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Veröffentlicht am 23.05.2025

Eine Hommage an eine irische, schrullige Dorfgemeinschaft

Das ist Glück
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Das Cover verdeutlicht sehr gut die zwei wichtigsten Veränderungen in einem fiktiven, fast vergessenen, irischen Dorf namens Faha: in der Karwoche 1958 hört es zum Ersten auf zu regnen. Schönwetterwolken ...

Das Cover verdeutlicht sehr gut die zwei wichtigsten Veränderungen in einem fiktiven, fast vergessenen, irischen Dorf namens Faha: in der Karwoche 1958 hört es zum Ersten auf zu regnen. Schönwetterwolken und grünes Gras beglücken die bäuerliche Dorfgemeinschaft und den 17-jährigen Noe (Noel) Crowe und dessen Großeltern. Und zweitens wird dieser verschlafene Ort endlich an das nationale Stromnetz angeschlossen, was die Strommasten-Reihe im Cover klar verdeutlicht. Das katholische Irland in der unerwartet sonnigen Karwoche vor mehr als sechs Jahrzehnten bildet die Hintergrundszenerie des nun betagten Erzählers Noel Crowe. Sein Rückblick auf seine Zeit als Siebzehnjähriger beleuchtet das einfache, bäuerliche Dorfleben seiner Großeltern Ganga und Doady, die Aktivitäten des Untermieters, Freund und Mentors Christy nebst seiner Zuneigung zur Apothekerin Annie Mooney. Der katholische Glaube, betrachtet durch Gläubige und Nichtgläubige, Letztere wie der Allgemeinmediziner Dr. Troy, zeigt eine verlorene religiöse Qualität. Die Beschreibung der Akzeptanz des Lebens, des Todes und die Beherrschung der Kunst des Schweigens aus Respekt, Sensibilität, Mitmenschlichkeit und Barmherzigkeit nicht nur in einer verarmten Lebenssituation ist einfühlsam gelungen. Die eigensinnigen, sturen, an Traditionen festhaltenden, starken und liebevollen Schlüsselfiguren kommen, gemeinsam helfend, gut zurecht in dem vergessenen Ort Faha, beschrieben voller Emotionen, teils melancholisch, teils sogar trostspendend, teils voller tief bewegender Liebesgeschichten. Die wachsende Zuneigung, Verbundenheit und Verehrung Noe‘s für Christy, auch dessen Liebe für Annie Mooney und Bitte um Vergebung – alles steckt voller lyrischer Prosa. Auch die Kultur rund um irische Folklore mit Fleadh, Fiddle, Tinwhistle oder Dudelsack, mit Figuren aus der mittelalterlichen Epik Irlands wie Cú Chulainn oder mit Tanzmelodien der Hucklebucks, Musiker wie Junior Crehan oder Garret(t) Barry wird eingeflochten.
„Das ist Glück, einfach aufgrund der schlichten Wahrheit, dass man am Leben war und fähig, es zu sagen.“
Ein Lesevergnügen!

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Veröffentlicht am 20.05.2025

Ob reich, ob arm – alles hat Vor- und Nachteile

Die Fletchers von Long Island
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Das Cover ist nicht besonders künstlerisch ansprechend gestaltet. In drei Teilen geht es um drei Generationen einer jüdisch-amerikanischen Familie. Die Fletchers aus Middle Rock, Long Island, werden im ...

Das Cover ist nicht besonders künstlerisch ansprechend gestaltet. In drei Teilen geht es um drei Generationen einer jüdisch-amerikanischen Familie. Die Fletchers aus Middle Rock, Long Island, werden im ersten Teil mit allen Familienmitgliedern vorgestellt, wobei die jüngste Generation in ihrer privilegierten Lebenssituation alles andere als glücklich und beruflich erfolgreich sind. Das Judentum mit Begriffen wie z.B. Schiwa, Bar Mitzwa oder Dibbuk wird, mit dem blinden Passagier Zelig Fletcher aus Polen 1942 beginnend, vorgestellt, auch eine Rückschau seiner raschen Erfolge in Amerika. Mit der Entführung seines Sohnes Carl und seiner Freilassung nach fünf Tagen beginnt für die ganze Familie ab 1980 eine traumatische Phase, die selbst nach vier Jahrzehnten Spuren hinterlässt, einfühlsam beschrieben. Teils ist der Schreibstil humorvoll, gerade heraus menschlich, teils tiefer gehend wie z.B. die explodierende, stinkende Umweltkatastrophe um das Styropor – Verpackungsmaterial in Carls brennender Fabrik oder Beamer’s Zusammenbruch durch Zuviel an Drogen und Medikamentenmix. Mit dem Tod von Carl wird im dritten Teil des Romans der wahre Long-Island-Kompromiss eingeleitet: Die immer noch reichen Fletchers verlassen Long Island nach der Auflösung und Verteilung aller Wertgegenstände. Auf S. 568 schließt der Roman mit folgender Erkenntnis: Ob du aus eigener Kraft erfolgreich bist oder einen Sprung in der Schüssel hast, wird von den Umständen bestimmt, in die du geboren wirst. Deine Armut wird deinen Kindern ein großer Antrieb sein. Dein Reichtum wird sie Menschen machen, die nie lernen, sich selbst zu ernähren. Aber die Leute, die sich aus eigener Kraft hocharbeiten, verlieren nie die Angst vor dem Absturz. Die, die das Glück hatten, in Sicherheit und Bequemlichkeit geboren zu werden, entwickeln sich gar nicht erst zu vollständigen Menschen. Wer entscheidet, was besser ist?

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Veröffentlicht am 17.05.2025

Geheimnisse rund um die grüne Kapelle

Perlen
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Das Cover lässt bei genauerem Hinsehen ein Schwarz-Weiß-Foto erkennen, hinterlegt in Schlangenlinie angeordneten, kreisrunden Ausschnitten, wie Perlen an unsichtbarer Schnur angeordnet. Der Titel PERLEN ...

Das Cover lässt bei genauerem Hinsehen ein Schwarz-Weiß-Foto erkennen, hinterlegt in Schlangenlinie angeordneten, kreisrunden Ausschnitten, wie Perlen an unsichtbarer Schnur angeordnet. Der Titel PERLEN geht auf ein Lieblingsgedicht der geliebten, vermissten Mutter zurück, deren Bedeutung sich nach und nach auch dem Leser erst voll erschließt. Jedes Kapitel beginnt mit englischen Reimen, Gedichten, im Text selbst gibt es auch erinnerte Lieder und Märchen im Original aus Gute-Nacht-Geschichten der Mutter, deren plötzliches, rätselhaftes Verschwinden erst in den letzten zwei Kapiteln mit einem tröstlichen Ort des Gedenkens aufgedeckt wird. Insgesamt wirkt der Schreibstil sehr poetisch. Die Szenerie spielt in Wolverhampton und Birmingham in zwei voll eingerichteten, renovierungsbedürftigen Häusern von Senioren als übernommenes Zuhause. Die mysteriöse Hauptfigur Marianne, immer in einer anstrengenden Außenseiterrolle, quält sich ab acht Jahren mit Fragen, Erinnerungen und Schuld rund um ihre sie prägende Mutter. In nicht ganz chronologisch angeordneten Rückblenden erhellt sich ihr sehr problematisches Erwachsenwerden. Themen wie Trauer, psychische Erkrankungen der Tochter, die postpartale Depression der Mutter, deren Suche nach Trost werden einfühlsam behandelt. Jedoch findet sich auch das ein oder andere Kapitel ohne Sinnzusammenhang zum großen Rest mit rotem Faden.
Insgesamt ein einfühlsamer Roman über tiefe Traurigkeit, britische Folklore und Poesie, Einrichtungen wie Age UK, Bräuche wie Besenhochzeit und die WAKES.

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Veröffentlicht am 15.05.2025

Beschreibung einer teils surrealen Welt

Verzauberte Vorbestimmung
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Das Cover zeigt Ned Ludd, mystischer Anführer der Ludditen, herausgefiltert aus einem hand-kolorierten Stich aus 1812 auf gelbem Grund. In einem von fünf großen Teilen geht es um einen böhmischen Weber, ...


Das Cover zeigt Ned Ludd, mystischer Anführer der Ludditen, herausgefiltert aus einem hand-kolorierten Stich aus 1812 auf gelbem Grund. In einem von fünf großen Teilen geht es um einen böhmischen Weber, der wie diese Ludditen des 19. Jahrhunderts durch einen automatisierten Webstuhl ersetzt wird.. Diese Bewegung englischer Textil-Arbeiter und Weber kämpfte vorab wie er verzweifelt gegen den Einsatz von Maschinen, gegen Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen an. Während es im ersten Abschnitt zunächst um einen algerischen Soldaten im Giftgasangriff der Deutschen im 1. Weltkrieg geht, bis ins hohe Alter als Briefträger in Lyon unterwegs ist. Der Autor ist auf seiner Reise auf den Spuren des Schriftstellers Peter Weiss, der auf den Spuren des Briefträgers und Erbauers des sogenannten „Palais idéal“ Ferdinand Cheval von Hauterives wandelt. Die weitere Reise nach Varnsdorf verfolgt die Spur um den jüdischen Schriftsteller und Maler Peter Weiss, dessen Vater dort in der Velveta a. s., einer Baumwollsamtweberei und Textilveredelung, als kaufmännischer Leiter tätig war. In den letzten zwei Kapiteln bewegt sich der Autor zunächst in Pharao City, dem New Kairo. Dort entsteht seit 2015 knapp 50 Kilometer östlich von Kairo auf einer Gesamtfläche von 725 Quadratkilometern eine derzeitige gigantische Geisterstadt. Die Geschichte erzählt von Mascha auf der Bühne der Grinsekatze, von der verliebten Stand-up-Comedian Tari und ihrer verdrahteten Freundin, einer Androidin, namens Kate. Weitere Orte wie Luxor, Karnak und Assuan beschreibt der Autor, durchzogen von durchlebten, lebensbedrohlichen Corona-Traumata mit seinen fiebrigen Nachwirkungen im ganzen Roman verteilt.
Der verschachtelte Satzbau erfordert aufgrund seiner Länge viel Konzentration. Die Reisebeschreibungen, teils verflochten mit historischen Ereignissen, bilden keine in sich geschlossene, harmonische Einheit.

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Veröffentlicht am 13.05.2025

Spannende, fiktive Enthüllungen mit politischem Touch

Keine Reue
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Eine nicht ungefährliche Vergangenheit im Zusammenhang mit der RAF in den 60,- Studentenjahren in Stuttgart zieht sich weiter in die 80-Jahre Idylle in einer alten Mühle in der Eifel bis schließlich in ...

Eine nicht ungefährliche Vergangenheit im Zusammenhang mit der RAF in den 60,- Studentenjahren in Stuttgart zieht sich weiter in die 80-Jahre Idylle in einer alten Mühle in der Eifel bis schließlich in die Gegenwart des Ehepaars Maienfeld. Während ihre drei stark vernachlässigten Kinder in dieser dörflichen Umgebung groß werden, verstecken sich deren Eltern scheinbar erfolgreich vor dem Verfassungsschutz. Inspiration hat sich die Autorin aus tatsächlichen Ereignissen rund um die Baader-Meinhof-Gruppe geholt. Das Szenarium rund um diese fiktive Familie ist kreativ und spannend mit politischen Ereignissen unserer deutschen Vergangenheit verwoben.
Ein gelungener Roman!

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