Profilbild von clematis

clematis

Lesejury Star
offline

clematis ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit clematis über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.03.2025

Ohlsen Ohlsen

Die Brandung – Moorengel
0

Am Thorsberger Moor wird ein einzelner menschlicher Finger gefunden und der Museumsleiterin Fria Svensson zugespielt, die ihre Expertise und den Fall an Hauptkommissar Ohlsen Ohlsen abgibt. Gleichzeitig ...

Am Thorsberger Moor wird ein einzelner menschlicher Finger gefunden und der Museumsleiterin Fria Svensson zugespielt, die ihre Expertise und den Fall an Hauptkommissar Ohlsen Ohlsen abgibt. Gleichzeitig verschwinden ein siebenjähriges Mädchen und mehrere Zuchtkätzchen.

In rasanter Abfolge wechseln Szenen, Schauplätze, Handlungsstränge, oftmals derart, dass man gar nicht weiß, um welche Figur es sich auf der aktuellen Seite handelt, schon spielt auf der nächsten jemand anderes die wichtigste Rolle. So dauert es eine gewisse Zeit, bis man sich zurechtfindet im deutsch-dänischen Grenzgebiet, in dem eine Leiche gefunden wird und ein Kind verschwunden ist. Die persönliche Betroffenheit über den Vermisstenfall spürt man sowohl bei Ohlsen als auch bei Fria, aber dieser muss zwischenzeitlich auf Eis gelegt werden, der Moorleiche wird Vorrang eingeräumt. Interessante Details kommen aufs Tapet, neue Charaktere werden eingeführt, wer ist wichtig fürs Geschehen, wer soll ablenken und in die Irre führen? Die Ermittler sind gefragt, der Leser darf sich ebenfalls den Kopf zerbrechen. Zwischen Fingergliedern, Leichen aus dem See, Katzen und einer vernachlässigten, verschollenen Schülerin wird man förmlich hin- und hergerissen.

Den Leser erwarten spannende Stunden, das Ende wird nicht jedem gefallen, für mich ist es aber stimmig, genau so, wie es Karen Kliewe niederschreibt. Leseempfehlung für scharfsinnige Köpfe.

Veröffentlicht am 08.03.2025

Großtante Clara

Vor hundert Sommern
0

Elisabeth ist vierundneunzig und seit Kurzem im Seniorenheim, Tochter Anja und Enkelin Lena räumen nach und nach die Wohnung aus, wobei sie auf die Spuren von Anjas Großtante Clara stoßen. Im Jahre 2024 ...

Elisabeth ist vierundneunzig und seit Kurzem im Seniorenheim, Tochter Anja und Enkelin Lena räumen nach und nach die Wohnung aus, wobei sie auf die Spuren von Anjas Großtante Clara stoßen. Im Jahre 2024 erzählt Elisabeth endlich, was sich 1924, also hundert Jahre zuvor, und in den darauffolgenden Jahren ereignet hat.

Katharina Fuchs zeichnet liebevolle Detailbilder, welche schlussendlich zur Größe dieses bemerkenswerten Romans beitragen. Die Gegenwart erfahren wir aus Anjas und Lenas Sicht, die Vergangenheit aus jener von Clara, die Übergänge gestaltet die Autorin so fließend, dass es eine Freude ist, hier regelmäßig hin und her zu wechseln und Elisabeth beim Erzählen zu lauschen. Bald spürt man als Leser, wie viele Parallelen es tatsächlich gibt zwischen den beiden Zeitebenen, da Fuchs eine ganze Reihe an treffenden Beispielen und aktuellen Vorkommnissen in die Handlung hineinflicht. Bemerkenswert ist die spürbare Nähe zu den Figuren, diese ist vermutlich deshalb so gut gelungen, weil es tatsächlich familiäre Vorbilder gibt für die grundsätzlich fiktive Geschichte. Interessante Szenen verdeutlichen, wie Erlebnisse einer Person ihre Nachkommen beeinflussen können und wie auch folgende Generationen geprägt werden, selbst (oder gerade dann), wenn darüber geschwiegen wird.

Ein angenehmer Schreibstil führt durch die mehr als fünfhundert Seiten, welche aufgrund der wechselnden Blickwinkel und unterschiedlichen Zeitlinien kurzweilig und unterhaltsam zu lesen sind. Aufgrund der Charakterisierung kann man sich gut in die Figuren hineinversetzen, auch wenn man selbst vielleicht anders entscheiden würde. Ein absolut lesenswerter Roman mit einer Vielzahl an wahren Begebenheiten, den ich sehr gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 06.03.2025

Lodernder Sturm

The Christmas Fix
0

Die Kleinstadt Merry (Connecticut) wird vom Hurrikan Veronica heimgesucht, die halbe Stadt steht unter Wasser. Bürgermeister Noah Yates weiß, dass staatliche Hilfen möglicherweise erst in einigen Monaten ...

Die Kleinstadt Merry (Connecticut) wird vom Hurrikan Veronica heimgesucht, die halbe Stadt steht unter Wasser. Bürgermeister Noah Yates weiß, dass staatliche Hilfen möglicherweise erst in einigen Monaten eintreffen, tut sich aber gleichzeitig schwer dabei, die Unterstützung von Catalina – Cat – King und ihrem Reality-TV anzunehmen, da er befürchtet, dass es ihr nur um Quoten und Selbstdarstellung geht. Während Cat und Noah einen Streit nach dem anderen ausfechten, spürt ihre Umgebung schon einen ganz anderen Sturm auflodern.

Cat ist eine selbstbewusste junge Frau, die sich ihre Position im Showbusiness hart erarbeitet hat und ihr Leben tagtäglich so genießt, wie es gerade daherkommt, Noah ein rational vorgehender Mensch, der jeden Schritt mehrfach abwägt und daher heimlich als „Mr. Neinsager“ in der Stadt gilt. Dass Turbulenzen vorprogrammiert sind, wenn die beiden aufeinandertreffen, ist also keineswegs verwunderlich. Die Rahmenhandlung mit einer überfluteten Stadt und etlichen Bürgern ohne Dach über dem Kopf zwingt alle Beteiligten zum raschen Handeln, für Gefühle kann gar keine Zeit bleiben. Leider vermisst man diese aber auch später, während der Putz- und Wiederaufbauarbeiten und der sich anbahnenden Liebelei. Obwohl abwechselnd aus Cats und Noahs Sicht erzählt wird, können deren Emotionen nicht richtig an die Oberfläche dringen, schon gar nicht mich als Leser so berühren, dass ich mit ihnen fühle. Ich kann nicht genau benennen, woran es liegt, ich vermisse die romantische Stimmung, die weihnachtliche Atmosphäre, welche ich trotz einer vorangegangenen Katastrophe erwartet habe. Das Ende kommt dann überhastet, der zweite Epilog zieht die Sache unnötig in die Länge.

Die Idee zum Buch, welche der Klappentext vermittelt, gefällt mir ausgezeichnet, die Geschichte selbst könnte aber ein wenig straffer, dafür mehr gefühlsbetont sein. Alles in allem eine reizvolle Geschichte, die gut rund um die Weihnachtszeit passt.

Veröffentlicht am 05.03.2025

Tod in der Tiefe

Die Kammer
0

Vom Taucherbasisschiff DSV Deep Topaz aus geht es für sechs Sättigungstaucher in die Tiefe der Nordsee, um eine Ölpipeline zu kontrollieren. Dafür begeben sich eine Frau und fünf Männer für 28 Tage in ...

Vom Taucherbasisschiff DSV Deep Topaz aus geht es für sechs Sättigungstaucher in die Tiefe der Nordsee, um eine Ölpipeline zu kontrollieren. Dafür begeben sich eine Frau und fünf Männer für 28 Tage in eine Kammer zum Druckausgleich. Was üblicherweise zwar anstrengend, aber Routine ist, wird dieses Mal zum Horrortrip, da es schon bald nach Betreten der engen Unterkunft einen rätselhaften Todesfall gibt.

Will Dean beschreibt meisterhaft, wie die Taucher auf engstem Raum zusammenleben müssen, lässt den Leser ab der ersten Seite die Beklemmung spüren, wenn sich die letzte Luke schließt. Bestens recherchiert und überaus detailliert werden Schlafkojen, Aufenthaltsraum und Nasszelle veranschaulicht, aufrecht stehen kann man in keiner Nische, Privatsphäre existiert praktisch nicht. Die Portraits der sechs Menschen, welche diesen gefährlichen, aber einträglichen Beruf ausüben, sind recht unterschiedlich, dennoch arbeitet man auf professionelle Weise zusammen. Auch die aufs wesentliche reduzierte Kommunikation und die eigene Art von Humor beleuchtet der Autor treffend.

Ruhe bewahren, das ist das wichtigste Grundprinzip auf See, Ruhe strahlen auch die Zeilen in diesem Thriller aus, obwohl gleichzeitig Enge, Beklemmung und der Tod eines Kameraden für alptraumhafte Szenen sorgen. Die Atmosphäre in der Kammer ist so gut eingefangen, dass man Gänsehaut verspürt und bisweilen den Atem anhalten muss. Jede Minute bis zum Ausstieg aus dem Druckbehälter fühlt sich an wie Stunden, die Ungewissheit, was zum Tod des jüngsten Tauchers geführt hat, zehrt an den Nerven der verbliebenen Mannschaft. Nicht nur deren übliche Aufgaben werden präzise dargestellt, auch ihre Gemütsverfassung in der aktuellen Ausnahmesituation wird lebhaft widergespiegelt. Besonders gut gelingt dies, da Ellen Brooke, die einzige Frau im Team, selbst die Stimme der Erzählerin übernimmt und daher direkt aus dem bedrückenden Behältnis berichtet. Die Spannung steigt mit jedem Tag fernab der „normalen Welt“, das Ende verblüfft durch das Verknüpfen loser Fäden, wobei noch Raum bleibt für Spekulationen. Mir hats jedenfalls gefallen, auch wenn nicht jede Frage beantwortet ist.

Ein Thriller mit besonderer Atmosphäre, der durch Überraschungen punkten kann. Leseempfehlung!



Veröffentlicht am 05.03.2025

Der Fremde

Stumme Zypressen
0

Im malerischen Montegiardino in der Toskana geht alles seinen ruhigen Lauf, bis ein Fremder nachts anreist und tags darauf stundenlang um die Marktstände spaziert. Was will der unheimliche Mann in Schwarz ...

Im malerischen Montegiardino in der Toskana geht alles seinen ruhigen Lauf, bis ein Fremder nachts anreist und tags darauf stundenlang um die Marktstände spaziert. Was will der unheimliche Mann in Schwarz im Dorf und warum sind plötzlich zwei Gänse tot? Als dann auch noch ein Wanderer angeschossen wird, hält man den Unnahbaren für einen hinterhältigen Jäger, der sein eigentliches Ziel verfehlt hat.

Auch im vierten Band dieser unterhaltsamen Krimiserie spart Paolo Riva nicht mit bildreichen Eindrücken aus der hügeligen Landschaft in der flirrenden Sommerhitze und eindrücklichen Schilderungen vom Dorf selbst. Sei es Fabio an der alten Cimballi-Kaffeemaschine in seiner Bar auf dem Kirchplatz, sei es der belebte Markt mit seinen Farben und Gerüchen und alteingesessenen Händlern, jede Einzelheit ist dazu da, dass der Leser sich sofort wohlfühlt inmitten bereits bekannter Gesichter, allen voran Commissario Luca, alleinerziehender Vater und Chef dreier Esel. Wer die Reihe bereits kennt, weiß, was ich meine, wer sich fragt, wer mit drei Eseln lebt, dem empfehle ich sogleich Band 1: Flüssiges Gold.
Viel Toskanaflair ist also auch diesmal dabei, dazu ein Hahn namens Gaius Julius Caesar, der den Nachbarn Schlaf und Nerven raubt. Ein wenig Geduld muss man allerdings aufbringen, bis der klug und pragmatisch handelnde Kommissar endlich einen wirklichen Fall zum Ermitteln bekommt. Und dieser wird dann zwar auch logisch, aber recht rasch abgehandelt. Nichtsdestotrotz bietet die Kulisse Platz zum Träumen, erlebt man mit Signora Agnellis Viechern eine tierische Tragikomödie [kindle, Pos. 369] und als Draufgabe verschiedenste Ermittlungsansätze, die mit aufregenden Szenen gegen Ende hin dann doch noch rechtzeitig den wahren Täter und sein Motiv entlarven.

Ein schöner Teil dieser eher ruhigen Krimireihe, die mich immer wieder in Urlaubsstimmung versetzt und einen Schuss an Aufregung liefert, welche der umsichtige Kommissar aber stets kalmieren kann. Sympathische Charaktere in stimmungsvoller Umgebung, davon darf es gerne noch mehr geben.