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Veröffentlicht am 22.05.2019

Trauer und Glück müssen sich nicht gegenseitig ausschließen!

Wie man bei Regen einen Berg in Flip-Flops erklimmt
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Die Mutter der vierzehnjährigen Sofia ist mit Anfang vierzig plötzlich verstorben. Als wäre das Leben als Teenager nicht schon schwer genug, ist es für Sofia mit ihrer Trauer an manchen Tagen so, als müsste ...

Die Mutter der vierzehnjährigen Sofia ist mit Anfang vierzig plötzlich verstorben. Als wäre das Leben als Teenager nicht schon schwer genug, ist es für Sofia mit ihrer Trauer an manchen Tagen so, als müsste sie bei Regen einen Berg in Flip-Flops erklimmen.

“Überlebende? Ist das so was wie ein Ehrentitel?” fragte Sam, und mir wurde klar, wie albern das klang. Aber manchmal war das nackte Überleben eben schon eine größere Leistung, als manchen Leuten klar war. (S.196)

Zum Glück hat Sofia ihre beste Freundin Kiki an der Seite. Wo Sofia introvertiert ist und sich häufig unsichtbar fühlt, ist Kiki das komplette Gegenteil von ihr. Extrovertiert, immer mitten im Leben und strahlend vor guter Laune. Dank Kiki lernt Sofia eines Tages bei einer Veranstaltung Katherine Baird kennen, die unter “Fragt Kate” eine Beratungskolumne für Teenager in einem Jugendmagazin schreibt. Zu Beginn kann Sofia Kikis Begeisterung für Kate kaum nachvollziehen, doch wenige Zeit später vertraut Sofia tatsächlich ihre eigenen Probleme und ihre Trauer niemand geringerem als “Fragt Kate” an, ohne zu wissen, dass ihr Leben und das ihres Vaters schon bald auf den Kopf gestellt wird…

Carol Weston hat einen flüssigen und, trotz der traurigen Situation, in der Sofia sich befindet, leichten Schreibstil, der die Seiten nur so an einem vorüberfliegen lässt. Zudem schafft sie es die Gefühle ihrer Figuren sehr authentisch und glaubhaft zu transportieren, unabhängig von der Situation in der sie sich befinden und ihrem Alter. So ist nicht nur das Identifikationspotential zu Sofia sehr hoch, auch in die Nebenfiguren kann man sich sehr gut hineinversetzen. Es gibt etliche Szenen im Buch, die dermaßen Emotionen beim Lesen hervorrufen, dass man das Buch gar nicht mehr aus den Händen legen mag.
Außerdem erzählt Carol Weston sehr feinfühlig davon, wie man trotz der Trauer und Liebe zu einem verstorbenen Angehörigen neue Liebe und neues Glück finden kann und dass es in Ordnung ist, wieder lachen zu können und Freude zu empfinden.
Hier gefällt mir besonders gut, dass trotz aller Veränderungen, die in Sofias Leben eintreten, ihre verstorbene, spanische Mutter, immer ein Teil von ihr bleibt. Carol Weston hat dies sehr gut durch spanische Sätze in die Geschichte eingebunden, wenn diese vom Kontext her passen, und Sofias spanischen Abuelo, der auch nach dem Tod seiner Tochter eine gleichbleibend große Rolle in Sofias Leben spielt.

Über ein Jahr erzählt die Autorin von Sofias Verlust und den Veränderungen in ihrem Leben, die niemals eingetreten wären, wenn sie nicht ihre Mutter und ihr Vater nicht seine Frau verloren hätte.
Dabei packt sie viel Stoff in einen überschaubaren Zeitraum, sei es an Figuren oder Entwicklungen und überraschenden Wendungen. Dennoch kam mir die Geschichte an keiner Stelle überladen vor, noch wirkte auch nur einer ihrer Charaktere flach.
Um den Bogen zum Vergleich zu Beginn und dem Titel der deutschen Ausgabe zu schlagen, sei so viel verraten, dass es Sofia nach etlichen Hürden und schweren Entscheidungen gelingt ihren persönlichen Berg zu erklimmen und dafür belohnt wird.

“Wie man bei Regen einen Berg mit Flip-Flops erklimmt” beginnt zwar mit dem denkbar schlimmsten Verlust, den eine Familie erleiden kann, der ungewöhnliche Titel und die Leichtigkeit des Covers geben jedoch ein Versprechen, das die Geschichte mehr als erfüllt.
Auch wenn ein großer Verlust eine Trauer mit sich bringt, die Zeit des Lebens ein Teil von einem sein wird, ist sie kein Hindernis dafür, dass man eines Tages wieder glücklich sein kann!

Veröffentlicht am 06.04.2019

Eine Liebeserklärung an Berlin und an die Liebe!

Grüne Gurken
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Ich habe seit “Ja. Nein. Vielleicht” mehrere Bücher von Lena Hach gelesen und gemocht, aber so verliebt wie in genannten Titel bin ich erst mit “Grüne Gurken” wieder

Ich habe seit “Ja. Nein. Vielleicht” mehrere Bücher von Lena Hach gelesen und gemocht, aber so verliebt wie in genannten Titel bin ich erst mit “Grüne Gurken” wieder <3

Landkind Lotte ist neu in Berlin. Ihre Eltern haben sie gegen ihren Willen vom hessischen Dorfleben in die Großstadt verwurzelt, da die beiden dort einen neuen Job antreten. Lottes Eltern, sowie ihre komplette Familie – wie Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen, sind hochbegabt, wohingegen Lotte, wie sie immer betont, nur “normal begabt” ist und auch keine Ambitionen hegt in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten. Ihre Eltern drängen sie immer wieder zu IQ Tests, so dass sich Lotte nicht nur fehl am Platz in Berlin fühlt, sondern auch wie ein Außenseiter in der eigenen Familie.
Durch Zufall findet sie Anschluss in Berlin, als die Lust auf Milchreis sie in den gegenüberliegenden Spätkauf verschlägt, wo der Inhaber sie kurzer Hand als Aushilfe anheuert. Für Lotte startet hier nicht nur ihr erster Job, sondern auch die erste Liebe, die mit “Grünen Gurken” anfängt…
Einmal die Woche kommt ein Junge in den Laden, am selben Tag zur selben Zeit, der exakt 10 grüne Gurken kauft.

Lena Hach hat mit “Grüne Gurken” einen lockeren Teenagerroman mit Tiefgang geschrieben, dem man den Tiefgang auf den ersten Blick gar nicht anmerkt. Lotte hat eine lockere Art. Auch wenn sie teilweise von Selbstzweifeln geplagt wird, da sie den hohen Erwartungen ihrer Eltern nicht gerecht werden kann und will, so zieht sie doch mit ihrer tollpatschigen Art und ihrem Sinn für Humor die Leser auf ihre Seite. Als sie zufällig ihren Job im Spätkauf antritt, kommen Lottes Stärken zu Tage. Es fällt direkt auf, dass ihre Eltern ihr wenig zutrauen und den Job zudem als minderwertig empfinden. Wo Lottes Eltern ihre Tochter leider oft nur auf messbare Intelligenz reduzieren, sehen der Besitzer des Spätkaufs und dessen Freundin viel mehr in Lotte und diese blüht regelrecht auf.
Vielleicht ist dadurch auch zu erklären, dass Lotte über ihren Schatten springt und dem “Grüne Gurken” Einkäufer ein Signal setzt, dass sie ihn gerne näher kennenlernen möchte – manchmal sagen Weingummis eben mehr als Worte ;)

Neben Lotte mochte ich vor allem Yunus vom Spätkauf und seine Freundin Miri, sowie “Vincent” sehr gerne. Neben Lotte schafft es Lena Hach auch diesen Figuren viel Leben und besondere Eigenheiten mit auf den Weg zu geben, obwohl der Umfang des Buches recht überschaubar ist.
Die Entwicklung zwischen Lotte und Luke, wie der grüne Grüne Gurken Käufer “Vincent” tatsächlich heißt, sowie Yunus und Miri war so nicht vorhersehbar. Die Geschichten sind sehr lebensnah und spannen einen Bogen von der ersten Liebe, über die Weiterentwicklung zweier Menschen bis zum Gehen von getrennten Wegen.
Besonders intensiv und bewegend ist das Geheimnis, das hinter den 10 Grünen Gurken steht, die Luke nicht für sich selbst besorgt.

Lena Hachs Roman “Grüne Gurken” ist eine Liebeserklärung an Berlin und die Liebe, es ist aber auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden, Verlust und Abschied. Hinter dem farbenfrohen und jugendlichen Cover steckt viel Tiefe, trotz dessen bleibt die Geschichte locker und liebenswert – eine Kunst, die nicht jeder Autor beherrscht!

Besonders erwähnenswert sind die Infografiken von Katja Berlin. Im Buch ein Hobby von Lotte, ergänzen sie die Geschichte auf wunderbare und ungewöhnliche Weise und verkörpern Lottes lakonische Art und ihren speziellen Humor perfekt.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Fantasievolle Tierabenteuer mit tollen Illustrationen

Ein Affe an der Angel
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Darko ist Tierforscher und Fachmann für Abenteuer. Dummerweise lässt seine Mutter ihn an dem verregneten Tag nicht nach draußen, obwohl er doch dringend seinen Freunden zur Seite stehen müsste, um das ...

Darko ist Tierforscher und Fachmann für Abenteuer. Dummerweise lässt seine Mutter ihn an dem verregneten Tag nicht nach draußen, obwohl er doch dringend seinen Freunden zur Seite stehen müsste, um das Dach ihrer Forscherhütte abzudichten. Seine Mutter kennt jedoch kein Pardon und so sieht Darko sich gezwungen den Mittag in seinem Zimmer zu verbringen. Da er eigentlich vorhatte außer der Arbeit am Hüttendach auch Würmer im Regen zu angeln, entwickelt er einen alternativen Plan, schließlich ist er perfekt ausgerüstet. Allein seine Multifunktionswendeweste würde jeden anderen Forscher vor Neid erblassen lassen.
Kurze Zeit später beginnt Darko aus seinem Zimmerfenster heraus zu angeln, doch statt der erhofften Würmer beißen völlig andere Tiere an…
Ein Brillenpelikan, ein Brüllaffe, ein Ameisenbär, ein Krokodil und ein Elefant erklimmen nach und nach das Fensterbrett zu Darkos Zimmer und alle wollen Darko helfen Regenwürmer zu angeln. Kurzerhand rufen sie eine FANG-Konferenz aus, bei der jeder einen Vorschlag machen darf, wie man es am besten anstellt Würmer zu ködern, doch dabei müssen sie die Erfahrung machen, dass es manchmal gar nicht einfach ist im Team zu arbeiten und Kompromisse schließen zu müssen.

“Fang!” ist die erste von drei Geschichten in “Ein Affe an der Angel: Fantastische Tiergeschichten aus der Stadt”. Die anderen beiden heißen “Marsch!” und “Klopf!”, auch in diesen begegnet man Darko und seinen neuen Tierfreunden, die im Übrigen aus seinem Tierlexikon stammen, in das sie nach jedem Abenteuer wieder hineinklettern.
“Marsch!” spielt auf der Autobahn in einem Stau und “Klopf!” wieder Zuhause bei Darko und in einer Tierarztpraxis. Wie in “Fang!” erleben die kleinen Leser hier fantasievolle Abenteuer, an deren Ende jeweils ein kleiner Lerneffekt steht. Vor allem nimmt man aus Darkos Geschichten mit, dass man Tiere mit Respekt behandeln muss, egal, ob sie klein oder groß sind, und dass es mit Verantwortung einhergeht, wenn man ein Haustier halten möchte.
Die Geschichten sind sehr schön und kindgerecht gestaltet. Sie bringen kleinen Lesern die Tierwelt näher und geben ihnen ein Gespür dafür, was es heißt mit Tieren zu leben und aufzuwachsen.

Jonny Bauer sprüht nur so von fantastischen Einfällen und Stephan Lomp hat seine Geschichten kongenial umgesetzt.
Die fantasievollen Tierabenteuer von Darko und seinen Freunden eignen sich für kleine Zuhörer ab 4 Jahren sowie für Erstleser. Da das Buch in drei Abenteuer unterteilt ist und diese reichlich bebildert, sowie in kurze Kapitel unterteilt sind, sind die Geschichten auch perfekt für ungeübte Leser oder zum Vorlesen geeignet. Hierbei ist hervorzuheben, dass auch Erwachsene Freude an dem verrückten Humor und den skurrilen Einfällen haben, denn nur so macht Vorlesen wirklich Spaß!
Neben den Geschichten bieten Stephan Lomp Illustrationen zusätzlichen Spaß und wecken bei Kindern den Forscherdrang. Die zahlreichen Tiere sowie Darkos Ausrüstung laden regelrecht dazu ein, die Bilder genauestens unter die Lupe zu nehmen und das Buch wieder und wieder zu lesen und zu betrachten.

“Ein Affe an der Angel” ist eine kleine, aber ausgesprochen feine, Sammlung von Tiergeschichten, die Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter einige Jahre begleiten wird, und wer weiß? Vielleicht darf man sich ja auf weitere verrückte Abenteuer von Darko und seinen tierischen Begleitern freuen. Das Potential dafür ist da, und Lust auf mehr allemal!

Veröffentlicht am 29.03.2019

Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück...

Sturmwächter 1. Das Geheimnis von Arranmore
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Der elfjährige Fionn Boyle verbringt den Sommer gemeinsam mit seiner Schwester Tara auf der irischen Insel Arranmore. Dort lebt sein Großvater als Sturmwächter der Insel und beschützt deren Bewohner vor ...

Der elfjährige Fionn Boyle verbringt den Sommer gemeinsam mit seiner Schwester Tara auf der irischen Insel Arranmore. Dort lebt sein Großvater als Sturmwächter der Insel und beschützt deren Bewohner vor der dunklen Macht einer Zauberin, die in den Tiefen Arranmores schläft.
In diesem Sommer erfährt Fionn, dass aus seiner Familie bereits eine ganze Reihe Sturmwächter hervorgegangen sind und auch er dieses Erbe in sich trägt. Es beginnen Ferien, die geprägt sind von Magie, Gefahr und Reisen in vergangene Zeiten, welches den Sturmwächtern durch magische Kerzen, in denen Erinnerungen festgehalten sind, ermöglicht wird...

Der Auftakt der Sturmwächter-Reihe "Das Geheimnis von Arranmore" lässt mich zwiespältig zurück. Zum einen begeistert Catherine Doyle mit einem wunderbaren Setting und einer frischen Idee, von der ich so noch nie gelesen habe. Zudem gelingt es ihr schwierige Themen wie Verlust, Depression oder Demenz ganz beiläufg mit in die Handlung einzupflechten. Zum anderen konnte ich aber bis auf wenige Charaktere keine Verbindung zu dem Personal des Buches knüpfen. Sei es aus Antipathie oder weil die Autorin recht viele Personen nur am Rand präsentiert.
Fionn ist zu Beginn der Geschichte mit seiner trotzigen Art zwar noch nicht sonderlich sympathisch, aber er zieht den Leser im Laufe des Buches auf seine Seite, da er eine große Entwicklung durchmacht und charakterlich mit seiner Aufgabe, für die er vorherbestimmt scheint, wächst. Auch sein Großvater Malachy Boyle kann mit seiner ruhigen und besonnen Art überzeugen. Der Rest der Figuren ist für mich zumindest in diesem Auftaktband austauschbar.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und kindgerecht, man gleitet leicht durch die Seiten, zumal das Schriftbild angenehm groß ist und die Seiten somit nicht überladen von Text sind.
Für das angesprochene Lesepublikum sollte die Mischung aus Abenteuern und Rätseln passen, für ältere Leser fehlt es den Figuren an Tiefe. Andererseits bin ich mir etwas unsicher, ob die Geschichte für junge Leser an einigen Stellen nicht zu düster ist.
Das Ende von "Das Geheimnis von Arranmore" deutet an, dass es mit Fionn und den Sturmwächtern von Arranmore weitere Abenteuer zu bestehen gilt.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Pflichtlektüre für die Generation der Digital Natives!

Ein wirklich erstaunliches Ding
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April May entdeckt eines Abends in New York eine riesenhafte roboterähnliche Statue. Um diese seltsame Erscheinung zu würdigen, dreht sie gemeinsam mit ihrem Freund ein Video und stellt es auf YouTube. ...

April May entdeckt eines Abends in New York eine riesenhafte roboterähnliche Statue. Um diese seltsame Erscheinung zu würdigen, dreht sie gemeinsam mit ihrem Freund ein Video und stellt es auf YouTube. Schon bald geht das Video viral und der Riese – den April CARL nennt – sowie April selbst erlangen schnell so etwas wie Berühmtheit. Außer New York CARL sind zum exakt gleichen Zeitpunkt 63 weitere CARLs weltweit aufgetaucht. Keiner weiß woher sie kommen, noch was es mit ihnen auf sich hat. Das Gerücht, dass es sich bei den CARLs um ein Zeichen Außerirdischer handelt, kommt auf und verstärkt sich, zumal die CARLs, oder deren Erschaffer, einen Weg finden mit den Menschen im Traum zu kommunizieren.

'Die Carls waren mehr als mein Leben – sie waren meine Identität geworden.' (S.208)

Die Mittzwanzigerin April May zählt zu den sogenannten Digital Natives. Die Generation, die mit den sozialen Medien aufgewachsen ist, im Gegensatz zu den Digital Immigrants, die diese Welt erst im Erwachsenenalter kennengelernt haben. Ich erlebe dieses Zusammentreffen zweier Generationen selbst tagtäglich zwischen meiner Tochter und mir. Obwohl ich selbst in den sozialen Medien nicht nur unterwegs, sondern bis zu einem gewissen Grad auch aktiv bin, erstaunt und erschreckt es mich doch immer wieder, wie die sozialen Medien sich in den letzten Jahren entwickelt haben und unser Leben beeinflussen oder sogar vereinnahmt haben.
Fehler, die man heute macht, ziehen größere Kreise und schwerwiegendere Folgen nach sich, als welche, die man zu Zeiten ohne Internet gemacht hat. Dazu muss man nur eine Generation in die Vergangenheit reisen. Was wäre denn vor dreißig Jahren passiert, wenn man abends einer Skulptur wie CARL begegnet wäre?
Mich fasziniert Hank Greens Spiel mit den sozialen Medien und die Kritik, die sich aus April Mays Geschichte ziehen lässt. Wenn man erst einmal mit etwas an die Öffentlichkeit getreten ist, fällt es schwer sich wieder daraus zurückzuziehen. Es grenzt fast an den Bereich des Unmöglichen.
April steht in der Geschichte irgendwann an dem Punkt, dass sie nur noch den Weg nach vorne sieht, und kein Zurück mehr, unabhängig von den Konsequenzen. Ich dachte häufig, dass die Alternativen größer gewesen wären, ohne die breite Masse an Fans und Feinden durch die sozialen Medien im Hintergrund. April will zwar das Geheimnis der CARLs lösen, aber ihre Follower sind ihr irgendwann nicht minder wichtig.

'Das Wissen, dass eine Idee nicht die allerbeste ist, macht es nicht unbedingt wahrscheinlicher, dass man sie aufgibt.' (S.104)

Das Buch hat mich fasziniert und ich kann es kaum erwarten zu erfahren, wie es mit den CARLs weitergeht. Dennoch bin ich mir sicher, dass das Buch außer auf Faszination auch auf viel Ablehnung stoßen wird. Genauso, wie es April im Buch ergeht. Zum einen passt Hank Greens Debüt in keine Genre-Schublade, zum anderen ist die Geschichte gegen Ende echt brutal. Des Weiteren könnte ich mir vorstellen, dass es Leser gibt, denen die erste Hälfte des Buches zusagt, dann aber von der Entwicklung, die sich logisch nicht erklären lässt, abgeschreckt werden. Aber egal, wie man zu der Geschichte an sich steht, ich denke eines erreicht Hank Green bei jedem Leser: die CARLs regen zum Nachdenken an und lösen Diskussionen aus.

“Ein wirklich erstaunliches Ding” ist modern und am Puls der Zeit. Gerade durch Aprils Perspektive fühlt man sich an ihre Seite gestellt und erlebt ihre Abenteuer hautnah mit.
Das Tempo habe ich als sehr unterschiedlich empfunden. Wo zu Beginn noch alles sehr ausführlich erzählt wird und die Entwicklung der Ereignisse gefühlt so langsam vonstatten geht, dass man stellenweise denkt, dass kaum etwas passiert, so überschlagen sich am Ende die Ereignisse, so dass es nahezu ein Schock ist, wenn man auf der letzten Seite angelangt und mit vielen Fragezeichen im Kopf allein gelassen wird. Trotz des unterschiedlichen Erzähltempos hatte ich dennoch nie das Gefühl, dass die Geschichte sich in die Länge zieht, da Hank Greens Schreibstil jugendlich frisch und flüssig ist und er Kniffe einsetzt, um die Neugierde auf den späteren Verlauf zu schüren.

Hank Greens Debütroman ist in meinen Augen Pflichtprogramm für die Generation der Digital Natives!