als in Band 2, der mir im Nachhinein eher wie ein Mittelteil erschien, der zwar handlungsmäßig nicht unbedingt notwendig war, sich aber die Zeit nehmen wollte, Ruby und James ein wenig weiterzuentwickeln und uns die Nebencharaktere tiefer vorzustellen. Denn gleich auf der ersten Seite bekommen wir hier unseren ersten neuen Erzähler vorgesetzt: Graham, der Geschichtslehrer von Ruby und James, die große Liebe von Lydia und der Vater ihrer Zwillinge. Er ist nur einer von mehreren Erzählperspektiven, die hier unser Bild der Maxton Hall noch vielfältiger und detailreicher machen. Neben James und Ruby erzählen nun also Ember, Lydia, Graham und Alistair. Eine ganze Menge unterschiedlicher perspektiven also, bei denen man ganz schön aufpassen muss, nicht durcheinander zu kommen. Dennoch macht das Mona Kasten sehr geschickt, wählt kurze Passagen, macht deutlich wer gerade spricht und verliert dabei nicht den Bezug zu Ruby und James. Die beiden bleiben deutlich im Fokus der Geschichte, die um einige Facetten reicher wird. Das ist wohl ihre Alternative zu einer Reihe, in der jedes Pärchen sein eigenes Buch hat, so wie sie es in der "Again"-Reihe gehandhabt hat. So dürfen wir weiter Ruby und James verfolgen, dabei aber noch andere Geschichten und Schicksale teilen, die dafür sorgen, dass die Hauptstory nicht langweilig ausläuft.

Auch hier hat Mona Kastens flüssiger Stil und der schnelle Wechsel der Perspektiven dazu beigetragen, dass ich das ganze Liebe-Drama-Wahnsinn-Geschwurbel sehr intensiv mitempfunden habe und in einem Rutsch durchlesen musste. Voller Anspielungen direkt aus dem Leben und dabei gleichzeitig sanft und eindringlich führt sie uns ein letztes Mal zurück nach Maxton Hall und lässt uns mitlieben, mitleiden, mitfiebern, mitlachen, mitweinen und dieses Buch einfach feiern. Wir haben es hier mit einer emotional berührenden, mitreißenden Geschichte zu tun, bei der die Seiten wie im Flug vorbeifliegen und man, schneller als einem lieb ist, auf der letzten Seite angelangt ist.


Alistair - "Ich stoße ein schnaubendes Lachen aus. "Ich liebe deine Mum." Kesh lächelt seine Hände an. "Und ich liebe dich" Der Wagen hält an. Ich glaube, das tut mein Herz auch.(…) "Ich liebe dich auch", murmele ich in sein Haar. Kesh legt beide Arme um meinen Rücken und zieht mich eng an sich. "Cool." Ein heiseres Lachen platzt aus mir raus, gleichzeitig rinnen Tränen meine Wangen herab. Ich mach mich ein Stück von ihm los, um in sein Gesicht sehen zu können. "Das ist deine Reaktion? Cool?" Er hebt eine Hand an mein Gesicht und streicht die Nässe von meinen Wangen. Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. "Ja", sagt er schlicht."


Das Herzstück dieses Buches sind jedoch die Charaktere, die alle eine schwierige Zeit durchmachen und von denen wir einiges lernen können. So bekommt die Geschichte von der reinen Liebesgeschichte mehr emotionale Tiefe, als ich jemals gedacht hätte. Längst geht es nicht nur um Romantik, sondern auch darum, Träume zu verfolgen, Zukunftsängste, Zusammenhalt zwischen Freunden, um Schicksalsschläge und deren Umgang, um Missverständnisse und kleine und große Katerstrophen und Ungerechtigkeiten - schlicht um alles, was eben im Leben passiert und auf den Mut, die Liebe, die Freundschaft, die Inspiration, die einem hilft, auch in den dunkelsten Stunden den Weg zu finden.

Besonders gut gefallen haben mir die Entwicklungen von Ruby und James, die jetzt endlich zu einer gesunden, gefestigten Beziehung voller Vertrauen gefunden haben, wodurch sie beide bestärkt und sicher durchs Leben gehen und die immer neu anfallenden Probleme anpacken können. Rubys selbstbewusste, zielstrebige Art für sich selbst einzustehen, ihre Ziele kompromisslos zu verfolgen und sich dabei von nichts und niemand herumschubsen zu lassen, hat mich ja schon in den vorherigen Bänden beeindruckt und inspiriert. Doch vor allem James hat mir hier sehr gut gefallen. Er hat eine unglaublich positive Entwicklung durchgemacht und ist mit dem Jungen vom Anfang der Geschichte kaum noch zu vergleichen. Er hat sowohl seine überhebliche, rücksichtslose Bad-Boy-Attitüde überwunden, hinter der er sich mehr schlecht als recht auf seinem Taumel durchs Leben versteckt hat, als auch den Gedanken, seiner vorgeplanten Zukunft, all den Erwartungen und Vorurteilen, entsprechen zu müssen. Zusammen mit Ruby ist er auf der Suche nach dem, was er wirklich will und lernt von ihr, seine Träume genauso kompromisslos zu verfolgen, wie sie es tut. Die beiden haben mir gezeigt, dass kein Traum zu groß oder zu klein ist.


James - "Woher wusstest du, dass du etwas zu erzählen hast?", fragte ich schließlich. Auf Embers Lippen breitet sich ein leichtes Lächeln aus. "Jeder Mensch hat etwas zu erzählen, James."


Dann ist da noch Lydia, die bei ihrer lebensfreudigen, chaotisch-bunten und kreativen Tante Ophelia völlig aufblüht, ihren Frieden mit ihrer Situation findet und sich endlich mit Graham aussprechen kann. Von ihr können wir lernen, den Mut zu finden, über uns hinauszuwachsen.
Und Ember, die sich auf ihrem Mode-Blog Bellbird kreativ austobt, sich auch sonst nie für ein aufmunterndes Wort oder eine helfende Hand schade ist und langsam an Wren annähert. Von ihr können wir uns alle eine Scheibe Selbstliebe und gute Laune abschneiden, denn das ist nie schlecht.
Und Wren, dessen Familie sein ganzes Vermögen verloren hat und sich nicht traut, es seinen Freunden zu sagen und da trotz seiner ganz anderen Einstellung dieses verrückte, herzallerliebste Mädchen getroffen hat, das ihm einfach nicht aus dem Kopf geht.
Oder Alistair und Keshav, die sich so offensichtlich lieben, jedoch nicht den Mut finden, es nach außen zu tragen.
Oder Percy, der schon immer der treue Chauffeur Beauforts gewesen war und nun dabei zusehen muss, wie diese Familie immer weiter auseinanderfällt.
Oder Cyril, der mehr von Lydia will als nur Freundschaft, deshalb Rubys Freundin Lin hinhält und in einer Wolke aus Eifersucht eine falsche Entscheidung getroffen hat.
Oder oder oder.


Lydia - "Als unsere Lippen aufeinandertreffen, ist es, als würde ein Blitz in meinen Magen einschlagen. Es gibt unendlich viele Dinge, über die wir dringend sprechen müssen. Doch dieser Kuss wirkt wie ein Versprechen. Er verheißt, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen. Und dass in diesem Moment etwas Neues für uns beginnt."


Alle diese wunderbaren Charaktere sind mir ans Herz gewachsen und werden mir nun fehlen, da ich die Reihe beendet habe. Der ganze Cocktail an neuen Problemen und Sichtweisen, der der ganzen Geschichte ein bisschen mehr Pepp verliehen, uns neue Hintergrundinfos geliefert und uns für unser Leben inspiriert hat kommt jetzt zum Ende und schließt die wichtigsten Handlungsstränge ab. Nach dem ganzen Drama war alles am Ende fast ein wenig zu leicht, aber über ein Happy End werde ich mich sicherlich nicht beschweren. Ein wenig Potential hat die Autorin allerdings verschenkt, indem sie ein paar Handlungsenden offen gelassen hat. Aber vielleicht wird es ja auch noch ein Spin-Off zu zum Beispiel Cyril und Lin oder Ember und Wren geben. Würde mich auf jeden Fall sehr freuen!


James - "Ich sehe sie prüfend an. Während im Hintergrund Keaton Hensons ruhige Stimme aus den Lautsprechern kommt, liegt Rubys Blick auf der untergehenden Sonne. Ich glaube, ich werde dieses Bild von ihr nie vergessen: die Röte auf ihren Wangen, die Haarsträhnen, die leicht im Wind wehen, ihre leicht geöffneten Lippen. Sie ist so schön, dass es mir manchmal den Atem raubt."


Fazit:


Nach diesem wundervoll vielseitigen Abschlussband entlassen wir die wundervollen Charaktere gerne in ihre wohlverdiente Zukunft. Wir Leser haben mitgelitten, mitgeliebt, mitgelacht, mitgeweint und auch mal mitgehasst während dieser Geschichte rund um alles, was eben im Leben passiert und den Mut, die Liebe, die Freundschaft, die Inspiration, die einem hilft, auch in den dunkelsten Stunden den Weg zu finden. Vielen Dank, liebe Mona, dass ich mit nach Maxton Hall reisen durfte!

Veröffentlicht am 26.08.2018

Definitiv nichts zum einschlafen!

Das Morpheus-Gen
0


Bewertung:

Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. ...


Bewertung:


Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. Denn: "Nicht mehr schlafen zu müssen, bedeutet gleichzeitig, nicht schlafen zu können" und in einer Welt wie dieser kann ein Tag, der niemals endet ganz schön lange sein...

Schon auf den ersten Blick verspricht Tibor Rodes neuer Thriller, eine spannende Lektüre zu sein. Insgesamt sehr düster gehalten sticht das grelle Rot des Titels und des Auges besonders stark hervor. Die schwarz-weiße Musterung der Federn der Eule im Hintergrund lässt das Bild sehr aufgeregt und bedrohlich wirken, was von dem stechenden Blick aus dem roten Auge mit der spiegelnden Pupille verstärkt wird. Ob nun die Wahl eines nachtaktiven Raubtiers als Anspielung gewollt ist oder nicht, haben wir es hier mit einem ansprechend gestalteten Thriller zu tun.

Erster Satz: "Man konnte vor dem Leben weglaufen, aber nicht vor dem Tod..."

Nachdem Rode mit einem Zitat von Homer die Geschichte eröffnet -"Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes"-, stellt er außerdem einen kurzen, verwirrenden Prolog aus Potsdam im Jahre 1989 voran. Als er dann nach einem Kapitel, in dem gleich drei Leichen gefunden werden, deren Tatort auf den Rechtsanwalt David Berger als Täter hindeuten, einen weiteren Zeitsprung von vier Tagen wagt, in dem uns jener Verdächtiger als Hauptprotagonist vorgestellt wird, sind wohl alle Leser ein wenig ratlos. Vor allem als der junge Rechtsanwalt sich dann als kompetenter, ganz normaler US-Bürger entpuppt, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte. Doch als er von seinem Freund und Arbeitskollegen Alex neue, noch nicht zugelassene Tabletten zum Probieren erhält, stellt sich sein Leben komplett auf den Kopf: zuerst verlässt ihn der Schlaf, dann aus heiterem Himmel seine Freundin Sarah, nur um dann als Leiche mit Bissspuren am Hals wieder in ihrer Wohnung aufzutauchen, nachdem auch Alex ermordet wurde. Komplett verunsichert flieht David aus New York und begibt sich begleitet von der jungen Archäologin Nina auf die Spuren seines verstorbenen Vaters. Doch nicht nur die beiden wühlen in den alten Geheimnissen, auch eine geheime Bruderschaft und eine Militärorganisation haben Interesse an der Rezeptur, die nicht mehr schlafen lässt...

Es beginnt eine undurchschaubare, spannende Jagd durch New York, Berlin und Prag, die uns Leser immer wieder in Sackgassen lockt, überrascht, verstört und immer weiter in ein komplexes Konstrukt aus mehreren Handlungssträngen in Vergangenheit und Gegenwart führt. Vom New Yorker Untergrund und tückischen Geheimorganisationen über spannende Verfolgungsjagden durch Europa bis hin zu genetischer Wissenschaft und historischen Verknüpfungen hat die Geschichte einiges zu bieten. Durch viele angenehm kurz gehaltene Kapitel sind schnelle Szenenwechsel und Rückblenden in alle möglichen Zeiten und Orte möglich, die die Suche des Lesers nach dem roten Faden der verschiedenen Vorkommnisse fordern. Nach und nach fügen sich die einzelnen Szenen und die vielen Wendungen passend zu einem Gesamtbild zusammen und man erkennt nach etlichen Irrungen und Wirrungen den interessanten Hintergedanken, der diesem Thriller wirklich zugrunde liegt.

"Sein Blick wanderte zum Horizont, dem sie entgegenflogen. So sicher, wie sein bisheriges Leben nun hinter ihm lag, so unsicher war, was die Zukunft für ihn bereithielt. Dennoch hatte er das Gefühl, dass es auch eine Reise in seine Vergangenheit war. (...) Löste er ein Rätsel, würde er alle lösen."

Mit David Berger bekommen wir einen sympathischen Protagonisten vorgesetzt, mit dem wir gerne mitleiden und uns - wenn auch ein wenig skeptisch - an die Suche nach der Wahrheit anschließen. Immer wieder kamen mir Zweifel da durch Finten der Erzählweise offengehalten wird, ob er nicht doch der Mörder ist, doch je mehr wir gemeinsam herausfinden, desto mehr wird klar, dass er in ein Netz aus Geschehnissen geraten ist, die viel älter sind, als er...

Das zweite Standbein der Geschichte ist der NYPD Polizist Greg Millner, welcher aufmerksamen, treuen Lesern schon aus "Das Mona-Lisa-Virus" bekannt vorkommen könnte. Durch etliche, schillernde Nebenfiguren, deren Absichten alle nicht ganz klar sind, wird die Spannung ebenfalls angezogen.

"David hatte irgendwo einmal gelesen, der Sohn sei der verlängerte Arm des Vaters und vielleicht hatte es selten so zugetroffen wie in seinem Fall. Von nun an war er nicht mehr auf der Flucht. Er war auf einer Mission..."


Sehr gerne habe ich mich von Tibor Rodes flüssigem, einem Thriller angemessenen Schreibstil in die gut durchdachte Geschichte hineinziehen lassen. Eine allgemeine Schwäche des Genres ist jedoch, das auf Kosten der Spannung die Charaktere recht oberflächlich bleiben und an vielen Stellen Entwicklungspotential verpasst wird. Auch hier sind die Protagonisten eher statisch und aus manchen Szenen ist eindeutig nicht alles rausgeholt, was möglich gewesen wäre. Dennoch muss ich Rodes geschickte Handlungsführung, die Geschichte nach und nach zusammenzusetzen, wirklich bewundern. Die Auflösung bringt am Ende den gewünschten Aha-Effekt, ist nachvollziehbar, plausibel und macht Spaß zu Lessen.


Fazit:


Definitiv nichts zum einschlafen - im Gegenteil: Tibor Rodes wilde Mischung aus Agententhriller, Wissenschaftskrimi und Road Movie sorgte bei mir für einige schlaflose Nächte.

Veröffentlicht am 26.08.2018

Definitiv nichts zum einschlafen!

Das Morpheus-Gen
0


Bewertung:

Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. ...


Bewertung:


Nicht mehr schlafen müssen, für immer wach sein. Was für den ein oder anderen nach einem Traum klingt, der die doppelte Lebenszeit verspricht, bedeutet für David Berger der absolute Albtraum. Denn: "Nicht mehr schlafen zu müssen, bedeutet gleichzeitig, nicht schlafen zu können" und in einer Welt wie dieser kann ein Tag, der niemals endet ganz schön lange sein...

Schon auf den ersten Blick verspricht Tibor Rodes neuer Thriller, eine spannende Lektüre zu sein. Insgesamt sehr düster gehalten sticht das grelle Rot des Titels und des Auges besonders stark hervor. Die schwarz-weiße Musterung der Federn der Eule im Hintergrund lässt das Bild sehr aufgeregt und bedrohlich wirken, was von dem stechenden Blick aus dem roten Auge mit der spiegelnden Pupille verstärkt wird. Ob nun die Wahl eines nachtaktiven Raubtiers als Anspielung gewollt ist oder nicht, haben wir es hier mit einem ansprechend gestalteten Thriller zu tun.

Erster Satz: "Man konnte vor dem Leben weglaufen, aber nicht vor dem Tod..."

Nachdem Rode mit einem Zitat von Homer die Geschichte eröffnet -"Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes"-, stellt er außerdem einen kurzen, verwirrenden Prolog aus Potsdam im Jahre 1989 voran. Als er dann nach einem Kapitel, in dem gleich drei Leichen gefunden werden, deren Tatort auf den Rechtsanwalt David Berger als Täter hindeuten, einen weiteren Zeitsprung von vier Tagen wagt, in dem uns jener Verdächtiger als Hauptprotagonist vorgestellt wird, sind wohl alle Leser ein wenig ratlos. Vor allem als der junge Rechtsanwalt sich dann als kompetenter, ganz normaler US-Bürger entpuppt, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte. Doch als er von seinem Freund und Arbeitskollegen Alex neue, noch nicht zugelassene Tabletten zum Probieren erhält, stellt sich sein Leben komplett auf den Kopf: zuerst verlässt ihn der Schlaf, dann aus heiterem Himmel seine Freundin Sarah, nur um dann als Leiche mit Bissspuren am Hals wieder in ihrer Wohnung aufzutauchen, nachdem auch Alex ermordet wurde. Komplett verunsichert flieht David aus New York und begibt sich begleitet von der jungen Archäologin Nina auf die Spuren seines verstorbenen Vaters. Doch nicht nur die beiden wühlen in den alten Geheimnissen, auch eine geheime Bruderschaft und eine Militärorganisation haben Interesse an der Rezeptur, die nicht mehr schlafen lässt...

Es beginnt eine undurchschaubare, spannende Jagd durch New York, Berlin und Prag, die uns Leser immer wieder in Sackgassen lockt, überrascht, verstört und immer weiter in ein komplexes Konstrukt aus mehreren Handlungssträngen in Vergangenheit und Gegenwart führt. Vom New Yorker Untergrund und tückischen Geheimorganisationen über spannende Verfolgungsjagden durch Europa bis hin zu genetischer Wissenschaft und historischen Verknüpfungen hat die Geschichte einiges zu bieten. Durch viele angenehm kurz gehaltene Kapitel sind schnelle Szenenwechsel und Rückblenden in alle möglichen Zeiten und Orte möglich, die die Suche des Lesers nach dem roten Faden der verschiedenen Vorkommnisse fordern. Nach und nach fügen sich die einzelnen Szenen und die vielen Wendungen passend zu einem Gesamtbild zusammen und man erkennt nach etlichen Irrungen und Wirrungen den interessanten Hintergedanken, der diesem Thriller wirklich zugrunde liegt.

"Sein Blick wanderte zum Horizont, dem sie entgegenflogen. So sicher, wie sein bisheriges Leben nun hinter ihm lag, so unsicher war, was die Zukunft für ihn bereithielt. Dennoch hatte er das Gefühl, dass es auch eine Reise in seine Vergangenheit war. (...) Löste er ein Rätsel, würde er alle lösen."

Mit David Berger bekommen wir einen sympathischen Protagonisten vorgesetzt, mit dem wir gerne mitleiden und uns - wenn auch ein wenig skeptisch - an die Suche nach der Wahrheit anschließen. Immer wieder kamen mir Zweifel da durch Finten der Erzählweise offengehalten wird, ob er nicht doch der Mörder ist, doch je mehr wir gemeinsam herausfinden, desto mehr wird klar, dass er in ein Netz aus Geschehnissen geraten ist, die viel älter sind, als er...

Das zweite Standbein der Geschichte ist der NYPD Polizist Greg Millner, welcher aufmerksamen, treuen Lesern schon aus "Das Mona-Lisa-Virus" bekannt vorkommen könnte. Durch etliche, schillernde Nebenfiguren, deren Absichten alle nicht ganz klar sind, wird die Spannung ebenfalls angezogen.

"David hatte irgendwo einmal gelesen, der Sohn sei der verlängerte Arm des Vaters und vielleicht hatte es selten so zugetroffen wie in seinem Fall. Von nun an war er nicht mehr auf der Flucht. Er war auf einer Mission..."


Sehr gerne habe ich mich von Tibor Rodes flüssigem, einem Thriller angemessenen Schreibstil in die gut durchdachte Geschichte hineinziehen lassen. Eine allgemeine Schwäche des Genres ist jedoch, das auf Kosten der Spannung die Charaktere recht oberflächlich bleiben und an vielen Stellen Entwicklungspotential verpasst wird. Auch hier sind die Protagonisten eher statisch und aus manchen Szenen ist eindeutig nicht alles rausgeholt, was möglich gewesen wäre. Dennoch muss ich Rodes geschickte Handlungsführung, die Geschichte nach und nach zusammenzusetzen, wirklich bewundern. Die Auflösung bringt am Ende den gewünschten Aha-Effekt, ist nachvollziehbar, plausibel und macht Spaß zu Lessen.


Fazit:


Definitiv nichts zum einschlafen - im Gegenteil: Tibor Rodes wilde Mischung aus Agententhriller, Wissenschaftskrimi und Road Movie sorgte bei mir für einige schlaflose Nächte.

Veröffentlicht am 24.06.2018

Ein einfühlsames Abenteuer für junge und alte, männliche und weibliche Leser!

Nixenblut
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Allgemeines:

Titel: Nixenblut
Autor: Helen Dunmore
Verlag: cbj (28. März 2011)
Genre: Fantasy
Seitenzahl: 320 Seiten
ISBN-10: 3570400360
ISBN-13: 978-3570400364
Preis: 7,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: ...

Allgemeines:

Titel: Nixenblut
Autor: Helen Dunmore
Verlag: cbj (28. März 2011)
Genre: Fantasy
Seitenzahl: 320 Seiten
ISBN-10: 3570400360
ISBN-13: 978-3570400364
Preis: 7,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Nixenmagier; Nixenfluch



Inhalt:


Als Sapphy an der Küste Cornwalls auf den Meerjungen Faro trifft, der sie in die Tiefen des Meeres mitnimmt, spürt sie: Derselbe Sog, der ihren Vater ein Jahr zuvor in die Welt der Nixen und Wassermagier gelockt hat, zieht auch sie dorthin. Denn in ihr fließt das Blut der Nixen – sie gehört der Welt der Meerwesen ebenso an wie der der Menschen. Als eine Gruppe von Tauchern die heiligen Gefilde der Meermenschen zu zerstören droht, muss Sapphy sich entscheiden, zu welcher Welt sie gehören will…


Bewertung:


Geschichten über das Meer, Schiffe und Abenteuer, die alle Grenzen sprengen haben schon immer eine besondere Faszination für mich gehabt. So musste ich natürlich auch Helen Dunmores fantastische Meerestrilogie lesen, welche vor ein paar Jahren ja durch alle Welt gegeistert ist. Und auch wenn ich aufgrund des Covers eine etwas andere Geschichte erwartet hätte, war ich doch positiv überrascht von dieser kraftvollen Geschichte, die ich geboten bekommen habe.


Erster Satz: "Man findet die Meerfrau von Zennor in der Zennor Church, wenn man weiß, wo man nachschauen muss."

Band 1 und 2 der Reihe erschienen schon einmal unter dem Titel "Indigo - Im Sog des Meeres", Band 3 ist jedoch nur in der neuen Auflage zu haben. Das finde ich sehr schade, da mir die kreativen und definitiv aufmerksamkeitserregenden Covermotive der ersten Ausgabe deutlich besser gefallen, als das Bild meiner Ausgabe. Mit dem angedeuteten Mädchengesicht mit dem blauen Lippenstift und vor allem mit den dunklen Ränder wirkt es für mich einfach nur billig und nicht der süßen Kinder-Geschichte entsprechend, die uns im Inneren erwartet. Außerdem würde ich diese Geschichte auch unbedingt Jungs empfehlen, weshalb ich die Aufmachung hier wirklich übertrieben finde. Den Titel finde ich zwar durchaus passend, unter dem alten Titel konnte ich mir jedoch mehr vorstellen!


"Die Dornbüsche ähneln gekrümmten Gestalten. Die weißen Handtücher an der Wäscheleine, gleichen Gespenstern. Der Mond scheint so hell, dass man ohne weiteres den Pfad finden könnte, der zur Bucht hinunterführt. Manchmal bildet der Mond selbst einen Pfad auf dem Meer, der so echt aussieht, als könne man auf ihm bis zum Horizont laufen..."


Die Geschichte beginnt mit dem Verschwinden von Sapphys Vater, der eines Tages von einer Fischtour nicht mehr zurückkehrt. Er sei ertrunken, wird ihr und ihrem älteren Bruder Conor gesagt, doch die beiden können das nicht glauben. So kannte ihr Dad doch alle Strömungen des umliegenden Meeres auswendig und manövrierte noch durch den wildesten Sturm. Als die beiden dann eines Tages in ihrer Lieblingsbucht auf zwei geheimnisvolle Meerwesen treffen, die sich Mer nennen und anstatt von Beinen eine robbenähnliche Flosse haben, fühlen sie sich in ihrer Annahme bestätigt. Bald spürt Sapphy denselben Sog, gegen den auch ihr Vater Tag für Tag hat ankämpfen müssen. Immer mehr gerät sie zwischen die Fronten von Indigo und der Erde, die einen ewigen Kampf um die Vorherrschaft austragen und muss sich schließlich entscheiden, wo sie hingehören will...


"Muss ich mich auch entscheiden? Die Frage rauscht in meinem Kopf wie das Geräusch der Wellen, die an den Strand schlagen und sich wieder zurückziehen. Dad hat einmal gesagt: "Ist es nicht ein wunderbarer Gedanken, Saph, dass die Wellen unser ganzes Leben lang an den Strand schlagen, genau wie die Herzen in unseren Körpern? Es hört nie auf. Und wenn unsere Herzen aufhören zu schlagen, dann werden die Wellen weiter kommen und gehen, wie sie es immer getan haben, bis zum Ende der Welt."


Das Buch beginnt viel ruhiger, als ich es jemals gedacht hätte. Wir stürzen uns nicht Hals über Kopf in ein Abenteuer sondern werden ganz langsam in das Familienleben der Trewhellas eingeführt, dass so grausam auseinander gerissen wird. Mit unglaublich einfühlsamer Stimme beschreibt Helen Dunmore die Emotionen eines Mädchens, deren ganze Welt auseinanderbricht, als ihr Vater verschwindet, ihr Mutter in Arbeit versinkt und ihr Bruder sich immer mehr von ihr abzugrenzen scheint. Erst durch die Entdeckung der neuen Welt - Indigo - findet sie wieder Antrieb und etwas, in dem sie ganz in ihrem Element ist. Wundervoll zu sehen ist dabei, wie sich die liebevolle Beziehung zwischen Conor und Sapphy entwickelt und wie viel Wahrheit und Authentizität in der anrührenden Familiengeschichte steckt.


"Wenn jemand dich plötzlich verlässt, hast du das Gefühl, ein Riss ginge durch dich hindurch oder dir würde etwas fehlen. Seit Dad weg ist, bin ich unvollständig, und auch er ist unvollständig. Doch ich frage mich, ob die beiden Teile noch zusammenpassen, wenn ich ihn gefunden habe. Und ich werde ihn finden. Das ist mehr als ein Versprechen. Es ist ein Schwur!"


Auch wenn die Protagonisten viel jünger als ich waren, konnte ich viele ihrer Probleme wunderbar nachempfinden. Sehr intelligent hat die Autorin hier Themen verpackt, mit denen wohl jeder etwas anfangen kann: zwischen den Welten stehen, nicht wissen, wo man hingehört, mit dem Verlust eines Familienmitglieds fertig werden, sich von der Familie abgrenzen, über sich hinauswachsen - all diese Dinge fließen in das ruhige Abenteuer ein und machen es so besonders!


"Das Meer brüllt wie ein Löwe direkt unter deinen Füßen, währen du spürst, wie der Granit unter den Wellen erbebt. Conor hat Recht. Die Luft und Indigo sind beide sehr nah. Und an diesem Strand treffen sie aufeinander. Conor und ich befinden uns an der Grenze zwischen den beiden Welten."


Dabei wird die magische Anziehungskraft des wilden, wunderschönen und quietschlebendigen Ozeans auf wundervolle Art und Weise verkörpert. Sehr bald spüren auch wir Leser den Sog von Indigo, was weniger durch komplizierte oder besondere Sprache - der Schreibstil ist hier in der Tat eher einfach gehalten - sondern einfach durch die kraftvolle, durchdringende Atmosphäre erreicht wird. Dabei kommt die Geschichte ganz ohne die typischen Liebesprobleme aus. Es gibt auch kein Mord, kein Totschlag, keine Gier, kein Hass - wir erleben einfach nur das ungewöhnliche Abenteuer eines besonderen Geschwisterpaares, das in eine neue, wunderschöne, aber auch beängstigende Welt eintaucht. Auch die typischen Meerjungfrauen-Klischees werden gar nicht erst aufgerollt. Wir treffen hier keine singenden Schönheiten mit Kämmen und glitzernden Fischschwänzen an sondern werden von einem Meerjungen in ein komplexes Ökosystem eingeführt, das unter dem Missbrauch der Menschen sehr zu leiden hat.


"Ach wäre ich doch in Indigo
und teilte die salzige See
in den tiefsten Fluten…"
Vielleicht ist es dort, wo Dad sich jetzt aufhält: in den tiefsten Fluten. Er ist in Indigo und dort werde ich ihn finden!"



Fazit:

Durch die dunkle, mystische aber wunderschöne Atmosphäre wird ein starker Sog ausgebildet, sodass wir in der Strömung dieses einfühlsamen Abenteuers ins wundervolle Indigo mitgerissen werden. Ein Abenteuer für alte und junge Leser, für Mädchen und Jungen, der Lust auf mehr macht.