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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.08.2025

Originelles Setting, enttäuschender Schreibstil.

Schlaglicht
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Der 12. jährliche DAUGHTERS OF AMERICA CUP für Frauen U19, 14. – 15. Juli 2020. Die ungewöhnliche Szenerie rund um Bobs schäbigem, abgehalftertem Boxpalast in Reno, Nevada, mit acht boxenden Mädchen zwischen ...

Der 12. jährliche DAUGHTERS OF AMERICA CUP für Frauen U19, 14. – 15. Juli 2020. Die ungewöhnliche Szenerie rund um Bobs schäbigem, abgehalftertem Boxpalast in Reno, Nevada, mit acht boxenden Mädchen zwischen 15 und 18 Jahren ist zunächst interessant. Der deutsche Buchtitel „Schlaglicht“ ist treffender gewählt als der englische Originaltitel „Headshot“, wirft dieser Roman doch sowohl Licht auf Kampfszenen und diverse Techniken, als auch Licht auf seelische Prädispositionen der beteiligten Charakteren. Während zahlreicher Boxrunden vermitteln innere Monologe oder Ticks der Sportlerinnen mehr über deren Ängste, Lebensziele und Traumata. Gesellschaftskritische Themen werden angerissen: z.B. Artemis Victor vs. Andi Taylor „sind gesetzlich gesehen beide noch Kinder. In fast allen der fünfzig Staaten dürfen sie weder ins Militär, noch Alkohol trinken, noch ohne die Zustimmung eines Vormunds eine Abtreibung vornehmen. Und doch befiehlt dieser Sport, diese Simulation des Tötens, dass Andi und Artemis sich nicht als Kinder verstehen, sondern als junge Menschen, die die Macht darüber haben, ihr Schicksal und ihre Siege selbst zu bestimmen.“ Auch Sexismus im Sport wird aufgegriffen: z.B. nur wenige Zuschauer, nur männliche Trainer und Judges. Der bildhafte Schreibstil als Stilmittel gefällt, aber durch zu häufige Wiederholungen von „denkt Rachel“ oder „wie … aussieht“, Bratwurstbeine, Kalbsfleischbeine und Ähnlichem verliert der Inhalt an Dynamik. Dass das typische exaltierte, teenagerhafte Verhalten, so ganz ohne Verliebtheit um Jungen, ohne offene Anfeindungen untereinander auskommt, wirkt etwas unrealistisch.

Insgesamt interessante Charakterisierungen in amerikanischem Boxkampfambiente, jedoch behaftet mit Schreibstilmängeln.

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Veröffentlicht am 10.08.2025

Ein verwirrendes Debüt über Identität, Exil und Zugehörigkeit

Galgenmann
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Die kafkaeske Erzählung beginnt mit einem morgendlichen Anruf anlässlich seines sterbenden Bruders in der afrikanischen Heimat. Der Ich-Erzähler, 55 Jahre alt, sitzt wie angeordnet nach 26 Jahren im Flugzeug ...

Die kafkaeske Erzählung beginnt mit einem morgendlichen Anruf anlässlich seines sterbenden Bruders in der afrikanischen Heimat. Der Ich-Erzähler, 55 Jahre alt, sitzt wie angeordnet nach 26 Jahren im Flugzeug von den USA nach Afrika, ohne sein wichtiges Blutdruckmedikament. Auf der folgenden odysseehaften Reise tauchen Erinnerungen sowohl über die Umstände seines Exils auf als auch über die ihm sehr fremd gewordene Heimat mit unzähligen, fremd gewordenen Familienmitgliedern. Wie ein hilfloser Beobachter, gebeutelt durch die hohe Erwartungshaltung seiner Familie hinsichtlich ihrer finanziellen und bürokratischen Wünsche, erlebt er neben hemmungsloser Übervorteilung auch seltsame, rätselhafte Begegnungen mit zunehmendem Verlust seiner Identität. Nach und nach ist er ohne Geld, ohne Gepäck, ohne seine saubere Bekleidung, ohne seinen Pass und sein Portemonnaie unterwegs - vielleicht in Analogie zum Galgenmann-Spiel. Zeitlich verwirrend sind die TV-Nachrichten aus den USA wie auch seine blockierten Emails an Ehefrau und Bruder. Der Schreibstil mit einigen wiederholten, umständlichen Formulierungen wirkt langweilig, lenkt einfach zu sehr ab von Rassismus, von der politischen und gesellschaftlichen Realität in beiden Ländern.

Kein leicht zu deutendes Debüt.

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Veröffentlicht am 07.08.2025

Ein einfühlsamer Roman über soziale Problematiken in Japan

Oben Erde, unten Himmel
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Die Geschichte der mit sich hadernden, jungen Hauptfigur Suzu Takada und auch die weiterer liebenswürdigen, auch skurrilen Protagonisten berühren in ihrer Besonderheit. Suzu, 25 Jahre alt, als Kellnerin ...

Die Geschichte der mit sich hadernden, jungen Hauptfigur Suzu Takada und auch die weiterer liebenswürdigen, auch skurrilen Protagonisten berühren in ihrer Besonderheit. Suzu, 25 Jahre alt, als Kellnerin gekündigt und geghostet von ihrem Dating-Kontakt hadert mit Depression, Scham- und langfristigen sozialen Angstgefühlen, sog. Hikikomori. Über den Job als Leichenfundortreiniger in Kodokushi-Fällen, dem "einsamen Sterben" als entmenschlichte Form des Todes, erfährt sie neue Lebensfreude und Sozialkontakte. Mit dem Manga Kissa, das in Einzelfällen in Großstädten als Wohnungsersatz genutzt wird, wird ein weiteres wachsendes Phänomen als eine direkte Folge des Zerfalls familiärer Strukturen angesprochen. Diese gesamtgesellschaftlichen Probleme Japans zwischen Desinteresse und Diskretion, zwischen Einsamkeit und Zusammensein, zwischen Leben und Tod stellen eine traurige Bilanz hinsichtlich unserer Mitmenschlichkeit dar.
Mit hilfreichem Glossar wirbt dieses tiefgründige Buch um mehr Nachsicht und gegenseitigem Respekt.

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Veröffentlicht am 05.08.2025

Tyrannei durch den Vater und alle ringsum sind feige – klare Anklage an die Gesellschaft.

Lieblingstochter
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Dieser Debütroman handelt von brutaler körperlicher und seelischer Gewalt des Familienvaters gegen seine Ehefrau und seine zwei Töchter. Die Szenerie spielt zunächst in einem Dorf in Wallis, dann in Lausanne, ...

Dieser Debütroman handelt von brutaler körperlicher und seelischer Gewalt des Familienvaters gegen seine Ehefrau und seine zwei Töchter. Die Szenerie spielt zunächst in einem Dorf in Wallis, dann in Lausanne, Paris und weiteren Orten. Die Hauptfigur Jeanne, Ich-Erzählerin, beschreibt ihre Kindheit ab 8 Jahren neben ihrer 4 Jahre älteren Schwester und der eingeschüchterten, verängstigten Mutter. Die psychische Belastung der drei Frauen, ihre große Angst vor dem Tyrannen mit seinen harten Angriffen wird schonungslos in bildlichem Sprachstil beschrieben, der sehr betroffen macht. Eine Atempause von dieser Hölle zu Hause voller Hass und Qualen erkämpft sich Jeanne über einen Aufenthalt im Internat und während ihres Lehrerstudiums in Lausanne. Auf der Suche nach Menschlichkeit, Toleranz, Liebe, Verstand, Zärtlichkeit und Güte geht sie Beziehungen ein, zunächst mit Frauen, dann auch mit einem einfühlsamen Arbeitskollegen. Jeanne, innerlich ausgedörrt, findet schließlich in ihrer Zerrissenheit eine Identität, durchtränkt mit Hass, Verachtung und Fäulnis gegen den Vater. Ihre immense Belastung durch innere Nöte wird sprachlich brillant herausgestellt.

Was für eine tragische Lebensgeschichte!

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Veröffentlicht am 05.08.2025

Viele unsortierte, autobiographische Kindheits-Erinnerungen des entführten, amerikanischen Autors

Die Sonne stand tief, als ich meinen Vater fand
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Das Aufwachsen in weißen, rassistischen Verhältnissen unter der Verschwiegenheit seiner eigentlichen Identität scheint für den Autor eine hochemotionale Tortur seit seiner Entführung von seinem farbigen ...

Das Aufwachsen in weißen, rassistischen Verhältnissen unter der Verschwiegenheit seiner eigentlichen Identität scheint für den Autor eine hochemotionale Tortur seit seiner Entführung von seinem farbigen Vater gewesen zu sein. Seine nicht chronologischen Reflexionen scheinen seinen Schreibstil in langen Sätzen mit repetitiven Elementen sehr zu beeinflussen. Seine unruhige Suche nach Herkunft und Zugehörigkeit kann schmerzhaft nachempfunden werden. Nur erfolgen die detaillierten Wiederholungen mit Gedankensprüngen zu oft. 1975 in Texas geboren, mit zehn Jahren umgezogen nach Kalifornien, vermisste er seine jeweiligen Freunde und liebte Skateboard-Fahren. Erst mit fünfzehn Jahren entfachte das Gedicht „Lady Lazarus“ von Sylvia Plath sein Interesse für Gedichte und Literatur. Sein Gefühlsleben erfuhr auch eine erhebliche Veränderung nach der Trennung seiner Großmutter von dem gewalttätigen Großvater, auch weil der Autor dadurch halbwegs seinen Entführern entkommen war. In seiner Revolution als entführtes Kind gegen Schule wurde er durch Refrains mancher Songs bestärkt, wollte depressiv und hilfebedürftig wirken ohne je ein glückliches Zuhause gehabt zu haben.
Diese negativen Kindheitserinnerungen, geprägt durch Rassismus und Gewalt, nach dreißig Jahren wieder herauf beschworen, sind leider durch den repetierten Schreibstil erschwert zu lesen.

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