Profilbild von Zeilenliebe

Zeilenliebe

Lesejury Star
offline

Zeilenliebe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Zeilenliebe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.07.2021

Ich vermisse die Magie

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street
0

Allgemeines:

Der achte Band der Serie um den Londoner Bobby Peter Grant ist im Oktober 2020 bei dtv erschienen. Das Taschenbuch hat 432 Seiten.

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street hat erstmalig ein ...

Allgemeines:

Der achte Band der Serie um den Londoner Bobby Peter Grant ist im Oktober 2020 bei dtv erschienen. Das Taschenbuch hat 432 Seiten.

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street hat erstmalig ein anderes Format als die vorhergehenden Bücher der Reihe. Zum Glück stehen meine Bücher nach Farben sortiert im Regal. Den Unmut vieler Fans kann ich dennoch nachvollziehen. Vielleicht überdenkt der Verlag diese Umstrukturierung ja noch einmal und verändert dabei auch den angestiegenen Preis.

Inhalt:

Peter Grant, unser Londoner Lieblings-Bobby und Zauberlehrling, steht vor völlig neuen privaten Herausforderungen. Welche ihn zu gleichen Teilen mit Panik und Begeisterung erfüllen. Beruflich bekommt er es mit der Serious Cybernetics Corporation zu tun, dem neuesten Projekt des Internet-Genies Terrence Skinner. Und prompt holt die Magie ihn wieder ein. Denn in den Tiefen der SCC ist ein Geheimnis verborgen, eine geheime magische Technologie, die zurückreicht bis weit ins 19. Jahrhundert, das Zeitalter von Ada Lovelace und Charles Babbage. Und die brandgefährlich ist für die Welt. (Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung:

Ob ich mich gefreut haben, so schnell wieder in die Welt von Ben Aaronovitch eintauchen zu dürfen? Und wie!!!

Die Bücher um den bekannten Bobby Peter Grant sind zu einem regelmäßigen Bestandteil meines Leserhythmus geworden. Seit vielen Jahren begleitet mich die Reihe und ich lese immer wieder gerne von den magischen Fällen des Follys. Auch die persönliche Geschichte von Peter entwickelt sich stetig weiter.

In dem nunmehr achten Band der Reihe, Ein weißer Schwan in Tabernacle Street, findet sich natürlich wieder jede Menge abstruser Scheiß (Zitat, sorry). Dieses Mal geht Peter in einen magischen Undercovereinsatz. Damit hat er bisher so gar keine Erfahrungen gemacht. Dadurch entstehen durchaus sehr witzige und häufig auch ungewollt komische Situationen. Aber auch in diese neue Rolle findet Peter sich ein. Wie immer eigentlich. Perfekte Grundvoraussetzungen für eine magische Sause, oder?

Anders als sonst gibt es innerhalb der Handlung eine sehr große technische Komponente. Für Aaronovitch untypisch geht der Roman dadurch eher in Richtung Scifi, da eine künstliche Intelligenz eine große Rolle spielt. Das empfand ich zwar als abwechslungsreich, für das nächste Mal wünsche ich mir aber wieder einen Fall, der in eine andere, magischere Richtung geht. Oder… vielleicht wünsche ich mir auch etwas ganz anderes. Manchmal würde ich gerne davon lesen, wie sich Peters Leben weiterentwickelt, wie er zur Ruhe kommt und mehr Einblicke in sein persönliches Erleben innerhalb seiner Familie haben. Zum Beispiel bieten die Flüsse von London immer noch so viel unerzähltes Potential. Ich meine.. Peter ist mit einem Flussgeist zusammen und bekommt nun auch Kinder, die eventuell die ein oder andere magische Komponente aufweisen dürften. Da schlummert doch mit Sicherheit automatisch die ein oder andere unerzählte Geschichte.

An manchen Tagen passiert es durchaus auch, dass ich darüber nachdenke, ob Aaronovitch ewig so weiter machen sollte. Dass er es kann, zeigt ein erneuter Vertrag über vier weitere Peter Grant Romane, von denen der vorliegende bereits einer ist. Die Leute lesen gerne vom Londoner Bobby und sie wollen immer mehr. Tatsächlich fragte ich persönlich mich während der Lektüre dieses Bandes erstmalig, ob ich die Reihe weiterlesen möchte. Mir fehlte etwas. Obwohl der Schreibstil Aaronovitchs wie gewohnt lässig, witzig und spannend zugleich ist. Ich vermute, dass dieses Etwas in der magischen Welt begründet liegt. Mir wäre durchaus ein Band allein über die magische Welt und ganz ohne Kriminalfall recht. Oder was meint ihr?

Irgendwann hat eine Reihe vielleicht aber auch einen Teils ihres Zaubers verloren oder der Autor muss etwas wagen, einen ganz anderen nächsten Band schreiben. Ich bin gespannt, wie andere Leser*innen das sehen und vor allem, wie Aaronovitch sich entschieden hat. In jedem Fall bildet auch der vorliegende Band einen lesenswerten Teil der Reihe. Bei mir ist lediglich eine gewisse Reihenmüdigkeit aufgetreten und vielleicht habe ich auch vergebens nach einem weißen Schwan gesucht. Wer weiß?

Fazit:

Alles in allem hatte ich schöne, lustige und spannende Lesestunden, die in einem der Folgebände durchaus an magischen Inhalten übertroffen werden könnten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 24.05.2021

Ein neuer Pfad

Shadowblack – Karten des Schicksals
0

Allgemeines:

Shadowblack – Karten des Schicksals ist als zweiter Band einer Reihe im Oktober 2020 bei dtv Junior erschienen. Das gebundene Buch hat 368 Seiten und wird ab einem Lesealter von 12 Jahren ...

Allgemeines:

Shadowblack – Karten des Schicksals ist als zweiter Band einer Reihe im Oktober 2020 bei dtv Junior erschienen. Das gebundene Buch hat 368 Seiten und wird ab einem Lesealter von 12 Jahren empfohlen. Das Lesealter würde ich persönlich bei 14 Jahren ansetzen. Für sehr erfahrene Leser mag es bereits ab 12 Jahren geeignet sein.

Meine begeisterte Rezension zum ersten Band findet ihr hier: https://zeilenliebe.com/?s=spellslinger

Inhalt:

„Kellen und seine neuen Gefährten reisen schon seit Monaten durch die Wüste von Seven Sands. Zu seinem Bedauern muss er feststellen, dass er nicht nur ein schlechter Magier ist, sondern ein noch viel schlechterer Vogelfreier. Die große Klappe von Ferius und Reichis’ Vorliebe für’s Stehlen helfen da auch nicht unbedingt weiter. Doch dann lernt Kellen Seneira kennen: ein Mädchen, das eine Augenbinde trägt – allerdings nicht, weil sie blind ist. Genau wie er leidet auch Seneira unter dem gefürchteten Fluch des Schwarzschattens und versucht, ihr Mal zu verbergen. Doch das ist nicht ihr einziges Geheimnis …“ (Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung:

Für den ersten Band dieser Reihe habe ich euch eine uneingeschränkte Leseempfehlung gegeben. Entsprechend hoch waren bei mir die Erwartungen an den Folgeband rund um Kellen und Ferius und die Magie der Karten. Wohin würde es die beiden als nächstes verschlagen? Würde Kellen eine Heimat finden? Fühlt er sich zum Spellslinger berufen? Oder wird er einen ganz anderen Pfad einschlagen.

Diesen Pfad findet das Buch für Kellen. Dabei begleiten wir ihn sozusagen in einer Geschichte innerhalb der Handlung. Lange Zeit war mir nicht klar, wie diese Geschichte die Gesamthandlung vorantreiben wird. Zunächst dachte ich, dass der Autor sich hier verloren hat. An manchen Stellen scheint es auch, als ob der Autor selbst noch nicht weiß, ob es einen Folgeband geben wird. Nach welchem Maßstab er komplexe Elemente in die Handlung einbetten soll oder wohin diese Reihe ihn führen wird. Zum Glück haben diese Momente nicht überwogen und ich habe verstanden, warum Sebastien de Castell diesen zweiten Band genau so geschrieben hat, wie er eben ist.

Nach und nach kristallisiert sich ein Pfad für Kellen heraus und die Lust darauf, ihn gemeinsam mit Kellen zu beschreiten, wächst wieder. Er und die Baumkatze Reichis sind einfach so ein gutes (nicht-)Team, man kann gar nicht anders als diese Kombination aus trockenem Humor und ungewollter Freundschaft zu mögen (Ich sag nur: Farbwechsel…). Uns allen ist vermutlich klar, dass es aber eher die kluge, kämpferische und dennoch so in sich ruhende Ferius ist, die ihm den richtigen Weg weisen wird. Obwohl das lange Zeit überhaupt nicht so aussieht. Hoffentlich verfolgen sie alle drei im nächsten Band ein gemeinsames Ziel, das sie dort ankommen lässt, wo sie gerne sein wollen und dafür sorgt, dass sie gemeinsam den Schwarzschatten besiegen. Gemeinsam gewachsen sind sie in diesem zweiten Band auf jeden Fall.

Ein spannendes Element de Castells bilden die Argosi. Durch die Teilung des Buches in vier Teile, die alle einen möglichen Pfad/Weg der Argosi beschreiben, bringt das Buch uns ihre Kultur, ihre Denkweise sehr viel näher. Nach dem Lesen muss man die einzelnen Abschnitte jeweils noch einmal Revue passieren lassen, um genau zu verstehen, was mit dem jeweiligen Weg gemeint war. Nach und nach erklärt sich dadurch auf die Namensgebung und Lebensweise der Argosi. Sehr interessant erzählt und erdacht!

Fazit:

Ein auf den ersten Blick betrachtet typischer zweiter Band, sozusagen eine Geschichte innerhalb der Geschichte, die die Handlung dennoch voranbringt und viele Elemente der Welt näher beleuchtet. Kellen, Reichis und Ferius wachsen zusammen, entwickeln sich gemeinsam weiter und beschreiten im dritten Band vermutlich neue Pfade…

Veröffentlicht am 24.05.2021

Neuinterpretation des Märchens

Ein Fluch so ewig und kalt
0

Allgemeines:

Ein Fluch so ewig und kalt (Originaltitel: A course so dark und lonely) ist am 19.04.2021 bei Heyne fliegt als gebundenes Buch erschienen. Autorin des 560-seitigen Romanes aus dem Fantasygenre ...

Allgemeines:

Ein Fluch so ewig und kalt (Originaltitel: A course so dark und lonely) ist am 19.04.2021 bei Heyne fliegt als gebundenes Buch erschienen. Autorin des 560-seitigen Romanes aus dem Fantasygenre ist die internationale Bestsellerautorin Brigid Kemmerer. Brigid Kemmerer ist eine US-amerikanische Autorin.

Ein Fluch so ewig und kalt bildet den Auftakt zu einer Trilogie, die sowohl fantastische als auch märchenhafte Elemente beinhaltet.

Inhalt:

„Einst war Emberfall ein mächtiges Königreich. Dann lud der junge Prinz Rhen einen schrecklichen Fluch auf sich. Seither muss er innerhalb eines Jahres ein Mädchen finden, das ihn auf ewig liebt. Gelingt es ihm nicht, verwandelt er sich in eine Bestie, und das Mädchen muss sterben. Jahr für Jahr. Bis er Harper auserwählt, ein Mädchen aus dem heutigen Washington D.C., das schon mit ganz anderen Kerlen fertiggeworden ist. Zornig und mutig bekämpft sie ihn – bis sie den wahren Rhen erkennt. Aber wird ihre Liebe reichen, um sie beide vor dem Tod zu bewahren?“ (Quelle: Heyne fliegt)

Meine Meinung:

Ein Fluch so ewig und kalt ist ein fantastisches Buch, welches das Märchen Die Schöne und das Biest neu interpretiert und in eine Fantasywelt einbettet.

Als Leserin erwarten dich in Emberfall, dem Reich des Prinzen und Protagonisten Rhen, die klassischen Elemente eines Märchens. Dazu gehört immer ein guter Fluch, oder? Das Königreich wurde von einer mächtigen (und offensichtlich bösen) Frau verflucht und muss nun das Königreich retten. Es wäre zu einfach, wenn er dafür gegen einen Drachen kämpfen müsste. Nein, er soll das Unmögliche möglich machen: Seine wahre Liebe finden. Unzählige Frauen wurden bereits aus dem Reich der Menschen (unserer Welt) entführt, damit der Prinz seiner wahre Liebe begegnet. Mit Harper beginnt jedoch der letzte Zyklus der Suche, da im Reich Emberfall die Zeit weiterhin vergeht und der Prinz bereits 327 Durchläufe absolviert hat. Sollte er in Harper nicht seine wahre Liebe finden, wird das Königreich untergehen, der Fluch bestehen bleiben. Bis hierhin ziemlich durchsichtig, oder? Und das führt uns zu der Frage, inwiefern eine Märchenadaption eigene Elemente hervorbringen muss und darf. Inwiefern erwarten das Leserinnen vor oder während der Lektüre?

Solltet ihr hohe Erwartungen an neue Elemente innerhalb des Märchens haben, werdet ihr diese nicht finden und Ein Fluch so ewig und kalt ist kein Buch für euch. Solltet ihr jedoch genau nach dem suchen, was das Buch verspricht, dann werdet ihr euch mit Sicherheit in der Geschichte von Harper und Rhen verlieren und märchenhafte Stunden in Emberfall verbringen. Ihr dürft eben nur keine sehr großen Überraschungen erwarten. Ein paar kleinere gibt es dennoch.

Begleitet also Harper, ein in Washington D. C. aufgewachsenes Mädchen auf ihrem Abenteuer in Emberfall bzw. auf Schloss Ironrose. Harper ist ein sturköpfiges, aber auch mutiges Mädchen. An manchen Stellen ist ihre Eingliederung in die neue, mittelalterliche Welt, in der sie schnell eine ganz unerwartete Rolle spielen muss, etwas zu einfach. Ihr gelingt alles so perfekt, beinahe märchenhaft… also alles ein bisschen nach bekanntem Schema. An manchen Stellen gelingt es der Autorin dennoch, der Geschichte etwas Eigenes, etwas Tiefgang und Spannung zu verleihen. Vor allem im Bereich der bösen Zauberin und in der Ausgestaltung des Biests.

Ich hoffe sehr, dass Brigid Kemmerer sich in den Folgebänden mehr auf diese Elemente fokussiert und sich nicht in den Grundelementen des Märchens verliert. Ich erwarte mehr eigene Ideen und Überraschungen beim Lesen. Ein paar Schritte in die richtige Richtung ist Brigid Kemmerer bereits gegangen.

Der zweite Teil der Reihe, Ein Herz so mutig und schön (A heart so fierce and broken), erscheint bereits im August dieses Jahres. Wünschenswert wäre es, wenn die deutschsprachigen Ausgaben die Originaltitel der Reihe aufnehmen würden.

Fazit:

Eine Mischung aus Romantik und Fantasy. Wer den Auftakt der Ember-Fall-Trilogie liest, darf sich auf eine Neuinterpretation des Märchens Die Schöne und das Biest freuen, die bald fortgesetzt wird.

Veröffentlicht am 09.05.2021

Uneingeschränkte Empfehlung

Die Wahrheit der Dinge
0

Allgemeines:

Die Wahrheit der Dinge ist das zweite Buch von Markus Thiele. Es ist im April 2021 im Benevento Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Handlung fußt auf realen Fällen. ...

Allgemeines:

Die Wahrheit der Dinge ist das zweite Buch von Markus Thiele. Es ist im April 2021 im Benevento Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Handlung fußt auf realen Fällen. Ein umfangreiches Nachwort hierzu gibt einen vertiefenden Einblick.

Inhalt:

„Wo beginnt Schuld, wo endet Gerechtigkeit? Frank Petersen, Strafrichter aus Leidenschaft, ist überzeugt von der Unfehlbarkeit des Rechts. Seine Urteile, so sein Selbstverständnis, sind objektiv und gerecht. Bis eines Tages sein Leben völlig aus den Fugen gerät. Und er plötzlich über sich selbst richten muss. Ein umstrittenes Urteil löst heftige Kritik an Petersen aus, selbst seine Familie wendet sich von ihm ab. Der Vorwurf seiner Frau, er sei selbstherrlich, voreingenommen und lasse sich von Vorurteilen leiten, ist ein vernichtender Schlag für ihn, der ein altes Trauma aufreißt: Corinna Maier, die in seinem Gerichtssaal den rechtsradikalen Mörder ihres Sohnes erschossen hat, bevor Petersen sein Urteil verkünden konnte. Mit einem Mal steht alles in Frage: seine Integrität als Richter, als Ehemann, als Vater. Aus seiner Sicht gibt es nur einen Ausweg: Er muss sich selbst mit Fragen konfrontieren, die er sich nie zu stellen getraut hat …“ (Quelle: Benevento Verlagsseite)

Meine Meinung:

Beim Lesen des Klappentextes ist sofort die Erinnerung an Marianne Bachmeier da, die den Mörder ihres Kindes im Gerichtssaal erschoss. Da kommt Beklemmung auf, denn man konnte sie verstehen, auch wenn Selbstjustiz der falsche Weg ist.

Man ist sofort mittendrin in diesem Fall. Die Geschichte beginnt mit dem letzten Tag einer Gerichtsverhandlung, an dem eine Frau den Angeklagten erschießt. Diese Frau hatte einen ganz besonderen Grund dafür, den man nach und nach erfährt.

Der Erzähler führt den Leser sehr direkt in die Handlung ein. Er beschreibt nüchtern, was an diesem letzten Verhandlungstag passiert. Gerade diese Erzählweise lässt große Betroffenheit entstehen.

Frank Petersen, Strafrichter, macht eine Lebenskrise durch. Seit dem Prozess im Jahr 1991 treibt ihn etwas um.

Er lebt gezwungenermaßen in Erinnerungen an das glückliche Familienleben in dem nun leeren Haus und versteht nicht, warum seine Frau eine Auszeit möchte; beziehungsweise, er versteht es eigentlich doch. Wird dieses Buch doch eher eine Geschichte über eine verlorene Ehe oder wird

es wirklich um einen Prozess, ein Verbrechen gehen? Das wird noch zu sehen sein. Momentan sieht es so aus, als würde der Autor die Spannung langsam aufbauen, um den Leser mitzunehmen in den Gedankenkosmos des Richters.

Petersen ist wirklich voller Selbstzweifel. Er sucht sich Rat bei einem ehemaligen Studienkollegen, bei seiner Vorgesetzten, auch bei seiner inneren Stimme und seinen Gedanken. Er merkt, dass es nicht gut läuft für ihn. Er, der kompetente Richter, war es bisher gewohnt, dass seine Urteile eindeutig waren und zweifelsfrei anerkannt worden. Aber seit diesem Vorfall im Gerichtssaal, der der einige Jahre zurückliegt, geht es bergab mit Frank Petersen – zumindest aus seiner Sicht. Er weiß nicht, ob er noch die fachliche Qualifikation besitzt, auf die er immer so stolz war. Er zweifelt, obwohl seine Vorgesetzte ihm sagt, wie sehr sie ihn und seine Urteilskraft schätzt. Frank Petersen scheint an einem Scheideweg seines Lebens zu stehen.

Markus Thiele hat einen wirklich guten Schreibstil. Er verwendet viele Bilder und Metaphern, die aber nicht überzogen oder überladen sind, sondern das Bild, das er dem Leser vor Augen führen will, sehr gut unterstützen.

Die Wahrheit der Dinge ist ein Buch, erzählt aus der Perspektive eines Mannes in den mittleren Jahren, eines Richters, der nicht mehr weiß, ob sein Beruf für ihn der richtige ist. Wir haben hier also unter anderem einen Coming-of-Age Roman, der sich nicht auf einen pubertären jungen Mann bezieht, sondern auf einen, der mitten im Leben und mitten im Beruf steht und es eigentlich wissen müsste.

Der Roman hat Rückblenden in die Jahre ab 1989, die eine wichtige Rolle für das Verstehen der Figuren spielen. Ein aktueller Fall lässt Petersen immer wieder an die Vergangenheit denken. Er hat Urlaub und denk darüber nach seinen Beruf an den Nagel zu hängen, da er nicht mehr weiß, ob das, was er tut, richtig oder falsch ist.

Je länger man dieses Buch liest desto besser wird ist. Marc Thiele fragt nach den grundsätzlichen Überlegungen, die, ein Mensch anstellt, der Moral und Ehre, aber auch Recht und Unrecht in Frage stellt. Dabei wird deutlich, dass es nie den Königsweg gibt, sondern auch immer rechts und links des Weges geguckt werden muss. Thiele nimmt sich hier also ein Thema vor, das auch in der heutigen Zeit oder gerade in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle spielt. Darf man sich über das Gesetz erheben? Gibt es die eine Wahrheit? Wie kann es gelingen für Recht und Ordnung in einer Demokratie zu sorgen, ohne Menschen Unrecht zu tun? Ein Dilemma, aus dem man so leicht keinen Ausweg, geschweige denn eine richtige Antwort findet.

Das Thema Rassismus bildet die große Rahmenhandlung dieses Buches. Alles sehr überzeugend und zum Nachdenken anregend. Großartig!

Fazit:

Ich kann Die Wahrheit der Dinge uneingeschränkt empfehlen.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Unerwartet

INFINITUM - Die Ewigkeit der Sterne
0

Allgemeines:

Infinitum – Die Ewigkeit der Sterne ist am 15.09.2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur als gebundenes Buch erschienen. Autor des 960 seitigen Romanes ist niemand anderes als Christopher ...

Allgemeines:

Infinitum – Die Ewigkeit der Sterne ist am 15.09.2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur als gebundenes Buch erschienen. Autor des 960 seitigen Romanes ist niemand anderes als Christopher Paoloni.

Leserinnen seiner bisherigen Bücher müssen sich mit Infinitum auf ein neues Genre einlassen. Anders als die bekannte Eragon-Reihe des Bestseller-Auroren ist Infinitum der Science Fiction zuzuordnen. Es handelt sich zudem um ein Buch für erwachsene Leserinnen.

Inhalt:

„Neue Welten zu untersuchen ist alles, wovon die junge Forscherin Kira Navarez jemals geträumt hat. Doch ein harmloser Auftrag auf einem fernen Planeten lässt Kiras Traum zum größten Albtraum der Menschheit werden:
Bei der abschließenden Untersuchung des Planeten, der in Kürze kolonialisiert werden soll, stürzt Kira in eine Felsspalte – und entdeckt etwas, das kein menschliches Auge zuvor erblickt hat. Es wird sie vollständig und für immer verwandeln.
Kira ist allein. Wir sind es nicht. Und wir müssen einen Weg finden, um zu überleben.“ (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)

Meine Meinung:

Wie fange ich diese Rezension bloß an?

Vielleicht erzähle ich euch einfach meine persönliche Geschichte zu Infinitum und Paolini. Paolini begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Ich habe die Bücher verschlungen. Nicht nur ich, meine ganze Familie hat sie alle gelesen. Dadurch hatten wir viel Gesprächspotential, denn obwohl wir alle gerne lesen, lesen wir doch häufig eher in unterschiedlichen Genres. Die Welt von Eragon bot uns so viele Möglichkeiten, wir träumten, malten uns neue Abenteuer aus und besprachen verschiedenste Theorien.

Natürlich war in Stein gemeißelt, dass ich jedes neue Buch von Paolini lesen musste. Und so fieberte ich dem Erscheinen von Infinitum voller Spannung entgegen. Mit Sicherheit würde es ganz anders werden, aber bei diesem Autor muss einfach etwas Gutes herauskommen.

Ich habe das Buch im September begonnen zu lesen. Nach etwa 300 Seiten konnte ich einfach nicht mehr. Paolini hat eine interessante Welt geschaffen. Obwohl wir uns in einem anderen Genre befinden, konnte ich mich aber einfach nicht mit dem Roman und seinen Geschehnissen identifizieren. Auf mich wirkte alles zu komplex, dabei aber in vielen Entwicklungen dennoch vorhersehbar. Diese Kombination passte für mich überhaupt nicht zusammen.

Ich tat dann etwas, was ich von mir niemals erwartet hätte: Ich habe das Buch zur Seite gelegt und aufgegeben. Wenn man in der Bookstagram-Welt unterwegs ist, tauscht man sich häufig über Gelesenes aus. So auch dieses Mal. Ich war tatsächlich nicht alleine. Vielen erging es so wie mir. Als alte Paoloni-Fans waren die Erwartungen wohl einfach zu anders und nicht unbedingt mit dem neuen Buch in Einklang zu bringen. Vielleicht wäre es jemandem, der das Buch als Science Fiction-Fan gekauft hat, völlig anders ergangen als mir und meinen Kolleginnen?

Im Februar/März diesen Jahres war ich so weit, dass ich dem Buch gerne noch eine Chance geben wollte. Manchmal gibt es die richtige Zeit für das richtige Buch. Und so war es auch bei mir. Die Geschichte erfasste mich wie ein Sog, ich saugte die Handlung auf und wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Paolini entwickelt eine so andere Geschichte, ist viel erwachsener geworden. So auch seine Protagonisten, die unaussprechliche Dinge erleben. Gewalt, das Universum und ein Wille zu überleben, prägen die Entwicklungen der Geschichte. An mancher Stelle hätte ich mir jedoch noch mehr Handlung gewünscht. Langatmigkeit ist etwas, das ich von Paoloni bisher nicht kannte. Eine gefühlte Ewigkeit reisen die Gefährten einfach nur durch den Weltraum. Obwohl sie ein Ziel haben, passiert kaum etwas. Während dieser endlosen Reisen entwickelt sich Protagonistin Kira zwar enorm weiter, diese Entwicklung hätte in meinen Augen aber auch weniger detailliert dargestellt werden können.

Die Crew bildet dabei eine gekonnte Abwechslung. Mein persönliches Highlight war das Bordschwein (eine Katze gibt es auch), tatsächlich ist das aber nicht einmal das ungewöhnlichste Crewmitglied. Paolini hat hier mit viel Fingerspitzengefühl Charaktere zusammengeführt, die ein wildes, aber stimmiges Gesamtbild ergeben. Vor allem, da sie verschiedener nicht sein könnten, aber dennoch eine Familie bilden.

Ein kritisch zu sehender Punkt ist das Ende der Geschichte. Ich empfand das Ende etwa 250 Seiten vor Schluss bereits vorhersehbar, obwohl ich nie in diesem Genre lese. Auch Paoloni selbst ist nicht vollständig zufrieden mit Infinitum. Sein Nachwort ist sehr reflektiert und spannend zu lesen.

Er hat auch die ein oder andere Parallele zu Eragon in die Geschichte eingebaut, eine Parallele konnte ich im Nachhinein entdecken, vielleicht fallen euch noch andere auf. Ich wünsche mir, dass Paolini sich zukünftig wieder zurück in die Fantasy begibt. Vielleicht stimmt ihr mir zu, vielleicht nicht. Aber ich glaube, dass er sich dort in seinem nächsten Roman vertrauter und gekonnter bewegen wird.

Fazit:

Eine faszinierend komplexe Geschichte, die jede/n Leser
in herausfordert und auf die man sich einlassen muss. Wenn man das tut, zieht sie einen größtenteils mit, weist aber auch Längen auf.